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Sonntag, 19. August 2018

"Arthurs letzter Schwur" (Band 3 der Artus-Chroniken) ~ Bernard Cornwell

Geschafft! Innerhalb von zwei Wochen habe ich den dritten und letzten Teil der Saga gelesen und muss sagen, dass ich im Nachhinein über mich selbst erstaunt bin, denn normalerweise hätte ich Bücher mit derart hohem Ekelfaktor schon lange vorher abgebrochen. Da mich aber keiner gewarnt hat und ich Artus / Arthur als Figur einfach nur toll finde, wollte ich wissen, wie es denn endet in Cornwells "realistischer Fassung" der Legende.




Inhalt: Der Auftakt zwingt den Leser förmlich, dranzubleiben: auf den ersten Seiten knüpft Band 3 nahtlos an den zweiten an, der mit einem Cliffhanger endet. Merlin und seine Komplizin und Gefährtin Nimue haben Arthurs Sohn Gwydre gekidnappt, um ihn bei einem großen Fest als Versöhnungsgabe den Göttern zu opfern. Die sollen dadurch in die Geschicke Britanniens eingreifen und das Land vom Christentum befreien. In letzter Sekunde vereitelt Arthur den perfiden Plan, doch der gutgläubige und unschuldige Gawain findet ein schreckliches Ende, das nicht einmal eines der Kleinodien wiedergutmachen kann: der Kessel, dem Gawain geopfert wird, kann diesen wider Erwarten nicht zum Leben erwecken, und Gwydre - das wertvollere Opfer als Sohn eines Herrschers - ist gerettet. Nimue ist stinkig. Merlin irgendwie auch, obwohl er fast so etwas wie Reue empfindet, als Arthur ihn zornig zur Rede stellt.

Nach dieser recht vielversprechenden Szene geht es weiter wie gehabt: Bedrohungen durch die Sachsen, Streitereien zwischen Königreichen. Arthur ist des Kämpfens müde und träumt vom einfachen Landleben und einer Karriere als Hufschmied. Solides Handwerk will er ausüben statt Kriegskunst, auch wenn die inzwischen zu ihm zurückgekehrte Guinevere sich und Arthur zu Höherem berufen fühlt. Trotzdem raufen sich die beiden wieder zusammen, Guinevere schwört ihrer Sekte ab und steht im Kampf an der Seite von Erzähler Derfel als Bogenschützin ihren Mann. Natürlich wird auch reichlich herumorakelt durch neu eingeführte Charaktere wie den hellsichtigen Barden Taliesin, gezaubert, und vor allem wieder Rache geübt. Nicht nur das Ende von Gawain hat mich schockiert, der sogar noch als abschreckende Leiche von Merlin in eine Schlacht geführt wird, sondern auch das von Lancelot. Vielleicht mag ihn Cornwell nicht, weil er in der Sage so gnadenlos perfekt ist, doch das ist kein Grund, einen echten Loser aus ihm zu machen, der machtgeil, verräterisch und skrupellos seine Ziele verfolgt. Apropos skrupellos: Mordred, der rechtmäßige König, für den Arthur seinen letzten Schwur halten möchte und am Ende doch versagt, war mir irgendwie viel zu nebulös und nicht wirklich präsent. Zwar wurde er nach allen Mitteln der Kunst als widerlich dargestellt, aber das half mir nicht über die etwas lächerliche Vorstellung von Peter Ustinov als Nero in "Quo Vadis?" hinweg - und das entspricht überhaupt nicht meinem Bild eines raffinierten und zielstrebigen Mordred.

Im vierten Teil des Buches geht dann alles Schlag auf Schlag, durchsetzt von immer wiederkehrendem Schlachtengetümmel und Gemetzeln an diversen Hauptcharakteren. Teilweise war es mir zu viel, und dann - als das Ende des Helden naht - wurde ich von der Sang- und Klanglosigkeit, mit der er verschwindet, irgendwie enttäuscht. Nach einer letzten Bitte an Derfel, sein magisches Schwert Excalibur im Meer versinken zu lassen, hinter dem Merlin und Nimue als eine der Göttergaben her waren, verschwindet der ungekrönte König Britanniens auf Nimmerwiedersehen. Wie in der märchenhaften Sage. Keine Überraschungen hier. Allerdings muss ich zugeben, dass mir schon ein bisschen das Herz geblutet hat, als Arthur schwer verwundet zu Boden geht.


Bild: https://pagewizz.com/cornwall-da-sollte-man-hin-38052/
Quelle: Adele Sansone



Meinung: Trotz aller Kritik haben mich Cornwells Arthur-Chroniken einigermaßen gut unterhalten. Das liegt vor allem an der Figur des Arthur, dem Cornwell aus den Überlieferungen treu geblieben ist: freundlich, aufmerksam, charismatisch und dennoch ein rücksichtsloser Gegner für potientielle Eroberer seines Landes, träumt er von einer besseren Welt und scheitert doch an den hochgesteckten Idealen, die von seinen Mitmenschen nicht immer mit Wohlwollen aufgenommen werden - etwas, das der Herrscher wider Willen überhaupt nicht verstehen kann. Er war es, der mich durch die Chroniken getragen hat.

Andere historische Romane des Autors werde ich nicht wieder zur Hand nehmen. Dazu ergeht sich Cornwell zu oft in Weitschweifigkeit, heroischem, kriegerischem  Imponiergehabe und Wiederholungen von Personenbeschreibungen, die er scheinbar bei der Länge des Werks vergessen hat. Wie oft mir Tewdric, der zum Christentum konvertierte König a.D. über den Weg lief und nackte, wild zuckende Druiden mit dungverklebten Haaren auf abgetrennte Köpfe gepisst haben, kann ich nicht zählen. Es gab einige Stellen, die mich tatsächlich berührt haben und von denen ich es am wenigsten erwartet hätte. Dazu gehören Szenen zwischen Derfel und seiner Frau Ceiwyn, die in diesem Band ziemlich harte Schicksalschläge erleben.

Fazit: Ich bevorzuge den märchenhaft-fantastischen Artus von Gillian Bradshaw. Da niemand mit Sicherheit sagen kann, ob es einen Herrscher wie ihn wirklich gegeben hat, kommt es mir sinnvoller vor, ihn im Reich der Mythen und Märchen zu wissen, in dem er schlummert bis zum heutigen Tag.

Bewertung:




Sonntag, 5. August 2018

"Der Schattenfürst" (Band 2 der Artus-Chroniken) ~ Bernard Cornwell

Obwohl mich der erste Band nicht wirklich in seinen Bann gezogen hat, wollte ich dem zweiten Teil noch eine Chance geben. Irgendwie mag ich die Art, wie Cornwell den edlen und vernünftigen Arthur porträtiert (kann man einen so großartigen Kerl überhaupt unsympathisch schreiben?), und tatsächlich kam mir auch der unfreiwillige Sachse und Erzähler Derfel im "Schattenfürst" ein wenig näher; wahrscheinlich, weil man einiges über sein Familienleben und seine Herkunft erfährt. Ich hatte den Eindruck, er war ein bisschen weicher und nicht mehr gar so kriegerisch. Immerhin brechen im zweiten Teil die Tage von Camelot an, was bedeutet, dass es lange Zeit Frieden gab im Land.




Inhaltlich ist mir "Der Schattenfürst" in der Rückschau trotzdem weniger präsent als "Der Winterkönig." Der Titel spielt auf Merlin an, der mir zuwider ist in seiner gewollt coolen Art, und dessen überhebliche Abgeklärtheit im starken Widerspruch dazu steht, dass er die dreizehn Kleinodien Britanniens vereinen möchte, um die alten Götter zu rufen, damit sie die Unordnung beseitigen, die das Christentum ins Land gebracht hat. Ihm zur Seite steht die hysterische Nimue, die zwar nicht immer Merlins Meinung ist, darum aber nicht weniger fanatisch. Wirklich berührt hat mich das Schicksal von Tristan und Isolde (ich wollte schon immer wissen, welchen Platz die beiden in der Artus-Sage einnehmen. Cornwell ist diese Interpretation gut gelungen, finde ich), und - wie bereits erwähnt - auch der Werdegang von Derfel, der unter seiner harten Schale doch ein ganz Netter ist und seiner Ceiwyn treu ergeben, mit der er in einfachen Verhältnissen lebt und drei Töchter hat.

Gestört hat mich die Geringschätzigkeit, fast schon Verachtung, mit der Cornwell über das Christentum schreibt. Ja, er legt diese Dialoge seinen Protagonisten in den Mund und will wohl unparteiisch bleiben, doch irgendwie blitzt immer wieder durch, dass heidnische Rituale einer Religion vorzuziehen seien. So jedenfalls habe ich es verstanden. Ich möchte nicht sagen, dass Religionen gut sind, denn sie führen immer wieder zu Kriegen und Missverständnissen. Und dennoch hätte ich mir weniger religiöse Voreingenommenheit im "Schattenfürst" gewünscht. Der einzige, der mir diesen Wunsch erfüllt hat, war Arthur, der sich auf seinen Verstand und sein Urteilsvermögen verlässt. Mir gefällt, dass er an das Gute glaubt und weder Heiden noch Christen verdammt. Leider war er zum Schluss dann doch der Dumme, denn seine Frau - immer noch glühende Isis-Anhängerin - entpuppt sich als untreu, sowohl was Arthurs Privatleben als auch seinen Herrscherstatus angeht. Sie stellt ihre Sekte über die Solidarität zu ihrem Mann, der von Nimue (Merlins Gefährtin) als Narr bezeichnet wird, weil er in politischen Belangen nie auf Guinevere gehört und sich demnach die Suppe selbst eingebrockt hat.


KatyaDag / Pixabay

Prompt wird das kluge promiskure Weib an einen "christlichen Ort" verbannt und als Hure Babylons verunglimpft, die noch froh sein kann, dass sie nicht auf dem Scheiterhaufen endet. Überhaupt, die Gewalt wieder... für mich oft einfach zu plakativ. Natürlich sind einem Verbrecher, und vor allem Kindsmörder nicht sympathisch und müssen bestraft werden, doch auf die grausigen Details, die Cornwell seinen Derfel fast genüsslich schildern lässt, hätte ich hin und wieder gern verzichtet.

Aber ich muss zugeben, dass mich der Roman nach anfänglichen Schwierigkeiten besser unterhalten hat als "Der Winterkönig." Daher werde ich demnächst den letzten Teil in Angriff nehmen.

Bewertung:
     und ein halber