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Montag, 17. April 2023

Oskar der Familienvater ~ Cefischer

Einige meiner Kinder-und Jugendbücher sind wahre Schätze und werden sorgfältig aufbewahrt. In die wenigsten schaue ich noch hinein geschweige denn lese sie durch, doch Oskar möchte ich an dieser Stelle einfach mal einen Artikel widmen. Geschenkt bekam ich ihn, weil wir damals einen Kater desselben Namens hatten, unser erster. Zwar war er schwarz und nicht gestreift wie der Buchheld, doch eine Familie hatte er zeitweise auch, die im Hasenstall in der Garage genächtigt hat. Eigentlich Oskars Schlafplatz, wenn das Wetter schlecht war. Da hat er ganz schön dumm aus dem Fell geguckt. Ähnlich wie Cefischers Kater, der häufig aber auch ganz schön gewitzt war. Vor allem, wenn es ums (Achtung Triggerwarnung!) Trinken, Rauchen und Spielen ging. Oder um die konventionelle Kindererziehung zu umgehen. Ich habe es geliebt!

 


 Oskar hat eine fünfköpfige Kinderschar und eine rassige Kätzin zur Frau ("Mutti"), der er treu ist, selbst wenn er gern mal einer anderen hinterherschaut. Aber immer sehr subtil und so, dass die Gattin nichts davon merkt. Ähnlich verhält es sich mit seinen anderen Lastern, denen er frönt, wenn sie nicht zugegen ist bzw. er glaubt, davonzukommen. Umgekehrt ist aber auch die Kätzin mit allen Wassern gewaschen, und nicht selten tappt er beduselt in eine ihrer (raffiniert weiblichen) Fallen. Denn das Rasseweib nimmt zwar das Familienleben sehr ernst, ist aber durchaus emanzipiert. Die Erziehung und Freizeitgestaltung der fünf Racker wird ebenbürtig aufgeteilt. Kein Wunder, dass Oskar da schnell überfordert ist... doch bei allen Querelen ist er ein gutmütiger und gerechter, manchmal etwas begriffsstutziger Vater, der viel mit seinen frechen Kindern unternimmt. Und sich sogar einen Hund kauft.

Ich habe immer viel über die liebevoll gezeichneten Comicstrips gelacht, die in den 1950er Jahren bis in die 1960er in der Frankfurter Illustrierten erschienen sind. Ein bisschen erinnert mich Oskar auch an meinen Opa Karl, der zwar kein Casanova war wie Oskar, aber auch gern geraucht hat und draußen noch meist einen Hut trug (wie Oskar). Außerdem liebte er Katzen. Ich glaube, das Buch hätte ihm gefallen, wenn er es gekannt hätte.

 


Ich jedenfalls konnte Stunden mit Oskar zubringen und über seine Streiche und Einfälle lachen. Das Buch kam häufig mit in den Urlaub, weil ich nicht einmal in der Fremde auf Oskar verzichten wollte. Und irgendwie hatte ich laut meiner Kinderlogik dann ja auch unseren Kater mit dabei, der daheim blieb. 

Politisch korrekt ist der gewitzte Familienkater Oskar schon lange nicht mehr - allein die bereits erwähnten Eigenschaften, ein unverbrämter Chauvinismus und die fragwürdige Kindererziehung sorgen dafür, dass seine Alltagsgeschichten trotz seiner damaligen Beliebtheit nicht mehr aufgelegt werden und vermutlich nur noch antiquarisch erhältlich sind. Oder zu fast unerschwinglichen Preisen.

 Was ihn mir auch besonders lieb macht, sind die ausdrucksstarken und ansprechend rundlichen Zeichnungen mit sparsamer Farbgebung (da Zeitungen damals vorwiegend schwarzweiß gedruckt wurden), die Carl Ernst Fischer / Cefischer mit dem Mund malte, nachdem er bei einem Bombenangriff 1944 beide Arme verloren hatte. Mit Oskar hat er sich einen Alter Ego erschaffen, der so liebenswert ist, dass ich es schade finde, sein Werk in Vergessenheit geraten zu lassen. Daher lege ich das Buch jedem Katzen- und Retrofan ans Herz.

 


Wie gesagt, für mich ist dieses Buch ein Schatz. Ich habe die unten verlinkte Sonderausgabe von Bertelsmann, doch wer sich schlau macht, findet im Internet noch einige Perlen und Abenteuer des allzu menschlichen Katzenkaters.




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