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Dienstag, 23. Januar 2024

Shalom Mamele. Königskinder sterben nicht. Sie gehen nach Hause.

Nie hätte ich gedacht, dass ich ein Buch wie dieses schreiben und veröffentlichen würde. Und nun, da ich's gewagt habe, bedauere ich, es nicht schon früher in Angriff genommen zu haben. Mama hätte so viel Freude gehabt, mir ihre Geschichte noch ausführlicher zu erzählen, und sie wäre so stolz auf ihre Tochter gewesen. Das ist sie sicherlich auch so, doch ich habe keinen sichtbaren Anteil mehr an ihrer Freude. Die Veröffentlichung hätte sie groß gefeiert. "Wir feiern viel zu selten", meinte sie oft.

 


 

Entstanden ist mein neues und persönlichstes Buch eher als eine Art Therapieprojekt. Auf Facebook bekam ich zum Teil sehr nette und verständnisvolle PNs bezüglich meiner Trauer. In vielen davon - wie auch in Kommentaren zu Beiträgen - riet man mir, unsere Geschichte als Familie aufzuschreiben. Ich war sehr skeptisch. Zum einen, weil ich dachte, es ginge nur um die unselige Krankenhausgeschichte, zum anderen, weil ich mir das nicht zutraute, ohne emotional zu zerbrechen. 

Doch erstaunlicherweise war das Gegenteil der Fall, nachdem ich mich an Mamas Rechner in ihrem schönen kleinen Arbeitszimmer setzte, in dem ich von ihren wunderschönen, farbenfrohen Bildern und Visionboards umgeben bin, um die ersten Zeilen über die Anfänge meiner Eltern zu tippen. Es ging richtig leicht und beschwingt, und häufig habe ich meine Trauer vergessen. Hin und wieder flossen Tränen, wenn mich eine Erinnerung besonders berührt hat. Aber das war ok. Es ist halt schade, dass ich diese Erinnerungen nicht mehr mit Mama teilen kann.

Wir haben so viel erlebt als Familie; viel mehr, als ich vermutet hatte. Und wir waren wirklich eine außergewöhnliche Kombination, wir vier. Unschlagbar. Das wurde mir beim Schreiben wieder bewusst. Wie viel Glück und Segen darauf lag und liegt, dass wir uns so gut verstehen und uns in Liebe begegnet sind. Unsere Krisen hatten wir selbstverständlich auch, doch wir haben sie immer gut gemeistert - bis auf die letzte. Auf die habe ich weitgehend verzichtet im Buch, denn es soll ein aufbauendes, Mut machendes Werk sein. Auch für Menschen, die durch diesselbe Phase im Leben laufen wie wir und die Welt nicht mehr verstehen. Es gibt da nichts zu verstehen. Erst im Himmel werden uns die Augen geöffnet, das ist sicher. Genauso sicher, wie Mama jetzt weiß, warum alles so sein musste. 



Die reich bebilderte Familienchronik ist auch eine Erinnerung und ein Geschenk für die vielen Gefährten, die im Lauf der Jahre ein Stück des Weges mit uns - und vor allem mit Mama als kommunikativstes Familienmitglied - gegangen sind. Viele sind darin erwähnt (ohne Nachnamen, und immer im Guten). Es ist erstaunlich, wie unterschiedlich alle waren: verschiedene Nationen, Alter, Geschlecht und kulturelle Herkunft. Mama hat nie Unterschiede gemacht. Jeder, der in unser Haus kam, war in erster Linie Mensch mit einer eigenen Geschichte, die es wert ist, angehört zu werden. Das hat mir immer sehr imponiert, wie vieles mehr an Mama. 

Jeder Mensch ist einzigartig, aber eine Frau wie Mama wird es im Ansatz hier auf Erden nicht mehr geben. Ihre Herzlichkeit und verschmitzte Fröhlichkeit, ihr Optimismus und ihr helles, heraussprudelndes Lachen, all das hatte nur sie. Obwohl sie es nicht immer leicht hatte im Leben, hat sie so viel bewirkt. Ich finde es deshalb legitim, dass sie als "Nicht-Promi" eine Biografie in Buchform erhält, die vielleicht auch Menschen, die sie nicht persönlich kannten, Mut gibt. Das fände sie schön, denn eine Ermutigerin ist sie immer gewesen.

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Samstag, 6. Januar 2024

"Menschengeschichten" von Hans Joachim Gelberg / Beltz & Gelberg

  Nachdem mir die 1972er Anthopologie "Geh und spiel mit dem Riesen" schon so gut gefallen hatte, wurde ich auf die beiden Folgebände aufmerksam, für die im Buch hinten geworben wurde. Eines der beiden habe ich nun über Booklooker erstanden. Es heißt "Menschengeschichten" und ist - so scheint es - eigens für mich geschrieben worden. Darum ist es kein Zufall, dass ich auf dem Foto das Covergirl abklatsche. Allein ihre (spekulative) Geschichte im Vorwort des Herausgebers hat mich nachdenklich-nostalgisch gestimmt. Und ganz unter uns, ich bin doch eh so eine. So eine hoffnungslose Nostalgikerin.

 

Volltreffer!

Obwohl ich erst angefangen habe mit dem Lesen, weiß ich jetzt schon, dass diese meine Lieblingsanthologie sein wird von den dreien, die ich bisher gesehen habe. Herrlich schräg die Geschichten, originell, witzig und vor allem nostalgisch und manchmal traurig. Man macht sich Gedanken in diesem Buch, die sich jeder einmal macht, die aber irgendwie zu unwichtig sind, um ihnen weiter Beachtung zu schenken oder sie weiterzuverfolgen. Gedanken über Erfahrungen, Zeit und Raum, über die Welt von Kindern und Erwachsenen und wie sie leben, aber vor allem über Menschen allgemein. 

Sehr gefallen hat mir ein Fotovergleich in dem der Fotograf 1945 eine Gruppe Leute ablichtete und dreißig Jahre später per Annonce dieselben Leute dazu aufrief, sich am selben Ort wieder fotografieren zu lassen. Das war unheimlich interessant, denn es waren nur wenige, die dem Ruf nicht folgten oder nicht kommen konnten. Selbst die Namen der Personen und ihre Beziehungen untereinander (sofern vorhanden) wurden festgehalten.

Apropos: viele alte Fotografien beinhaltet dieses Kleinod, oft als eine Art Lebenslauf. Für mich ein gefundenes Fressen. Ich liebe es, mich mit alten Dingen zu befassen, mich zu fragen, welche Geschichte in diesem Gegenstand oder jener Person steckt. Heute kurios anmutende Traueranzeigen von 1899, Hochzeitsbekanntgebungen und die Bedeutung von Parkbänken, all das wird neben vielem anderen unter die Lupe genommen. Irgendwie ist "Menschengeschichten" auch eine Sammlung über die Vergänglichkeit und den Wandel der Zeit, der schon immer spürbar war. Die auf den ersten Blick sinnlosen, aber durchaus reizvollen Geschichten wie im Vorgänger gibt es natürlich auch, etwa die Geschichte vom Mann, der sich durch die Parkprinzessin in einen Storch verwandelte.

Und als kleines Goodie und wie als Bonusmaterial, das die Theamtik unterstreicht, findet man in meiner gebraucht gekauften Ausgabe noch jede Menge gepresster Blumen. Das finde ich sehr charmant, weil auch eine Art Zeitdokument (wer trocknet und presst heute noch Blumen, um sie anschließend in Fotoalben oder Tagebücher - vorausgesetzt, man fotografiert und schreibt noch analog -  zu kleben? Viel zu aufwendig!). 


Vorwort mit Blume

 

Mit über 330 Seiten ist "Menschengeschichten" noch etwas umfangreicher als "Geh und spiel mit dem Riesen." Das freut mich sehr, denn der erste Band war recht schnell gelesen, auch wenn mein Tempo derzeit einer Schnecke zur Ehre gereicht. 

Wie schön, dass es diese Bücher noch gibt und man sie relativ preisgünstig auf Onlineplattformen erwerben kann. Tatsächlich scheint eine ganze Reihe davon erschienen zu sein, die sich "Kinderjahrbuch" nennen dürfen.

Für mich sind diese Anthologien eine echte Entdeckung, die ich selbst Kindern von heute noch ans Herz lege. Vielleicht wirkt die Sprache etwas altmodisch und sperrig, und einiges ist nicht mehr zeitgemäß. Aber gerade das macht den besonderen Reiz aus, zeigt es doch, dass jedes von Menschenhand erschaffene Werk vergänglich und irgendwann auch vergessen ist. Ich konnte zum Beispiel nichts mit Wolfdietrich Schnurres Erinnerungen an seinen Kittel anfangen, der zwar schrecklich und kratzig war, aber eine Bauchtasche vorne hatte, die für seinen Träger das Allerheiligste war und auch vom Rest der Freunde und Familie als solches nicht angerührt wurde. So nahm Herr Schnurre seine Kindheitschätze mit ins Erwachsenenalter. Ich mag solche Geschichten. Klein, fast banal aber bei näherer Betrachtung doch bedeutend und anrührend.

 

 

Wer ebenfalls wie ich nostalgisch angehaucht ist und sich gern mit der Vergangenheit befasst, in der es ihn / sie noch nicht gab - oder einfach mal neugierig ist auf die ungewöhnliche Aufmachung und die Geschichten in diesem Buch, der kann auf verschiedenen Plattformen danach stöbern. Es gibt es auch als handliche Taschenbuchausgabe, aber ich finde, man muss es als großes Hardcover besitzen und genießen. Bei Amazon gibt es derzeit nur die Taschenbuchausgaben, daher empfehle ich, auf Plattformen wie Booklooker danach zu suchen. Es lohnt sich! Als Familienlesebuch ist "Menschengeschichten" nämlich hervorragend geeignet und bietet eine Menge Diskussionsstoff.



Donnerstag, 4. Januar 2024

Danke, Mama!

Folgend nach dem ersten Bild und ein paar wehmütigen Zeilen ein Gedicht für meine Mama, die letztes Jahr in den Himmel ging und an die ich mit großer Zärtlichkeit und Liebe denke. Es ist ein bisschen holprig, aber von Herzen geschrieben.

Obwohl es jetzt schon fast vier Monate her ist, kann ich nicht begreifen, warum sie so früh gehen musste. Meine Tage sind trüb, nicht nur durchs Wetter. Sie war ein wichtiger Teil in meinem Leben, eine Konstante der Positivität und Freude auch in schweren Zeiten. Viele der Kommtare auf meinem Blog stammen von ihr. Immer freudig, immer begeistert. Irgendwann schickte sie sie anonym ab, weil sie dachte, es sei peinlich, wenn die Mama kommentiert. Ach, Mamele, überhaupt nicht. Im Gegenteil. 

Sie selbst sprach immer von der Fülle, die Gott für uns bereithält. Ich glaube, die hat sie jetzt. Nein, ich bin ganz sicher. 

Es macht mich zusätzlich traurig, dass durch das Missverstehen meiner Trauer ein paar Bekanntschaften und Kontakte in die Brüche gingen. Das war bestimmt nicht beabsichtigt. Mir ist es selbst arg, dass es sehr lange dauert, in den Alltag und die "Normalität" zurückzufinden, die es ohne meine Mama nicht mehr geben wird. Beides muss neu gestaltet und strukturiert werden. Das braucht Zeit. 


 

💖 Für mein Mamele 💖

Du warst immer für mich da, als Freundin, Mama und Ratgeber, das ist wunderbar. Ich hatte es nicht leicht am Start, Du wusstest es, der Chefarzt nicht, das war natürlich hart. Entmutigen ließt Du dich nicht, und führtest mich alsbald zum Licht. 

Ich lernte Leben, Lieben, Lachen, alles mit Dir, Du ließt mich machen.

Du lehrtest mich, mich selber sein, auch wenn der Weg ging über Stock und Stein. Er lohnte sich, denn all' die Mühe ward belohnt mit Liebe, Freude und dem eigenen Sein. 

Das war nicht immer leicht, doch Trost kam von dir und deiner Art, die alle stets ermuntert hat. Aufgeben war nie eine Option, ganz egal wie sie aussah, die Situation.


 

Du hast ein Herz für jeden, groß und klein, für Mensch und Tier bist du ein Sonnenschein. Dein Glaube hat uns angesteckt - ans Leben, Liebe und an Gott, der alles lenkt und an uns denkt. Daran halten wir uns fest, selbst wenn die Zuversicht uns mal verlässt. 

Ohne Dich scheint alles schwer, und manchmal hab' ich keine Hoffnung mehr. Doch weiß ich, du wärst darüber traurig, darum versuche ich, auch wenn es schaurig, nach vorn zu blicken, so wie Du es tust, aus freien Stücken. 

So stolz warst du auf deine Familie, und sollst es weiter sein, auf deiner Himmelsbühne. Ich denke oft, wie wird unser Wiedersehen wohl sein. Ob du mich abholst und mir alles zeigst. Wie auf Erden könnt's ja auch im Himmel werden. Dagegen wär' nichts einzuwenden, denn ich wüsst' mich in den besten Händen.


 

Ein Schutzengel, das bist du nicht, ich denk' das stünd' dir nicht besonders zu Gesicht. Du bist ein höherer, ganz nah bei Jesus, und lachst und tanzt wie Krösus. Denn Freude ist deine Natur, die dort oben noch größer ist, I'm sure.

Ich hoffe, du vermisst uns nicht. Vielleicht bist du am Singen, Tanzen und hast Spaß, und siehst uns gelegentlich winzig wie durch Glas. Wenn wir dann trauern, sei nicht bang, der Weg scheint uns halt doch recht lang. Wir kommen zurecht, es geht ganz gut, auch wenn du uns fehlst - und manchmal der Mut. Den hast du uns immer gegeben, so wie mir das Gefühl, die schönste Kindheit zu leben.

Nun "bin ich erwachsen", wie jemand mir sagte. Nicht dass ich darüber klagte. Doch hab' ich mir das anders vorgestellt, und wer es mir vorwirft, der möge verzeihn wenn ich sage: "Eine Mama wie du, die gibt's nicht alle Tage".



Ich liebe dich, Mama! Du fehlst uns allen so sehr. Wenn wir wieder zusammensind, mit den Katzen, den Menschen, die wir lieben und Jesus, dann feiern wir ein großes Fest. Und wenn man den Büchern glauben darf, dann ist es für dich ja nur ein Wimpernschlag bis dahin.