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Montag, 7. Juni 2021

Filme in Zeiten von Corona (VIIII): "Johnny" (2010)

 Ok. Dieses Review wird schwierig. Denn erstens wollte ich den Film eigentlich nicht anschauen, weil er von einem an Leukämie sterbenden Kind handelt, zweitens erwies er sich als eine emotionale Tour de Force und drittens war er zu gut, um nicht darüber zu schreiben. Klingt sonderbar? Ist es irgendwie auch. Und trotzdem möchte ich ihn hier vorstellen in der Hoffnung, dass er viele (nicht nur gläubige) Zuschauer findet. Mich hat er berührt wie selten ein Film.



Inhalt: Der aufgeweckte und bibelfeste Johnny ist Waisenjunge, seit er denken kann. Vermitteln lässt er sich aufgrund seiner Krankheit nicht, obwohl er sich nichts sehnlicher wünscht als eine Familie. Statt aber mit seiner Situation zu hadern oder in Selbstmitleid zu versinken, findet er einen Sinn im Leben: Gott - davon ist er überzeugt - hat ihn, wie alle Menschen, für eine besondere Mission auserwählt. Er ist freundlich, pfiffig und liebevoll mit seinen Freunden und hat immer Zeit für sie. 

Als sich sein Zustand verschlechtert, überweist ihn sein Arzt Dr. Miller (Lee Majors) an den Kollegen und Freund Drew Carter (Mel Fair), der das Besondere an Johnny erkennt und die Gelegenheit sozusagen beim Schopf packt: Er könnte ihn mit nach Hause nehmen und seiner Frau (Musetta Vander) damit über den Verlust des eigenen Sohnes hinweghelfen, der bei einem Autounfall starb, an dem die Mutter beteiligt war. Meint er zumindest. Doch Julia ist voller Schuldgefühle und Verbitterung und wirft ihrem Mann Rohheit vor, will er doch anscheinend, dass Robbie ersetzt wird und die Eltern und die kleine Kayla (Aubyn Cole) mit einer weiteren familiären Tragödie fertigwerden müssen. Wird Johnny dennoch seine Aufgabe erfüllen können?




Meinung: Natürlich kann er. Klischee und Tränendrücker, sagen jetzt bestimmt einige. Und haben mit dem zweiten recht. Die Klischees werden verblüffend geschickt vermieden, was vor allem dem großartigen Jerry Phillips zu verdanken ist und den Worten, die ihm der Drehbuchautor in den Mund legt. Obwohl erst elf / zwölf Jahre alt, weiß Johnny, dass Gott ihn bedingungslos liebt und man nicht gut sein muss oder möglichst viele gute Taten tun, um Gott zu gefallen. Man muss ihn nur machen lassen, seine eigenen Talente nutzen, nach ihm fragen und ihn zum Kumpel haben. Das tut Johnny, und auf diese Weise erobert er seine Mitmenschen - selbst die, die ihn anfangs nicht mögen oder ihn in der Pause auf der neuen Schule zusammenschlagen. Als Johnny in der Klasse von Gott erzählt, applaudiert der Rowdy, der die Prügelei angezettelt hat und entschuldigt sich später bei ihm mit der Begründung, dass er es mutig findet, wenn jemand so vertraut über Gott spricht, was er noch nie zuvor gehört hätte. Johnny selbst nimmt die Entschuldigung gelassen an.

Ein Spruch, den Lee Majors seinem Kollegen Drew Carter mit auf den Weg gibt, hat mir gut gefallen: "Jesus ist ein Gentleman, Drew. Wenn du ihm nicht öffnest, kommt er nicht herein." Johnny ist offen für Jesus, zu dem er eine innige Beziehung hat - selbst inniger als die zu seiner neuen Familie, die ihn - Überraschung - letztlich doch komplett akzeptiert und adoptiert.

Geweint habe ich viel während des Films. Leicht anzusehen war er nicht, wirklich nicht. Es gibt eine Szene, in der Julia in Robbies Zimmer, das sie unverändert gelassen hat seit dessen Tod, Johnnys Football auf dem Schoß hält und sich mit ihm wiegt, während Johnny im Krankenhaus um sein Leben kämpft. Dieser Schlüsselmoment und auch der Brief der kleinen Schwester Kayla bringen mich jetzt noch fast zum Heulen. Damit möchte ich nicht sagen, dass zu dick aufgetragen wurde - ich fand den Film so wahr, dass es mir einfach mehrmals fast das Herz gebrochen hat. Und außerdem ist Johnny trotz seinem besonderen und tiefen Glauben ein Kind, das Spaß hat am Leben und auch Angst vorm Sterben, wenngleich er sicher ist, dass Jesus ihn abholt.

Gefehlt hat mir ein bisschen der herzliche Kontakt zur neuen Familie Carter. Abgesehen davon, dass Johnny mit Julia eine harte Nuss knacken muss, war eigentlich nur Kayla diejenige, die sich Zeit genommen hat für ihn. Oder aber die Filmdauer reichte nicht aus für entsprechende Szenen. Und wenn ich genau darüber nachdenke, war das vielleicht sogar beabsichtigt und kein Manko. 

 


 

Der Trailer wird dem Film nicht so ganz gerecht. Es lohnt sich, sich selbst ein Urteil zu bilden und "Johnny" anzusehen, der sehr ungewöhnlich wirkt und trotzdem authentisch. Ich werde es vermutlich nicht mehr tun, dazu war er emotional zu anstrengend, aber lege ihn uneingeschränkt jedem ans Herz, der sich nicht berieseln, sondern anrühren lassen möchte von Johnny und seiner Sicht auf die Welt, die so schön wäre, wenn alle Menschen sich lieben und einander verzeihen würden wie von Gott gedacht.


Bewertung: 💫💫💫💫💫

 

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