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Freitag, 31. Oktober 2014

Start der Leserunde "Haus der Geister" von John Boyne

Vor knapp zehn Tagen schrieb mich eine liebe Online-Freundin an, um mich zu fragen, ob ich Lust hätte, mal wieder gemeinsam ein Buch zu lesen und mich mit ihr darüber auszutauschen. Ich war ein bisschen skeptisch, denn obwohl unsere erste "private" Lesung der Pendragon Legende von Antal Szerb mir sehr viel Spaß gemacht hat, laboriere ich seit längerem an einer Leseflaute und bin zudem damit beschäftigt, eine kleine Fantasy-Geschichte mitzuentwickeln, um die meine Gedanken kreisen.


Uiuiui, ist das schaurig...


Ganz vorsichtig habe ich nachgehakt, ob es in Ordnung wäre, wenn wir "Haus der Geister", der neue Roman von John Boyne, in Angriff nehmen würden. Und wir haben festgestellt, dass wir beide das Buch schon länger auf unserer Wunschliste haben. Das sah ich als ein Zeichen, endgültig zuzusagen und den inneren Schweinehund in Form meiner Leseunlust zu überwinden, denn erfahrungsgemäß ist der Anreiz zu lesen größer, wenn man mit anderen über die Handlung diskutiert und deren Meinungen überdenkt. Oft verhelfen weitere Ansichten zu einer völlig anderen Betrachtungsweise - etwas, das ich total spannend finde. Flugs wurde das Buch bestellt, damit ich pünktlich zu Halloween mit den Hufen scharren kann.

Mittlerweile sind wir fünf Teilnehmer auf unserem Forum, die sich über den Schauerroman austauschen möchten. Mich hat nun doch so eine Art freudige Erwartung erfasst, nachdem ich die ersten beiden Kapitel gelesen habe. Subtiler Grusel und Schauerromane sind ja nicht mehr so en vogue wie zu Zeiten von Edgar Allan Poe, und trotz mehrheitlich positiver Rezensionen schneidet Mr. Boyne mit seinem aktuellen Werk nicht bei allen Lesern gut ab. Der Roman bedient sich angeblich ungeniert Elementen aus Klassikern wie "Das Durchdrehen der Schraube / Das Schloss des Schreckens" oder dem Film "Bis das Blut gefriert". Verwerflich finde ich es allerdings nicht, wenn es gut verpackt und nicht 1:1 übernommen wurde. Immerhin kommt beim Lesen bzw. Anschauen besagter Klassiker den meisten von uns das Grausen. Knarrende Dielen, rotierende Türknäufe und scheppernde Fensterläden sind nach "Bis das Blut gefriert" nie mehr dieselben.

Bisher ist von Spuk und Plagiat im Roman wenig zu spüren. Die einzige Parallele, die mir beim Durchlesen der Beschreibung auffiel, ist die Personenkonstellation: zwei mysteriöse Kinder und eine junge, unerfahrene Nanny. Aber irgendwie vertraue ich darauf, dass mir der Roman trotz der offensichtlichen Gemeinsamkeiten gefallen wird. Schon "Das späte Geständnis des Tristan Sadler" des Autors war für mich ein außergewöhnliches Buch, das nie an Glaubwürdigkeit verlor. "Haus der Geister" schätze ich ähnlich ein. Auch wenn ich es als reine Unterhaltung betrachte und es mich sicher nicht so nachhaltig beeindrucken wird wie der Tristan.


Montag, 27. Oktober 2014

Halloween-Aktion Gratis-Download "Das Bildnis des Grafen"



Passend zur gespenstischen Jahreszeit und der früh einsetzenden Dunkelheit starte ich eine Gutschein-Aktion auf Xinxii, bei der ihr meinen historischen Gruselkrimi "Das Bildnis des Grafen" kostenlos herunterladen könnt.


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Alles, was ihr dafür tun müsst, ist, euch bei Xinxii zu registrieren (falls ihr nicht schon Mitglied seid), den obigen Code kopieren und ihn beim Ausloggen einlösen. Sehr freuen würde ich mich über eine anschließende Meinung von euch, entweder als Rezension direkt bei Xinxii, auf Amazon und / oder eurem Blog.

Ein kleiner Hinweis für die "Realitäts"-Leser: trotz sorgfältiger historischer Recherche kommen im Roman fantastische Elemente vor bzw. die Handlung erschließt sich teilweise aus der Sicht eines traumatisierten Soldaten, die nicht unbedingt auf Vernunft basiert. "Das Bildnis des Grafen" versteht sich daher nicht als reiner historischer Krimi, sondern als eine Mischung zwischen diesem und einer klassischen Schauergeschichte.

Die Anzahl der Gutscheine ist begrenzt; wer zuerst zugreift, liest zuerst. Die Aktion läuft vom 27. Okt. - 1. November.

Viel Glück bei der Teilnahme und viel Freude, Gänsehaut und Spannung beim Lesen!



Dienstag, 21. Oktober 2014

Benedict Cumberbatch ~ nie hölzern, aber jetzt wächsern!

Schon lustig, irgendwie: die wenigsten in meinem engeren Umfeld (und wahrscheinlich die meisten über Dreißigjährigen) kennen weder die Serie "Sherlock" noch deren aparten Hauptdarsteller Benedict Cumberbatch, und dennoch wurde heute in Madame Tussauds in London feierlich sein wächsernes Ebenbild enthüllt; eine Ehre, die nur wirklich bedeutenden Persönlichkeiten zuteil wird - wie es sich in seinem Fall gehört, mit zügellosen Selfies und quietschfidelen Cumberbabes.

 



Als ein solches habe ich im Vorfeld davon gewusst und war sehr skeptisch, wie man seine doch recht eigenwillige Physiognomie wohl umsetzen würde. Selbst klassisch *schöne* Menschen wie Johnny Depp und Angelina Jolie finde ich wenig geglückt. In Hamburg im Panoptikum war Udo Lindenberg am lebensechtesten von allen dort ausgestellten Puppen, und der trug eine Sonnenbrille...

Aber ich muss sagen, ich war dann doch positiv überrascht. Auf dem Foto zumindest fällt Benny eigentlich nur durch seine teilnahmslos wächserne Miene aus dem Rahmen. Ich hätte mir zuerst lieber einen Sherlock-Ben mit dunklen Locken gewünscht, aber wenn ich es genau überlege, gefällt er mir so "privat" fast besser - immerhin ist er auf dem besten Weg, sich zu einem ernst zunehmenden Charakterdarsteller zu etablieren. Der Anzug wurde von ihm gespendet, und das Haar, das vielen missfällt, ist zwar nicht sein eigenes, kommt aber seinem ungefärbten rötlichen Schopf verblüffend nah. Und von einem müden oder verheulten Ausdruck, der moniert wurde, kann ich nichts feststellen. Dass er als Püppchen ein bisschen blasiert wirkt, liegt offenbar in seiner noblen Gentleman-Natur.

Ich finde die Figur jedenfalls supertoll, echt kunstvoll und richtig klasse und hoffe, dass ich sie in naher Zukunft mal besuchen kann, bevor Benedict Cumberbatch für die übernächste Generation nur noch ein komischer Name ist und der schmucke Dressman aufgrund abnehmender Popularität in den Schmelztiegel zum Recycling muss... okay, das war fies und eigentlich ein Scherz. Wahrscheinlich hat er das Zeug zum Dauerbrenner - immerhin ist sein Abbild in Madame Tussauds ein guter Grund und Ansporn, es zu bleiben bzw. zu werden.

Dieses recht interessante Video zeigt ein wenig, wie die Figuren in der Werkstatt hergestellt werden. Jeder potentielle "Kunde" wird abgemessen, der Kopf vormodelliert und schließlich eine Negativform aus Gliedmaßen und Körper gemacht, um die Wachsteile hohl zu gießen und zusammenzusetzen. Die Haarsträhnen werden einzeln eingeknüpft, und trotzdem sind die Figuren in der Regel innerhalb von drei Monaten fertig. Wahnsinn! Klingt ziemlich aufwendig und diffizil, aber ich glaube, an dem Job hätte ich auch Spaß. Besonders, wenn öfter mal solche lohnenden und feschen Modelle reinschneien... (O;



Donnerstag, 16. Oktober 2014

Das Doodle / Gekritzel

Peinlich: lange Zeit habe ich echt nicht gewusst, was *doodeln* (neudeutsch) eigentlich heißt. Ich dachte, es handelt sich um eine vorübergehende Erscheinung unter Teenagern, so ähnlich wie es eine Zeitlang in war, den Hosenboden bis zu den Kniekehlen herunterhängen zu lassen, also die *Baggy Pants*. Bis ich herausfand, dass ich bereits in der Schule gedoodelt habe, nur nannte man es damals noch "kritzeln".  Die Ränder der Schulhefte mit Kuli und unbewussten Tintenstrichen verziert und dem Lehrer nur mit halbem Ohr zugehört, dafür die verbliebenen anderthalb Ohren für den heiß ersehnten Pausengong und zwei Augen auf die entstehenden Kunstwerke.




Beim Telefonieren tue ich es selten bis gar nicht - ich telefoniere nicht gerne, vor allem nicht lange. Überhaupt habe ich mir so einiges abgewöhnt, was ich früher getan habe. Vieles traue ich mir einfach nicht mehr zu bzw. habe die Muse. Auch das Doodeln gehört dazu. Neulich habe ich mich bewusst hingesetzt, um unbewusst herumzukritzeln. Und zwar nicht nur mit Kuli, sondern mit Aquarellfarben und Farbstiften.

Die Ergebnisse haben mich verblüfft. Sie sind nicht so geworden, wie ich mir es vorgestellt hatte, aber darauf kam es auch nicht an. Schön ist was anderes. Und trotzdem hat sich das Doodeln gelohnt. Mir gefällt es, wenn ich in der Malerei - anders als beim Schreiben - etwas kreieren kann, das auf den ersten Blick nicht meine Handschrift verrät. Wenn es mir gelingt, Flächen und Formen einfach stehen zu lassen und sie nicht *perfektionieren* zu wollen. Merkwürdigerweise bin ich dann, wenn ich meine Werke selbst nicht mehr erkenne, am zufriedensten mit mir. In der Kunst, auch wenn sie "nur" ein Hobby ist, möchte ich neue Wege gehen und experimentieren. Im Bereich der Schriftstellerei sind Experimente nicht unbedingt von Vorteil. Das unterscheidet wohl die bildende Kunst von der literarischen. Wobei ich zugeben muss, dass das untere Bild (das mein erster Versuch war) schon sehr stark an Dalí erinnert. Allerdings haben das meine Ur-Doodles auch schon. Vielleicht war Dalí ja der Urheber der Doodles, ohne es zu ahnen.^^





Wer in unserem Atelier einmal mitdoodlen und experimentieren möchte, ist herzlich eingeladen in das WIRTHs HAUS. Als nächstes versuche ich mich an Gouache-Farben auf einem größeren Format - das wird ein Spaß!




Sonntag, 12. Oktober 2014

The Deep Blue Sea ~ "Weit wie das Meer" (2011)

Woran erkennt frau untrüglich, dass sie einen Schauspieler mag? Sie schaut plötzlich Filme an, die sie unter normalen Bedingungen nicht einmal mit der Kneifzange aus dem Kaufregal geholt hätte. So geschehen vor kurzem bei "Deep Blue Sea", mit Tom Hiddleston (*Schmacht*) und Rachel Weisz in den Hauptrollen.




Im Grunde bin ich absolut kein Liebesfilm-Fan, doch irgendwie war ich durch die Inhaltsangabe von diesem verführt zu glauben, die Geschichte einer unerlaubten Liasion in den 1950er Jahren könne mich überraschen und ähnlich berühren wie "Das Ende einer Affäre" mit Ralph Fiennes und Julianne Moore. Außerdem - Tom Hiddleston! Auf den ersten Blick so gar nicht mein Typ und äußerlich eher britisch Gentleman-mäßig blass wie Leslie Howard (wer erinnert sich nicht an Rhet Butlers schärfsten Konkurrenten in "Vom Winde verweht"?), fiel er mir erst in den Marvel-Verfilmungen als schwarzhaariger Schurke Loki auf.

Ich weiß nicht, was es ist, das ihn zumindest im Internet zu einem so begehrten Frauenschwarm macht. Die stattliche Größe von 187 cm? Der - zugegeben - perfekte und langgliedrige Body? Die leuchtend blauen Kinderaugen über den hohen Wangenknochen und sein Lachen? Der Oxfordakzent? Das alterslose und doch irgendwie gezeichnete Bubengesicht mit dem clownesken Ausdruck, der in Sekundenschnelle von traurig zu heiter wechseln kann? Seine elegisch schlanke Erscheinung, die an mütterliche Instinkte appelliert? Oder weil er sich ganz nebenbei für eine bessere Welt einsetzt und offenbar ein Kavalier der alten Schule ist? Auf jeden Fall hat er eine Leinwandpräsenz, die schier unwiderstehlich ist und bei mir nach drei Filmen gewirkt hat.

Leider nicht so richtig bei "Deep Blue Sea". Der Film war, um es kurz zu machen, eine Qual. Er basiert auf dem Theaterstück eines bereits verstorbenen Dramatikers (keine Wertung hier!) namens Terence Rattigan, und genauso muffig und miefig wurde es für die Leinwand übernommen - sechs Jahrzehnte nach seiner Entstehung.

Die profane Handlung: Die Richtersfrau Hester hat ein Verhältnis mit dem Piloten Freddie, der ihr das Gefühl gibt, als Frau begehrt zu sein im Gegensatz zu ihrem liebenden, aber mehr väterlich agierenden Ehemann. Als dieser Hester bei einem verfänglichen Telefongespräch mit ihrem Liebhaber belauscht, verweigert er ihr die Scheidung, die sie obendrein wohl gar nicht gewollt hätte, da Freddie ihr nicht die Sicherheit gibt, die sie von Gatte William gewohnt ist. Dennoch ist sie bereit, mit Freddie über alle Berge zu verschwinden, bis dieser sie brüsk zurechtweist und ihr unverblümt zu verstehen gibt, dass er sie nicht liebt und als Ehemann ohnehin versagen würde. Schweren Herzens lässt Hester nach langem Hin und Her ihren Geliebten am Ende ziehen und steht mit leeren Händen da. Doch immerhin ist da noch der langweilige William, der auf eine gemeinsame Zukunft hofft. Wahrscheinlich kehrt sie zu ihm zurück, obwohl sie Freddie verspricht, sich zu emanzipieren.

Meinung: Zu viel Kunstgedöns, kalte und trist ausgeleuchtete Bilder, zu wenig, dafür plakative Dialoge und ausgewalzte bedeutungslose und dann wieder symbolträchtige Szenen, die fast schmerzhaft anzusehen sind. Im Theater mag so etwas noch funktionieren, hier strapaziert es die Geduld der Zuschauer und zerrt an den Nerven, etwa wenn in einer Rückblende im U-Bahn-Schacht während eines Bombenalarms minutenlang "Molly Malone" von einem der Schutzsuchenden (immerhin passabel!) gesungen wird und in das alle miteinfallen. Ganz zu schweigen von dem grässlichen allgegenwärtigen Geschrammel, das man kaum als Soundtrack bezeichnen kann. Rachel Weisz hat in ihrer Rolle bei mir trotz gelegentlichem Verständis wenig punkten können - wahrscheinlich, weil die Protagonisten außer Simon Russell Beale als gehörnter, aber blutleerer Ehemann recht emotionslos und kalt geblieben sind. Nicht einmal der Hallodri Freddie hat mich überzeugt, obwohl man Tom Hiddleston außer einem blendenden Aussehen auch keineswegs Talent absprechen kann. Allerdings wurde zu viel und zu laut geschrieen. Das ist ganz ok auf der Bühne - für einen eher leisen Film wie diesen zu melodramatisch nach meinem Empfinden.

Die große Weisheit und Moral von der Geschicht' lautet: "Wahre Liebe lässt dem anderen Freiheiten und ihn ziehen, wenn er gehen möchte". Das hat bestimmt vor sechzig Jahren noch beeindruckt - heute kann ich nur müde darüber gähnen. Genau wie über die nahezu neunzig Minuten vorher.

Fazit: Nur etwas für Hardcore-Hiddleston-Fans oder Liebhaber von uralten, angestaubten Schwarzweiß-Theaterstücken, die man manchmal 1:1 auf der Mattscheibe am Nachmittag vorbeiflimmern sehen kann.


 Bewertung inklusive Hiddles-Bonus

 


Montag, 6. Oktober 2014

Offenes Ende und Unhappy Ending ~ anregend oder ärgerlich?

Vielleicht kennt der eine oder andere dieses Gefühl: man ist gerade so mittendrin in der spannenden Lektüre, fiebert nägelkauend den letzten Seiten entgegen, um zu erfahren, wie alles ausgeht... man überspringt vor Aufregung ein paar Sätze... stutzt, und hängt plötzlich ohne Vorwarnung in der Luft. Die so spannende Lektüre endet mit einem offenen Schluss bzw. einem fiesen Cliffhanger. Verblüfft liest man den letzten Abschnitt ein zweites und drittes Mal, doch die Buchstaben und der Sinn, der erst mal keiner zu sein scheint, bleiben die gleichen. Nichts mit eindeutiger Auflösung, kein Happy End (jedenfalls kein offensichtliches), keine weiteren Erklärungen.

Sind dem Autor die Ideen ausgegangen? Wusste er selbst nicht, worauf er hinauswollte und hat er gehofft, dass der Leser klüger wäre? Als Schriftsteller und Fan von offenen Enden kann ich, wenn ich von mir selbst ausgehe, versichern, dass keine der angeführten Vermutungen der Fall ist. Im Gegenteil: Romane mit offenen Enden trauen dem Leser viel zu, nehmen ihn sozusagen mit unter die Decke desjenigen, der sich die Geschichte ausgedacht hat. Für mich sind offene Enden richtige Schätze, denn es gibt sie nicht häufig in der Belletristik. Ich fühle mich nach Beendigung einer solchen Lektüre angeregt, noch einmal genau über das Gelesene nachzudenken, mich damit auseinanderzusetzen. Und meist erkenne ich, dass es dem Autor um mehr ging, als nur eine unterhaltsame Story zu erzählen. Oft steckt ein tieferer Sinn hinter einem scheinbar offenen Ende, die Aufforderung, sich selbst ein Bild zu machen. Eigeninterpretation ist gefragt. Vielleicht kommt man nicht zum selben Schluss wie der Autor, aber ist das so unbedingt nötig? Jeder Mensch denkt und interpretiert schließlich auf seine Art.


Engin_Akiurt / Pixabay

Dasselbe gilt für die allgemein unbeliebten "Unhappy Endings". Wo keines ist, hat der Autor etwas bezweckt. Manchmal geht es nicht anders, und ein von den Lesern geliebter Charakter muss sterben oder nimmt sonstwie ein schreckliches Ende. Ja, es stimmt, und ich habe es selbst schon erlebt: wenn man sich allzu sehr hineinbegeben hat in die Geschichte und die Figuren fast Freunde geworden sind, tut das ziemlich weh. Ich bange schon jetzt um das Schicksal eines Protagonisten in einer Trilogie, deren letzter Teil gerade in der Mache ist. Noch bin ich unsicher, ob ich ihn mir nach Erscheinen antun möchte, ohne mich vorher rückzuversichern, dass alles gut wird.

Aber mal ehrlich: oft ist das Leben in Romanen nicht so viel anders als in der Realität, und manchmal sind auch in Phantasiewelten die Helden nicht unsterblich, egal ob wir Fantasy, Krimis, Liebesromane oder Erzählungen bevorzugen. Wäre in Büchern alles rosarot wie in denen, deren pastellzarte Coverfarbe schon verrät, wie sie ausgehen, dann könnte ich aufhören, zu lesen und zu schreiben. Denn mich langweilt eine vorhersehbare Geschichte genauso wie eine, in denen ich als Leser alles haarklein erklärt bekomme, als sei ich nicht fähig, mir eigene Gedanken dazu zu machen. Natürlich interpretiert auch das jeder nach seiner Fasson (die Bücher und meine Schlussfolgerung), und ich finde es auch völlig ok, wenn jemand gern Heile-Welt-Bücher liest, um dem tristen Alltag zu entfliehen und sich mit den Protagonisten zu freuen, nachdem diese Liebeskummer und Herausforderungen meistern mussten und siegreich daran gewachsen sind. Mir persönlich laufen solche Bücher zu sehr nach Schema F ab. Was aber nicht heißt, dass ich ihnen das Existenzrecht abspreche: Leser glücklich zu machen, ist immerhin ein erfreulicher Nebeneffekt des Schreibens und für viele Autoren das größte Ziel.

Meine eigenen Werke beinhalten nach meinem Verständnis keine offenen Enden (aber glückliche meist schon), doch tatsächlich wurde mir das in "Vom Ernst des Lebens" *zur Last gelegt*, was übrigens nicht als Kritik zu verstehen war. Darin sehe ich ein weiteres Plus des offenen Endes: eigentlich ist das Buch für mich sowie für meine Leser abgeschlossen, und dennoch bleibt mir die Möglichkeit, mich irgendwann an einem zweiten Teil zu versuchen, der aufgrund der Beliebheit meiner beiden Protagonisten Miles und Rupert bereits eine Stammleserschaft hätte.

In diesem Sinn bleibe ich neugierig und offen wie manche Enden...









Samstag, 4. Oktober 2014

Black Beauty in Zeiten des Krieges: "Gefährten" (War Horse) von 2011

Filme von Steven Spielberg sind für mich persönlich keine Empfehlung, außer es geht um "Schindlers Liste" , "Indiana Jones" oder "Der weiße Hai". Die fand ich großartig. Alle anderen, die ich kenne, sind mir zu schwülstig.



 Die Geschichte des Wunderpferdes Joey macht da keine Ausnahme. Wie in fast allen Spielberg-Blockbustern entwickeln dort Tiere und Kinder besondere Fähigkeiten, die sie aus heiterem Himmel anfallen. Bei ersteren fehlt nur noch, dass sie sprechen können, und Spielberg-Kinder bzw. -Jugendliche gehen mir auf die Nerven mit ihrer altklugen Art und dem Gefühl, den dummen Erwachsenen überlegen zu sein. Die wiederum sind oft abgrundtief und hassenswert böse, so wie der feiste Grundstücksvermieter, der sich Joey unter den Nagel reißen will und den rechtschaffenen Bauern droht, ihnen im Falle einer Verweigerung die Existenz zu entziehen. Klar, das gehört zu Spielbergs Erfolgsrezept und ist sein Markenzeichen, doch ich bin vielleicht zu sehr Realist, um mich davon begeistern zu lassen. Oder ich würde gerne mal vernünftige Erwachsene in Spielberg-Filmen sehen.

"Gefährten" habe ich mir gestern auf Pro7 angeschaut, weil Benedict Cumberbatch und sein Kumpel Tom Hiddleston sich extrem sexy und hoch zu Ross ein Duell liefern, das natürlich das intelligente, pfeilschnelle und makellose Wunderpferd für sich entscheidet. Und ich muss leider sagen, dass das Rennen für mich das einzige Highlight war, bevor in den nächsten Minuten sowohl Captain Cumberbatch als auch dessen Untergebener Hiddleston das Zeitliche segnet, die beide nicht nur vor ihrem heldenhaften Ausscheiden blass bleiben wie der Rest der menschlichen Darsteller. Danach wie auch davor musste ich mehrmals ein Gähnen unterdrücken.

Die beschwerliche Odyssee des Hengstes Joey (seit wann werden Hengste zum Kriegsdienst eingespannt? Na, Schwamm drüber - wer will schon eine kastrierte Hauptfigur?) hat mich merkwürdigerweise weitgehend kalt gelassen. Das lag nicht an der Leistung des Pferdes, sondern am für mich sehr unglaubwürdigen Drehbuch und den naseweisen Kindern, durch deren Hände er geht. Ich kann mir kaum vorstellen, dass bei dieser banalen Geschichte selbst bei Kate Middleton die königliche Zurückhaltung flöten ging. Aber die Briten und die Royals im Besonderen haben ja eine erstaunlich enge Beziehung zu ihren Haustieren, wie auch "Gefährten" beweist - die bösen Deutschen schinden nämlich die treuen Gefährten des Menschen zu Tode, während Engländer und Franzosen sie als gleichberechtigte Kameraden behandeln und trotz Armut bereit sind, dafür ein Vermögen springen zu lassen. Für den klugen Hengst sowieso, denn jeder merkt sofort, wie charismatisch und besonders er ist. Bay Beauty statt Black Beauty eben.

Ja, ich gebe es zu: der Film hat emotionale Momente, und als der Schwarze, der sich ehemals zwischen den Beinen von unter Mr. Cumberbatch profilieren durfte, in "deutscher Gefangenschaft" vor Erschöpfung zusammenbricht und Joey sich besorgt und fragend schnobernd über ihn beugt, flossen die Tränchen tatsächlich ein wenig. Oder als Joey sich im Niemandsland kopflos im Stacheldraht verheddert. Das waren Szenen, die mein ehemaliges Reiterherz berührt und empört haben. Und ich war doch froh, dass es für das Pferd und den viel zu gefühligen, halbwüchsigen Besitzer Albert am Ende ein Wiedersehen und eine Heimkehr in einer effekthascherischen "Vom-Winde-verweht"-Kulisse kam, bei der das Pferd wehmütig-weise in die Ferne blickt, während seine Menschen sich trunken vor Glück und Wiedersehensfreude in den Armen liegen.

Aber auch das schien mir zu dick aufgetragen, wobei ich Melodramen durchaus nicht rundweg abgeneigt bin. Leider übertreibt es Spielberg dabei häufig, und wo die Stimmung aufgelockert werden soll, gelingt das meist nur mit Witzen und Zufällen, die so vorhersehbar sind, dass Spielberg noch überraschen könnte, wenn er darauf verzichten würde.

Fazit: Ein für viele Zuschauer tränenreiches Hollywood-Melodram, das man nicht gesehen haben muss, aber gerade bei Pferdefreunden und "Hiddlebatch"-Liebhabern (trotz der Miniauftritte) hoch im Kurs steht. Und da ich in gemäßigter Form beides bin, gibt es von mir mit gutem Willen, den ich gerne zeigen möchte, drei Sterne.