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Mittwoch, 23. Dezember 2020

's ist scho' wieder Weihnachten...

Auf den Jahresrückblick möchte ich verzichten. In einigen Beiträgen habe ich bereits berichtet, wie für mich das Jahr 2020 war. Im Großen und Ganzen nicht gar so schlecht, wie man vermuten könnte. Für vieles war ich dankbar, habe mich über kleine, einfache Dinge gefreut. Ein schönes Lied im charmanten 1970er Jahre Countrystyle im Frühstücksradio zum Beispiel, das mich auch jetzt noch zum Weinen bringt (wobei das morgens keine besonders große Kunst ist - kurz nach dem Aufstehen und vor der ersten Tasse Kaffee ist meine emotionalste Tageszeit). Oder mehr Zeit mit meiner Familie, Wanderungen und Kurzfahrten durch die Umgebung, die ich dadurch ein wenig besser kennengelernt habe. Begegnungen auf der Straße, die zwar kurz, aber herzlich waren. Nächstes Jahr kann ich euch hoffentlich wieder alle umarmen / auf einen Kaffee einladen!

 

 

Gerne würde ich wieder etwas Weihnachtliches posten wie jedes Jahr. Heute ist in der Tat der erste Tag, an dem ich trotz Dauerregen so etwas wie Feiertagsstimmung empfinde und ein bisschen Weihnachten. Auch wenn die Straßen aufgrund des Lockdowns ungewöhnlich menschenleer und trist wirken. Wie lange das noch anhält, steht in den Sternen. Offiziell sollen die Geschäfte noch bis Mitte Januar geschlossen bleiben. Ein bisschen bin ich auch froh, dass wir unseren Bastel- und Geschenkeladen schon vor sieben Jahren dichtgemacht und das WIRTHsHAUS neu konzipiert haben. Die Raumvermietungen und Workshops laufen derzeit zwar auch nicht, aber als Einzelhandelsunternehmen mit einem Riesenlagerbestand hätte uns Corona das Genick gebrochen. So hatten wir immerhin noch unseren Onlineshop, der uns gut über Wasser hält und es uns jetzt am Jahresende sogar ermöglicht, den damals aufgenommenen Kredit für das neue Konzept weitgehend zu tilgen. Das war vielleicht die schönste Neuigkeit in einem ansonsten eher unerfreulichen Jahr. 

Aber eine noch schönere Neuigkeit / Nachricht gibt es, die nie alt wird und immer wunderbar und unglaublich scheint. Die der Geburt von Jesus, der als Mensch und Gott zugleich die Welt verändert und allen Menschen Hoffnung und ewiges Leben geschenkt hat, die an ihn glauben. Aus meiner Erfahrung heraus kann ich sagen, dass es mir viel leichter fällt, mit der Pandemie umzugehen und damit fertigzuwerden, wenn ich all meine Sorgen auf ihn werfe. Ohne das wäre ich vermutlich schon lange verzweifelt. Aber wenn man sicher weiß, dass Gott nur das Beste für die Menschen will und sich persönlich unter seinen Schutz stellt, gibt es nichts, wovor man Angst haben müsste.

 


 Und wo ich gerade von Schenken spreche: Materiell so reich beschenkt wie dieses Jahr wurde ich zu Weihnachten, glaube ich, seit meiner Kindheit nicht mehr. So viele Leute haben an mich gedacht! Nachbarn, Kunden, Freunde und unsere Lieferanten haben Aufmerksamkeiten vorbeigebracht oder mit der Post geschickt. Das war wirklich etwas Besonderes und hat in der speziellen Situation richtig gutgetan, in der man sich zuweilen doch recht abgeschnitten fühlt von der Außenwelt. 

Ich wünsche euch, dass ihr ein besinnliches Weihnachtsfest feiern könnt - vielleicht bewusster als die Jahre zuvor. Auch wenn Corona viel verhindert und verändert hat, so kann man es doch als Chance ergreifen, gewisse Dinge mal anders zu machen, zu entschleunigen und sich auf das zu konzentrieren, was wichtig ist im Leben. Evtl. sogar Konsequenzen ziehen für die Zukunft, denn die Erde ist nicht selbstverständlich und unter allen Umständen für uns da, wenn wir sie nicht gut behandeln oder sorglos weitermachen wie bisher. Und ihr wisst ja: Am Ende wird alles gut, und wenn es nicht gut wird, ist es nicht das Ende. Das sagte bekanntermaßen der kluge Oscar Wilde, und der hatte fast immer recht.


Sonntag, 20. Dezember 2020

Unsere kleine Farm (Little House on the Prairie) ~ Lieblingsserie seit Jahren endlich auf Blu Ray!

Auf Weihnachten hin habe ich mir ein besonderes Geschenk gemacht. Eine Blu Ray-Box voller Kindheitserinnerungen nämlich. "Unsere kleine Farm" hat mich von klein auf begleitet, ähnlich wie Bonanza. Und bis heute kann ich mich dem Zauber der Serie nicht entziehen, vielleicht sogar im Gegenteil. Vieles, was ich als Kind zwar schön fand, aber nicht wirklich verstanden habe, wirkt auf mich nun noch schöner und wahrer als damals. Zu Recht ist die Serie ein Klassiker, der fast fünfzig Jahre nach der Erstausstrahlung immer noch in ausgewählten Fernsehprogrammen läuft und nostalgische Erwachsene und Kinder glücklich und nachdenklich macht mit den berührenden, tiefsinnigen Geschichten rund um die gnadenlos sympathische Siedlerfamilie Ingalls (Michael Landon als patenter und warmherziger Pa, Karen Grassle als mitfühlende Ma, Mary Sue Anderson als die kluge Mary, Melissa Gibert als vorwitzige Laura und das liebenswert täppische Nesthäkchen Carrie, das von den Zwillingen Lindsay und Sidney Greenbush verkörpert wird).



Ich konnte es natürlich nicht abwarten und habe sofort nach Erhalt der Box angefangen, in Erinnerungen zu schwelgen. Die Abende werden zu Nächten, in denen ich mich mitfreue und mitleide, wenn Pa und Ma und ihre süßen Mädels von den Wäldern Wisconsins aufbrechen auf die Suche nach einem Zuhause, das sie in der kleinen Siedlung Walnut Grove in Minnesota finden. Dort erleben sie allerhand Abenteuer, werden aber auch vor Herausforderungen gestellt, die sie mit dem Glauben an das Gute und ihr Vertrauen zu Gott meistern. Die Folgen sind so vielschichtig, universell und abwechslungsreich, dass sich jeder Zuschauer in einer der Figuren wiederfinden kann und die eine oder andere Situation ähnlich erlebt hat. Da wäre zum Beispiel Lauras erster Liebeskummer oder die von Spielen ausgeschlossene Olga, die ein zu kurzes Bein hat, um das sich Pa Charles kümmert, indem er Olga einen Spezialschuh anfertigt, mit dem sie endlich keine Außenseiterin mehr sein muss. Ach, das war so schön anzusehen, wie sie ihm in stummer Dankbarkeit in die Arme fällt, nachdem sie ihre ersten Schritte mit dem neuen Schuh getan hat.

Auch die übrigen Bewohner von Walnut Grove sind meist wohlwollend und herzlich. Da ist der Sägewerkbetreiber Hanson, der sich einen freundlichen Uhrenwettstreit mit Doc Baker liefert, die moralisch korrekte Witwe Synder, die sich in den rauhbeinigen Isiah Edwards verliebt und mit ihm in den Mittagspausen ganz undamenhaft einen bechert, die geltungssüchtige Kolonialwarenhändlerin Hariett Oleson und ihr gutmütiger Mann Nels mit deren verwöhnten Bälgern Nellie und Willie, die Mary und Laura aufgrund ihrer einfachen Herkunft sticheln und triezen, sowie immer wieder neu auftauchende renommierte Gaststars, die einem trotz eines kurzen Auftrittes schnell ans Herz wachsen. Etwa Ernest Borgnine als Jonathan, der sich als Lauras Schutzengel herausstellt, als sie ihren kleinen verstorbenen Bruder in den Bergen sucht und ihn gegen sich selbst für Gott eintauschen möchte, weil Pa sich immer einen Jungen gewünscht hat. 

Die spirituell angehauchten Episoden sind wohl meine favorisierten, doch auch der Alltag der Ingalls ist alles andere als eintönig oder langweilig, oft sogar dramatisch, und nicht immer nimmt alles ein gutes Ende. Obwohl die Serie im späten 19. Jahrhundert spielt und von vielen vielleicht als spießig, altmodisch oder (zu Unrecht) "Heile-Welt-Vorgaukelei" abgetan wird, finde ich ihre Botschaft von Nächstenliebe und Respekt und Würde für jeden Menschen heute wichtiger denn je.

 

Patchwork gibt's bei den Ingalls nur auf Stoffen

 

Zwar kann ich mich schwer entscheiden, wen ich eigentlich am liebsten mag und am interessantesten finde im Ingalls-Universum (die Olesons als Kaufmannsfamilie waren mir nie so unsympathisch wie sie konzipiert waren, auch wenn ich ihren sagenhaften Ruf als reichste Bürger der Stadt nie wirklich nachvollziehen konnte), aber ich glaube, es sind doch Pa Charles und Ma Caroline. Vielleicht, weil ich als Kind immer dachte, dass sie meinen Eltern so ähnlich sind. Und irgendwie sind sie es tatsächlich. Wie Pa hat auch mein Vater in einem Sägewerk gearbeitet und ist ein patenter Handwerker, während meine Mutter in allem das Gute sieht und sich nicht unterkriegen lässt. 

Ma verlässt sich in vielen Angelegenheiten auf Pa, doch wenn es hart auf hart geht, steht sie ihren Mann. Das mag ich an ihr besonders. Sie ist keine toughe Tussi oder wehleidige Zicke wie die meisten aktuellen weiblichen Serienfiguren, sondern packt mit an, ohne dabei ihren femininen Charme einzubüßen. Außerdem ist sie unglaublich hübsch durch ihre positive Ausstrahlung. Obwohl sich Michael Landon und Karen Grassle offenbar hinter der Kamera nicht ganz so gut verstanden wie davor, kann man kaum glauben, dass sie nicht auch in echt das Dreamteam der Fernsehgeschichte waren / sind. Die Kinder sind mit der Serie übrigens großgeworden und gründen in späteren Staffeln ihre eigenen "little houses."

Apropos Dreamteam und Über-Pa Charles Ingalls: Dass Michael Landon - Hauptdarsteller, Autor, Regisseur und Produzent vieler Episoden - nicht so perfekt war wie in seinen Serien, sondern eigenwillig und bisweilen auch rücksichtslos seine Vorstellungen durchgesetzt hat und ein Mensch mit Fehlern war, kann man ihm meiner Meinung nach nicht vorwerfen. Was für mich zählt, ist sein Werk; das, was er der Nachwelt hinterlassen hat. Etwas einzigartig Schönes, das viele Menschen glücklich macht und ihnen Hoffnung gibt. Und das macht ihn für mich irgendwie tatsächlich zu einem Engel auf Erden.

 

Bildquelle: Pinterest

Donnerstag, 26. November 2020

Corona- oder Herbstblues? Vielleicht ein bisschen von beidem...

Seit Corona bzw. März läuft das Jahr 2020 ja irgendwie auf Sparflamme. Aufgrund der vielen Verordnungen und ständig wechselnden Maßnahmen ließen sich Arbeit und Freizeit kaum aktiv gestalten, wie zum Beispiel mit Fernurlaub (nicht dass ich den jedes Jahr hätte oder bräuchte), Treffen, Konferenzen und Feiern und kulturellen Besuchen von Kino, Theater oder Konzerten. Stattdessen gilt Home Office, "social distancing", Mundschutzmaske auf beim Einkauf und in der Schule und mehr oder weniger Aufmüpfigkeit der Regierung gegenüber, weil man sich seiner Grundrechte beraubt fühlt. Wenigstens sind die Freitagsdemonstrationen vor unserem Haus untersagt, in denen die Menschen ohne Maske und Abstand symbolisch die Demokratie zu Grabe tragen (ich lasse das mal unkommentiert...).


 

Glücklicherweise bin ich gern in meiner schnuckeligen Wohnung und brauche nicht ständig Action oder andere Menschen um mich herum, damit ich mich nicht langweile. Auch bin ich einer gewissen Routine nicht abgeneigt und kann darin sogar Positives entdecken. Kino und kulturelle Verantstalungen vermisse ich wohl am meisten, aber auch einfach mal Bummeln in der Stadt. Erst jetzt wird mir bewusst, wie oft ich das früher gemacht habe. So ganz unbeschwert losrennen ist nun nicht mehr ("Hab' ich denn auch die Maske einstecken?").

Spazieren gehen wir nach wie vor, denn frische Luft ist auch ohne Corona wichtig. Besonders die längeren an Sonntagen mit der Familie genieße ich. Letztens hatten meine Eltern Geburtstag, und wir haben Gans im nahegelegenen Restaurant bestellt und im Atelier bei Kerzenlicht gemeinsam mit Onkel und Tante gefeiert. Ich habe zwar kein Foto, aber sie war riesig und sehr lecker! Kein Geburtstag wie sonst, möchte man sagen. Der bleibt bestimmt noch lange in Erinnerung. Irgendwie war es auch urig und schön. 

 

Nach der Party

 

Und trotzdem wünsche ich mir nichts mehr, als dass wir bald wieder zur Normalität zurückkehren können. Viele unken ja, dass dies erst der Anfang wäre oder Covid-19 nun dauerhaft zum Alltag gehören würde und nur eine Impfung entsprechenden Schutz brächte. Bei letzterem Punkt bin ich skeptisch. Immerhin infizieren sich viele Grippe-Geimpfte immer noch mit den Viren. Und überhaupt: von Impfungen halte ich aus gutem Grund nicht besonders viel. Lieber booste ich mein Immunsystem mit anderen Mitteln. Hier bin ich dankbar, die Möglichkeit zu haben, auf natürlichem Weg gesund und fit zu bleiben. Als Familie greifen wir alle auf Produkte von Ringana und Juice Plus zurück, die sich für uns bewährt haben und zudem umweltfreundlich und nachhaltig hergestellt werden - vom Inhalt bis zur Verpackung. 

Der Mundschutz für Unterwegs und im zwischenmenschlichen Umgang außerhalb der Familie muss freilich sein, auch wenn ich ihn nicht wirklich kleidsam oder effektiv finde. Allerdings bin ich über die aggressive Reaktion mancher Maskengegner, vor allem auf sozialen Medien-Plattformen, schon erstaunt. Klar, sich das Teil über das halbe Gesicht zu streifen und damit rumzulaufen ist kein Vergnügen, aber ich bin optimistisch, dass es nur vorübergehend ist, schon allein der Schulkinder wegen. Manchmal fürchte ich allerdings, dass der gesellschaftliche Abstand und das Maskentragen beibehalten werden könnten, wenn sich herausstellt, wie viel weniger Ansteckungen klassischer Erkältungskrankheiten es in diesem Jahr gegeben hat. Das fände ich schade, zumal man hört, dass sich viele mittlerweile an die Maßnahmen und vermummten Leute in den Straßen gewöhnt haben. Dann wären wir auf dem besten Weg dazu, Bakterien und Viren, die uns ständig umschwirren und eine starke Abwehr aktivieren, zu unseren Feinden zu erklären und uns somit zu Sagrotan-Weichlingen, die jedes Staubkörnchen fürchten.

 

Hrrmmpf...
 

Alles in allem bin ich gerade ein bisschen melancholisch drauf und schiebe es auf den Herbst, in dem ich immer am liebsten in den Winterschlaf-Modus fallen würde. Denn jammern steht mir eigentlich nicht zu. Unser online-Rollladenshop floriert nach wie vor, so dass wir auch keine wirtschaftlichen Einbrüche beklagen müssen wie viele andere Unternehmer und Gastronomen vor Ort. Manchmal, d.h. normalerweise einmal pro Woche, liefern wir die Ware sogar selbst an, wenn sie zu lang oder sperrig ist für die Post oder im Umkreis von 50 km bestellt wurde. Im Sommer sind wir sogar an die bayerische Grenze gefahren. Auch das ist etwas, das mir sehr viel Freude macht, kommt man doch raus und sieht etwas anderes. Fast so wie Urlaub. (O;

 


Und zum Schluss empfinde ich große Dankbarkeit, dass ich privilegiert bin. Das klingt vielleicht ein bisschen schwülstig, aber wenn man genau darüber nachdenkt oder Lebensgeschichten aus dem Bekanntenkreis oder aus den Medien erfährt, ist es wahr. Eine Freundin aus Nigeria hat uns Dinge erzählt, die wir uns hier gar nicht vorstellen können oder mögen. Dass sie ihr Geburtsdatum nicht weiß, ist dabei schon nebensächlich. In ihrem Land wurde sie aufgrund ihres christlichen Glaubens und der Politik ihres Mannes verfolgt, und sie musste mit fünf Kindern fliehen, die heute in der ganzen Welt verteilt sind. Im Nachhinein, sagt sie, war es gut so, und sie ist trotz dem Erlebten eine fröhliche Frau, die gerne lacht und sich in unsere Herzen geschlichen hat. Und dennoch gewinnt ein vorübergehender Lockdown angesichts einer solchen Geschichte eine völlig andere Dimension. Ich finde, man sollte so etwas bedenken, bevor man sich hier über ein Wanken der Demokratie und Einschränkung der persönlichen Freiheit beschwert.






Sonntag, 1. November 2020

Tribut an Sir Sean Connery (1930 - 2020)

Die sozialen Medien waren voll davon: gestern ist der einzig wahre James Bond von seiner Majestät nach Hause in den Himmel gerufen worden, weil seine Mission auf Erden erfüllt war. Mit 90 Jahren ist er laut seiner Familie friedlich im Schlaf gestorben, und das ist sicher ein Abgang, den sich jeder wünscht. Von daher konnte das meine Traurigkeit ein wenig mildern. Und traurig war ich. Nicht, weil mit Sean Connery ein großer Schauspieler der alten Garde die Welt verlassen hat und ich mit 20 Jahren total verknallt war in den alten Knochen. Und auch nicht, weil ich James Bond-Filme eigentlich doof finde und mir nur die mit Sean Connery irgendwie gefallen haben. Einige Szenen sind mir noch so vor Augen, dass ich beim Gedanken daran schon grinsen muss (legendär die metaphorisch und in echt abgestandene Champagnerflasche aus "Goldfinger"). Nein, es liegt wohl daran, dass er für mich immer so etwas unheimlich Vertrautes hatte. In meiner Familie mütterlicherseits gibt es optisch den selben ausdrucksstarken Typ; tatsächlich erinnert mein Onkel ein wenig an ihn, und Uropa Fritz muss ihm anscheinend noch ähnlicher gewesen sein (leider gibt es keine Fotos).

 

skeeze /Pixabay

Filme habe ich erstaunlicherweise nicht allzu viele mit ihm gesehen, obwohl mich "Die Wiege der Sonne" während eines Fluges nach Teneriffa meine Flugangst hat vergessen lassen. Tatsächlich gibt es einige, die mich beeindruckt haben wie Hitchcocks "Marnie" (1964), in der er sich als Psychologe versucht, und der im Urwald unter Eingeborenen hausende "Medicine Man" (1992). Auch der detektivische Mönch William von Baskerville aus "Der Name der Rose" (1986) und Indiana Jones' pfiffiger Vater auf der Suche nach der Bundeslade bleiben mir unvergesslich. 

Viele dieser Filme hätte ich ohne den charismatischen Schotten nie angeschaut. Selbst durch Cameoauftritte hat er jeden Film veredelt, etwa die meiner Meinung nach eher mittelmäßigen Blockbuster "Robin Hood - König der Diebe" und "Der letzte Ritter." Immer mit dabei hatte er dieses schelmische Zwinkern, das ihn schon als James Bond auszeichnet. Vielleicht war vor allem das sein Geheimnis. Humor und ein bisschen Chauvinismus, der keinem wehtut, Selbstironie und eine positive und unerschütterliche Präsenz haben ihn schon zu Lebzeiten zur Legende gemacht. Ich glaube nicht, dass es Talent war oder die Auswahl seiner Rollen, denn die waren sehr unterschiedlich. Es gibt keine Rolle (außer James Bond vielleicht), mit der man ihn und seine Verdienste in Verbindung bringt. Selbst die, für den er einen Oscar als bester Nebendarsteller erhalten hat, geht unter. Oder kann sich noch irgendwer an "Die Unbestechlichen" erinnern?

Eigentlich brauchte es nur Sean Connery, um ihn zu dem zu machen, was er war, und das ist das größte Ziel, das ein Mensch in den Herzen seiner Mitmenschen erreichen kann. Mit seiner Ausstrahlung und der athletischen und imposanten Erscheinung war er nicht nur ein Mann, dem die Frauen zu Füßen lagen, sondern ein Held mit Ecken und Kanten. Ich glaube, es gibt niemanden, der Sean Connery nicht mag. Auch oder gerade deshalb, weil er nicht immer politisch korrekt war. Das finde ich sehr viel sympathischer und erfrischender als das Massenverhalten, nur um ja niemandem auf den Schlips zu treten.

 

There can be only one James Bond.

 Auf Facebook las ich einen Nachruf mit einem Zitat von Connery, das mich tief bewegt hat und folgendermaßen lautet: 

 "I haven't found anywhere in the world where I want to be all the time. The best of my life is the moving. I look forward to going."

Falls es tatsächlich von ihm stammt und er es so oder ähnlich gesagt hat, dann steht der großen Reise nun nichts mehr im Weg. Und ich hoffe sehr, dass es dort nicht nur einen Golfplatz gibt, sondern auch das, wonach er immer gesucht hat. Ein Platz zum Verweilen und Glücklichsein. Und vielleicht ein paar Bond-Girls, die ihm seinen geschüttelten Martini servieren.

 Auf Wiedersehen, Sir Sean! RIP möchte ich nicht sagen, denn so vital und rüstig wie er im hohen Alter noch war, würde ein "Ruhe in Frieden" gar nicht zu ihm passen.


Donnerstag, 15. Oktober 2020

Review "My Brother's Keeper" (Adam Cartwright und sein Problem) ~ Bonanza, Staffel Vier / Folge 28 (1962)

Nachdem ich nun über den Sommer bis in den Herbst hinein meinem Bonanza-Marathon gefrönt habe, picke ich mir eine meiner Lieblingsfolgen heraus. "My Brother's Keeper" ist einer unter Fans ziemlich kontrovers diskutierte Episode, die Little Joe und seinen großen Bruder Adam in den Mittelpunkt stellt. 

 

 

Manche finden sie gut, und noch mehr Zuschauer kritisieren sie aufgrund vermeintlicher Logikfehler, Adams Widerwillen gegen den unzivilisierten Wilden Westen und einer wie folgt "fanfictionesken" 

Handlung: Die Cartwright-Brüder Adam und Joe sind in den Bergen unterwegs, um einen Wolf zu jagen, der ihre Rinder reißt. Als Adam die Jagd aufgeben will, widerspricht Joe und reitet auf eigene Faust weiter. Ein Schuss aus dessen Gewehr lässt Adam zu ihm aufschließen. Er sieht den Wolf zwischen zwei Felsen, feuert die Waffe und trifft seinen Bruder, der ihm in die Schussline läuft. Das Chaos macht den Wolf angriffslustig, und der verletzte Joe muss mit einem angemalten Schäferhund ringen, bis ihn Adam erlöst, indem er die Bestie mit dem Gewehr erschlägt. Und dann nimmt das Drama seinen Lauf. Zu Hilfe eilende Gäste, die Weisheiten parat haben, die Adam bei dem ganzen Trubel so gar nicht brauchen kann, ein unabkömmlicher Doktor im Umkreis von 50 (!) Meilen und Siedler, die die Cartwrights mit einer Wundermedizin für Little Joe erpressen, machen Adam als ältestem und verantwortungsvollem Bruder das Leben auf der Ponderosa noch schwerer als es ohnehin ist. Kein Wunder, dass er sich hin und wieder zu sarkastischen Bemerkungen gegenüber den Hausgästen hinreißen lässt, die so manchen Zuschauer vor den Kopf stoßen. Die Bemerkungen, nicht die Hausgäste (oder doch?).


"Du hast ihn getroffen, Adam. Und mich."

 

Zu wissen ist dabei, dass Adam als einziger der drei Brüder im Osten studiert hat und der Schauspieler Pernell Roberts im Allgemeinen extrem unzufrieden war mit seiner Charakterisierung in der Serie und dem Großteil der Drehbücher. Er verließ die Serie trotz hoher Quoten und einer Gage von mehreren tausend Dollar pro Folge nach sechs Staffeln. Noch heute kennt man in Hollywood den Spruch "To pull a Pernell", wenn man einer erfolgreichen Sache den Rücken kehrt und sich stattdessen selbst verwirklichen möchte. 

Dafür, dass sich der am Theater klassisch ausgebildete Mr. Roberts nicht wohl gefühlt hat als Adam Cartwright, füllt er die Rolle des Ältesten allerdings überzeugend aus - meiner Meinung nach besonders dem Jüngsten gegenüber, zu dem er ein auf den ersten Blick etwas herablassendes, aber besonderes Verhältnis hat. Irgendwie ist er tatsächlich seines Bruders Hüter, was in dieser Folge am besten zum Ausdruck kommt. Von seiner Ruhe und patenten Vorgehensweise war ich immer sehr beeindruckt, und die verlassen ihn auch in einer Extremsituation wie dieser nicht. Zwar plagen ihn Schuldgefühle, die Sehnsucht nach einer besseren Welt im Osten Amerikas, die irischen, wohlmeinenden Hausgäste und die skrupellosen Siedler vom Hochland, doch er verliert nie die Fassung und vermittelt dem fiebernden Joe eine Sicherheit, die für mich vor allem durch die schöne unaufgeregte Stimme trägt. Daher sollte man sich die Folge nach Möglichkeit im Original ansehen. Wer gut Englisch kann, wird auch einen inhaltlichen Unterschied in den Szenen zwischen Adam und Joe im Delirirum feststellen, der nicht unerheblich ist. 

 

Black is the new / old Sexy

 

Ganz toll finde ich auch Michael Landon als kranker und verletzter Little Joe. Er hatte ohnehin ein Talent fürs Dramatische, ohne over the Top zu sein, und wurde daher im Lauf der Serie öfter angeschossen, vom Pferd zertreten und mit Pfeilen niedergestreckt. In "My Brother's Keeper" nimmt er sich sehr zurück und ist eigentlich mehr oder weniger eine Nebenfigur, und trotzdem glaubt man keinen Moment, dass ihm nicht wirklich etwas wehtut und er in seinen Fieberträumen authentisch verzweifelt und herzzerreißend nach der Hilfe des großen Bruders fleht.

In Fan-Kreisen wird behauptet, dass sich die beiden privat nicht leiden konnten aufgrund ihrer unterschiedlichen Einstellung zu Bonanza, doch in meinen Augen haben sie eine Chemie untereinander, die in vielen Szenen nicht nur dieser Folge häufig mit Blicken und einem Lächeln untermauert wird. Nicht zuletzt macht diese Chemie die Episode zu einer wirklich sehenswerten, selbst wenn sie einige Handlungslöcher haben mag und als Steilvorlage für haufenweise Fanfiction dient. Was ja an sich nichts Schlechtes ist.

Von psychologischer Warte betrachtet (die in mehreren Folgen erstaunlich oft beleuchtet wird), ist "My Brother's Keeper" eine der interessantesten, da sie sich mit einer Hauptfigur befasst und nicht - wie meist in den späteren Staffeln üblich - mit den Problemen eines für eine Folge neu eingeführten Charakters. Was man über Adams Gesinnung über den Wilden Westen vor allem im Gespräch mit Sheila und seinem Bruder Hoss erfährt, ist nicht überraschend und trotzdem ein wenig befremdlich, selbst da es aus früheren Folgen klar ersichtlich ist, wie wenig er mit Gewalt und Ungerechtigkeit konform geht. Auch, wenn ihm - wie in dieser Folge - nichts anderes übrig bleibt, als sich und die Familie mit einer Waffe zu verteidigen. Viele bemängeln Pernell Roberts' / Adams angebliche Gleichgültigkeit in Bezug auf seinen kleinen Bruder, da er nicht an dessen Bett bleibt. Ich würde sagen, dass die nach außen distanzierte Art zur Figur passt, abgesehen davon, dass es dramaturgisch ein wenig fad gewesen wäre, ihn ständig an Little Joes Bett Schlaflieder singen zu hören (oder auch nicht...).


"Ächzi..."

 

Natürlich gibt es noch Mr. Reardon mit seiner naseweisen Tochter, die sich - auch klar - heimlich in den sensiblen Adam verliebt, und den habgierigen Dowd samt Kumpane, die auf bequeme und illegale Weise zu Geld kommen möchten und den Cartwrights ihren Reichtum neiden. Das sind bewährte, sich wiederholende Motive der Serie, aber irgendwie machen sie auch Sinn und wirken glaubhaft. Am Ende wird alles gut, denn nachdem Adam der Situation Herr geworden ist, kehrt Pa Ben Cartwright von einem Telegramm alarmiert aus Placerville zurück (meinetwegen hätte man auf Lorne Greenes polternden Auftritt zum Schluss verzichten können), und Little Joe erholt sich nach einer weiteren Nacht vom Fieber der Wolfsbisse, da ihm endlich die Medizin verabreicht werden konnte. Die Kugel hatte der große Bruder bereits fachgerecht gleich nach der Ankunft auf der Ponderosa entfernt (auch das eine spannende und gut gespielte Szene, die Kultstatus unter Fans genießt).

 

Viele Männer weinen in stiller Verzweiflung. Sagt Mr. Reardon.
 

Insgesamt ist "My Brother's Keeper" eine herausragende Folge von Bonanza, sei es zum Guten oder zum Schlechten. Für mich persönlich zum Guten, und das nicht nur, weil ich mir mit Adam und Joe gemeinsam im Zentrum mehr Folgen gewünscht hätte. Der Stoff ist ungewöhnlich, vielleicht sogar trashig, beliebig interpretierbar und sorgt schon deshalb für Diskussionen auf einschlägigen Internet-Portalen. Ich bin schon erstaunt, dass eine so alte Serie in der Tat noch viele begeisterte Fans hat, die online miteinander über ihre Lieblings-TV-Familie kommunizieren. Allein das zeugt von einer Qualität, die man bei aktuellen Serien selten findet. 

Von mir gibt es daher fünf Cowboyhüte bzw. Sterne!

 💫💫💫💫💫

 

Szenenfotos: Corina Conny Zöller, Julie Ackles / Facebook


Freitag, 21. August 2020

Bilanz zum bisherigen Corona-Jahr 2020

Zeit, mal wieder ein bisschen philosophisch zu werden, und dieses Jahr bietet bisher eine Menge dazu. Denn es ist ein Jahr, das keiner von uns ähnlich erlebt hat, gelten doch Pandemien in der westlichen Hemisphäre als so gut wie ausgerottet. Das Corona-Virus hat uns eines Besseren belehrt. Als wir so feucht-fröhlich ins neue Jahrzehnt hineingefeiert haben, jeder voller Pläne und Hoffnung, hatte noch niemand an Einschränkungen des öffentlichen Lebens und "social distancing" gedacht, obwohl das Virus bereits im Umlauf war. Lange wurde die Gefahr ignoriert, und als sie schließlich Europa erreichte und publik wurde, war meine erste Reaktion "Das kann doch nicht sein!" und "Falls doch, ist da etwas Merkwürdiges im Labor passiert, das man uns verschweigen möchte, damit nicht die ganze Welt in Panik verfällt."

 

 

Wirklich ernst genommen habe ich persönlich die Situation erst Mitte März, als plötzlich Veranstaltungen selbst in unserer kleinen Stadt auf unabsehbare Zeit verschoben oder komplett abgesagt wurden und ich in meiner Bankfiliale auf den herzigen Spruch stieß "Wir begrüßen Sie mit Herz, nicht mit der Hand". Mittlerweile ist diese Filiale seit Monaten nur noch für "Laufkunden" zugänglich, die Geld ein- oder auszahlen. Und natürlich betritt man sie mit Maske und maximal zu dritt. Ich habe damals ein bisschen geschmunzelt, als eine Freundin mir erzählte, in Italien sei das der Normalfall auch in Läden. Kurze Zeit später kam er dann auch zu uns, der unabwendbare Lockdown. Ein letzter Einkauf in der Kurzwarenabteilung meines Vertrauens, und wir hatten sie - oder besser, sie hatte uns - die Ausnahmesituation Corona. Zum Glück sind meine Familie und ich bei guter Gesundheit, ernähren uns ausgewogen und haben den festen Glauben in Gott, dass alles gut wird. Ich glaube, hätte ich auf all die (Fake-)News und Nachrichten Wert gelegt, wäre ich wohl ausgeflippt.

Gelitten haben wir unter dem Lockdown nicht wirklich, auch wenn mir die lokalen Einzelhändler, Gastronomen und Kulturschaffende, die auf ein Publikum und Tantiemen angewiesen sind, leid getan haben bzw. leid tun (kann es als ehemalige Einzelhandelskauffrau gut nachempfinden) und ich es immer noch tragisch finde, dass z.B. Schausteller nicht arbeiten dürfen und Schulkinder dauerhaft Masken tragen müssen. Überhaupt, die Kinder... aber das Thema würde ausufern, daher möchte ich es hier nicht vertiefen. 

Unser Online-Shop, über den wir Rollläden und Zubehör verkaufen, ging überraschend gut weiter, sogar besser, da viele Menschen wohl endlich Zeit hatten, etwas zu Hause in Angriff zu nehmen, was lange liegengeblieben ist. Das sah man ja auch in den Baumarktketten, die erstaunlicherweise geöffnet blieben; anders als kleine Läden, die jetzt mehr denn je um ihre Existenz ringen. Allerdings wurde man dort auch erfinderisch und bot einen Lieferservice an, markierte Schaufenster für die Kunden, damit die Ware genau beschrieben werden konnte und offerierte Tagesmenüs auf Rädern, teilweise sogar angeliefert mit Oldtimern vom Museum.

Bekannte von mir bestellten über Facebook ihre Püppchen-Doppelgänger. Wohl auch, um mich in den schweren Zeiten finanziell zu unterstützen und mich häkelmäßig zu beschäftigen. Die Auslandspost, mit der ich normalerweise verschicke, war ja praktisch lahmgelegt. Selbst jetzt kommen Päckchen ausschließlich mit horrend hochpreisigem Premiumversand nach den USA, wo meine Stammkundschaft sitzt. An dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an Sabina, Stefan und Klaus! Es war mir ein Vergnügen, euch bzw. euren Liebling im Miniformat zu kreieren.


Beffan für Hannah

 

Einfallsreich war man also, auch wenn es natürlich bis heute nicht an die üblichen Umsätze heranreicht. Trotzdem fand ich den Lockdown und die damit einhergehenden Regeln nicht so schlimm, bin ich ohnehin gern daheim und habe es mir dort gemütlich und kuschelig gemacht. Gerade in der kalten Jahreszeit war das keine Strafe. Auch wenn es abgedroschen klingt: es hatte auch etwas Gutes, mal runterzufahren und sich bewusst zu machen, in welchem Überfluss und Luxus wir leben, den wir als selbstverständlich und unser gutes Recht betrachten, genau wie die Freiheit, die derzeit kontrovers diskutiert wird. Aber im Großen und Ganzen finde ich, dass wir die Krise ganz gut meistern. Fast ein wenig Panik geschoben habe ich nur, als das Klopapier an der Börse hätte gehandelt werden können und so knapp war, dass ich mir wie ein Schatzsucher vorkam, als ich die letzte Packung auf der am Morgen gelieferten Palette abgreifen konnte. Der Run auf Klopapier - das "weiße Gold" - war in der Tat ein bisschen Weltuntergangsstimmung, wäre es nicht so hysterisch komisch gewesen und auch ärgerlich für die Zuspätgekommenen, zu denen ich lange gehört habe.

 

Kruzifix!

 

Als Corona anfing, den Alltag zu beherrschen mit Maskenpflicht, Verschwörungstheorien, Verharmlosungen und selbsternannten und beglaubigten Virologen, von denen jeder eine andere Meinung hat, habe ich gehofft, der Spuk sei spätestens im Sommer vorbei, wenn die Temperaturen steigen. Wie man sieht, habe ich mich ziemlich verrechnet. Denn jeder hat das Recht auf Urlaub und Fernreisen, vom dem der Deutsche freilich Gebrauch macht, Risiko hin oder her. Und so verbreitet sich das Virus munter weiter. Auch das ist etwas, das ich nicht verstehe. Die Sturheit, mit der auf Dinge beharrt wird, die in "normalen Zeiten" dazugehören. Vielleicht meint mancher, in diesem verrückten Jahr stehe ihm Urlaub und somit ein Stück Gewohnheit mehr zu denn je, aber mal ehrlich: sind überfüllte Strände und kulturelle Besuche unter einer Schwitzmaske, die man nur selten abnehmen darf, Erholung? Da bleibe ich lieber auf Balkonien und mache es mir zuhause schön. Hin und wieder gehen wir auswärts essen, denn das war schon früher eher die Ausnahme und daher immer ein Erlebnis. Was Kultur und Sehenswürdigkeiten angeht, haben wir das Familienwandern mit Picknick für uns entdeckt. Bei heißem Wetter suchen wir waldige Wege, und wir sind erstaunt, wie viele sehenswerte Plätze es in unserer Umgebung gibt und wie viel Spaß wir alle haben. Mittlerweile sind unsere Wandertage ein Highlight der Woche, auch wenn das Wetter in letzter Zeit etwas zu schwül war, um weite Touren zu unternehmen.


Mmmm... leckerlecker!

Ich bin optimistisch gestimmt, dass Corona bald der Vergangenheit angehört wie die Spanische Grippe vor hundert Jahren, die in Europa immerhin zwei Jahre lang grassiert hat. Allerdings habe ich auch von Pessimisten gehört, Covid-19 würde nun zum Alltag werden wie andere, harmlosere Virenerkrankungen. Dann hoffe ich, dass genug geforscht wird, um die Menschen vor schweren Verläufen der Krankheit zu schützen. In erster Linie kann jeder selbst etwas dafür tun. Nicht nur die verordneten Maßnahmen einhalten, sondern das Immunsystem stärken mit Obst und Gemüse und evtl. Nahrungsergänzung. Wer Näheres zum Selbstschutz erfahren und eigenverantwortlich handeln möchte, kann sich gerne hier mal umsehen und schlau machen. Es lohnt sich, etwas Neues zu wagen und ausgetretene Pfade zu verlassen. Und nicht vergessen: immer flexibel und vernünftig bleiben, vor allem in Zeiten wie diesen. Die Demokratie geht uns deshalb nicht verloren, dafür aber hoffentlich bald Corona.

 

Donnerstag, 6. August 2020

Bonanza, die Kultwesternserie (1959 - 1973)

Bei der ganzen unübersichtlichen Vielfalt auf Amazon Prime, Netflix und sonstigen Streamingportalen gibt es eine Serie, die mich seit meinen Kindertagen treu und mal mehr und mal weniger intensiv begleitet. "Bonanza" mit den Cartwrights auf der Ponderosa hat von jeher eine solche Faszination auf mich ausgeübt, dass es mich auf mehreren Ebenen inspririert und möglicherweise auch einige meiner Ansichten und Vorlieben geprägt hat.
 

L. Greene, P. Roberts, D. Blocker, M. Landon & all those pretty horses
 
 
Die Serie, die sich bis vor wenigen Jahren als TV-Dauerbrenner erwies, folgt einem Konzept, das zunächst sonderbar anmutet: Der Rancher Ben Cartwright (Lorne Greene) - ursprünglich weltgewandter Seemann - lebt mit seinen erwachsenen drei Söhnen Adam (Pernell Roberts), Hoss (Dan Blocker) und dem impulsiven Nesthäkchen Little Joe (Michael Landon), von denen jeder eine andere - mittlerweile jeweils natürlich verstorbene -  Mutter hat, in Nevada Territory in den 60ern des 19. Jahrhunderts. Erwähnenswert, da immer wiederkehrende Figuren, sind auch der ewig nörgelnde chinesische Koch Hop Sing (Victor Sen Yung) und der mit den Cartwrights befreundete Sheriff Roy Coffee (Ray Teal).
 
Ihr riesengroßer Besitz muss im Pilotfilm mit Klauen und Zähnen verteidigt werden, und auch im Lauf der weiteren Folgen gibt es immer wieder Neider oder ungebetene Siedler, doch die Cartwrights lassen sich nicht mehr so schnell aus der Ruhe bringen wie zu Beginn und versuchen, vernünftig auf jeden Neuling oder Fremden einzuwirken bzw. unvoreingenommen mit ihm umzugehen. Denn Besitz ist eigentlich viel wertvoller und macht mehr Freude, wenn man ihn teilt. Und das ist neben den schönen Pferden und den feschen Cowboys eines der Geheimnisse des Erfolgs der Serie: es geht nicht (nur) um Wildwestromantik und Saloongerangel.

"Bonanza" greift eine Palette von Werten und Themen aus unterschiedlichen Sichtweisen auf (u.a. auch von namhaften Regisseuren), die von ihrer Aktualität und Brisanz trotz des Alters der Serie nichts verloren haben. Oft humorvoll, anrührend und manchmal auch schockierend und erstaunlich ungeschönt setzen sich die Cartwrights mit seelischen Abgründen ihrer Familie, Fremden und Freunden auseinander, wobei jede Figur nach ihren Eigenschaften typisch handelt (oder auch mal aus dem typischen Verhaltensmuster ausbricht). 
 
 

 
Der felsenfeste Zusammenhalt der Familie ist Dreh- und Angelpunkt der Serie, wobei ihm ein herber Dämpfer verpasst wurde, als Adam / Pernell aus künstlerischen und persönlichen Gründen nach der sechsten Staffel ausstieg und auch nicht wiederkam, wenngleich ihm diese Option offengehalten wurde. Immerhin war er ein Ladies' Man, der die weiblichen Zuschauer verzaubert hat mit seiner Liebe für die musischen Künste, einem unerschütterlichen Pragmatismus, seiner schmelzenden Baritonstimme der Vernunft (die er gelegentlich auch zu einer Ballade erklingen lassen durfte), blendendem Aussehen und einem ausgeprägten Beschützerinstinkt. Zwar war der Produzent David Dortort bemüht, nach dem Abgang von Mr. Roberts adäquaten Ersatz zu finden, u.a. mit Serien-"Zorro" Guy Williams, der als Cartwright-Cousin vorgestellt wird, und dem draufgängerischen David Canary, doch so richtig gefunzt hat es nie zwischen den "Gaststars" und dem Publikum. Erfolgreich blieb die Serie trotzdem, wenn auch kurzzeitig die Quote sank. Der junge Michael Landon schrieb bewegende Drehbücher, die gut ankamen. Mitunter baute er sogar die Erwähnung des abwesenden Bruders mit ein, der offiziell auszog, um nach Architektur Medizin in St. Louis zu studieren - was seiner späteren Karriere als "Trapper John MD" zugute kam. Auch wenn er bereits in der Serie seine rudimentären chirurgischen Kenntnisse erfolgreich an den Mann / kleinen Bruder bringen konnte ("My brother's keeper"). 
 
Apropos Gaststars. Nicht nur Regisseure wie Robert Altman, die später legendär wurden, hatten ihr Debüt oder ein Stelldichein in Bonanza. Viele berühmte Namen tauchen schon in den ersten Staffeln auf, wie etwa Leonard Nimoy und De Forest Kelley aus "Star Trek", Lee Van Cleef, Lee Marvin und James Coburn als Psychopathen, Yvonne de Carlo als Theaterdiva und Ida Lupino als historisch verbürgte Bergmannstochter Annie O'Toole. Obendrein haben auch Mark Twain und Charles Dickens Virginia City aufgemischt, wenn man den Machern glauben darf. Wahrscheinlich hat man zur Erstausstrahlung der Folgen als versierter Kinogänger und Geschichtsfan jede Woche eine tolle Überraschung erlebt.

Generationenübergreifend ist die Serie nicht nur in Bezug auf die Themen, sondern auch in der Dynamik und Konstellation innerhalb der Familie. Zwischen dem kühlen Adam und dem heißblütigen Joe kriselt es oft, doch genauso häufig verlässt sich Joe auf Adam, der ein großer Bruder ist, wie er im Buche steht: fürsorglich, belesen, patent lösungsorientiert, vernünftig und trotzdem irgendwie lässig. Mit dem freundlichen Riesen Hoss, der eigentlich Erik heißt, kommt dagegen jeder gut aus; mitunter wird seine Gutmütigkeit jedoch gnadenlos von Little Joe und dessen Flausen ausgenutzt. Außerdem hat auch Hoss unter seiner imposanten Schale einen sensiblen Kern. Für heutige Verhältnisse ist der Mittlere wohl die modernste der Cartwright-Figuren: er liebt Tiere mehr als Menschen, denn die enttäuschen einen nicht und sagen immer die Wahrheit. Überraschenderweise war Hoss der heimliche Publikumsliebling - vielleicht, weil sich die Mehrheit am besten mit ihm identifizieren konnte. Als Dan Blocker mit nur 43 Jahren 1972 an den Folgen einer Gallensteinoperation stirbt, muss die Serie bald darauf eingestellt werden.
 
Einen Pa wie Lorne Greene hätten sich damals fast alle Zuschauer gewünscht. Tatsächlich wurde er mehrmals zum TV-Vater des Jahres gewählt und blieb auch im wahren Leben mit Michael Landon in einem herzlichen Vater-Sohn-Verhältnis verbunden (ihre Gräber auf dem Hillside Memorial Park in Culver City / Kalifornien liegen nebeneinander). So sehr Michael Landon und Dan Blocker in ihren Figuren aufgingen, war Lorne Greene seinem Seriencharakter offenbar am innigsten verbunden: nahe eines Golfplatzes in Mesa / Arizona, wo er wohnte, ließ er 1963 nach den Plänen der Setdesigner und Innenarchitekten ein Dublikat der Ponderosa aufbauen, das heute noch als historisches Privathaus besichtigt werden kann.

"Hast du dir auch die Hände gewaschen und desinfiziert?"

 
Ich bin gerade bei der zweiten Staffel. Wie oft ich die einzelnen Folgen angeschaut habe, weiß ich nicht, aber mit jedem Mal werden sie besser. Selbst solche, die ich vergessen hatte, haben ihren Reiz und ihre "Moral". Schön finde ich, dass die Geschichten nie mit dem Holzhammer daherkommen oder etwas verurteilen, das auf den ersten Blick nicht den Regeln der Gesellschaft entspricht. Da sind die Cartwrights gut erzogen und Top Notch Gentlemen. Mit Gewalt werden Konflikte selten bis nie gelöst. Lieber mit Köpfchen, Freundlichkeit und Flexibilität. Erstaunlicherweise wurde Bonanza allerdings vom deutschen Fernsehen bei der Erstausstrahlung wegen "zu viel Brutalität" selektiert und nur wenige Folgen gezeigt. Ich glaube eher, dass einige Themen damals zu progressiv waren, um als seichtes Vorabendprogramm über die Mattscheibe zu flimmern. Auch Rassismus und Ressentiments gegenüber Andersdenkenden wurden behandelt und Cartwright-mäßig bearbeitet. Selbst Nachhaltigkeit und der Respekt vor der Natur kamen nicht zu kurz. Vielleicht wurde manchmal ein bisschen zu dick aufgetragen, oder die Jungs und besonders Little Joe hatten zuweilen postpubertäre Phasen, in denen sie entweder rebellisch den Rat des Ranchpatrons ablehnten oder verzweifelt suchten, doch ich empfinde das weder als Manko noch albern oder altmodisch. Denn Ben ist wirklich weise. Fast wie König Salomon. Der einzige, der seine Beschlüsse und Entscheidungen hin und wieder in Frage stellt, ist Adam, der allerdings meist auch als Partner auf Augenhöhe agiert und sich der väterlichen Übermacht nur allzu gern entzieht (etwa beim Zäunereparieren auf den unendlichen Weiden oder dem Bullenkauf in Placerville), während die beiden Jüngeren uneingeschränkt auf Pas Seite stehen. Sein Status als schwarzes Schaf manifestiert sich schon bald in der Kleidung. Waren die ersten Outfits noch abwechslungsreich und modisch mutig mit lila- und pinkfarbenen Hemden, trägt Adam über vier Staffeln nur noch protestlerisches Schwarz von Kopf bis Fuß. 
 

Der schöne Adam. Oder auch der George Clooney der 1860er

 
Obwohl der ganz junge Little Joe mit seinem prächtigen ersten Schecken "Cochise" mein Liebling ist und von allen am überzeugendsten leiden und wimmern und weinen kann, fasziniert mich Adam als Charakter in besonderem Maß, da er mehr Facetten zeigt als der Rest der Familie und oft für eine Überraschung gut ist - Lee Marvin gelang es sogar beinahe, seine Grundfesten zu erschüttern ("The Crucible / Adam Cartwright geht durch die Hölle"). Seiner sonoren Originalstimme könnte ich zudem stundenlang zuhören, und keiner hat tiefere Grübchen beim Lächeln. Als er als letzter der Bonanza-Hauptdarsteller im Alter von 81 Jahren im Januar 2010 starb, saß ich fassungslos vor den Radionachrichten und habe ein paar Tränchen um den Mann und seine verstummte Samtstimme vergossen. Ich hoffe, dass die Vier gemeinsam mit ihren markanten Pferden - die selbst zu Stars wurden in Bonanza und sogar Fanpost erhielten - wieder über eine himmlisch(e) weite Wiese galoppieren können wie im ikonischen Vorspann.
 
 
 
 
Zum Glück gibt es die komplette Serie digitally remastered und in einem schönen und praktischen Schuber auf DVD. So kann ich immer mal wieder ein paar Folgen gucken, wenn mich der Bonanza-Rappel befällt und Dinge entdecken, die mir vorher nicht aufgefallen sind, z. B. die Sorgfalt, mit der die Kulissen gestaltet wurden und die doch gelegentlich liebenswert provisorisch wirken. Oder mich ganz einfach auf der Ponderosa wie zuhause fühlen. Weil einen die Cartwrights immer wie einen alten Bekannten begrüßen. 

Wer noch etwas mehr über die verborgenen Talente der vier herausfinden möchte, kann sich gerne weiterklicken: Bonanza - mehr als eine Westernserie
 


Sonntag, 2. August 2020

Freiheit die ich meine...

Die Welt ist  - mal wieder - aus den Fugen und teilt sich. In Coronaleugner / Weltverschwörungstheoretiker und solche, die es mit der Vernunft noch halten, aber in derben Kraftausdrücken auf die anderen schimpfen. Auch das findet nicht unbedingt meine Zustimmung, doch diese Empörung kann ich besser verstehen als die Sturheit, mit der das Persönlichkeitsrecht verteidigt wird, das im Übrigen niemandem hier in Abrede gestellt wird. Corona ist kein Hirngespinst der Regierung, mitnichten. Das kann ich guten Gewissens behaupten, da ich in einem "Hot Spot" wohne, in dem es viele Infizierte und auch an der Pandemie Erkrankte und Verstorbene gibt.

Anfangs war ich ebenfalls skeptisch und wusste nicht, wie das Ganze einordnen, den Lockdown, die Klopapierknappkeit, Maskenpflicht, die Abstandsregeln (an die sich übrigens so gut wie keiner mehr hält).

Doch ich Schlafschaf halte mich an die Maßnahmen, so unbequem sie sein mögen, und wundere mich über Leute, die zu Tausenden in Berlin und auch vor meiner Haustür jeden Freitag mit uralten Hippie-Protestsongs für "Freiheit" und "Meinungsrecht" demonstrieren und sich dabei noch ironisch als zweite Corona-Welle bezeichnen. Ja, wir leben in einer Demokratie, in der jeder das Recht hat auf freie Entfaltung. Aber ist es den "Freiheitskämpfern" nicht klar, dass es damit zu Ende ist, wenn das, wofür sie kämpfen, verwirklicht wird? Rücksichtslosigkeit würde ohne das Gesetz / unsere Demokratie (denn sie ist und bleibt unsere Staatsform!) an der Tagesordnung sein. Alles, was getan wird, bliebe ohne Konsequenzen. Irgendwann sogar Mord und Totschlag, denn wenn jemand den anderen beleidigt hat, wäre es ja sein gutes Recht, Selbstjustiz zu üben. Ist das die Freiheit, die angestrebt wird?

In vielen drastischen Fällen ist die Polizei jetzt schon machtlos oder mischt sich nicht mehr ein, weil Respekt vor der Obrigkeit mit Füßen getreten und mit Fäusten niedergemacht wird. Vernünftige Argumente zählen nicht mehr, da man egoistisch auf seinen Standpunkt pocht, so unsinnig der auch sei. Erst heute wurde im Radio ein junger Mann befragt, weshalb er im Barber-Shop keine Maske trägt wie vorgeschrieben, worauf er allen Ernstes meinte, in Apotheken und Bäckereien trügen die Verkäufer hinter der Plexiglasscheibe ja auch keine... Bei so einer Antwort könnte einem schon mal die Maske - Verzeihung, der Kragen - platzen.

Mich macht das betroffen. Denn ich finde, dass alles, was das Gemeinwohl und das Wohl des Einzelnen gefährdet, falsch ist. Meinungsfreiheit hin oder her. Eine andere Meinung zu haben schadet nicht, wohl aber die Mittel, mit der diese Meinung oft durchgesetzt wird. Man widersetzt sich nicht nur der Demokratie, sondern auch der Schöpfung, die so gedacht ist, dass jeder in Frieden und gegenseitigem Respekt voreinander leben kann (leider schon lange nicht mehr, aber umso achtsamer sollten wir versuchen, es zu ermöglichen). Menschen sind verschieden, und dennoch wäre es so einfach, auf einen Konsens zu kommen, was die Pandemie betrifft, die real in allen Ländern der Erde grassiert. Oder haben sich die Regierungshäupter, Bill Gates und Konsorten alle abgesprochen, die Weltherrschaft zu übernehmen? Was würde das denn bringen? Kurz und knackig und vor allem nachvollziehbar beantworten kann das wohl keiner.




Ich bin für Freiheit. Für Meinungsverschiedenheit. In Ausnahmesituationen wie dieser ist es jedoch wichtig, an einem Strang zu ziehen, damit sich etwas ändert. Leider scheint das menschlich unmöglich zu sein. Für mich umso mehr Grund, auf Gott zu vertrauen und mich unter seinen Schirm zu setzen. Insofern habe ich keine Angst um mich und meine Familie oder überhaupt vor der Misere, in der wir momentan stecken. Angst macht alles schlimmer. Aber wenn ich dazu beitragen kann, dass die Angst weniger wird, dann trage ich zum symbolischen Schutz von anderen und mir selbst die (auch von mir höchst verabscheute) Maske in öffentlichen Einrichtungen und befolge Regeln, die in Krisenzeiten sinnvoll sind, wie etwa den Mindestabstand und Hygienekonzepte. Natürlich erfordert das Umgewöhnung, sogar ein bisschen Mühe. Aber mal ehrlich, man bricht sich doch kein Bein dabei. Wie gesagt, ich habe mich zu Beginn sehr gegen die Maskenpflicht gesträubt, mir dann aber welche genäht, die hübsch sind und mich leichter atmen lassen als die medizinische Variante. Dass beides nicht besonders viel nützt, ist mir bewusst, und trotzdem vermittelt es anderen - vielleicht ängstlicheren Naturen oder Risikogruppen - dass man die Pandemie ernst nimmt.

Die Bewunderung und den Respekt vor den sogenannten "Rebellen" habe ich schon lange verloren. Für mich sind das Egoisten, die selbstgefällig die Augen vor Tatsachen verschließen und unflexibel auf ihre Rechte beharren, die sie nach Corona wieder haben können. Schließlich sind wir demokratisch. Wer das nicht glaubt, der kann meinetwegen in einer Diktatur leben und dort für Freiheit kämpfen...


Freitag, 24. Juli 2020

"Alltagsmenschen" von Christel Lechner in Sinsheim

Wie überall auf der Welt leidet auch meine Heimatstadt unter der Coronakrise. Vielleicht mehr noch als ein paar andere. Für 2020 waren die Heimattage geplant; ein Programm übers Jahr mit Veranstaltungen, Festen, Zusammenkünften, besonderen Ereignissen. All das fiel der Pandemie zum Opfer. Schweren Herzens wurden die Heimattage abgesagt und können aufgrund des besonderen Datums (1250. Bestehen der Stadt) auch nicht nachgeholt werden. Selbst traditionell stattfindende Termine wie Fohlenmarkt und Stadtfest haben keine Chance, wäre das Risiko einer erneuten Covid-19-Welle doch viel zu hoch und angesichts der Menschenmassen, die sich dicht an dicht drängen, unausweichlich.


Alltagsmenschen?!

Wie schön ist es da, dass wenigstens ein geplantes Projekt realisiert werden kann in den düsteren Zeiten, bei dem die Corona-gebeutelten Menschen etwas zum Schmunzeln haben: die Künstlerin Christel Lechner sorgt seit dem 22. Juli für 50 neue Einwohner, denen ein warmer Empfang bereitet wurde.

Tatsächlich findet man sie an fast jeder Ecke der Innenstadt bzw. dort, wo man sie am wenigsten erwartet. Omis in Kittelschürzen beim Wäscheaufhängen, Badekappenträger am Flussufer, kugelige Opas in Pullundern, Westen und mit Hüten und Schirmmützen, eine lustige Polonaise vor der neu sanierten Stadthalle - Verzeihung - der "DoSi", eine tanzende Rentnergang vor der Musikschule, eine Sitzgruppe vor Restaurants und öffentlichen Toiletten. Fast schon ein bisschen unheimlich, die Überbevölkerung der überdimensionalen Alltagsmenschen, wenn sie nicht so unauffällig harmlos, nett und heiter den Funken der Normalität versprühen würden. Moment, sagte ich "Normalität"? Das stimmt für Sinsheim nicht mehr so ganz. Irgendwie erinnern mich die Figuren weniger an Alltag als an längst vergangene Zeiten, in denen die Senioren (auf die sich die Künstlerin spezialisiert hat - damals nannte man sie einfach "die älteren Herrschaften" oder politisch inkorrekt "die Alten") noch so aussahen.

Ein bisschen wehmütig bin ich die Figuren abgegangen. Und obwohl sie nett anzusehen sind und sich harmonisch ins Stadtbild einfügen und auch mit so viel Beifall eingemeindet wurden, wie es wohl keinen anderen fünfzig Exponaten eines Künstlers - ortsfremd oder lokal - gelungen wäre, kam ich doch oder gerade deswegen ins Grübeln.


Hier fliegen gleich die Löcher aus dem Käse...


Einerseits ist es nämlich offenbar Frau Lechners Anliegen, blasse, liebenswerte, leicht übergewichtige ältere Personen in unauffälligen Farben zu zeigen, die aus der Zeit gefallen zu sein scheinen und die Nostalgie "besserer" Tage heraufbeschwören, wogegen ja auch nichts zu sagen ist.

Andererseits wurde mir klar, wie wenig die Betonskulpturen mit der Gegenwart zu tun haben. Nicht einen Rolator oder Rollstuhl habe ich gesehen, keine Schwarzen, keinen "Anderen." Klar, ein Transgender oder Mitglieder aus anderen Randgruppen sind vielleicht dabei; solche, denen man es nicht sofort ansieht. Ist ja Interpretationssache, wie alles in der Kunst. Aber an der Oberfläche sind alle gleich, lächeln buddha-ähnlich vor sich hin und sind mit sich und der Welt zufrieden, kurz: jede Figur strahlt eine fast biedere Heiterkeit aus. Den vielgerühmten Individualismus sucht man vergebens. Und die Stadt jubelt. Alle sind Alltagsmenschen, alle finden sich in den Figuren wieder. Das ist schön und freut mich. Ehrlich. 

 

Frau Hanel und ich

 

Aber wenn wir noch ehrlicher sind, gibt es solche Bilderbuch-"Alltagsmenschen" nur noch wenige oder höchstens in Büchern und Filmen. Oder bis Mitte Oktober in meiner Stadt. Solange sie nicht den Vandalen anheimfallen.




Sonntag, 12. Juli 2020

Rezension Robinson Crusoe ~ Daniel Defoe

Dieser Klassiker, den ich schon lange lesen wollte und es jetzt endlich geschafft habe, hat mich in mehrerer Hinsicht positiv überrascht. Erstens dachte ich, dass es sterbenslangweilig sein müsste, über einsam Gestrandete und deren Reflektionen zu lesen. Zweitens ließ die im Vorwort als "erbaulich-belehrend" bezeichnete Lektüre auf eine Art Moralisierung des Lesers schließen - total yesteryear. Und drittens, wie würde man fast 300 Seiten überstehen, auf denen über ein 28 Jahre währendes Inselleben palavert wird? Keine meine Bedenken wurde bestätigt. Selbst die erbaulich-belehrende Seite ist erstaunlich anrührend und war für mich als gläubiger Mensch gut nachzuvollziehen, manchmal sogar fast wunderbar modern.


Alexander Selkirk, das Vorbild für Robinson. Foto: JTMorkis / Pixabay


Inhalt und Meinung: Gegen den Willen seiner Eltern zieht es den jungen Robinson hinaus in die weite Welt; am liebsten möchte er Seemann werden. Nach einigen Turbulenzen und dem Beackern einer brasilianischen Zuckerplantage wird ihm das geordnete Leben langweilig, und er zieht hinaus auf See. Von Piraten gekapert, wird er als Sklave verkauft, doch bald gelingt ihm die Flucht. Die Freundschaft zu einem Kapitän, der sich als sein Retter erweist, verhilft ihm zu einer neuen Seereise, auf der sein Schiff an einem Inselriff zerschellt und ihn als einzig Überlebenen an Land spült. Zunächst ist Robinson verzweifelt, doch er beginnt, das Beste aus seiner Lage zu machen. Dank der Vorräte aus dem Schiffswrack und dem, was auf der Insel wächst und gedeiht, baut er sich mit Eifer, Einfallsreichtum und Kreativität eine Existenz auf, von der außer den Tieren auf der Insel und ihm selbst niemand etwas weiß.

Nach einem überstandenen Fieber findet er zum Glauben und zu Gott. Trotz Rückschlägen in seinen Plänen und auch der schauderhaften Entdeckung nach knapp zwanzig Jahren, dass er wider Erwarten nicht allein ist, sondern mit Kannibalen seinen Wohnsitz teilt, die zu Opferritualen die Insel aufsuchen, verliert Robinson nie den Mut, verlässt sich auf die Vorsehung (nicht ohne die Vernunft außer Acht zu lassen), und ist auf seiner Insel bald glücklicher, als er es in England oder auf seiner Plantage je hätte sein können. Denn er weiß, dass er in Gottes Hand ist und ihm somit alles zum Besten dient. Sein modernes Gottvertrauen ohne Furcht vor Gott, sondern ihn als seinen Helfer und Beistand wissend, und wie er später seinem "Wilden" Freitag den Glauben erklärt, haben mich wohl am meisten beeindruckt. Dabei ergeht er sich weder in theologischen Fragen noch erzählt er etwas "vom Pferd", sondern begegnet Freitag auf Augenhöhe, wenn auch hin und wieder für heutige Verhältnisse ein wenig dünkelhaft. Doch selbst die Bräuche der Kannibalen, die "es nicht besser wissen", verurteilt er nicht, war Freitag doch selbst einer und ist ihm nun der treueste und einzige Freund.


Bild: grebmot / Pixabay

Im achtundzwanzigsten Jahr naht die Rettung in Gestalt eines Schiffes, auf dem zuvor eine Meuterei stattgefunden hat. Robinson, Freitag, dessen Vater und eine Handvoll Spanier, die mit den Kannibalen Handel treiben, helfen dem entmachteten Käptain, sein Schiff zurückzuerobern, woraufhin Robinson und Freitag die Insel verlassen. Zurück in Europa, erfährt Robinson, dass er aufgrund seiner ertragreichen Zuckerplantage in Brasilien ein gemachter Mann ist. Dankbar, dass es das Leben trotz allem Unglück so gut mit ihm meinte, bedenkt er seine Wohltäter mit Reichtum, gründet eine Familie und bleibt dennoch abenteuerlustig wie eh und je.

Ich hatte die "erwachsene" Ausgabe, die wahrscheinlich differenzierter und ausführlicher von Robinsons Gedankengängen als von seinen Taten und Abenteuern erzählt. Oft politisch gefärbt und das Leben im 17. Jahrhundert schildernd, kam mir der Roman gerade außerhalb der Insel recht exotisch vor. Verblüffend, dass der Sklavenhandel damals ein ganz normales Geschäftsmodell war, vor dem auch Weiße nicht gefeit waren, wenn sie erst einmal in die Fänge der Freibeuter und Händler kamen. Mit den etwas derben Ausdrücken und der Grausamkeit gegenüber Tieren war ich nicht immer einverstanden, doch insgesamt hat mir besonders Robinsons Zeit ohne menschliche Gesellschaft gefallen, in der er gelernt hat, sich dankbar und sogar privilegiert zu fühlen. Ein Klassiker, der nichts von seiner Aktualität verloren hat, wenn ihn Daniel Defoe wohl unter anderen Voraussetzungen schrieb und mit der Berücksichtigung der politischen Situation der im Wandel befindlichen westlichen Welt.

Defoes Inspiration zum Roman, der ungehorsame Seemann Alexander Selkirk, konnte nach "nur" vier Jahren Inselaufenthalt übrigens kaum mehr verständlich kommunizieren. Hätte er sich doch ein paar Papageien gehalten und ihnen das Sprechen beigebracht wie Robinson...  (O;

Bewertung:



Mittwoch, 8. Juli 2020

Am Lesen: Robinson Crusoe von Daniel Defoe

​Angeregt durch eine wirklich schöne Ausgabe von 1984 habe ich beschlossen, einen Klassiker anzufangen, den ich schon lange lesen wollte, bin ich doch großer Südsee-Fan und mag Bücher und Filme zum Thema historische Schiffe. Ich bin nun auf Seite 40 und hin und hergerissen. Einerseits machen mir die Schachtelsätze und das rasante Erzähltempo ein wenig zu schaffen, andererseits finde ich es erstaunlich und lehrreich, wie die Menschen im 17. Jh. gelebt haben und was für Weltanschauungen sie hatten - ganz anders als heute.




Auch was man bereits auf wenigen Seiten alles erfährt, macht mich staunen. Ich hatte z.B. nicht gewusst, dass es auch Sklaven unter Weißen gab, die sowohl von Weißen als auch von Schwarzen "gehalten" wurden, oder dass die schwarzen Sklaven als wertvoller erachtet wurden und mit Schmuck und Perlen erkauft, während die weißen meist von Freibeutern gekapert und häufig auf ensprechenden Märkten in Hafenvierteln verschachert wurden.

Robinson selbst ist bisher kein wirklicher Sympathieträger, im Gegenteil. Er weidet sich am Todeskampf eines Löwen, den er vom Wasser aus erschießt und ihm danach - wenn er ihn dummerweise schon nicht braten kann - das Fell abzieht. Auch seine Ausdrucksweise würde modernen Menschen die Haare zu Berg stehen lassen. Es ist von Negern und Mohren die Rede (da gab es offenbar tatsächlich einen Unterschied); etwas, das heute schwer geahndet wird. Wobei ich finde, dass man es mit der political correctness in einigen Bereichen übertreibt. Ich bin nicht sicher, ob man Klassiker diesbezüglich generell unverändert lässt oder ob meine Edition doch schon etwas angestaubt ist - denn nebenbei: was wäre Schillers Mohr ohne seine Schuldigkeit getan zu haben? Mir würde nicht einmal das politisch korrekte Synonym einfallen...

Kurzum, der Erzählstil und Robinsons Verhalten wirken höchst befremdlich; zumindest jetzt noch. Ich bin gespannt, ob das Tempo beschaulicher wird, wenn Robinson auf seiner Insel festsitzt. Auf jeden Fall hat der Roman schon jetzt ein besonderes Flair, das vor allem geschichtlich nicht uninteressant ist. Man fragt sich unwillkürlich, ob der Mensch in drei Jahrhunderten zu gefühlig geworden ist und in früheren Zeiten eine gewisse Härte vonnöten war, um überleben zu können. Das soll nicht heißen, dass ich Robinsons / Defoes Anschauungen verstehe (besonders der unfaire Löwenkampf hat mich empört), doch da mich die Geschichte bisher sehr an Errol Flynns Jugendjahre in seiner Biografie von 1959 erinnert, versuche ich, urteilsfrei zu lesen, ohne mir den Spaß an der unbestreitbar abenteuerlichen und originellen Geschichte nehmen zu lassen.


Heiko Brown / Pixabay

Auf jeden Fall bleibe ich dran. Vielleicht lernt Robinson ja noch von Freitag, dass die Hautfarbe nichts mit Hilfsbereitschaft und Respekt zu tun hat. Das ist sogar sehr wahrscheinlich und das Vorhersehbarste, sieht man davon ab, dass Robinson am Ende doch noch gerettet wird. Ganz wie seine reale Inspiration, der Seemann Alexander Selkirk, der zwar aufgrund von Streitigkeiten auf eine Insel verbannt, aber von dem berüchtigten Piratenkapitän Woode Rogers nach vier Jahren auf derselben 1709 gefunden und zur Zivilisation zurückgeführt wurde.


Mittwoch, 20. Mai 2020

Fazit zu "Die Nebel von Avalon" von Marion Zimmer Bradley

Puh, endlich geschafft! Ich habe das Buch nun nach Wochen zu Ende gelesen und möchte meine eher schlechte Bewertung gern begründen. Wie bereits gesagt, war das Thema nicht so meins, obwohl es sich immerhin um König Artus dreht. Der kam mir allerdings zu kurz im Schatten seiner machtvollen weiblichen Verwandtschaft, ebenso wie die Tafelritter nicht viel mehr als Staffage sind - meist simpel gestrickt obendrein. Lancelot hat als einziger noch ein wenig Potential, doch aus der Interpretation, er sei in Artus verliebt und daher in Gwenhywfar, die diesem nahe ist wie keiner sonst, hätte man m. M. nach mehr herausholen können, ohne sich in verbrämten Andeutungen zu ergehen... das wäre ein Plot gewesen, der mich interessiert hätte. Überhaupt, vieles, was beschrieben und erzählt wird, hätte man auf weniger Seiten abhandeln können. Oft habe ich mich gefragt, ob die Autorin sich zum Ziel gesetzt hat, über 1000 Seiten zu schreiben und daher in Details abschweift, die sich als nicht handlungsrelevant erweisen (uff, jetzt bin ich aber streng...).


Valiphotos /Pixabay


Aufgrund der ständig erwähnten Ähnlichkeit zwischen Lancelot und Mordred, die auch jeder Figur im Buch auffällt, hatte ich im letzten Drittel  noch auf einen Überraschungsmoment am Schluss gehofft - vergeblich.

Na gut, es ging in erster Linie um die Frauen, die Mystikerinnen und Zauberinnen und ihr Glaube an die Fruchtbarkeit, Mutter Erde und die Reinkarnation bzw. den Kreislauf der Göttin. Und das war irgendwie der Knackpunkt, denn das war mir doch zu penetrant. Ich würde nicht sagen, dass der Roman männerfeindlich oder feministisch ist, aber stellenweise kam mir der Roman vor wie ein psychedelischer Trip in die Tiefen der für mich völlig verstaubten Esoterikkiste. Man merkt dem Roman dann doch an, in welcher Zeit er verfasst wurde. In den 1980ern war es, glaube ich, schicker noch als heute, an die Wiedergeburt zu glauben, die damals in der westlichen Hemisphäre als exotisch und weise aufkam. Und darum geht es in dieser Reihe hauptsächlich, von der ich den letzten Band gelesen habe, ohne es zu wissen.

Den letzten Teil von "Die Nebel von Avalon" fand ich konfus und das Ende irgendwie übereilt und wenig spektakulär - immerhin stehen sich Vater und Sohn im Kampf gegenüber; da fehlte mir die Dramatik, wenn ich auch froh war, dass keine ausgiebigen Schlachtszenen geschildert wurden wie in Cornwells Artus-Trilogie. Stattdessen Geschwurbel über Visionen und Gesichte, die auf dem Rücken von Figuren prickeln, die mich genauso kalt gelassen haben wie der verpuffte Showdown.

Schade, aber immerhin bin ich jetzt um einen Klassiker belesener...

Fazit: Zwar gut geschrieben, aber langatmig und für meinen Geschmack zu frauenlastig.

Bewertung: