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Montag, 11. Juni 2018

"Der Winterkönig" (Band 1 der Artus-Chroniken) ~ Bernard Cornwell

Wenn es um (prä-)historische Stoffe in Romanen geht, ist Bernard Cornwell scheinbar eine heiße Adresse. Klar, dass seine Artus-Chronik daher nicht von mir verschont bleibt. Allerdings habe ich festgestellt, dass mir die präzise fingiert-recherchierte und etwas nüchterne Schreibweise nicht so wirklich gefällt. Auf über 660 Seiten erzählt Cornwell den Anfang des sagenumwobenen Arthur Pendragon so ausführlich, dass man - zum Querlesen und gelegentlichen Gähnausbrüchen verführt - einen Haufen unnützer Dinge im Kopf behalten muss, von denen man sich nach zweihundert Seiten fragt, ob man sie irgendwie überlesen oder vergessen hat.




Der Inhalt kann auf ein paar Sätze heruntergebrochen werden: Mordred, verkrüppelter Enkelsohn des Uther Pendragon, soll in einem zerrütteten Britannien der Nachfolger des Großkönigs werden. Zum Protektor des Kindkönigs wird Arthur bestimmt (der erst im zweiten von vier Teilen des Romans auftaucht), doch er soll erst Ceiwyn heiraten, um den Frieden zwischen zwei Königreichen zu festigen. Auf der Verlobungsfeier begegnet ihm Guinevere, in die Arthur sich unsterblich verliebt, sie heimlich zur Frau nimmt und damit den Untergang des Landes besiegelt. Eine Menge Schlachten und blutige, primitive Rituale finden zwischen diesen beiden Ereignissen statt.

Meinung: Ist nicht sehr hoch, was, wie ich anfangs schon sagte, an der trockenen Art liegt, mit der Cornwell bzw. sein Ich-Erzähler Derfel berichtet, der Lancelot einen eitlen Geck nennt und sich für etwas besonderes hält, weil er ein guter Krieger ist, was hunderte Seiten lang zelebriert wird. Die Frauen sind entweder bildschöne, toughe, rachsüchtige Zauberinnen oder bildschöne Mäuschen, in die sich Derfel verliebt, ohne näher darauf einzugehen bis auf einen roten Kopf, den er bekommt, als er seine Angebetete zu forsch anbetet (was aber - ich gestehe es - irgendwie sympathisch war). Wahrscheinlich ist ihm die Liebe nicht kriegerisch genug.

girochantal / Pixabay

Obwohl seine Begegnungen mit Arthur durchaus ihren Reiz haben und der junge Arthur immerhin unkonventionell bartlos ist, lässt Cornwell letzteren in keinem guten Licht dastehen: er ist zwar charismatisch, hat ein Gewissen und macht seine Feinde am liebsten zu Freunden (tolle Eigenschaften, eigentlich!), doch zugleich wirkt er dadurch leichtgläubig und schwach. Obendrein ist er blind vor Liebe zu Guinevere, und ein guter Herrscher sollte neben dem Wunsch nach Frieden auch eine gute Menschenkenntnis haben, meine ich. Denn Guinevere, das raffinierte Luder, betrügt ihn von Anfang an mit diversen Edlingen und Königen und huldigt der Sekte der Isis - etwas, das ich als klassischer Artus-Fan nicht gutheißen konnte. Auch den ollen Merlin mochte ich nicht, der stets einen flotten Spruch auf den Lippen hat, die alten vertriebenen Götter wieder nach Britannien holen möchte und sich dafür Arthurs Fähigkeit bedient, Menschen zu führen. Also fungiert Arthur wieder nur als Marionette und eines Helden unwürdig.

Die detaillierten Beschreibungen der frühen Jahrhunderte, in denen Menschen- und halbverwesteTieropfer zur Tagesordnung gehören und man das völlig normal fand, waren mir zu viel des Guten, genauso wie die Gemetzel auf gefühlt jeder fünften bis zwanzigsten Seite. Vielleicht kann Cornwell damit Historiker und ein überwiegend männliches Publikum begeistern; ich fand es zäh, ekelhaft und langweilig, ständig über die gleichen brutalen Dinge zu stolpern. Merkwürdigerweise hatte ich das Buch jedoch innerhalb recht kurzer Zeit durch, so dass es sooo schlecht nicht gewesen sein kann. Ob ich die Folgebände noch lese, lasse ich daher offen und vergebe großzügig