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Dienstag, 20. August 2013

Oma Dorle

Meine Oma mütterlicherseits hat heute Todestag. Sie ist nicht alt geworden - gerade mal Anfang 60, und schon länger nicht mehr da als mein halbes Leben. Und trotzdem habe ich noch lebhafte und gute und schöne Erinnerungen an sie - in den letzten Jahren leider nicht mehr, als sie schon von ihrer Krankheit, Schmerzen und Medikamenten gezeichnet war. Leider habe ich sie dann auch nicht mehr häufig besucht; etwas, das mir heute ein bisschen wehtut.

 

Oma macht Party

 

 Ich habe sie gern in Erinnerung, wie sie vorher war: Warm und weich und nach Kernseife duftend und so richtig zum Anlehnen und Reinfallen-lassen, wenn man Kummer oder sich das Knie aufgeschrammt hatte. Zu meiner Zeit waren das die Omas noch, weich und altmodisch, mit Kittelschürze und Brille und gern auch mit mehr auf den Rippen als notwendig. Ich komme mir gerade richtig alt vor, wenn ich bedenke, wie die Großmütter heute aussehen - wenn sie sich überhaupt "Oma" nennen lassen.

Nicht nur im Aussehen war meine Oma Dorle eine Wolke. Als gelernte Hauswirtschafterin war sie unübertroffen und gnadenlos perfekt im Handarbeiten, Putzen, Kochen, Backen und Ordnung halten. Ihre Mittwochvormittage, in denen sie bei uns zuhause mein Zimmer blitzblank geputzt hat, waren immer heiß ersehnt von mir.^^  Wenn ich von der Schule kam, wusste ich schon in wohliger Vorfreude, dass ich mal wieder eine ganz neues Raumgefühl erleben würde. Auch, wenn ich mittlerweile weiß, dass meine Mama häufig darunter gelitten hat, ihren Gutsherrenanforderungen nicht gerecht geworden zu sein.

Von ihrer Kochkunst und der Küche will ich gar nicht reden, und tu' es jetzt doch: ihre selbstgeschabten Spätzle und der Sauerbraten mit Endiviensalat (mit Vorliebe von uns in die Bratensoße getunkt) lassen mir heute noch das Wasser im Mund zusammenlaufen. Bei Familienfeiern musste dieses Gericht unbedingt auf den Tisch. Speziell für mich hat sie öfter Griesknöpflen gebacken, weil das nicht jeder mochte - und auch daran denke ich mit Wehmut. Weil, egal, woher man das Rezept bekommt oder wer es zubereitet: so wie bei Oma schmeckt's nie mehr.

 

Sauerbraten und Spätzle à la Oma

 

 Schade, dass ich beide Omas recht früh verloren habe. Vor kurzem starb die Mutter meiner angeheirateten Tante mit 91 Jahren, die für mich irgendwie ein kleiner Oma-Ersatz war. Wir haben uns nicht oft gesehen, aber sie war so nett, gewitzt, unternehmungslustig und fit bis ins hohe Alter, und zudem so, wie ich mir eine Oma vorstelle. Irgendwie ein bisschen traurig, dass es die Kittelschürzen-Generation wohl bald nicht mehr geben wird.


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