Translate

Freitag, 19. August 2022

Leseprobe "Ein Spiel zu viel" (III)

 Manchmal gönne ich mir den Spaß und lese in meine eigenen Bücher rein. Viele davon sind nun nicht mehr ganz taufrisch, und trotzdem gefallen mir meine Geschichten en gros noch immer. 

"Ein Spiel zu viel" ist kein einfaches Buch. Es geht um Eifersucht, Verlustangst, das Verselbständigen einer Gruppendynamik und um einen Vater und seinen Adoptivsohn, die nach Jahren wieder aufeinandertreffen - der Vater Raphael Blake dabei ohne Ahnung, dass es sich um seinen unangepassten, ein wenig psychotischen Sohn handelt, der diesen durch eine Verkettung von Umständen wiedersieht und der mittlerweile als Theaterschauspieler ein Pseudonym angenommen hat. 



Bei der Einordnung des Genres habe ich mich seinerzeit etwas schwergetan. Es ist am ehesten vermutlich ein historischer Psycho-Thriller der unblutigen Art, in dem fünf junge Schauspieler einen Trip nach Sherborne im Südosten des Landes machen, wobei Irving Van Sander, der "Anführer" der Clique, damit eine recht perfide Absicht hegt. Der "Landurlaub" stellt sich als wenig erholsam für alle Beteiligten heraus, denn Irving sinnt auf Rache für seinen Liebhaber Galen und fürchtet zugleich, ihn an Raphael Blake zu verlieren. 

Von Blakes leiblichem Sohn Zachary, der seinen verschollenen Bruder aus Gründen schon lange sucht, erfuhr Irving, dass Galen dessen Adoptivsohn war und von Blakes Frau misshandelt und verstoßen wurde. Blake selbst glaubt, er sei tot.

Das Cover hat sich mittlerweile geändert und sieht so aus: *Klick*

Hier kommt die Leseprobe, in der Raphael zum ersten Mal vage dämmert, wen er möglicherweise als Gast bei sich aufgenommen hat. 

Sonntag, 14. August 2022

Eine Biografie von Francis und Eugene "Florey" Fairlight aus meinem Roman Fairlight.

 Viele Autoren geben ihren Charakteren eine Biografie, bevor sie beginnen, die Handlung weiterzuentwickeln. Manche machen sich akribisch Angaben zu Herkunft, Größe und Aussehen der Protagonisten, was bisweilen hilft, keine Widersprüchlichkeiten über das Äußere der Figur im Manuskript niederzuschreiben (schon oft gelesen, dass aus grünen Augen auf einmal blaue wurden?). Ganz so gründlich bin ich nie gewesen, doch auch ich habe eine genaue Vorstellung davon, wie meine Figuren aussehen und woher sie stammen.

 In meinen gebundenen Manuskripten mit der Rohfassung finden sich einige Skizzen, meist von meiner Schwester angefertigt, die meinen Geschmack und meine Interessen auf vielen Gebieten teilt. Ich war etwas gerührt, als ich neulich "Fairlight" durchgeblättert habe und dort diese Zeichnung auf der ersten Seite fand. Nicht nur optisch sind die beiden jungen Männer perfekt eingefangen, auch ihr jeweiliger Charakter und ihr Temperament kommen fantastisch zur Geltung.


Francis und Florey, ©Nikky Wirth


Francis, der ältere, ist mit Anfang Dreißig ein Zyniker; eine Eigenart, die sich mit der Teilnahme als Soldat im Ersten Weltkrieg wohl verstärkt hat. Er gibt sich Fremden gegenüber unnahbar, fast feindselig, ist aber impulsiv und vor allem besitzergreifend in Bezug auf seinen jüngeren Bruder Eugene, als dessen Beschützer er sich nicht nur gefällt, sondern diesen Schutz auch als Notwendigkeit sieht. Denn Florey ist nicht "normal". Schon als Junge fällt er durch Pyromanie und paranoides Verhalten auf, das später von den zufällig auf Fairlight House gestrandeten Medizinern als Schizophrenie diagnostiziert wird. 

Beide sind nicht die biologischen Söhne von Chester Fairlight, der mit zwei weiteren Söhnen auf dem großen Anwesen lebt, doch ihre Herkunft bleibt lange Zeit im Dunkeln. Florey lernt erst spät die englische Sprache, und auch Francis spricht sie als Jugendlicher nur gebrochen. Innerhalb der Familie lösen die Exoten seit ihrer rätselhaften Ankunft zwiespältige Gefühle aus - vor allem der unberechenbare und doch weltfremde Florey muss viel einstecken, sowohl vom Alten als auch von den Geschwistern. Mit Neunzehn ist er eigentlich bereits erwachsen, aber häufig handelt er wie ein Kind, das keine Regeln kennt. Austeilen kann er auch und ist sich seines Status als gutsituierter Fairlight-Spross besonders im Umgang mit den Dienstboten wohlbewusst. Doch seine Arroganz resultiert aus Unsicherheit und der Tatsache, dass er auf Fairlight keine Zuneigung erfährt außer der von Francis. Und die ist nicht immer rein brüderlich und manchmal ziemlich anstrengend. Allerdings vergöttert Florey seinen launischen Bruder trotz dessen Fehler und der mitunter derben Art, die in Sekundenschnelle zu fast zärtlichen Liebesbekundungen wechseln kann.


Aleviva-Medien / Pixabay

Auch wenn Francis bei einigen Lesern und Leserinnen Unverständnis weckt, war er mir beim Schreiben am nächsten. Ich mochte ihn von Anfang an, eine seit früher Kindheit gebrochene Seele, deren Gefühle sich nicht steuern lassen und in manchen Szenen hochgehen wie eine Granate (der etwas unglückliche Vergleich vor dem Hintergrund des Krieges sei mir verziehen). Mir gefallen störrische Figuren wie er, die im tiefsten Inneren ein weicheres Herz haben, als sie es vor anderen zuzugeben bereit sind.

Wer mehr über die beiden erfahren möchte, kann sich das Buch als Print oder Ebook bei Amazon bestellen.



Samstag, 13. August 2022

"Wiedersehen in Hannesford Court" ~ Martin Davies

Selten, dass ich einen Roman lese, der, mal wieder als "typisch britisch" beschrieben, mich dermaßen im Dunkeln gelassen hat, dass ich das Buch leicht verärgert zugeschlagen habe. Vielleicht war aber das, was im Klappentext stand, gar nicht das Wesentliche, sondern die Tatsache, dass es eine Vorgeschichte dazu gibt, in der sämtliche Figuren Mitwisser sind außer dem Protagonisten. Dann hätte der Plot bedingt etwas wahrlich Raffiniertes.



 

Inhalt: England, 1919: Captain Tom Allen, ein Freund der Familie Stanbury, kehrt aus dem Krieg zurück und erhält eine Einladung nach deren Anwesen Hannesford Court in Devon, um dort den Jahreswechsel zu feiern. Er erhält außerdem einen Brief von Freddie Masters, ebenfalls ein Freund der Familie, in dem er gebeten wird, den Tod des deutschen Professors Schmidt genauer zu untersuchen, der sich kurz vor Ausbruch des Krieges während des Rosenballs der Stanburys ereignet hat. Auch die Gesellschafterin Anne Gregory trifft dort ein, die Tom in die delikate Natur seiner Mission einweiht. Der Besuch weckt viele Erinnerungen, viele unausgesprochene Gefühle und Dinge, die man den gutbetuchten und distinguierten Stanburys nicht zugetraut hätte... und dann muss Tom auch noch einen Nachruf auf Harry beim Gedenkgottesdienst zum besten geben, obwohl er den ältesten Stanbury-Sohn kaum kannte.

 

Alice_Alphabet / Pixabay

Meinung: Erzählt wird die Geschichte abwechselnd von Tom Allen und Anne Gregory, was ich bisweilen ein bisschen irritierend fand. Auch mit den Zeitabschnitten bin ich nicht so ganz klar gekommen - was war Pre-WW1 und was Post-WW1, welches Ereignis dazwischen. Um das zu unterscheiden, muss man wohl ziemlich flott und aufmerksam sein beim Lesen, und ganz ehrlich, ich war es nicht wirklich, dazu war mir das Ganze zu viel Geplätscher mit Bällen, Jagdausflügen und Müßiggang der Reichen. 

Das Buch ist trotzdem recht unterhaltsam geschrieben, auch die Stanburys und die Schrecken des "Great War" sind gut dargestellt. Sympathisch war mir indes niemand; nicht der gutmütige Tom, nicht die scheinbar unscheinbare Anne, und schon gar nicht die Familie Stanbury. 

Überhaupt, die Verwandtschaftsverhältnisse und Geklüngel waren - nach alter englischer Tradition - ziemlich verzwickt, am Ende dann aber schlüssig. Vielleicht war die Aufforderung Freddie Masters', den Tod des Professors aufzuklären, nur ein Vorwand, denn ich war, was das betraf, nicht schlauer als am Anfang. Ansonsten gab es wenig Überraschungen: den verbitterten jüngeren Sohn, der nun das Anwesen erben wird und es dabei abgrundtief hasst, ihm gegenüber die unwiderstehlichen Geschwister, die jeden um den Finger wickeln und von denen der gefallene Bruder nun in den Heldenstatus gehoben wird. Ich fand das ein bisschen zu konstruiert, zu flach. Zumal Harry, um den es in der Hauptsache geht, als nur Nebenfigur auftaucht und für den Leser kaum greifbar wird. Ich glaube, er spricht nicht einmal einen einzigen Satz. Das war schade, weil ich gerne mehr über ihn gewusst hätte, dem geborenen Siegertypen, der Schwierigkeiten gekonnt umschifft und in der Regel charmant, aber auch entschlossen seine Ziele erreicht. 

Psychologisch betrachtet, ist der Roman nicht uninteressant, und auch geschichtlich hat er mich überzeugt. Allerdings waren in der Geschichte zu viele angefangene Fäden, die ich gern zu Ende gesponnen gesehen / gelesen hätte. 

 

Bewertung: 💫💫💫


Sonntag, 7. August 2022

A walk down memory lane - die Gartenstadt.

 ... sagt der Engländer, wenn er sich auf die Spuren der eigenen Vergangenheit bzw. Kindheit begibt. Und genau das habe ich getan. Wortwörtlich. Nicht, dass ich nicht öfter in Stadtvierteln unterwegs bin, zu denen ich liebevolle Erinnerungen knüpfe. Aber irgendwie führten mich meine Schritte an diesem faulen, heißen Sonntagmorgen in die sogenannte Gartenstadt, obwohl ich eigentlich woanders hinwollte. Und mit einem Hauch von Wehmut habe ich festgestellt, dass in dieser Gegend ein bisschen die Zeit stehengeblieben ist.


Detail eines alten Brunnens

 

Uralte Sandsteingemäuer, Einfamilienhäuser mit 1960er- und 1970er Jahre-Flair und enge, altmodische "Schleichwege" zwischen den Häusern und Spielplätzen lassen das Viertel anders wirken als die übrigen Gebiete der Stadt. Heimeliger und sicher. Fast wie aus der Zeit gefallen. Ein wenig wie früher, als ich mich mit meinen Freundinnen dort verabredet hatte. Viele von ihnen wohnten nämlich in der Gartenstadt (wofür ich sie gelegentlich beneidete, obwohl wir auch ein großes Grundstück mit Garten hatten). Und merkwürdigerweise hat vieles auch noch denselben Charme. Bisher wurde die Gegend von den Bausünden der 2000er Jahre verschont.


Schee, gell?

 

Natürlich gibt es hier und da auch Neuerungen, die in einer so altmodischen Umgebung dann aber auch erstaunlich massiv und störend ins Auge fallen. Etwa ein kastenförmiger Anbau des kleinen Häuschens von Bekannten, von dessen Interieur ich als Kind entzückt war (ich weiß noch, dass es eine Art eingerahmtes Podest im Wohnzimmer gab, wo gelegentlich Kaffee im kleinen Kreis getrunken wurde). Manchmal würde ich die Häuser meiner inzwischen erwachsenen Freundinnen gern wieder besuchen. Die meisten wohnen allerdings nicht mehr hier, und vielleicht sind auch deren Familien weggezogen, wenngleich ich den Vater einer Freundin noch ab und zu in der Stadt radeln sehe. 

Attraktiv ist die Gartenstadt vermutlich nicht mehr wirklich in ihrer Stetigkeit, die viele vermutlich als spießig bezeichnen würden. Außerdem liegt sie ziemlich steil am Hügel mit teilweise langen Haustreppen und bietet wenig Wohnraum, dafür mehr Grünflächen, mit denen der moderne Mensch nicht mehr viel anfangen kann oder will. 




In meinem Viertel wohnen mittlerweile sehr viele Migrantenfamilien, was vielleicht auch einer von mehreren Gründen dafür ist, dass ein hässlicher Betonklotz nach dem anderen hochgezogen und das, was ich von früher kannte, plattgemacht wird. Alles sieht seelenlos und grau aus - kein Vergleich mit den schnuckeligen Häusern und dem ewigen Hinterhofcharme der Gartenstadt. Ich hoffe, dass das dort noch lange so bleibt.