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Freitag, 31. Dezember 2021

Guten Rutsch und Happy New Year 2022!

 Mit diesem Tag wäre auch das letzte Jahr geschafft, das wie das vorletzte von der Pandemie geprägt war. Ich hatte Anfang 2020 tatsächlich angenommen, es wäre spätestens im Sommer desselben Jahres vorbei... wie man sich täuschen kann. 

Auch gab es im Zusammenhang mit Corona einige Vorfälle, die mich persönlich betroffen (gemacht) haben und Freundschaften, die auf einmal keine mehr waren. Das hat mich wohl am meisten bestürzt. Nicht die vielen Fakten, Zahlen und andere Konstrukte, mit denen viele argumentieren und diskutieren. Statistiken kann man fälschen und beschönigen bzw. verschlimmbessern. Zudem wirken sie auf Papier bzw. im Internet abstrakt und unpersönlich. Ein Freund von Zahlen war ich nie, dafür aber von emotionaler Intelligenz, die 2021 leider nicht trendy war. Zwischenmenschliche Beziehungen lassen sich nach der Spaltung in der Gesellschaft in Impfbefürworter und Impfgegner nur schwer wieder kitten. 

Ich hoffe sehr, dass das 2022 möglich ist und man trotz unterschiedlicher Meinungen wieder mehr aufeinander zugeht, auch wenn - so wie es aussieht - weiterhin Abstand und social distancing gewahrt werden müssen.

 

TillVoigt / Pixabay

Trotzdem blicke ich postiv nach vorne. Denn irgendwann muss Corona die Puste ausgehen, so wie allen Epidemien und Seuchen in der Geschichte. Schon jetzt liest man vereinzelt, dass die Erkrankungen allgemein nicht mehr so schwer verlaufen, da die Virusvariante Omikron zwar ansteckender, aber schwächer sei als die vorigen. Und zwar sowohl bei Geimpften als auch Ungeimpften. Die angekündigte Impfpflicht im Februar wird hoffentlich verfallen; immer mehr Politiker, die sie forderten, ändern ihre Meinung. Vielleicht auch, weil die Impfung nicht hielt, was die Regierung anfangs versprach. 

Aber ich will nicht davon sprechen; irgendwann hat man einfach genug von dem ganzen Hickhack und wird müde, davon zu hören und zu lesen. Daher möchte ich euch einen wundervollen und unbeschwerten Start ins neue Jahr mit viel Segen, Erfolg, Glück und Hoffnung wünschen.💗🍀 Und natürlich sehnen wir uns alle danach, wieder etwas Normalität ins Leben einkehren zu lassen. Ich wünsche mir, dass das ganz bald Realität wird.

Falls ihr Neujahrsvorsätze habt (von denen ich auch ohne Maske schon lange Abstand genommen habe), kommt hier ein Tipp: 

Formuliert sie positiv ("Ich fange an, zu..." statt "Ich höre auf mit..."), das stärkt laut einer schwedischen Studie die Motivation und hilft beim Durchhalten. Die obligate Quellenangabe? Kai Pflaumes wissenswerte Quizsendung "Wer weiß denn sowas?!"



Sonntag, 26. Dezember 2021

13 Jahre Büchertreff. Und das Ende.

 Nach dreizehn Jahren, in denen ich mich gern und auch mit erstellten Themen und Leserunden am Forenleben des "Büchertreff" beteiligt habe, wurde vor ca. einer Woche eine Sperre meines Kontos verhängt. Grund dafür waren meine Beiträge und besonders mein letzter im Smalltalk-Bereich, in dem es um die Corona-Impfung ging. 

 


   Ohne Hintergedanken einer Provokation habe ich dort meine Meinung und Skepsis zur Impfung kundgetan, die von denen der anderen User abweicht. Obwohl gut begründet mit persönlicher Erfahrung meiner Impfschäden und akuten Fällen von Folgeerscheinungen wie Herzrhythmus-Störungen in meinem Bekanntenkreis, die weniger glimpflich ausgingen, war der Gegenwind enorm. Auch vor Beschimpfungen und persönlicher Beleidigung schreckte man nicht zurück. Meldete ich mich nicht auf entsprechende Beiträge, hieß es, ich "hätte nicht genug Arsch in der Hose", um meinen Standpunkt zu verteidigen bzw. mit Quellenangaben zu untermauern (weil es die angeblich nicht gäbe) oder die Zahlen und Fakten gelten zu lassen, die mir um die Ohren gehauen wurden. Die streite ich gar nicht ab, bin jedoch auch hier skeptisch, was deren Wahrheitsgehalt angeht. Und ich finde, das darf man sein, zumal sich nun allmählich herauskristallisiert, dass die Impfung allein die Pandemie nicht bekämpfen kann und auch Nebenwirkungen hat, die unter Umständen schwerwiegender sind als eine Erkrankung an Covid-19 (wobei ich das nicht verharmlose).

Als man mich wiederholt als Schwurbler, Querdenker und Lügner bezeichnet hat und nach einer Blockierung meines Accounts verlangte, "weil man Schwurbler schon im realen Leben akzeptieren muss, aber nicht auf Foren", habe ich mit einem Vergleich pariert, der mir leidtut und für den ich mich nach der Sperre beim Administrator entschuldigt habe. Es gäbe keine Worte der Entschuldigung für einen solchen Vergleich, hieß es als Antwort, und man sei "mehr als überrascht", dass ich nach so langer Zeit, in der ich nicht negativ auffiel, derart unangemessen reagiert habe. 

Ganz ehrlich, ich bin es auch. Denn ich lege viel Wert auf einen höflichen Umgang, auch im Online-Bereich. Aber irgendwie - und das soll keine Rechtfertigung sein - war das Maß einfach voll. Ich empfand die aggressive und beleidigende Art der Impfbefürworter schon als Mobbing, und hätte ein Eingreifen der Moderatoren der Fairness halber früher erwartet. Nicht, dass man Partei für meinen Standpunkt ergreift, aber doch wenigstens zur Mäßigung aufruft, ehe die Diskussion eskalieren konnte. Es wurde auch tatsächlich einmal verhalten gemahnt, doch der Ruf der Vernunft ging unter und ist nach der Entwicklung der Situation nun hinfällig, hatten die anderen doch recht mit ihrer Unterstellung, "es käme Stimmung in den Thread", wenn ich wieder mitmische.

 


Die Sperre macht mich traurig und beschäftigt mich mehr, als sie es sollte. Wenn man so lange einem Forum treu geblieben ist, dann ist der Abschied nicht leicht. Vor allem, wenn er dermaßen ungut vonstatten geht. Wäre ich öfter in den dreizehn Jahren verwarnt worden, hätte ich den Rauswurf verstanden. So aber zeigt er mir, dass Meinungsfreiheit in Sachen "Impfen - Pro und Kontra" nicht erwünscht ist und man meine Beiträge und mich als "geoutete Ungeimpfte" nicht mehr wertschätzt. 

Mein erster Post zum Thema hatte zum Inhalt, dass mich die Spaltung der Gesellschaft sehr belastet. Ich war der Ansicht, vielen Mitgliedern - ob geimpft oder nicht - würde es ähnlich gehen. Offenbar ist das nicht der Fall, solange man zur Mehrheit der Geimpften gehört und der Panikmache von Politik und Medien Glauben schenkt. Übrigens gibt es in meinem Umfeld auch Ärzte, Pfleger/innen und Akademiker, die sich der Impfung nicht unterziehen wollen.

Ja, Corona ist schlimm. Sehr sogar. Aber Angst bekämpft die Pandemie noch weniger als die Impfkampagnen es tun, die mir ein wenig vorkommen wie der Mut der Verzweiflung. Vorsicht ist nach wie vor angebracht, ohne Frage. Auch die verordneten Maßnahmen bleiben uns wohl noch eine Weile erhalten. Doch vielleicht darf man Hoffnung haben, dass die Pandemie irgendwann ihren Schrecken verliert. Zum Alltag gehört, aber nicht mehr in der Dimension, wie wir sie seit zwei Jahren erleben. 

 


Mein Büchertreff-Konto bleibt gesperrt, trotz der Tatsache, dass ich um die Löschung des Beitrags bat, der dazu führte. Ich habe keinerlei Ambitionen, eine neue Community zu suchen. Das, was ich mir dort aufgebaut habe (und ich spreche nicht nur von meiner Eigenschaft als Autorin), hat lange wachsen müssen. Außerdem habe ich mich willkommen gefühlt, war ein etabliertes Mitglied, dessen Beiträge und Themenerstellungen von anderen gern gelesen und angenommen wurden. Und wo ich mich mit Gleichgesinnten zum Thema Lesen austauschen konnte. Von denen ich auch ihren Buchgeschmack kennengelernt und tolle Empfehlungen erhalten habe, die ich sonst nie entdeckt hätte.

Falls ein Büchertreffler dies hier liest, so möchte ich dich um Verzeihung bitten für den Eklat im Thread. Und auch um ein bisschen Verständnis für meine Position. Ich habe es nicht böse gemeint, habe einmal durch die andauernden Grobheiten die Nerven verloren (in der Diskussion habe ich niemanden persönlich beleidigt oder von meiner Meinung zu überzeugen versucht; vielleicht ist das noch nachzulesen, wenn meine Smalltalk-Beiträge mittlerweile nicht komplett entfernt wurden) und wurde in eine Ecke gedrängt, in die ich nicht gehöre. Niemand möchte sich gern beschimpfen lassen, und die Meinung zu verbieten und sich nach einer Entschuldigung unversöhnlich zeigen, halte ich ebenfalls nicht für förderlich in den fragilen zwischenmenschlichen Beziehungen der aktuellen Zeit, sei das on- oder offline. Bleibt gesund und passt aufeinander auf.

Und sucht keinen Schuldigen, an dem ihr euren Frust über die Einschränkungen auslasst. Das gilt für beide Seiten. Denn so werden wir nicht wieder zu einem friedlichen Miteinander zurückkehren können. Schlimm genug, dass es soweit gekommen ist.

Bilder: Christine Wirth


Freitag, 17. Dezember 2021

Jahresrückblick 2021

Alle Jahre wieder gegen Weihnachten... der Jahresrückblick. Für mich ein positiver. Ehrlich. Trotz Corona und dem damit verbundenen politischen Rumgegurke, einem Ungeimpften-Status (man mag es kaum mehr zugeben), und einem mehr oder weniger isolierten Alltag. 

Als ganz großer Segen erweisen sich die beiden Katerchen Mikkel und Toby, die Anfang Juli bei uns eingezogen sind und sich zu prachtvollen und lieben und süßen Familienmitgliedern "mausern". Mit ihnen wird es selbst im wenig abwechslungsreichen Pandemie-Leben nicht langweilig. 

 

Was guckst du?!

 Wenn sie nicht gerade auf ihrem Kartonstapel ein Nickerchen halten oder like Bosses die Lage überblicken, sind sie stets zu Spielen, Streichen und Streicheleinheiten aufgelegt und freuen sich ihres Daseins. Auch die Kastration vor einer Woche haben sie gut überstanden und sich danach umso mehr gefreut, ein schönes Zuhause zu haben und bleiben zu dürfen. Und wir, unsere Burschis nach sechs Stunden Abwesenheit wohlbehalten wieder verwöhnen zu können. Toby und Mikkel sind eine klassische Win/Win-Kombination, und ich wundere mich, wie ich anfangs Bedenken haben konnte, mich je wieder an andere Katzen als an Knitz und Joschi zu gewöhnen und mein Herz von tierischen Mitbewohnern stehlen zu lassen.



Ein weiteres Highlight war - wie bereits im letzten Jahr - das Familienwandern. Man kann sich kaum vorstellen, wie wohltuend die Ausflüge in die Natur für uns alle sind. Keiner mag mehr darauf verzichten, egal wie das Wetter ist. Ob Sonne, Nebel oder gar Nieselregen - sonntags sind wir draußen. Geht es mal nicht (einmal mussten wir unsere Tour aufgrund Schneeregens abbrechen), ist der Tag nicht komplett für mich.

Zum Geburtstag der Eltern haben wir ein Album mit einem Überblick unserer bisherigen Touren über www.fotokasten.de gestaltet und drucken lassen, das seitdem auf dem Wohnzimmertisch liegt und immer wieder gern angeschaut wird. Die Qualität der Fotos ist gigantisch! Wer ein persönliches Geschenk sucht, wird dort garantiert fündig. Die Software kostet ein bisschen Aufwand, ist aber nach kurzer Einarbeitungszeit leicht zu bedienen und macht Spaß. Das fertige Produkt hat alle Erwartungen erfüllt und sogar übertroffen.



Last but not least bin ich durch eine gute Freundin zu einem Abo von Disney+ gekommen, und obwohl wir (nicht mehr) so die Fans sind, findet man im Angebot sehenswerte Filme, die man entweder zum ersten Mal sieht oder mit nostalgischem Gefühl neu entdeckt. Auch die Dokumentationen sind interessant, etwa die der ehemaligen Disney-Chefzeichner Frank Thomas und Ollie Johnston, die sich auch privat gut verstanden und ergänzt haben. Ein abonnierter Kanal ist eine tolle Alternative zu den häufigen Schreckensnachrichten im Fernsehen. 

Zwischenmenschlicher Kontakt von außerhalb hat freilich weitgehend gefehlt, was schade war. Restaurantbesuche und Kino fielen flach wie gehabt, und das vermisse ich am meisten in der aktuellen Situation. Ich dachte am Ende von 2020, Corona wäre spätestens dieses Jahr Geschichte. Weit gefehlt. Mittlerweile befürchte ich, dass es uns noch ziemlich lange begleiten wird. Aber man soll die Hoffnung nie aufgeben. Vor allem nicht angesichts der bevorstehenden Festlichkeit, als Jesus auf die Erde kam und uns das Himmelreich und ein Leben in Fülle auch schon in der Welt versprochen hat. Davon bin ich fest überzeugt. Was soll mich da noch schrecken?



In diesem Sinn wünsche ich euch allen frohe Weihnachten und ein gesegnetes Neues Jahr!



Samstag, 27. November 2021

"Der Rausch" (2020) mit Mads Mikkelsen von Thomas Vinterberg

 Gleich vorweg: als Fan von Mads Mikkelsen habe ich auf diesen Film lange gewartet und wollte ihn eigentlich im Kino sehen. Ging aufgrund der Pandemie leider nicht, doch gestern haben wir ihn uns im Home Cinema angeschaut. Berauschend fand ich ihn nicht wirklich; die guten Kritiken, internationale Auszeichnungen und auch der Name Thomas Vinterberg haben meine Erwartungen wahrscheinlich zu hoch geschraubt.

 


Inhalt: Die befreundeten Lehrer Martin (Mads Mikkelsen), Tommy (Thomas Bo Larsen), Peter (Lars Ranthe) und Nikolai (Magnus Milang) sind genervt von Job und Alltag und starten auf Nikolais Initiative ein "psychologisches Experiment", das besagt, dass jeder Mensch mit 0,5 % Promille zu wenig geboren wurde, um locker und entspannt zu sein. Tatsächlich zeigt das Experiment Erfolg und (ver-)führt zu weiteren, die von dem Psychologielehrer Nikolai dokumentiert werden. Doch sie führen auch zu Problemen und Sinnkrisen. Martins ohnehin bröckelnde Ehe zeigt ihr wahres Gesicht, Tommy verliert völlig die Kontrolle, Peter empfiehlt einem nervösen Schüler ein paar Drinks vor der Abschlussprüfung, und Nikolai pinkelt im Schlaf auf sich selbst statt seine Jungs auf ihn.

Die Message des Films (wenn ich ihn richtig verstanden habe): Alkohol ist auch keine Lösung, aber in einzelnen Fällen ganz hilfreich.

Meinung: Außer der großartige Mads Mikkelsen kamen mir einige Gesichter bekannt vor; ein paar Schauspieler hatten ihren Auftritt bereits in "Die Jagd", allen voran Thomas Bo Larsen, der auch im Rausch die wichtigste Figur neben dem Hauptdarsteller spielen darf. 

 Amüsant und liebenswert waren die vier frustrierten Pädagogen in ihrer Freundschaft allemal und hatten wunderbar "hyggeligen" Umgang untereinander. Auch gab es Momente, die mich zum Lachen brachten, etwa wenn die Männer im Vollrausch alle Hemmungen fahren lassen und trotzdem sorgsam choreografiert das Tanzbein schwingen. Aber die Tiefe von "Die Jagd" habe ich irgendwie vermisst. 

Erst am nächsten Tag ging uns auf, dass Tommy etwas mit dem Scheitern von Martins und Anikas Ehe zu tun haben könnte, doch es ist nur vage durch Tommys Worte an Martin angedeutet und vielleicht Interpretationssache wie in vielen europäischen Filmen. Das Highlight war für mich die Schluss-Szene, in der Martin als ehemaliger Tänzer (der Mads Mikkelsen auch in RL ist) am Pier eine Performance hinlegt, die Gene Kelly alle Ehre macht.

 


Fazit: Ein Must-See ist "Der Rausch" nicht, bietet aber gute Unterhaltung an einem Abend - und einen sexy Mads Mikkelsen, der altert wie guter Wein. 😏

Bewertung: 💫💫💫 und ein halber 💫



Freitag, 5. November 2021

"And then there were none" (2015) ~ Dreiteiler nach Agatha Christie

 Als Fan von Agatha Christie kann ich mich nicht wirklich bezeichnen, und trotzdem ist dieser Thriller aus ihrer Feder ein Meisterwerk aus Grusel, Psychologie und Spannung. Und die Besetzung aus namhaften Schauspielern top!

 


Handlung: Acht Personen, die sich nicht kennen, werden unter dem Vorwand, Gäste einer Party zu sein bzw. das Personal zu unterstützen, auf eine einsame Insel in Devon zu dem Anwesen des nie in Erscheinung tretenden Ehepaares Owen eingeladen. Das Haushälterpaar Rogers sind die einzig Verbliebenen der Bewohner, doch sie geraten bald in Verdacht, den Ankömmlingen schaden zu wollen - der draufgängerische Mr. Marston (Douglas Booth) wird mit Zyankali vergiftet und stirbt. Doch auch der Arzt Edward Armstrong (Toby Stephens) wird verdächtigt. 

In den nächsten Tagen gibt es unter den Gästen immer mehr Verunfallte, die unter mysteriösen Umständen das Zeitliche segnen und oft in merkwürdig skurrilen Situationen den Tod finden. Die junge Gouvernante Vera Claythorne (Maeve Dermody) findet heraus, dass die zehn Jadefiguren auf dem Tisch und der Kinderreim "Ten little Soldier Boys / Zehn kleine Negerlein" (der in jedem Zimmer der Gäste hängt) in direktem Zusammenhang mit den Ereignissen stehen. Zunächst wird ihre Theorie lächerlich gemacht, doch als der Diener und seine Frau als bisher Hauptverdächtige sterben, beginnt die Hysterie. Jeder verdächtigt jeden, man lässt sich nicht mehr aus den Augen, konspiriert untereinander und ist verzweifelt bemüht, die eigene Haut zu retten.

Wie der Titel jedoch schon verrät, bleibt am Ende keiner mehr übrig. Und jeder, der später auf die Insel kommt, wird sich wundern, denn keiner der Todesfälle kann aufgeklärt werden. Nur der Zuschauer weiß, welches Grauen sich dort abgespielt hat.

Meinung: Gekauft habe ich mir "And then there were none" seinerzeit wegen Toby Stephens, aber ich muss sagen, der Film ist auf allen Ebenen eine Perle. Auch die übrigen Darsteller sind überzeugend, das 1930er Jahre-Setting des herrschaftlichen Anwesens und die gesamte Ausstattung unglaublich authentisch, und überdies bietet die Geschichte psychologische Raffinesse at its best. Was mir an Agatha Christie-Stoffen nie so gefällt, ist die wie aus heiterem Himmel kommende Aufklärung der Tat, die meist von einem neunmalklugen Hercule Poirot oder der pfiffigen Miss Marple verklickert wird - hier ist das nicht so, und das nicht, weil beide Figuren in dieser Geschichte nicht vorkommen. Man wird überrascht, kann aber nachvollziehen, was geschehen ist bzw. wo die Ursachen liegen, die zu dem Grauen auf der Insel führen. Und der (im Deutschen nicht mehr politisch korrekte) Kinderreim ist so geschickt eingebaut in das Ganze, dass ich meinen Hut ziehe vor Mrs. Christies Können. 

Ein großer Bonus ist der Gänsehaut-Faktor, der mehrmals auftritt. Denn hier wird man Zeuge von seelischen Abgründen und Traumata, die jeden Protagonisten gefangenhalten und ihn letztendlich zerstören. Dazu gehören auch die eingefügten Rückblenden, die durch ihren wiederkehrenden Charakter oft ein wenig geisterhaft anmuten. Und ich mochte alle Schauspieler, die exzellent ihre Rollen spielen. Man merkt allen an, dass sie Spaß hatten.

Fazit: Ein makaberer und wirklich düsterer Thriller, der von der gewohnten, eher locker-flockig unterhaltsamen Christie-Kost abweicht, obwohl man Parallelen zu weiteren ihrer Werke feststellen kann. Psychologisch ausgefeilt wie immer, aber irgendwie dennoch anders. Absolute Empfehlung!

 

Bewertung:  💫💫💫💫💫



Donnerstag, 30. September 2021

In the Pleasure Groove. Love, Death & Duran Duran ~ John Taylor

 Fast in Rekordzeit (über 400 Seiten in knapp einer Woche) habe ich die Autobiografie von John Taylor konsumiert, um nicht zu sagen verschlungen. Selten habe ich eine derart interessante und unterhaltsam erzählte Lebensgeschichte gelesen, und das sage ich nicht, weil ich als Teenie schwer verliebt war in den Autor.

 


Inhaltlich folgt das Buch dem chronologischen Aufbau einer klassischen Biografie, angefangen beim obligaten "5-Tage-die-Woche-Kirchgang" des vierjährigen Nigel mit seiner Mutter, bis hin zu einem Konzert im Jahr 2004. Somit umspannt das Buch vierzig Jahre, die sehr kurzweilig, mit Humor und manchmal auch ein bisschen schwermütig und bittersüß, aber vor allem mit Tiefsinn abgearbeitet wurden. 

Das Verhältnis zu seinen Eltern und den Bandkollegen, die im Lauf der Zeit zu einer großen Familie zusammenwachsen (auch die Eltern der fünf Jungs verstehen sich untereinander und unternehmen gemeinsame Reisen) ist besonders schön; kein einziges böses Wort gegenüber Kollegen fällt, noch ist "In the Pleasure Groove" eine Abrechnung mit den weniger tollen Momenten im Leben als Superstar, und davon gab es für John Taylor so einige. Drogen, Alkohol, die Sucht nach Ruhm, Geld und teuren, schnellen Autos brechen ihm fast das Genick und machen aus dem einst schüchternen und familienbezogenen Nigel ein nervliches Wrack.

Als "Ex-Duranie" kam mir vieles bekannt vor, und trotzdem war es ein ganz anderes Gefühl, Ereignisse und Tatsachen aus erster Hand zu lesen, oder zu merken, dass der hübsche John eigentlich gar nicht der begeisterte Jet-Setter aus den Teenager- und Hochglanzmagazinen war, sondern am liebsten mit Menschen Umgang hatte, die wussten, wo's "lang geht" ohne ihn in seiner Kreativität zu bremsen oder einzuengen (und die ist echt beachtlich, die Kreativität! In sämtlichen Bereichen). 

Nach einigen musikalischen Ausflügen und Experimenten mit anderen Bands erkennt er, dass er am liebsten mit den vertrauten Kollegen von Duran Duran spielt und auf Tournee geht. Seine Drogensucht und Depressionen bekommt er dank einer Therapie und der unverbrüchlichen Freundschaft und dem Verständnis der Kollegen in den Griff.

Etwas bestürzt hat mich die Oberflächlichkeit, mit der die meisten Bandmitglieder ihre Freundinnen bzw. spätere Frauen ausgesucht haben. Aber immerhin hat es zumindest im Fall von Simon Le Bon mit dem Model Yasmin Parvaneh funktioniert - beide sind seit 1985 glücklich verheiratet und haben drei Töchter.

Und irgendwie ist John Taylors Biografie auch ein Bekenntnis an das Leben, an das Schicksal, das man selbst in die Hand nehmen kann, und an den Glauben an sich selbst und Gott, den er später anders kennenlernt als in seiner Kindheit. Nämlich gütig und verzeihend statt rachsüchtig und streng. 

Fazit: "In the Pleasure Groove" hat mich auf mehreren Ebenen berührt und auch in Nostalgie entführt. Nicht nur für Fans empfehlenswert, sondern auch für Musikfreunde und zeitgeschichtlich Interessierte. Der lockere Stil und der typisch britische Humor (das Original war relativ leicht zu verstehen) sorgen für zusätzlichen Spaß. Natürlich gibt es das Buch auch unter dem deutschen Titel "Gefährlich gute Grooves". Unbedingt lesen, wer Biografien und Popmusik mag!

 

Bewertung:  💫💫💫💫💫

 



Freitag, 24. September 2021

Ich lese gerade: John Taylor ~ In the Pleasure Groove - Love, Death & Duran Duran

Ich war großer Fan der Popgruppe Duran Duran. Als solcher hat mich - obwohl ich ihre Musik heute nicht mehr höre - die Biografie des Bassisten und Mädchenschwarms der Band interessiert, die ich mir jetzt, nach inaktiven Jahren meiner Fangirlphase, gekauft habe. 

 

 

Bisher bin ich positiv überrascht: schon die ersten Seiten ließen mich eintauchen in die Geschichte der Taylors - Jean, Jack und Nigel (wie John Taylor als Kind hieß) -, so anschaulich und lebendig beschreibt John Taylor seinen Alltag in Hollywood, einem für heutige Verhältnisse spießigen Vorort von Birmingham in England. Aufgewachsen als behütetes Einzelkind, hat er Schwierigkeiten, Freunde zu finden. In der Schule wird er aufgrund seiner Brille gehänselt (wie sich die Zeiten ändern - Joanne K. Rowling sei Dank!), und außerdem ist er ein echter Nerd, der sich lieber mit Modellbau und Musik befasst statt mit schulischen Glanzleistungen - Konkurrenz und Beurteilungen, wie sie dort an der Tagesordnung sind, lehnt er intuitiv ab. 

Wissbegierig zeigt er sich vor allem zuhause bei seinen Eltern, die sich viel Zeit für ihn und seine Interessen nehmen und manche davon sogar teilen, wie die vaterseitige Liebe zu Autos (sehr zum Leidwesen des Vaters wird die Mutter nie den Führerschein machen) und Musiksendungen im Radio, das im Haus Taylor selten stillsteht. Schon morgens wacht er zu Radiomusik auf.

Sehr nett finde ich die kleinen Details und Anekdoten, mit denen er den Leser unterhält und die bisweilen auch melancholisch wirken. Etwa das Zusammengehörigkeitsgefühl in der römisch-katholischen Kirche, wenn alle dasselbe Lied singen, das der kleine Nigel und seine Mutter nur lippensynchron begleiten, weil in der Familie keiner singt, aus Angst, einen falschen Ton zu treffen. Doch Kirchenmusik ist etwas, das ihn sein Leben lang fasziniert.

 Man fühlt die Zuneigung und Wärme, die John Taylor als Kind erfahren hat, sogar zwischen den Zeilen. Als er zehn ist, stellt Vater Jack ihm einen collageartigen Wandschmuck zusammen, der neben dem Kruzifix als Poster aufgehängt wird: Bilder von fremden Orten und eine schwarzhaarige Schönheit auf einem schwarzen Pferd. Vielleicht hat das den kleinen Nigel mehr geprägt, als er damals ahnt, hat er als berühmter Popstar doch viele exotische Länder bereist und freie Auswahl bei der Damenwelt. 

Davon ist in seinen Kinder- und Jugendjahren wenig zu spüren. Schüchtern, kurzsichtig, linkisch und unsportlich, entspricht er in keiner Weise dem Ideal eines Sexsymbols. Aber er weiß, was er will, nachdem er mit Cousin Eddie den Glamrock entdeckt: Popstar werden. Einer, der nicht im Rampenlicht steht, aber Teil einer Band ist. Die zweite Geige ist für ihn buchstäblich verlockender als das größte Stück vom Kuchen. 

Durch einen Nachbarsjungen namens David Twist lernt er mit 13 den zwei Jahre jüngeren Nick Bates kennen, der vom Glück begünstigt zu sein scheint und Nigel in vielem voraus ist. Beide lieben David Bowie und Roxy Music - eine Musikrichtung, die Duran Duran nachhaltig beeinflusst.

Aufs Weiterlesen freue ich mich sehr, denn soviel Humor und Selbstreflektion hätte ich John Taylor nicht zugetraut. Und obendrein liest sich das Buch richtig locker, obwohl ich die englische Ausgabe besitze.




Samstag, 11. September 2021

Zwanzig Jahre 9/11. Der 11. September 2001

 Vor ein paar Jahren habe ich bereits einen Artikel zum Thema geschrieben, in dem ich berichtet habe, was ich zu der Zeit gemacht habe und ich mich so plastisch daran erinnere, als wäre es erst gewesen. Vielen, die damals schon alt genug waren, geht das so, wenn nicht allen. Regelmäßig an diesem Tag hört und liest man die Frage "Wie habt ihr den 11. September erlebt?" Die Welt schien in dem Moment stillzustehen oder unterzugehen. Irgendwie tat sie das auch. Die Welt, wie ich sie kannte, war nach dem Einsturz der Twin Towers in New York nicht mehr diesselbe.

Die Nachwirkungen (die bis heute spürbar sind), haben wir vor allem als Einzelhandelsgeschäft erfahren. Lange wollten wir es nicht wahrhaben, bis wir 2013 dann einen radikalen Schluss-Strich zogen und den Laden zumachten. Ich träume manchmal übrigens immer noch davon, hinter der Theke zu stehen und die Kunden zu beraten, die im Traum in Scharen kommen.

 Aber auch privat und in Punkto Sicherheit hat sich einiges geändert. Mir kommt es vor, als sei man nicht mehr so unbeschwert wie vor dem 11. September. Und als sei das mittlerweise akzeptiert und normal geworden. Vielleicht ist das nur mein persönlicher Eindruck und altersbedingt (ich war damals noch jung), doch unbestritten ist, dass Veränderungen eingetreten sind - nach meiner Meinung keine positiven. An Verschwörungstheorien, die immer noch hartnäckig aufrechterhalten werden, glaube ich nicht. Es war ein perfides Verbrechen, das begangen wurde an unschuldigen, nichtsahnenden Menschen. An Helden wie den Rettungskräften und den beherzten Passagieren, die verhinderten, dass die Terroristen mit der Flugmaschine ins Pentagon einschlugen und die dabei ihr Leben ließen.

Was es alles bedeutet hat, wurde mir erst ziemlich viel später klar. Politisch und wirtschaftlich hat der Anschlag einen Riss in die Welt getrieben. Unruhe gestiftet, die es zwar schon immer gab zwischen Völkern, die aber jeden betraf / betrifft, der Augen und Ohren offenhält. Der 11. September war der Wendepunkt zu einer Entwicklung, die demokratische Rechte und die Grundsätze der westlichen Welt mit Füßen tritt. Darum sprießen nun Stilblüten im gesellschaftlichen Miteinander, die teilweise überflüssig sind und das, was man "Luxusprobleme" nennt. So sehe ich es zumindest. 

Mir hat die alte Skyline mit dem World Trade Center von Manhattan übrigens besser gefallen als Ground Zero. Auch deswegen, weil ich im Internet kaum mehr Fotos gefunden habe, die ich für meinen New York-Roman hätte verwenden können, der Mitte der 1990er angesiedelt ist.



Dienstag, 10. August 2021

Mikkel und Toby ~ die herzallerliebsten Purzelchen

 Etwas mehr als fünf Wochen sind sie nun bei uns, die neuen Hausgenossen. Und wir haben schon eine Menge erlebt. Lustiges, vor allem, denn die beiden spielen, balgen und kuscheln so schön miteinander, dass wir oft alle nur dasitzen und ihnen zugucken. Langweilig wird es nie, und manchmal herrscht sogar fast zu viel Action für meine Verhältnisse.


Der kleine Charmeur

Als Überraschung entpuppt sich Mikkel, der immer noch scheuer und zurückhaltender ist als sein Kumpel Toby. Aber sobald er Vertrauen gefasst hat, erweist er sich als ein richtiger Schmusebär und pocht auf Streicheleinheiten und Körperkontakt, anders als Toby, der immer noch quengelt, wenn man ihn hochnimmt, aber ansonsten der Waghalsige des Duos ist. Trotz der Tatsache, dass Toby neugieriger ist und auch vor kurzem als Erster den Balkon erkundet hat, hat er etwas Gemütliches und eine Gelassenheit, die Mikkel noch ein bisschen fehlt. Andererseits sind gerade ihre unterschiedlichen Charaktereigenschaften reizvoll.

Bisher hatten wir hauptsächlich Einzelkatzen, daher ist es zauberhaft zu sehen, wie lieb die beiden miteinander umgehen. Unsere letzten kamen eher "notgedrungen" zusammen und haben sich nie so wirklich gut vertragen. 

Umso schöner, dass beide in der zunächst fremden Umgebung und Situation einen guten Freund hatten, an den sie sich kuscheln konnten und können.

 

Toby schläft gern...

 

Mittlerweile gehen sie im Haus eigene Wege, doch für die Nacht kehren sie ins Atelier zu ihren POÄNG-Schlafstühlen oder dem Hängesessel zurück, die von uns Menschen nur noch mit Bedacht besetzt werden, um die Purzelchen nicht zu verärgern. Apropos Hängesessel: Mikkel ist die erste Katze, die ich kenne, die freiwillig und genießerisch schaukelt. Vielleicht fährt er auch gern Auto, dann wäre der Tierarztbesuch nicht ganz so stressig.


...Mikkel auch. In schaukelnden Höhen.

 Insgesamt sind sie schon ziemlich gewachsen, was man allerdings nur sieht, wenn man die ersten Fotos betrachtet. Irgendwie kommen sie mir immer noch sehr klein und zart vor mit ihren jetzt drei Monaten. Zäh zwar, wenn man sie beim Herumpurzeln beobachtet, aber doch schutzbedürftig. Da wir in der verkehrreichen Innenstadt wohnen und das Haus als ehemaliges Ladengeschäft groß ist und zwei Stockwerke hat, nehmen wir uns vor, sie als Wohnungskatzen zu erziehen (wobei Toby schon vom Duft der weiten Welt infiziert ist). Doch auch mein katzenerprobter Cousin riet mir dazu, der eigentlich immer Freigänger hatte und seine beiden Kater nun ausschließlich im Haus hält. 

Es wäre schön, wenn man den Hof katzensicher machen könnte, damit sie dort stromern und spielen können. Denn die wärmenden Strahlen der Sonne und darin baden mögen beide, bisher mit einer Glastür dazwischen.

 


Ein bisschen problematisch ist die Sache mit den Katzenklos. Vielleicht waren sie beide noch zu klein, um mit acht bzw. neun Wochen von der Mama getrennt zu werden, denn was zunächst gut geklappt hat, scheint nicht mehr ganz so einfach: nach ausgiebigem Toben oder Schlafen vergessen sie mitunter, wo ihre Toiletten stehen. Da sie es nicht mit Absicht machen und uns nach einem Malheur ernst anschauen, schimpfen wir nicht, doch es ist schon ein wenig irritierend, weshalb das Geschäft manchmal danebengeht. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir mit unseren früheren ähnliche Herausforderungen hatten. Aber ich denke, sie lernen es mit der Zeit. 



Wir tun unser Bestes, um ihnen ein Katzenparadies auf Erden zu bieten, und es wird anerkannt und geschätzt. Und Joschi und Knitz gucken schnurrend vom Himmel herunter und grinsen breit, weil wir wieder ein paar Kätzchen zum Verwöhnen gefunden haben, die perfekt zu uns passen.





Freitag, 30. Juli 2021

"Fairlight" oder "Ein Spiel zu viel" ~ welches darf's sein?

 Anlässlich der neuen, peniblen Word-Überarbeitung meiner Manuskripte, die sogar Dinge anstreicht, die nicht einmal unbedingt der Lektor / die Lektorin beanstanden würde (künstliche Intelligenz, Big Brother Bill Gates?), verlose ich zwei meiner historischen Romane, nämlich "Fairlight" und "Ein Spiel zu viel" als etwas ältere Exemplare und mit leichten Gebrauchsspuren.



Ihr müsst mir einfach im Kommentarbereich mitteilen, welches Buch euch am meisten interessieren würde. Die jeweiligen Beschreibungen findet ihr, indem ihr die hinterlegten Links im ersten Absatz anklickt. 

Ich möchte dazu sagen, dass beide Geschichten und besonders "Fairlight" etwas speziell sind, da es um Themen geht, die im Mainstream selten anzutreffen sind. 

Vielleicht sind sie gelegentlich auch nicht mehr politisch korrekt - die Brüder, um die es in "Fairlight" in der Hauptsache geht, stammen aus Ungarn und dort aus dem Volk der Sinti und Roma. Ihr wisst, auf welches Wort ich anspiele. Wobei ich persönlich es nicht als abwertend empfinde. Die ganze Debatte um Begrifflichkeiten, Regenbögen und Gendern ist für mich größtenteils ohnehin ein bisschen übertrieben. Aber das ist ein anderes Thema.

 Ich versende deutschlandweit - leider nicht ins Ausland.

Die Romane sind natürlich auch als ebook erhältlich.



Donnerstag, 8. Juli 2021

Nach fast zehn Jahren wieder Katzenmama

 Ganz ehrlich: eigentlich wollte ich keine Katzen mehr, nachdem mein Butzebär vor neun Jahren im Alter von 22 zu seinem Kumpel Knitz in den Katzenhimmel gegangen ist. Zu schmerzlich war der Verlust, zu groß später die Verantwortung, noch einmal für zwei Katzenbuben zu sorgen. Und irgendwie fürchtete ich auch, mein "Mojo" im Umgang mit den Samtpfoten verloren zu haben - obwohl ich von Katzen umgeben war, seit ich vier war. Es gab viele Gründe, die ich nicht alle aufzählen mag. Jedenfalls wollte ich kein Haustier mehr.

 

Mikkel & Toby

 Doch eine Freundin war anderer Meinung und erzählte von Kerstin, die eine Tierpension unterhält und gerade kleine Kätzchen vermittelt. Wir müssten uns nur schnell entscheiden, denn Reservierungen sind nicht so gern gesehen (was verständlich ist), und Katzenbuben in der Minderheit. 

Freitag, den 2. sind wir Einkaufen geflitzt für unsere zukünftigen Purzelchen, und am nächsten Tag waren sie schon da: die heißgeliebten, weil überaus goldigen und unwiderstehlichen Katerchen Mikkel und Toby. Die Namen hatten wir sofort, und sie passen sogar zu ihren unterschiedlichen Persönlichkeiten. Und ich kann mir jetzt nicht mehr denken, weshalb ich mich so lange dagegen gesträubt habe. Sie sind erst knapp eine Woche da und schon richtige Familienmitglieder. 

Mikkel, der kleinere, ist noch ziemlich schüchtern, während der rote Toby ein echter Draufgänger und Model ist, nachdem er seine Scheu überwunden hatte. Aber so unterschiedlich sie sind: wir lieben sie beide gleich, denn sie machen unheimlich viel Spaß und sind einfach nur Zucker. Nicht zu unterschätzen sind ihre seelsorgerlichen Qualitäten, die allen Katzen ohne entsprechende Ausbildung eigen sind. Nachweislich sind Katzenhalter gesünder als Nicht-Katzenhalter und haben weniger Stress.


Toby

Mit ihren ca. neun und acht Wochen sind die zwei noch unglaublich klein und zart, obwohl ich den Eindruck habe, dass sie seit Samstag schon gewachsen sind, vor allem der Rote. Der ist ein ordentlicher Feger, doch beim Spielen, Balgen und Toben ist ihm der ansonsten zurückhaltende Mikkel ebenbürtig und manchmal fast zu derb. Wir haben schon so viel zu erzählen über die Purzelchen, dabei kennen wir uns noch nicht mal eine Woche. So sind Katzen; sie schleichen sich ins Herz und erobern nicht nur das, sondern beschlagnahmen die gesamte Wohnung. Mikkels und Tobys Spielzimmer ist vorerst "nur" das Atelier, und tatsächlich gibt es darin so viel zu entdecken, dass ihnen der Gedanke an draußen offenbar noch gar nicht gekommen ist. Schnurren können beide nach Gewähr einer Bedenkzeit wie die Großen.

 

Mikkel

Ein bisschen Erziehung bzw. Einhalt brauchen sie jedoch schon; auch wenn viele behaupten, das sei bei Katzen sinnlos, gibt es eine Tonart, bei der sie wissen, was sich nicht gehört und besser nicht wiederholt werden sollte. Zwar erklimmen die beiden immer noch die Pflanzen, springen aber nach einem energischen "Nein!" nicht mehr auf den Tisch (zumindest nicht in unserer Anwesenheit). Dass Mikkel noch nicht ganz stubenrein ist, ist nicht schlimm. Er hat den Umzug von der Pension zu uns nicht ganz so gut verkraftet wie sein älterer Freund. Bis gestern hat er oft jämmerlich nach den anderen Katzen gerufen. Zum Glück war Toby da und ist im Allgemeinen auch erstaunlich liebevoll im Umgang mit ihm. Als müsste er ihn über den Abschied hinwegtrösten und ihm versichern, wie gut sie es erwischt haben mit uns. 

Da sage noch einer, Katzen seien nicht sozial. Und außerdem macht Mikkel jeden Tag Fortschritte, für die wir ihn ausgiebig loben.

 

Mensch, such' dir einen anderen Platz!


Ständig könnte ich Fotos von den Süßen machen, und abends können wir uns alle kaum von ihnen trennen. Selbst Dinge, die vorher wichtig waren, werden einfach vergessen oder verlieren an Bedeutung. Ich bin im siebten Katzenhimmel! Ein bisschen Bedenken habe ich noch wegen Freigang, wenn sie älter sind (alle unsere bisherigen waren Freigänger und haben davon gern Gebrauch gemacht), und es wäre mir beinahe lieber, sie blieben in der weitläufigen Wohnung. Doch bei uns stehen immer alle Türen offen, und ich bezweifle, dass ihnen die gute Stube auf Dauer ausreicht. Aber wir werden sehen. Bisher sind sie noch so mini, dass man sie mitunter sogar auf 65 qm² suchen muss.

Und jetzt wird's Zeit, ihnen wieder meine Aufwartung zu machen. Katzen sind das Wundervollste! 

Übrigens, die teure Erstausstattung, die wir uns haben verleiten lassen, zu kaufen, hätten wir uns komplett sparen können. Der Katzenkorb wird nur als Sprungbrett benutzt und kaum eines Blickes gewürdigt, und als Spielzeug bevorzugen sie Bastfäden, welke Blätter, Papierkörbe und Hosenbeine statt Rasselbälle. Damit beschäftigen sie sich stundenlang.



Freitag, 2. Juli 2021

Wir Wirths Wandern - neuer Blog!

 In den letzten Tagen war ich eifrig damit beschäftigt, einen speziellen und persönlichen Blog über unsere Familienwanderungen zu erstellen. 

Eigentlich hatte ich nicht vor, zwei Blogs zu pflegen, doch der neue enthält hauptsächlich Fotos und nur kurze Texte, denn er erfüllt vor allem die Funktion eines virtuellen Fotoalbums. Insofern werde ich nicht allzu viel Aufwand damit haben.

 


 

Für uns als Familie sind die Wanderungen, die wir seit Coronabeginn im März 2020 mehr oder weniger regelmäßig unternehmen, ein echter Gewinn. Nie hätte ich gedacht, dass wir uns erstens so gut verstehen und häufig dieselbe Meinung vertreten in einer Krisensituation oder bei heiklen Themen, und zweitens, dass Wandern ein viel größerer Genuss sein kann als jede kostspielige Attraktion. Man kommt runter von der Woche, die vielleicht nicht immer einfach war, und kann einfach mal die Seele baumeln lassen.

Jeder von uns liebt das Draußensein in der Natur, und vor allem das Picknick, das mittlerweile zu jedem Ausflug - egal wie kurz oder lang - dazugehört. Dazu führen wir entweder anregende Gespräche oder schweigen einfach mal, wie es uns beliebt. 



 Nicht zuletzt wird uns bewusst, dass die Umgebung vor unserer Haustür ganz schön viel zu bieten hat. Wandertouren kann man überall in Deutschland finden, und viele Wege sind gut ausgebaut und beschildert, so dass auch Anfänger und Senioren gut mithalten können. 

Wer uns virtuell begleiten und sich inspirieren lassen möchte auf und von unseren Touren, findet hier die neue Blogadresse. 

 Wir Wirths Wandern

Wir freuen uns über Besucher!


Donnerstag, 24. Juni 2021

Eine australische Ikone: Phar Lap

 Schon seit einiger Zeit kenne ich die Legende von Phar Lap (1926 - 1932), dem australischen Rennchampion, der seinerzeit weltweit für Schlagzeilen sorgte. Das liegt daran, dass ich Pferde im Allgemeinen faszinierend finde und auch das Land, aus dem Phar Lap stammt (wobei er genaugenommen in Neuseeland geboren wurde).  

Jetzt habe ich endlich sein "Biopic" gesehen, das 1983 gedreht wurde, und es hat mich irgendwie - wenn überhaupt emotional berührt - traurig gemacht.

Der Film selbst wirkte auf mich bis auf die Atmosphäre und das Setting nicht wirklich toll; daran war zum großen Teil die schlechte Synchro schuld, die den Lippenbewegungen der mir unbekannten Schauspieler völlig hinterherhinkte. Was mich aber wirklich verstört und fassungslos zurückgelassen hat, war die Habgier der Menschen, für die das arme Pferd Rennen lief. Es gab keine Schonung von Trainer Harry Telford, der zudem total unsympathisch dargestellt wurde, und auch fast alle anderen, die mit Phar Lap zu tun hatten, meinten es nicht gut mit ihm. Ausnahmen waren nur sein Stallbursche Tom Woodcock und sein australischer Jockey Jimmy Pike. Doch sie können nichts ausrichten gegen die Neider und die harten Trainingseinheiten.

Bereits auf heimatlichem Boden kommt es zu Attentatversuchen, als Phar Lap ein wichtiges Turnier gewinnen oder zugunsten seiner Konkurrenten am besten gar nicht daran teilnehmen soll. Sein legendäres Talent, fast jedes Rennen für sich zu entscheiden, wird auch im weit entfernten Amerika zur Kenntnis genommen, und so reist er gemeinsam mit Tom Woodcock und seinem Besitzer David Davis dorthin, um in Mexiko und Kalifornien anzutreten. Immer wieder ist er schon vorher aufgrund der Profitgier und den Schikanen seiner Besitzer, Buchmacher und Rennveranstalter krank, erschöpft oder leidet unter gespaltenen Hufen; trotzdem gibt es kein Pardon und keine Pause: Rennen um Rennen läuft das Wunderpferd, von denen es über dreißig von insgesamt 55 in seiner Karriere gewinnt. Und das scheinbar aus eigenem Willen, nachdem er als Fohlen eher "ein Reinfall" zu werden drohte und als "Missgeburt" bezeichnet wurde (so ein schönes Pferd, das kann doch nicht sein!).

Sein qualvoller Tod in Kalifornien kurz nach einem Rennen gibt bis heute Rätsel auf, obwohl ich finde, dass es gar nicht verwunderlich ist, wenn ein Tier, das so geschunden wird, nicht lange leben kann. Lange dachte man, er wäre absichtlich vergiftet worden, doch spekuliert bzw. vermutet wird heute, nach einer DNA-Analyse der Mähne aus dem Jahr 2008, dass Tom Woodcock als neuernannter Trainer in den USA die Dosierung des von Harry Telford speziell gemischtem Futter falsch angesetzt hat. Telford glaubte nämlich, dass Arsen und Strychnin (!) als Bestandteil des Heus appetitanregend wirken.

Zwar ist Phar Lap bis heute vor allem in Australien bekannt, wo er sorgsam präpariert im Museum in Melbourne bewundert werden kann, doch ich hätte dem sanften Riesen ein ruhigeres und vor allem artgerechtes Leben gewünscht. Und viel Liebe, die er zumindest im Film nicht bekommen hat. Alles, was zählte, waren Leistung und das Geld, das damit gescheffelt wurde. Sein Ruhm, gemeinsam mit Errol Flynn und Vegemite als typisch australische Errungenschaft angesehen zu werden, war teuer erkauft. 

"Live fast, die young" trifft nicht nur auf zweibeinige Promis zu. Und wenn man es so sieht, wäre es besser für Bobby / Phar Lap (thailändisch für "schneller Blitz") gewesen, keine Legende zu werden.



Montag, 21. Juni 2021

Meinung und Fazit zu "Die Pendragon Legende" ~ Antal Szerb

Schade. Der anfangs spannende und originelle Roman hat mich merkwürdig unbefriedigt zurückgelassen. Enttäuscht auch. Ich konnte dem wirren Treiben um die Geheimnisse der Pendragons respektive der Earls of Gwynedd nicht mehr folgen, als sich die Ereignisse überschlagen und herauskommt, dass der Spion auf Llanvygan arglos alles der Drahtzieherin mitteilt, seit der ungarische Doktor walisischen Boden betreten hat. Was genau, ist mir immer noch ein Rätsel. Ging es nun um eine Verschwörung, die Suche nach dem ewigen Leben oder einfach um einen irren Drogentrip, den der Autor seinen Erzähler Janos Bátky erleben ließ? Ich kann es nicht sagen. Was mich umso mehr irritiert, da ich immer gerne mitfiebere und mitrate und oft auf der richtigen Fährte bin.

 



Vielleicht sind mir Bücher von solch hochgelobten Autoren einfach zu hoch und zu intellektuell, als dass ich sie durchschauen könnte. Oder es war zu heiß in den letzten Tagen mit 35° im Schatten. Hilfreich wäre wohl eine zweite Meinung, denn ich glaube schon, dass sich der gute Antal durchaus etwas dabei gedacht hat. Also wenn jemand das Buch gelesen und verstanden hat, scheut euch nicht, mir eure Erklärung im Kommentarbereich mitzuteilen, so absurd sie auch sein mag. (O;

Der negative Wendepunkt für mich kam mit dem Verschwinden Cynthias. Bátky, Osborne und die resolute Deutsche Lene Kretsch - Anhängerin der neuen Sachlichkeit - machen sich auf die Suche nach ihr, wobei sie sich trennen. Bákty wirft wohl irgendwas ein; anders sind mir die absonderlichen Visionen nicht erklärbar, die ihn heimsuchen, als er auf einen würfelförmigen Felsen in der Pampa trifft, in (!) dem sich Dinge abspielen, die ich ziemlich grausig fand. Es geht um Menschenopfer und finstere Mächte; etwas, das mir auch in schriftlicher Form nicht behagt. Der Ahnherr Asaph Pendragon entführt einen kleinen Jungen, den der aktuelle Earl Owain of Gwynedd rettet, indem er seine ehemalige Geliebte opfert, die den reichen Mr. Roscoe geheiratet hat, der den Earl später in seinem Testament bedenkt, wenn herauskommt, dass Roscoe unter "künstlich herbeigeführten Umständen" starb. Ein ziemliches Kuddelmuddel also, aus dem ich nicht schlau wurde. Was hatte Asaph Pendragon damit zu tun? Und ist er wahrhaftig wieder auferstanden, als mitternächtlicher Reiter und Beschützer des jetzigen Earls? Warum greift er zu solch drastischen Mitteln wie Menschenopfer und hält schwarze Messen ab? Und warum wollte man den akuellen Earl überhaupt aus dem Weg schaffen - ein Beweis für den Mord an Roscoe durch seine Witwe wurde doch nie erbracht? 

Fragen über Fragen, und ich hätte noch mehr. War Bátky nur zufällig da oder durch einen Wink des Schicksals? Ich weiß es einfach nicht und empfinde mein eifriges Lesen im Nachhinein als vergeudete Zeit (wobei ich genug habe - trotzdem fühle ich mich irgendwie verkohlt).

Fazit: Leider kein tolles. Ich habe mit Staunen festgestellt, dass ich den Roman während der Leserunde vor über zehn Jahren mit drei Sternen von fünf bewertet habe, was ich als ziemlich gut bezeichnen würde. Wahrscheinlich ist mir durch den gemeinsamen Austausch damals einiges klar geworden, das jetzt immer noch nebulös und völlig konfus erscheint. Da ich mich an überhaupt nichts mehr erinnern kann bis auf die Axolotl als Versuchstiere des Earls, muss ich bei meiner aktuellen Bewertung einen Stern abziehen. Es tut mir selbst leid, da ich wie gesagt zu Beginn gefesselt war von der Geschichte, auch viele Sätze gelungen fand und das Setting und die spukige Atmosphäre genau mein Ding sind. Eigentlich. 

In der "Pendragon-Legende" kam für mich zu viel (Pseudo-) Intellekt und ein gegen Ende zu fantastisches Element vor, das in die eher nüchtern gehaltene Erzählung nach meinem Empfinden nicht gepasst hat. Ganz abgesehen davon, dass mir der Protagonist nicht sympathischer wurde im Lauf der Geschichte, vergebe ich angestrengte zwei Sterne.


💫💫



Donnerstag, 17. Juni 2021

Ich lese gerade: "Die Pendragon Legende" von Antal Szerb

 Dies ist einer meiner seltenen Re-Reads. Vor zwölf Jahren habe ich es gemeinsam mit einer Freundin online gelesen und diskutiert und muss zu meiner Schmach gestehen, dass nichts, absolut nichts hängengeblieben ist. Und das, wo der Roman von 1934 (!) von einem Besuch auf einem unheimlichen Schloss in Wales handelt, auf das der Earl of Gwynedd den ungarischen, etwas umständlichen "Historiosoziologen" Janos Bátky einlädt.

 


 

Inhaltlich klingt es wirklich interessant: mehr zufällig (?) wird der Ich-Erzähler mit zwei anderen Männern von dem Earl eingeladen, der zudem Graf des Geschlechts Pendragon ist, dessen Familiengeschichte weit zurückreicht und einige höchst sonderbare Persönlichkeiten hervorgebracht hat, von denen die Bewohner des Dorfes glauben, sie trieben nachts auf der Ruine Pendragon ihr Unwesen. Kurz: es spukt auf Pendragon und auch auf Llanvygan wie auf jedem britischen alten Schloss, das etwas auf sich hält. Der Earl selbst ist ebenfalls ein schräger Vogel: Getreu dem Motto auf dem Familienwappen "Ich glaube an die Auferstehung des Fleisches" tüftelt er an einer Formel zum Ewigen Leben. Nicht von ungefähr, hat doch der berüchtigte Asaph Pendragon aka mitternächtlicher Reiter den alchimistischen Orden der Rosenkreuzer gegründet, die so geheim sind, dass die Freimaurer sich dagegen wie Plaudertaschen ausnehmen. Aber man weiß immerhin, dass sie dem ewigen irdischen Leben auf der Spur waren, nachdem sie herausgefunden hatten, wie man Gold herstellt.

Mit auf Schloss Llanvygan - dem Wohnsitz des Earls in unmittelbarer Nachbarschaft zu Pendragon - befinden sich der draufgängerische Maloney aus Connemara, der junge schöne Neffe des Earls, Osborne, und dessen Schwester Cynthia, in die Bátky sich verliebt. Zumindest nachdem sich herausstellt, dass sie ihm auf Bildungsebene und intellektuell offenbar nicht das Wasser reichen kann, weil sie Béla Bartok für einen Russen hält. Und spätestens hier fing der Kerl an, mir komplett unsympathisch zu werden. Seine sexistische und oberflächliche Meinung über Frauen würde in einem aktuellen Roman vermutlich zensiert bzw. entschärft werden, denn sie zieht nicht nur überzeugten Feministinnen die Birkenstöcke aus. Und ich bin in der Hinsicht wirklich nicht empfindlich.

Leider hat mir das den vielversprechenden Anfang etwas verdorben. Zwar lese ich überwiegend und bevorzugt über männliche Protagonisten, doch wer Frauen nur als hübsches Beiwerk versteht oder arglistige Ränkeschmiederinnen, kann nicht viel Menschenkenntnis besitzen. Mir kommt der belesene Janos Bátky mindestens ebenso hohl vor wie Cynthia, die ihn wahrscheinlich ohnehin an der Nase herumführt. Denn welche anständige Frau entflammt schon für einen so erbärmlichen Chauvi? Oder sie ist tatsächlich so dumm, wie Bátky vermutet.

Die eigentliche Geschichte gefällt mir bisher ganz gut. Irgendwie ist die Atmosphäre spooky und alles sehr rätselhaft, was auf Schloss Llanvygan und auch außerhalb bei der benachbarten Pendragon-Ruine geschieht. Etwas langatmig erzählt, vielleicht, aber solange mich eine Story fesselt und ich mehr wissen will, ist das ok. Als Maloney, Osborne und Bátky in der Nacht eine mysteriöse Entdeckung am See machen, hatte ich tatsächlich Gänsehaut. Es scheint fast schon so, als sei der Earl zumindest teilweise erfolgreich in seiner Forschung; das jedenfalls war mein Eindruck.

Ich bin jetzt bei ca. 100 Seiten (etwas mehr als ein Viertel des Buches) und lese mit gemischten Gefühlen weiter. Einerseits bin ich natürlich gespannt auf die Lösung des Geheimnisses vom Earl und warum man den ungarischen "Doktor" hat holen lassen, der ganz zu Beginn einen Drohanruf erhält; andererseits vergällen mir die eindeutige Arroganz und Besserwisserei des ach so schlauen Protagonisten ein bisschen die Lesefreude. Ob eine vollständige Rezension folgt, kann ich daher noch nicht sagen. Ein Fazit werde ich auf jeden Fall dalassen.



Montag, 7. Juni 2021

Filme in Zeiten von Corona (VIIII): "Johnny" (2010)

 Ok. Dieses Review wird schwierig. Denn erstens wollte ich den Film eigentlich nicht anschauen, weil er von einem an Leukämie sterbenden Kind handelt, zweitens erwies er sich als eine emotionale Tour de Force und drittens war er zu gut, um nicht darüber zu schreiben. Klingt sonderbar? Ist es irgendwie auch. Und trotzdem möchte ich ihn hier vorstellen in der Hoffnung, dass er viele (nicht nur gläubige) Zuschauer findet. Mich hat er berührt wie selten ein Film.



Inhalt: Der aufgeweckte und bibelfeste Johnny ist Waisenjunge, seit er denken kann. Vermitteln lässt er sich aufgrund seiner Krankheit nicht, obwohl er sich nichts sehnlicher wünscht als eine Familie. Statt aber mit seiner Situation zu hadern oder in Selbstmitleid zu versinken, findet er einen Sinn im Leben: Gott - davon ist er überzeugt - hat ihn, wie alle Menschen, für eine besondere Mission auserwählt. Er ist freundlich, pfiffig und liebevoll mit seinen Freunden und hat immer Zeit für sie. 

Als sich sein Zustand verschlechtert, überweist ihn sein Arzt Dr. Miller (Lee Majors) an den Kollegen und Freund Drew Carter (Mel Fair), der das Besondere an Johnny erkennt und die Gelegenheit sozusagen beim Schopf packt: Er könnte ihn mit nach Hause nehmen und seiner Frau (Musetta Vander) damit über den Verlust des eigenen Sohnes hinweghelfen, der bei einem Autounfall starb, an dem die Mutter beteiligt war. Meint er zumindest. Doch Julia ist voller Schuldgefühle und Verbitterung und wirft ihrem Mann Rohheit vor, will er doch anscheinend, dass Robbie ersetzt wird und die Eltern und die kleine Kayla (Aubyn Cole) mit einer weiteren familiären Tragödie fertigwerden müssen. Wird Johnny dennoch seine Aufgabe erfüllen können?

Meinung: Natürlich kann er. Klischee und Tränendrücker, sagen jetzt bestimmt einige. Und haben mit dem zweiten recht. Die Klischees werden verblüffend geschickt vermieden, was vor allem dem großartigen Jerry Phillips zu verdanken ist und den Worten, die ihm der Drehbuchautor in den Mund legt. Obwohl erst elf / zwölf Jahre alt, weiß Johnny, dass Gott ihn bedingungslos liebt und man nicht gut sein muss oder möglichst viele gute Taten tun, um Gott zu gefallen. Man muss ihn nur machen lassen, seine eigenen Talente nutzen, nach ihm fragen und ihn zum Kumpel haben. Das tut Johnny, und auf diese Weise erobert er seine Mitmenschen - selbst die, die ihn anfangs nicht mögen oder ihn in der Pause auf der neuen Schule zusammenschlagen. Als Johnny in der Klasse von Gott erzählt, applaudiert der Rowdy, der die Prügelei angezettelt hat und entschuldigt sich später bei ihm mit der Begründung, dass er es mutig findet, wenn jemand so vertraut über Gott spricht, was er noch nie zuvor gehört hätte. Johnny selbst nimmt die Entschuldigung gelassen an.

Ein Spruch, den Lee Majors seinem Kollegen Drew Carter mit auf den Weg gibt, hat mir gut gefallen: "Jesus ist ein Gentleman, Drew. Wenn du ihm nicht öffnest, kommt er nicht herein." Johnny ist offen für Jesus, zu dem er eine innige Beziehung hat - selbst inniger als die zu seiner neuen Familie, die ihn - Überraschung - letztlich doch komplett akzeptiert und adoptiert.

Geweint habe ich viel während des Films. Leicht anzusehen war er nicht, wirklich nicht. Es gibt eine Szene, in der Julia in Robbies Zimmer, das sie unverändert gelassen hat seit dessen Tod, Johnnys Football auf dem Schoß hält und sich mit ihm wiegt, während Johnny im Krankenhaus um sein Leben kämpft. Dieser Schlüsselmoment und auch der Brief der kleinen Schwester Kayla bringen mich jetzt noch fast zum Heulen. Damit möchte ich nicht sagen, dass zu dick aufgetragen wurde - ich fand den Film so wahr, dass es mir einfach mehrmals fast das Herz gebrochen hat. Und außerdem ist Johnny trotz seinem besonderen und tiefen Glauben ein Kind, das Spaß hat am Leben und auch Angst vorm Sterben, wenngleich er sicher ist, dass Jesus ihn abholt.

Gefehlt hat mir ein bisschen der herzliche Kontakt zur neuen Familie Carter. Abgesehen davon, dass Johnny mit Julia eine harte Nuss knacken muss, war eigentlich nur Kayla diejenige, die sich Zeit genommen hat für ihn. Oder aber die Filmdauer reichte nicht aus für entsprechende Szenen. Und wenn ich genau darüber nachdenke, war das vielleicht sogar beabsichtigt und kein Manko. 

 


 

Der Trailer wird dem Film nicht so ganz gerecht. Es lohnt sich, sich selbst ein Urteil zu bilden und "Johnny" anzusehen, der sehr ungewöhnlich wirkt und trotzdem authentisch. Ich werde es vermutlich nicht mehr tun, dazu war er emotional zu anstrengend, aber lege ihn uneingeschränkt jedem ans Herz, der sich nicht berieseln, sondern anrühren lassen möchte von Johnny und seiner Sicht auf die Welt, die so schön wäre, wenn alle Menschen sich lieben und einander verzeihen würden wie von Gott gedacht.


Bewertung: 💫💫💫💫💫

 


Donnerstag, 3. Juni 2021

Rezension "Wir waren Glückskinder - trotz allem" von Michael Wolffsohn

 Dieses Buch, das ich im Rahmen einer Facebook-Verlosung gewonnen habe, ist als Kinder- und Jugendbuch konzipiert (es gibt auch eine "Erwachsenenausgabe", die ich weiter unten verlinke), und ich kann sagen, dass ich es nach dem Lesen unbedingt als Schullektüre empfehle. Obwohl schon aus familiärer Hinsicht interessiert am Judentum, dessen Geschichte und dem Nahost-Konflikt, war selbst mir einiges neu bzw. ist mir neu aufgegangen. Fragen, die sich "Nachkriegsdeutsche" eigentlich nie stellen, werden von Herrn Wolffsohn am Beispiel seiner Großeltern mütterlicher- und väterlicherseits und seinen Eltern Thea und Max aufgeworfen. Allein das war ein Aha-Moment für mich.



Inhalt: In einfachen und kindgerechten Worten beschreibt das Buch die Schicksale der Familien Saalheimer und Wolffsohn, die in Bamberg und Berlin ansässig waren und ein gutes Leben führten. Zwar gab es Unterschiede zu den Katholiken und Protestanten, doch man sah das nicht als Problem an. Im Gegenteil: Thea Saalheimer geht sogar auf eine katholische Schule in Bamberg, in der Protestanten weit weniger gern gesehen sind als Juden. Zu spüren bekommt sie ihr "Anders-Sein" erst wirklich, als in der Reichpogromnacht die Synagogen brennen. Ihr Vater Justus (der mir sehr sympathisch war in seiner Klugheit und emotionaler Intelligenz) nimmt die Zeichen lange nicht ernst, sind die Saalheimers doch Deutsche und stolz darauf, im Land der Dichter und Denker dazuzugehören. Doch als Justus für kurze Zeit in ein Konzentrationslager kommt und nur durch einen wohlwollenden Angestellten wieder freigelassen wird, ändert sich alles. Thea muss das Internat in Berlin verlassen, auf das sie sich als Siebzehnjährige so sehr gefreut hat, und gemeinsam flüchtet die Familie vor dem Hitlerwahn nach Palästina.

Den Wolffsohns ergeht es ähnlich: Opa Karl, ein erfolgreicher Unternehmer in der Unterhaltungsbranche und leidenschaftlicher Kinobetreiber (u.a. der "Lichtburg" in Essen), muss alles zurücklassen und wird seine Projekte nie mehr weiterentwickeln können. Seine Frau Recha leidet sehr darunter, nicht mehr auf Parties gehen zu dürfen und den Wohlstand aufzugeben, in dem die Wolffsohns als angesehene und gutbetuchte Bürger gelebt hatten. Ihre Flucht über Holland und Belgien nach Palästina war für mich fast unerträglich zu lesen, wobei ich froh bin, dass Herr Wolffsohn im Allgemeinen auf allzu detaillierte Schilderungen verzichtet hat.

Die Einreise nach dem damaligen Britisch-Palästina geht durchaus nicht reibungslos vonstatten, und auch dort ist das Leben kein Honigschlecken. Nicht nur werden harte Arbeit und eine neue Sprache verlangt, auch Gefahr droht - von den arabischen Nachbarn, die ein Abkommen mit den Briten hatten, und christlichen Sekten. Auch unter Schicksalsgenossen und zuvor eingewanderten Juden bahnen sich hin und wieder Unstimmigkeiten an - irgendwann beschließt Großmutter Recha, nicht mehr auf den Markt in Tel Aviv zu gehen (ihre Gründe mögen simpel gewesen sein; ich konnte sie gut verstehen). Aber auch etwas Gutes hat die "Luftveränderung". Im "Beit Israel" - einer Art Treffpunkt für deutsche Juden - lernen sich Thea Saalheimer und Max Wolffsohn kennen und lieben. Sie und die Großeltern Wolffssohn kehren einige Jahre nach dem Krieg mit dem kleinen Michael nach Berlin zurück.

Gegen Ende wird die aktuelle Situation von Juden in Deutschland beleuchtet, was ich sehr gut fand, zeigt sie doch gewisse Tendenzen zu 1933. Damit das nie wieder geschieht, dafür plädiert Michael Wolffsohn eindrücklich und wendet sich dabei direkt an den jungen Leser. Denn jeder kann dazu beitragen, auch und vielleicht gerade die nächste Generation.                                                      

Meinung: Ein Buch, das trotz der kindgerechten Aufbearbeitung unter die Haut geht. Ich kannte selbst eine Familie, die während des Krieges ausgewandert und wieder zurückgekehrt ist, doch den unvorstellbaren Schrecken der Hitlerära und das Gefühl der Entwurzelung im fremden Land, darüber haben sie nie gesprochen. Zeitzeugen gibt es heute nur noch wenige. Umso plastischer beschreibt der Autor mit seiner eigenen Familie die Entbehrungen und sogar Schuldgefühle, aber tatsächlich auch das Glück, das ihr inmitten all des Chaos und der Unruhe widerfuhr. Durch die Saalheimers und die Wolffsohns werden die sechs Millionen auf einmal persönlich; man fühlt mit ihnen, staunt und fürchtet sich. Dabei vergisst Michael Wolffsohn nie das Positive. Mit der richtigen Prise Humor erzählt er von den köstlichen Jaffa-Orangen, familieneigener Chuzpe, Sprachenwirrwarr und heißen Sommertagen, die den buchstäblich zugeknöpften osteuropäischen und deutschen Einwanderern den Spitznamen "Jeckes" einbrachten. 

Was mir nicht gar so gut gefiel, war die zwar im Kontext verständliche, aber mitunter etwas schulmeisterliche Art, zu biblischen Geschichten Bezug zu nehmen und den Gottesglauben teilweise ins Reich der Märchen zu verbannen. Aber das sei dem Autor als Historiker und "Besserwisser", als der er sich selbstironisch bezeichnet, verziehen und hat keinen Einfluss auf meine Gesamtbewertung.

Ich werde das Buch weiterverleihen und würde mir wie gesagt sehr wünschen, dass "Wir waren Glückskinder - trotz allem" Einzug in sämtliche Klassenzimmer erhält. Für mich ein zwar etwas schwer lesendes, da emotional aufwühlendes, aber unbedingt lesenswertes Zeitzeugnis von Herr Wolffsohn, dessen Enkel ihn erst auf die Idee brachte, die bewegende, aber dennoch hoffnungsvolle Biografie seiner Familie niederzuschreiben. Danke, Noah! 


 

Bewertung:  💫💫💫💫 💫












Freitag, 28. Mai 2021

Filme in Zeiten von Corona (VIII): "The keeping hours" (2017) ~ Mystery mit Lee Pace

 Das Fernsehprogramm interessiert mich im Allgemeinen nicht besonders, aber vor kurzem lief ein Film, der mich sehr beeindruckt hat. Lee Pace, seines Zeichens edler Thranduil aus den Hobbit-Filmen, und außerdem mein süßer Kuchenbäcker aus "Pushing Daisies" spielte die Hauptrolle in "The keeping hours" - übrigens weder Horrorgeschichte noch Mystery Thriller, wenn man's genau nimmt. Aufgrund der eher schlechten Kritiken war ich skeptisch, um dann nicht zum ersten Mal festzustellen, dass man sich zu Filmen und Büchern immer eine eigene Meinung bilden sollte.

Inhalt: Mark (Lee Pace) und Elizabeth (Carrie Coon) sind seit dem Unfalltod ihres kleinen Sohnes Jacob geschieden. Sieben Jahre sind seitdem vergangen. Als Mark endlich das ehemalige Haus verkaufen möchte und zu diesem Zweck eine Aufräumaktion startet, erlebt er den Schock seines Lebens: Im Haus geschehen seltsame Dinge, und er glaubt, den verstorbenen Jacob darin spielen zu sehen. Die chaotischen Vormieter meinten, es spuke dort, weshalb auch bald eine Frau in Amy Winehouse-Optik bei Mark anklopft, die sich als Medium anbietet, um mit Jacob in Kontakt zu treten. Doch eine Vermittlung ist nicht nötig: schon am nächsten Tag begegnet Mark seinem kleinen, unbeschwert plappernden Sohn, der sich eine Modelleisenbahn wünscht und auch sonst wenig verändert scheint. 

Zwischen Entgeisterung und Hoffnung hin und her gerissen kontaktiert Mark Elizabeth, die inzwischen eine neue Familie hat, um ihr von Jacob zu berichten. Zunächst tut sie seine Aufregung als Folge seines jetzt unmäßigen Alkoholkonsums ab, doch auch sie kann Jacob zwar nicht berühren, aber ihn sehen und mit ihm zusammen sein. 

Mark kündigt seinen Job in New York City und zieht vorläufig wieder ins alte Haus, wo er mit Elizabeth auf ihren gemeinsamen wiedergefundenen Sohn "aufpasst". In den nächsten Tagen sind die zuvor schuldbeladenen Eltern glücklich. Allmählich kommen sich beide sogar wieder näher. Videoclip-Ästhetik, Strandidylle und sogar ein Schäferstündchen folgen. Doch Jacob hat etwas auf dem Herzen, das er seiner Familie mitteilen möchte und das der Grund ist, weshalb er nicht gehen kann und stattdessen im Haus festsitzt. Erst wenn alles geklärt ist, kann er in die nächste Dimension weiterreisen.

Elizabeth entdeckt unter den Sachen im Speicher ihre "To-Do-Liste", die sie nach Jacobs Geburt angefertigt hatte. Zusammen unternehmen sie nun, was verpasst wurde und im Rahmen des Möglichen liegt. So basteln sie z.B. einen altmodischen Sonnenfänger aus Granulat - eine Szene, die zur Schlüsselszene wird, als Jacob seiner Mutter sagt, dass er den Knopf gedrückt habe. Elizabeth und auch der Zuschauer sind der Meinung, er habe den Backofen angeheizt, doch Jacob geht es um etwas ganz anderes. Etwas, das er schließlich Mark erzählt, der aus allen Wolken fällt. Es trifft ihn noch härter, als Jacob ihm wie nebenbei den baldigen Tod seiner Mama voraussagt, indem sie in absehbarer Zeit mit ihm "Zug fahren" wird. Und tatsächlich ist Elizabeth unheilbar krank...

   Meinung: Zugegeben, es klingt nach Klischee und ist auch ein bisschen vorhersehbar. Trotzdem hat mich der Film in seiner Tiefe, Unaufdringlichkeit und Zartheit so berührt, dass ich am Ende ein wenig weinen musste. Die Darstellungen von allen Schauspielern, selbst die des hundeliebenden Winehouse-Mediums und die Nachbarin mit ihrem Sohn Dash, der Kindergeburtstage kindisch findet und sie nur seiner Mutter zuliebe feiert, waren toll und nachvollziehbar. Das Ende ist fast genauso rätselhaft wie der Rest der verbleibenden Stunden, und doch findet Mark einen neuen Weg, mit der Trauer umzugehen. Es geht weniger um Schockeffekte oder Grusel als vielmehr um das Loslassen-Können und Vergeben, und das ist eine Thematik, die mich anspricht. Besonders wenn sie so gut und auch bittersüß in Szene gesetzt wird wie hier. 

 



    Fazit: Ein Film mit übersinnlichen Elementen, der nachdenklich macht, und der von Schuld erzählt, die eine Familie zerstört und die doch keine war. Wirklich sehenswert!


Bewertung: 💫💫💫💫




Donnerstag, 20. Mai 2021

Wandern mit der Family ~ eine neue Leidenschaft

Letztes Jahr hatte ich es schon mehrmals erwähnt: Corona hat uns zu hiesigen Backpackern gemacht. Heißt, wir checken das Wetter, suchen uns eine Wanderroute in der Umgebung aus (anfangs ganz old school mit Karte, jetzt mit einer App auf dem Smartphone), verstauen ein üppiges Picknick in unsere zweieinhalb Rucksäcke und los geht's. Meist erst im Auto, dann zwischen sechs und acht Kilometern zu Fuß. Wenn Petrus uns nicht allzu gnädig gestimmt ist, kommen auch ein paar Knirpse - Taschenregenschirme - ins Gepäck. Die haben wir bisher allerdings kaum gebraucht. Was immer mit dabei ist, ist meine Handykamera. Seit ich nun doch ein Smartphone mein eigen nennen kann, fotografiere ich damit unheimlich gern. Ein Muss auf unseren Touren ist immer das Selfie-To-Go, das mittlerweile von jedem souverän in Kauf genommen wird. Manchmal sogar mit Grimassenschneiden. Und natürlich haben wir uns alle vier mit robusten, aber schicken und bequemen Wanderschuhen ausgestattet.


Wir in Bad Rappenau bei Heilbronn, 8. Mai 2021

 

Unsere Touren führen uns an die verschiedensten Orte, und oft sogar dahin, wo ich selbst noch nie gewesen bin. Ich wusste zum Beispiel nicht, dass es keine zehn Kilometer von meinem Wohnort entfernt ein gigantisches Mausoleum eines seinerzeit berühmten Unternehmers gibt, das unseligerweise nach der Reichspogromnacht im Jahr 1938 geplündert und geschändet wurde. Zwischen 1980 und 2012 wurde es in Teilen rekonstruiert und wiederhergestellt. 

Heute kann man es sogar von innen besichtigen, was wir uns zunächst nicht trauten, bis vorbeigehende Passanten uns darauf aufmerksam machten, dass das Tor geöffnet werden kann. Angesichts der Popularität des Steinsfurter Wohltäters und dem Schicksal seiner verschollenen Urne, der seiner Frau und der seiner Pflegerin wurde ich richtig ehrfürchtig, wozu auch die Erhabenheit des Mausoleums beigetragen hat, das mitten im Wald fast ein bisschen exotisch, weil orientalisch, wirkt. 

Wenige hundert Meter weiter in den Wald hinein liegt dann ein großer Judenfriedhof, auf dem Herr Weil nicht bestattet werden durfte, weil er auf eine Kremation bestand. Darum ließ er auch die Grabstätte errichten, die aber mehr für fröhliche und gesellige Zwecke mitkonzipiert worden war. Wie unfassbar traurig, dass daraus nichts wurde. Immerhin steht nun vor dem Mausoleum, das dem Jerusalemer Tempel nachempfunden ist, ein großer Tisch mit zwei langen Bänken. Vielleicht um Herr Weils seligen Angedenkens. Das wäre zumindest eine kleine "Entschädigung", wenn man davon überhaupt sprechen kann. 

 

Blick vom Inneren des Mausoleums, Waibstadt.

 Jedenfalls hätte ich mir gewünscht, dass der Mann, der viel für die Region und die Menschen getan hat, nicht in Vergessenheit geraten und mehr gewürdigt worden wäre. Ein kleiner, nach ihm benannter Weg in den Wald hinauf erinnert an ihn, aber ich finde, man hätte die neu renovierte Stadthalle nach ihm benennen sollen. "Hermann-Weil-Halle", das klingt irgendwie fast episch.

So auf den Spuren der Vergangenheit zu wandeln finde ich total interessant. Auch die Eltern erzählen auf den Wanderungen gern über ihre Kindheit und was man damals noch alles hatte bzw. entbehren musste. Oder dass nicht alles schlechter war, nur weil es weniger Komfort gab. Beinahe unvorstellbar, dass in den 1950 / 60er Jahren fast jeder Haushalt Vieh wie Hühner und mindestens eine Sau besaß und damit weitgehend Selbstversorger war, zumindest auf dem Dorf. Apropos Nostalgie: auf selbigem Trip waren wir vor kurzem, als wir von Stebbach nach Gemmingen gewandert sind, dem Geburtsort meiner Mama. Das fand ich sehr süß und rührend, wie sie sich über alles gefreut und uns gezeigt hat, wo die Nachbarn und Bekannten gewohnt hatten. Und dann trafen wir tatsächlich noch jemand von früher!


Kurz übers Feld, auch in Waibstadt.

 Insgesamt sind die Wanderungen durch Wald und Flur für jeden von uns ungeheuer bereichernd. Wir sehen viel Neues und Ungewöhnliches, tauschen uns aus, lernen dazu, haben Spaß mit unseren Fotos und den Wald-Selfies, trainieren unsere Ausdauer und freuen uns auf die zünftige Brotzeit, ein Highlight unserer Touren. Mittlerweile nehmen wir auch Kaffee und Kekse mit neben den belegten Broten / selbstgebackenen Brötchen, Gemüse, Eiern und Snacks und mit Traubensaft gemischtem Wasser, denn manchmal verfliegt die Zeit schneller als es uns lieb ist. Aber wir haben es nie eilig. Im Gegenteil. Nur können wir es oft gar nicht abwarten bis zu den Wochenenden, wo dann die nächste Wanderung geplant wird. Für mich ist das sehr erstaunlich, weil ich vorher immer eher dachte, Wandern sei irgendwie eine spießige Sache. So blöd kann man sein. Wer sich gut mit seiner Familie versteht und sie trotzdem besser kennenlernen möchte, dem kann ich Wandern wärmstens empfehlen. Komisch, dass die meisten Leute, wie wir, erst seit der Pandemie darauf gekommen sind, als Familie gemeinsam etwas zu unternehmen. Vielleicht dehnen wir sie in Zukunft sogar mehr in den Schwarzwald aus und machen eine Ganztagestour. Dort gibt es nämlich auch fast magische Orte. Und wenn mich nicht alles täuscht, öffnen demnächst auch wieder Gaststätten und Restaurants, falls wir mal unser Picknick vergessen oder zu wenig vorbereiten. Letzeres war jedoch noch nie der Fall. 

 

These shoes are made for walking...

 

Nicht nur, dass Wandern ein tolles Erlebnis ist; irgendwie hat es auch etwas Philosophisches und Gemütliches an sich. Häufig sind wir zu viert auf weiter Flur, sehen Eichhörnchen, Rehe und winzigkleine Mäuschen durchs Unterholz oder an den Bäumen hochflitzen. Oder wir sitzen auf einer verlassenen Bank mitten im Nirgendwo, während wir einträchtig unseren Proviant mampfen oder in die Luft gucken. Dann ist das ein wenig ein Gefühl, als ob alles ganz friedlich wäre und die Welt stillsteht. In der hektischen und auch leider sehr unruhigen Zeit überall schätzt man Momente wie diese umso mehr.

Wanderführer für die Umgebung sind ja jetzt schwer im Kommen; obwohl ich Bücher und Karten aufgrund der Haptik bevorzuge, finde ich die WanderApp Komoot besonders praktisch. Man kann sogar Routen speichern und archivieren. Oder ganz neue entdecken.