Translate

Mittwoch, 5. April 2023

Rezension "Lancelot" ~ Giles Kristian

 Inhalt: Lancelot vom See, allgemein anerkannter Lieblingsritter der Tafelrunde und somit Intimus von König Artus, erzählt von seinem Leben. Als Achtjähriger muss er mit seiner Familie und seinem Gefolge aus Aremorica fliehen. Auf der Flucht nach Britannien verliert er bei einem unappetitlich blutigen Festmahl heimtückisch Eltern und Bruder. Nur ein ihm anvertrautes, aber störrisches Sperberweibchen bleibt ihm, das später während seines Aufenthaltes auf der Insel Karrak Loos yn Koos, auf der er die Kriegskunst erlernt, ebenfalls getötet wird und späte Rache erfährt. 

 


 Lancelot rettet Guinevere vorm Ertrinken, die wie er einige Jahre auf der Insel der Herrin vom See verbringt. Obwohl sie beide noch Kinder sind, verlieben sie sich. Als Guinevere um ein Haar von einem Krieger vergewaltigt wird, rettet sie Lancelot abermals und schlüpft zu ihr ins Bett. Einziger (makabrer) Zeuge der leidenschaftlichen Vereinigung wird der gerade erst kaltgestellte Krieger, der wenig später von Lancelot im Fluss "entsorgt" wird. Der jugendlichen Liebe ist das Glück nicht hold: mit siebzehn muss Guinevere fort, um an einen Edelmann verheiratet zu werden. Außerdem hat der Druide Merlin eine andere Aufgabe für sowohl Guinevere als auch den drei Jahre jüngeren Lancelot.

Nach Jahren, in denen sich der junge Krieger die Sporen bei Fürst Artus verdient hat und zu seinem engsten Vertrauten geworden ist, lässt Artus seine Frau nach Camelot kommen. Der versierte Artus-Kenner ahnt, wer das ist.

Überhaupt macht der Großkönig in spe plötzlich ziemlich in Familie, denn auch Mordred taucht auf, der "verlorene Sohn." Doch bevor es zur modernen Patchwork-Reunion kommt, muss Artus die einfallenden Sachsen bekämpfen und in den Krieg ziehen. Obwohl Lancelot sich im Kampf bewährt, schickt ihn Artus über den Kanal nach Gallien, um dort ein Eidversprechen einzulösen, das er als junger Mann dem dortigen König gegeben hat. Und um ihn von Guinevere fernzuhalten. Dennoch kann Lancelot sie nicht vergessen. Da spinnt Mordred eine Intrige... und es wird nicht die letzte sein.

 

La belle dame sans merci / Sir Frank Dicksee

 

Meinung: Ich habe schon zu viele Interpretationen des König Artus-Mythos gelesen, um diesen Roman als wirklich gelungen zu betrachten. Sprachlich ausgefeilt und oft auch ein wenig blumig, machte er es mir anfangs nicht leicht, in die Geschichte hineinzufinden. Auch die kursiv geschriebenen Abschnitte waren verwirrend, bis ich begriff, dass es sich um sogenannte "Seelenreisen" handelt, eine Gabe, die Guinevere eigen ist und von Merlin gefördert wird - sehr zu Lancelots Verdruss.

Okay, keine Arthus-Mystik ohne Artus-Schlachten. Leider - wie in so vielen Tafelritterromanen aus männlicher Feder - omnipräsent und sozusagen ekelerregend ausführlich. Abgeschlagene Köpfe schwirren durch gefühlt die Hälfte der über achthundert Seiten, Bäuche werden aufgeschlitzt, und viele tausend blutverschmierte Klingen landen in entsetzt geöffneten Sachsenrachen. Es nahm daher nicht weiter wunder, im Nachwort zu erfahren, dass die Trilogie von Bernard Cornwell die große Inspiration von Giles Kristians "Lancelot" war. Hätte ich das vorher gewusst, hätte ich das Buch wahrscheinlich nicht gelesen. 

Allerdings hat es durchaus seine Momente. Der ergreifendste war für mich Lancelots Sperberin, von der ich bereits berichtet habe. Gefallen hat mir, dass Lancelot von Kindesbeinen an nur ein Mädchen bzw. eine Frau geliebt hat, selbst wenn Artus dafür recht blass geblieben ist. Ein bisschen hoffe ich ja immer auf eine deftige Bromance zwischen den beiden, aber dafür müsste ich wohl selbst zur Feder greifen / in die Tasten hauen.

 

Bewertung: 💫💫💫 und ein halber 💫



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen