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Donnerstag, 26. Januar 2023

Faszination "Lost Places"

 Die Idee zu diesem Artikel flog mich an, als ich heute Morgen in meiner Facebook-Timeline ein Foto meines Autorenkollegen Martin Meyer sah, das mich nachdenklich werden ließ. Es zeigte ein verlassenes Strandkiosk (vermutlich), mit einem verschlossenen Eingang und einem verbarrikadierten Fenster, über dem als einziges verbliebenes "Lebenszeichen" eine Werbetafel der Marke "delial" angebracht war.

 

Tama66 / Pixabay

Ich konnte nicht anders, als ein Herzchen und einen sinnigen Kommentar über Nostalgie und morbide Melancholie vom Stapel zu lassen, verknüpfe ich doch zudem mit der Sonnencremefirma delial einen Dänemarkurlaub als Achtjährige, von dem ich einen Wasserball von eben jener Marke als Souvenir mitnahm. 

Ich weiß nicht, wie es anderen beim Betrachten solcher Plätze in echt oder auf Fotos geht: ich werde tatsächlich ziemlich sentimental, während meine Phantasie oder selten gar die persönliche Erinnerung auf Hochtouren läuft. Schon immer bin ich fasziniert von alten, ausgedienten oder museumsreifen Dingen und Sujets, wozu mit Abstrichen auch die Lost Places gehören. Wer mag darin gewohnt haben? Warum wurde dem Anwesen in scheinbarer Eile der Rücken gekehrt, ohne das Inventar mitzunehmen, das häufig unbestreitbar hochwertig ist? Welche Schicksale und welche einschneidenden Geschehnisse mögen dazu geführt haben, den Platz, den man über Jahre oder Jahrzehnte in Schuss hielt, nicht mehr wertzuschätzen?

 

652234 / Pixabay

 

In meiner Nähe gibt es ein Seehotel, verwaist und verlassen, wo die Sonnenschirme ganzjährig auf der Terrasse stehen, als müssten sie ihren Dienst verrichten, bis sie verrotten. Was damit werden soll, weiß niemand. Genausowenig wie mit tausenden anderen Immobilien, die entweder insolvent geworden sind oder keine Nachmieter gefunden haben. In meiner Stadt musste an Silvester letztes Jahr eine Bäckerei nach über 150 Jahren den Betrieb einstellen. Ich hoffe, dass sich bald neue Betreiber finden, die das Unternehmen mit viel Herzblut weiterführen, denn es ist bei weitem nicht das einzige Gebäude, das schon seit der Kindheit einen nicht unbedeutenden Teil in meinem Leben spielt(e). Das Hallenbad mit der eiskalten Steinbank, in dem ich als Grundschülerin Schwimmunterricht hatte, existiert nur noch unterirdisch.

 Mittlerweile gibt es so viele Lost Places auf der Welt - seien das Fabriken, Kliniken, Kinos, Tankstellen, Bahnhöfe oder Privathäuser, ja sogar komplette Städte -, dass vielerorts und im Internet Touren angeboten werden, auf denen man sie abklappern und besichtigen kann. Reizen würde mich das schon. Von innen und aus der Nähe sieht man solche Örtlichkeiten doch eher weniger, und ich meine, man braucht dazu eine besondere Genehmigung. Es scheint dennoch eine beliebte Freizeitbeschäftigung zu sein, Altes und Verlassenes zu erkunden. Manchmal scheint mir allerdings Trittsicherheit und Unerschrockenheit vonnöten oder wenigstens von Vorteil, denn gelegentlich sind die Lost Places bröckelnde Ruinen oder Klettergerüste. Außerdem würde ich mich wohl selbst in Begleitung gerade bei Nacht ordentlich gruseln.


danielkirsch / Pixabay


Jedenfalls beflügeln solche Fotos den Geschichtenerzähler und den Nostalgiefan in mir und sorgen für eine Prise Wehmut gepaart mit Neugier, fast Sensationslust am Verfall. Trotzdem ist es traurig (wenn  auch angenehm schaurig), dass es so viele Orte gibt, an denen früher Unmengen von Leuten zusammenkamen (Hotels, Bahnhofshallen, öffentliche und soziale Einrichtungen), die ein beliebter Treffpunkt waren oder ein Tante-Emma-Laden, der bis zuletzt ums Überleben kämpfte. Die Schicksale der Lost Places scheinen endlos, und fast genauso endlos ist daher die Faszination derselben. Die Vergangenheit hat - zumindest für mich - viel zu erzählen und sollte nie ganz in Vergessenheit geraten. Aus ihr kann man lernen und zukünftige Fehler vermeiden, wenn man klug ist. Und was könnte man nicht alles bewerkstelligen, wenn man all den Lost Places auf irgendeine Weise wieder Leben einhauchte und sie renovieren würde. Vermutlich lohnt es aber den Aufwand nicht.


652234  / Pixabay


Man neigt ohnehin dazu, Altes wegzuwerfen statt zu reparieren. Oder mit Graffiti zu beschmieren. Nicht, dass ich das bewerten möchte, denn mit Immobilien und veraltetem Baumaterial kenne ich mich nicht aus. Ein bisschen mehr Respekt hätten solche Häuser allerdings schon verdient. Allein schon, weil sie Geschichten erzählen, die nicht jeder versteht bzw. man sich seine Version dazu vorstellen  und die Phantasie auf Reisen schicken kann. 


Dienstag, 17. Januar 2023

Video "Leseprobe Vom Ernst des Lebens"

 Da ich doch ein bisschen Spaß am Videodreh gefunden habe, kommt hier mein nächstes zu meiner Geschichte über Miles und Rupert. Es ist ein "Short", weil weniger als eine Minute lang. Eigentlich also ein sogenannter Teaser. 

 


 

Hier besuchen die beiden den Onkel des Hotelpagen Julien, der einen Buchladen betreibt und sich bereiterklärt, ihnen zu helfen, einen Fotoband über Paris zu veröffentlichen, nachdem sein Neffe die Idee hatte. Nichts Spektakuläres also, aber ich kann mich erinnern, dass eine Leserin die Beschreibung der Örtlichkeiten sehr gut gefiel und sie sofort den charakteristischen Duft von Raouls heimeligem Lädchen zu erschnuppern glaubte.

 

 


 

Wenn euch das Filmchen neugierig gemacht hat (was ich hoffe), so könnt ihr "Vom Ernst des Lebens" hier (*Klick*`) als Print und ebook erwerben. Natürlich freue ich mich wie immer über Feedback, entweder hier oder auch als Rezension.



Mittwoch, 11. Januar 2023

Serie "Heidi" mit René Deltgen und Katia Polletin (1978)



Die Rede ist hier nicht von der bekannten Anime-Serie aus den frühen 1970er Jahren, sondern der Realverfilmung des Klassikers von Johanna Spyri, auch in Serienform mit 24 Folgen. Sie entstand vier Jahre später als die Zeichentrickserie, ist (leider) nicht so populär im Sinne von bekannt wie diese und wird von uns als Familie gerade begeistert gesuchtet und gefeiert. Erstaunlicherweise kann es jeder von uns kaum abwarten, bis es Abend wird und wir uns zu einem weiteren Hei(di)-light vor dem Fernseher treffen.

 

Das erste Kennenlernen.

Die Handlung und Geschichte des Schweizer Alpenmädels Heidi ist wenig komplex und doch ungeheuer lehrreich. Als achtjährige Waise kommt sie auf die Alm zu ihrem Großvater, den man im Dörfli unten nur als "Alp-Öhi" kennt und fürchtet. Er soll jemanden umgebracht und auch sonst empörend viel auf dem Kerbholz haben. Außerdem meidet er die Bewohner des Dörflis und lebt das Dasein eines Eremiten. Nur der Geißen-Peter kommt hin und wieder, um Bärli und Schwänli, die Ziegen des Öhis, zu hüten. Entsprechend abwertend redet man über den Öhi  und will ihm das Kind wegnehmen oder zumindest dafür sorgen, dass es zur Schule geht und unten im Dorf wohnt. 

Wider Erwarten verstehen er und Heidi sich nach anfänglichen Angewöhnungsschwierigkeiten besser, als beide gedacht hätten. Heidi kann sich keinen Ort vorstellen, am dem sie glücklicher wäre als in den Bergen beim Großvater, und der Öhi entdeckt seine Freude daran, Heidi das Leben zu erklären und ein richtiges Naturmädl aus ihr zu machen. 

Bald jedoch endet die Idylle: Tante Dete holt Heidi als "Gespielin" für die kranke Klara Sesemann nach Frankfurt. Dort ist es vorbei mit frischer Luft, der Ungezwungenheit und Freiheit, musste Heidi beim Öhi doch nicht einmal das ABC lernen. Jetzt wird ihr Etikette eingetrichtert von Klaras Gouvernante Fräulein Rottenmeier, die im Bestreben, ihrem Dienstherrn (in den sie verliebt ist) zu gefallen, häufig besonders streng mit der armen Heidi umgeht. Außerdem glaubt sie, dass Heidi unzurechnungsfähig und zurückgeblieben ist. Nur der Diener Sebastian hat Mitleid und erweist Mamsell Adelheid mehrere Gefallen oder wird zu ihrem heimlichen Verbündeten.


Als vornehmes Mamsellchen in Frankfurt.

Obwohl sie und Klara beste Freundinnen werden, vermisst Heidi ihre Berge und den Großvater so sehr, dass sie krank wird und zurückgeschickt werden muss. Aber sie freut sich sehr auf den angekündigten Besuch von Klara in die Schweiz zu ihr und dem Öhi - sehr zum Missfallen des eifersüchtigen Geißen-Peters, der sich zu einer folgenschweren Handlung hinreißen lässt, als der Besuch aus Deutschland endlich eintrifft...



 

Meinung: Wie gesagt, wir sind begeistert! Und das durch die Bank weg jeder, was wirklich etwas heißen will. Die Schauspieler sind authentisch und so treffend ausgewählt, dass man kaum glauben mag, dass sie nur in die ihnen zugedachten Rollen geschlüpft sind, angefangen von René Deltgen als Alp-Öhi über Brigitte Horney als Großmutter Sesemann und sämtliche "Nebencharaktere" wie der Geißen-Peter, seine Familie und die Dorfbewohner oder aber die Dienerschaft in Frankfurt. Die entzückende, erfrischende und natürlich spielende Titelheldin alias Katia Polletin wechselte danach das Fach und wurde Architektin. Ihre Heidi ist die bei weitem beste, die ich gesehen habe und der empathischen Vorlage am nächsten, ebenso wie die Handlung, die sich auch vor unbequemen Themen und essentiellen Fragen nicht scheut. Dazu gehört auch die tiefe Gläubigkeit von der freigeistigen und progressiven Oma Sesemann, die Heidi über ihr Heimweh hinweghilft und ihr sogar das Lesenlernen erleichtert. Nicht zuletzt beschließt Gott, Heidi wieder nach Hause zu schicken, aber erst, nachdem sie im Hause Sesemann Gutes bewirkt hat. Jedenfalls versteht es Heidi so, und tatsächlich hat sie recht damit.

Das Tempo ist schweizerisch beschaulich, mit wenig Aufregern und Dramen, wobei es auch davon einige gibt. Besonders schön ist freilich neben dem feinen Cast die imposante Landschaft mit den Bergen und die Sorgfalt, mit der die Kulisse ausgesucht wurden (es wurde im Engadin und naheliegenden historischen Altstädten rund um Frankfurt gedreht).

 

Katharina Böhm als die zarte Klara.

Fazit: Einfach bezaubernd, liebevoll gemacht und zeitlos trotz der im TV oft angestaubten 1970er Jahre, ist "Heidi" eine tolle und ungewöhnlich tiefsinnige Unterhaltung für Groß und Klein, die noch nach dem Anschauen zu gegenseitigem Diskutieren einlädt. 

Wenn eine der unzähligen "Heidi"-Verfilmungen, dann diese! Und das am liebsten mehrmals hintereinander.

 

Bewertung:  💫💫💫💫💫



Dienstag, 3. Januar 2023

Ein Jubiläum: Zehn Jahre "I solve crimes and blog about it"!


 Sapperlot! Wo ist nur die Zeit geblieben? Ich kann es selbst kaum glauben, doch vor geschlagenen zehn Jahren habe ich dieses Blog begonnen. Mit wenig Hoffnung, dass ich es lange hegen und pflegen werde. Und nun ist es schon soooo lange her, dass ich den ersten, noch etwas unbeholfenen Beitrag veröffentlicht habe. 

 

Geburtstagstorte von anno dazumal

 

 Damals ging es mir psychisch nicht sonderlich gut; eine schlimme Phase von Depressionen und Selbstzweifeln war gerade erst überwunden, und ich war froh, ein paar Sätze schreiben zu können, denn beim Versuch, einen Bericht für ein Autorenportal anzufertigen oder den Anfang einer Geschichte zu verfassen, brach ich nicht selten frustriert in Tränen aus und den guten Vorsatz ab. Die kurzen und eigentlich nur persönlich relevanten Blogartikel dagegen fielen mir nach einigen Tagen schon nicht mehr so schwer. Und ich brauchte keine Kritik erwarten und schrieb nur, wenn mir danach war und nicht wie früher jeden Tag mehrere Stunden, in denen ich mich letztendlich selbst unter Druck bis zum Burn-Out gesetzt habe.

Dennoch war es nach dem ersten enthusiastischen Jahr manchmal nicht leicht, dranzubleiben und relativ regelmäßig zu posten. Eigentlich bin ich bei den meisten Angelegenheiten, die einen konstanten Rhythmus verlangen, eher der flatterhafte Typ. Habe ich keinen Spaß mehr, lasse ich es in der Regel bleiben und versauern. An meinem Blog jedoch habe ich Spaß, und außerdem liebe ich es, wie vielschichtig es sich entwickelt hat, und vor allem, dass meine Artikel - je zahlreicher sie werden - häufig gelesen werden und evtl. auch eine Hilfe sind, sei das bei Rezensionen zu Buch und Film oder Erfahrungen, die ich gemacht habe und gern weitergebe. Im Dezember hatte mein Blog über 3000 Aufrufe. Das dürfte neuer Monatsrekord sein. Vielen Dank dafür! 💗

 

Heute bin ich zum Glück ausgeglichener.

 

Bei der Gelegenheit halte ich eine kurze Rückschau auf das vergangene Jahr und muss sagen, dass ich im Herbst und Winter wieder viel zu wenig gelesen habe. Ich hatte es mir fest vorgenommen. Und irgendwie ist doch etwas dazwischengekommen, waren andere Dinge wichtiger. Vor allem meine Familienidylle, die 2022 ein wenig erschüttert wurde von einem unerwarteten Ereignis, auf das wir alle lieber verzichtet hätten. Da war es plötzlich nötig, zwei Haushalte in Schuss zu halten. Das klingt erst mal nicht spektakulär, doch Freizeit bleibt in so einer Ausnahmesituation kaum, geschweige denn die Muße und die Nerven für Ablenkungen. 

Inzwischen ist die größte Klippe umschifft, und ich hoffe, dass ich 2023 mehr Bücher lesen und an dieser Stelle rezensieren kann. Das dürfte mein einziger Neujahrsvorsatz sein, wenn ich überhaupt welche habe. Doch, einen noch. Ich möchte wieder mehr Sport treiben, denn auch das hat nachgelassen. Vielleicht aus Zeitmangel, und ganz bestimmt auch aus Bequemlichkeit. Zu Weihnachten bekam ich einen Gutschein fürs Schwimmbad geschenkt; den werde ich demnächst anfangen einzulösen, zusätzlich zum Hüpfen auf dem einst eingestaubten Trampolin.


Hier irgendwo sitze ich und blogge.


Gern hätte ich zu meinem Blog-Jubiläum eine Sonderaktion gestartet, aber ganz ehrlich: mir fällt nichts Gescheites ein. Meine Buchverlosungen waren - die für mich etwas schmerzhafte Wahrheit - weitgehend ein Flop, so dass ich in Zukunft darauf verzichte. Das heißt, zumindest vorerst. Es wäre toll, wenn ich mal etwas Neues nachlegen könnte, denn ich merke doch, dass ältere Selfpublisher-Veröffentlichungen wenig Chancen haben, dauerhaft Leser und Leserinnen zu finden, auch wenn ich meine Romane immer noch sehr mag und ihnen eine größere Leserschaft wünsche. 

So bleibt mir zu sagen, dass ich mich riesig freue, wenn ihr meine Artikel weiterhin so fleißig lest, damit ich 2033 auch noch unter den Bloggern bin (falls bloggen bis dahin noch in Mode bzw. möglich ist). Und irgendwann kommt sicher auch mal wieder eine Aktion von mir. Ich verschenke ohnehin am liebsten etwas ohne bestimmten Anlass... in dem Sinne auf weitere fröhliche Blogger-Jahre!