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Sonntag, 19. November 2017

Neue Lieblingsserie: Poldark (2015 - ?)

Lange habe ich mich trotz der interessanten Zeitperiode und der offenbar riesigen Fangemeinde gesträubt, die Neuauflage von "Poldark" nach den Romanen von Winston Graham aus den 1940er Jahren zu gucken. Ich fand, dass die Geschichte eher banal klang (Landadliger kehrt vom Krieg in Übersee heim und bringt sein verwahrlostes Gut auf Vordermann), und zudem war mir der Schauspieler Aidan Turner (die Hauptfigur Ross Poldark) als Zwerg Killi im Hobbit in eher durchschnittlicher Erinnerung. Das glutvolle Latino-Aussehen, naja, davon sollen andere schwärmen; ich steh' ja generell eher auf den nordischen Typ. Und auch nicht so wirklich auf Romanzen.




Vor kurzem gab es bei Amazon ein Triple-Angebot über die ersten Staffeln neuer Serien. Wir wählten Taboo, Königin Victoria und Poldark. Das erste war ein ziemlicher Reinfall, und ganz ehrlich, auf die Queen habe ich seit Poldark keine Lust mehr.

Ich warte jetzt sehnsüchtig auf Staffel 3 als DVD / Bluray-Box mit englischer und deutscher Tonspur, würde am liebsten die ersten beiden Staffel gleich nochmal gucken und überrasche damit mich selbst. Warum finde ich die Serie eigentlich so klasse, denn ganz ehrlich: viel Spannung und Unvorhergesehenes geschieht in Poldark nicht. Ganz im Stil des 18. Jahrhunderts wird geliebt und gelitten, geheiratet (freiwillig und unfreiwillig), intrigiert, geboren und gestorben, und man kann ziemlich sicher sein, dass keine fantastischen oder übersinnlichen Phänomene diese Routine und die Idylle von Cornwall auf Dauer trüben. Was mich aber doch sehr beeindruckt hat, waren neben den atmosphärischen Bildern und der Ausstattung vor allem die sorgfältig ausgearbeiteten und authentisch handelnden Charaktere. Und - ich gebe es zu - die wechselhafte Geschichte von Ross und Demelza.

Mit der bodenständigen Bergmannstochter kam endlich mal eine fiktive Frauenfigur, die ich mag. Sie sieht apart aus und hat eine natürliche Ausstrahlung, und sie liebt ihren ihr gegenüber manchmal unverständig reagierenden Ross, lässt sich aber nichts gefallen, ist kein Zuckerpüppchen und hat ihren eigenen Kopf. Zugleich ist sie verletzlich und braucht ihren Mann, den sie als ihren Seelenverwandten betrachtet und umgekehrt. Eitel Sonnenscheint herrscht bei den Poldarks darum keineswegs, doch ich freue mich immer auf Szenen, in denen sich die beiden necken und respektvoll miteinander umgehen, ohne den jeweils anderen auf ein Podest zu heben. Lebensnah, halt. So, wie eine Ehe sein sollte. Diesbezüglich macht Ross am Ende der zweiten Staffel Demelza eine bewegende Liebeserklärung.

Auch die weiteren Figuren sind mir ans Herz gewachsen. Besonders der gutherzige und erstaunlich progressive Landarzt Dwight Enys (Luke Norris) hat mich im Sturm erobert. Ich hoffe ja, dass ihm als frischgebackener Marineoffizier in der nächsten Staffel nichts allzu Schlimmes passiert; der Tod von Ross' Cousin Francis war schon ein richtiger Schock, dabei gehören er und seine Frau (und Ross' erste Liebe) Elisabeth eher zu den etwas statischeren Charakteren, mit denen ich nicht allzu viel anfangen konnte. Und doch, mit einem Trost an Demelzas Zweifel kurz vor dem tragischen Unfall im Bergwerk hat er es geschafft, mich zu Tränen zu rühren. Vielleicht ist das das Geheimnis, was für mich den Reiz der Serie ausmacht. Jede Figur hat ihre Fehler, aber auch Stärken, und vor allem: sie haben das Herz am rechten Fleck. Alle, bis auf den fiesen George Warleggan (Jack Farthing). Aber selbst er handelt nachvollziehbar in seinem Neid auf Ross und hat nicht nur dunkle Seiten, ist er doch ebenso wie sein Erzrivale für Elisabeth entflammt.

Viele Szenen und Dialoge überwältigen in ihrer Schönheit und Weisheit, ohne in Kitsch abzudriften, denn man spürt, dass die Charaktere tatsächlich meinen, was sie sagen oder tun. In anderen Serien wäre das wohl ein biederes und wenig zugkräftiges Konzept, doch bei Poldark funktioniert es. Ich freue mich jedenfalls sehr, nach Turn: Washington's Spies wieder eine Serie gefunden zu haben, bei der ich richtig mitfiebern kann. Von der tollen Landschaft Cornwalls will ich gar nicht erst reden; für viele Zuschauer ist sie der heimliche Star der Show.

Poldark ist nicht nur Unterhaltung auf hohem Niveau vor eindrucksvoller Kulisse, sondern irgendwie genauso erdverbunden wie die meisten ihrer Darsteller. Und das tut schon mal ganz gut bei dem ganzen Effekt-Overload mit Welten-Retten-Gedöns und dem Schenkelklopf-Sarkasmus der neuen Serien und Filme auf dem Markt. Liebenswert altmodisch eben.

Bildquelle: BBC One





Sonntag, 5. November 2017

Thor - Tag der Entscheidung " Thor - Ragnarok"

Am vergangenen Donnerstag war ich mal wieder im Kino. Eher mit wenig Erwartung, dass der Film gut ist: es war eine Marvel-Produktion, und von denen bin ich - von zwei oder drei Ausnahmen - nicht allzu begeistert. Zu viel Spektakel, Krach und zähflüssige Längen, die mich unruhig im Sitz hin und her rutschen lassen, weil ein dringendes Bedürfnis sich meldet.




Trotzdem habe ich "Thor - Tag der Entscheidung" eine Chance gegeben. Die beiden ersten Teile um den nordischen Donnergott habe ich ebenfalls gesehen, und der Vollständigkeit halber musste der dritte auch noch sein. Außerdem: Tom Hiddleston. Ich mag ihn einfach zu sehr, um die Gelegenheit verstreichen zu lassen, ihn auf der großen Leinwand anzuschmachten... (O; Und es war nicht nur Mr. Hiddleston, der den Film für mich zu einer positiven Überraschung hat werden lassen.

Über die Handlung kann und will ich nicht viel erzählen. Denn die war praktisch kaum vorhanden. Worum es ging, wurde eigentlich erst in den letzten zehn Minuten des Films klar, und das war auch gut so. Jedenfalls hat mir schon die Eröffnungsszene mit Thor in der Unterwelt ein herzhaftes Lachen entlockt, auch wenn sie ein bisschen sehr gruselig war. Aber die Selbstironie, die Thor-Chris Hemsworth konsequent durchzieht, war für mich ein echtes Highlight. Hätte ich ihm so gar nicht zugetraut. Sein etwas unbeholfener Besuch beim elegant die Treppe hinabschwebenden Uberzauberer Dr. Strange gehört ebenso dazu wie die weinerliche Trauer um den Hammer Mjölnir, der ihm abhanden kommt, genauer gesagt von seiner älteren Halbschwester Hela (Cate Blanchett)  in einem Duell zu Brei zerquetscht wird.

Überhaupt, die gute Hela. Als Göttin des Todes ist ihr schwer beizukommen, da sie ja praktisch unverwüstlich ist. Doch bevor es zum fulminanten Showdown kommt, wird der Zuschauer mit unzähligen Witzen und Gags bei Stange gehalten, die sich teilweise nur dem eingefleischten Marvel-Fan erschließen (und ich denke mit Schaudern an das unheimliche Nerd-Lachen des Typen hinter mir).

 Aber auch ich hatte meinen Spaß. Etwa wenn Loki Thor zeigt, wohin er Allvater Odin alias Anthony Hopkins verbannt hat, oder als Thor auf einem Müllplaneten landet, der von dem abgefahrenen "Grandmaster" Jeff Goldblum regiert wird. Weniger toll fand ich den Auftritt von "Hulk" Mark Ruffalo. Irgendwie wirkte er fehl am Platz, obwohl er nach dem albernen Gladiatoren-Kampf ein ganz passables Teammitglied  abgegeben hat, das auch ein paar coole Sprüche zum besten geben durfte ("Ich hab' mir Asgard prächtiger vorgestellt.") und ein Duran Duran-T-Shirt trug. Die große Überraschung war für mich der Gott des Unheils, der hinterlistige Loki, der in diesem Film nicht gar so hinterlistig agiert wie gewohnt und damit ein paar Zuschauer herbe enttäuscht hat. Ich persönlich fand es ganz gut, dass man ihm - nachdem Thor ihm ins (tatsächlich vorhandene!) Gewissen geredet hat, eine "change of heart" gegönnt hat, die ihn hat erkennen lassen, dass Familie (vorläufig) wichtiger ist als List und Tücke. Wer weiß, wie lange der Edelmut anhält bei Lokis Wankelmut. Oder ob er nicht doch nur vorgetäuscht war.

Milder Spoiler: Zumindest besinnt er sich am Ende eines guten besseren und steht Thor zur Seite. Der Deal mit Dr. Strange geht so oder so nicht auf: da Asgard vernichtet wird, muss Loki nun gemeinsam mit dem neuen Allvater Thor auf Midgard Asyl beantragen, das ihm sicher gewährt wird. Dumm gelaufen!

Fazit: Schrilles Popcornkino, das erstaunlicherweise meine Art von Humor getroffen und mir einen unterhaltsamen Abend beschert hat. Ein bisschen zu viel Chris Hemsworth vielleicht, der aber eine überzeugende und witzige One-Man-Show abliefert und von seinen Mitspielern von Mensch über versoffene Walküre bis zu den Göttern kongenial unterstützt wird. Nach dem für mich eher abtörnenden, weil lärmigen Trailer doch ein gelungener dritter Teil der Thor-Saga.

Bewertung: 
und ein halber