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Sonntag, 19. März 2023

Ein Unterschied zwischen Autorinnen und Autoren am Beispiel von König Artus

  Seit längerem habe ich nichts mehr über König Artus gelesen, wobei mich das Thema nach wie vor interessiert. Wie schön, dass es auch bei Autoren und Autorinnen nie alt wird. Die Legende lebt, möchte man sagen. Allerdings merke ich nach der Lektüre diverser Artus-Romane, dass ich die Geschichten aus weiblicher Feder bevorzuge. Es mag ein Klischee sein, das sich an dieser Stelle als keines erweist: Männer legen mehr Wert auf den *historischen* Artus, der unzählige Schlachten gekämpft haben soll, während Frauen sich mehr mit der Mystik und dem Unerklärlichen bzw. dem Erlösertum des Pendragon befassen, der ja sein Volk mit (Edel-)Mut, Klugheit und Tatkraft von den Römern respektive den Sachsen befreit hat. 

Was mir eindeutig eher liegt, obwohl ich ansonsten tatsächlich (unbewusst) mehr Bücher von Männern lese. 

 

rottonara / Pixabay

 

 Erneut ist es mir bei meiner aktuellen Lektüre von "Lancelot" aufgefallen, dass Männer irgendwie das primitive Kriegerische als faszinierend und erwähnenswert in allen erdenklich scheußlichen Details betrachten. Und darauf könnte ich gut und gern verzichten. 

Die Idee, Lancelots Lebenslauf aus dessen Sicht zu schildern, finde ich eine gelungene Idee, wenn sie auch gewiss nicht neu ist. Aber doch so publikumswirksam, dass der Autor Giles Kristian es damit auf die Bestsellerlisten geschafft hat, ebenso wie der Kollege Bernard Cornwell mit seiner Artus-Trilogie Jahre zuvor. 

Und ebenso wie Mr. Cornwell ergeht und ergötzt sich der Autor an ermüdenden Details (die entbehrungsreiche Flucht von König Ban und seinem Volk aus Benoic zum Bettelkönig am Rand der heutigen Normandie dauert über siebzig Seiten) und verstörenden Tötungsszenen; die für meine Begriffe brutalste am Festbankett des vermeintlich wohlwollenden Gastgebers. Natürlich war das Leben als Ritter und mittelalterlicher Herrscher kein Honigschlecken, doch ganz so krass muss man die Auslöschung von Lancelots Familie und Entourage nicht beschreiben. Da hätte man ruhig ein wenig subtiler vorgehen können, zumal ich in letzter Zeit wieder angefangen habe, kurz vor dem Schlafen ein paar Seiten zu lesen... Gottseidank sind mir die Charaktere allesamt bisher wenig sympathisch und hinterlassen keinen allzu großen Eindruck, so dass ich trotz der grausigen Ereignisse auf Aremorica relativ gut durch die Nacht gekommen bin. Trotzdem weiß ich bisher nicht so recht, was ich von dem Buch halten soll und ob ich es schaffe, eine Rezension dazu zu schreiben.

 Schon der Einstieg war zäh. Einem Prolog, der bis jetzt immer noch rätselhaft und komisch wirkt und der aufgrund der verkünstelt-verschwurbelten Sätze anstrengend zu lesen ist, bin ich nur ungern gefolgt. Allmählich wird es etwas besser mit den bemühten Stilblüten, die wahrscheinlich als literarisch wertvoll gelten, mich jedoch teilweise den letzten Nerv gekostet und meinen Lesefluss empfindlich unterbrochen haben.


RoySnyder / Pixabay


Allerdings weiß ich jetzt immerhin, warum man Artus' Liebling der Tafelrunde "Lancelot vom See" nannte. Das ging bisher an mir vorbei, oder ich habe es wieder vergessen. Mein Liebligsritter ist nämlich Gillian Bradshaws Gawain und nicht Lancelot. Ihre Version der Artus-Sage hat mir am besten von allen gefallen. Wenig blutrünstig und vor allem emotional und hoffnungsvoll beschreibt sie Artus' Kampf gegen die bösen Mächte, vergisst dabei aber nicht das Zwischenmenschliche und Abenteuerliche, das dieses urbritische Thema auszeichnet. Klar, es ist ein Jugendbuch und schon deshalb weniger gewalttätig als die Werke der männlichen Kollegen. Auch die weiteren von mir gelesenen und für gut befundenen Artusbücher sind für jugendliche Leser gedacht. Und dennoch scheint es, dass sich männliche Autoren hauptsächlich deshalb mit Artus befassen, weil sie sich genüsslich ins Schlachtengetümmel stürzen können. Das finde ich sehr schade. Denn ich bin niemand, die sich gern auf Rollenklischees versteift  und "Typisch Mann!" sagt. Ich hätte auch nichts gegen einen sensiblen Artus-Biografen. Oder eine etwas härtere -Biografin. Das würde ich vermutlich aber nicht lesen wollen, Autorin hin oder her. Denn ein Klischee über mich ist, dass ich zartbesaitet bin. Ich lese seit einiger Zeit keine Thriller mehr, und was an Mord und Totschlag so toll sein soll, entgeht mir komplett. Wahrscheinlich ist das der Grund, weshalb ich momentan lieber zu Kinder- und Jugendbüchern greife.


Ritterschach / Christine Wirth

 

Allerdings - allzu mystisch und realitätsfern sollte die Artus-Sage auch nicht sein. Ein extremes Beispiel dafür ist die Avalon-Reihe von Marion Zimmer Bradley, mit der ich mich echt rumgeschlagen habe. 

Ohne Skrupel kann man das zentnerschwere Werk als semi-feministische Esoteriklektüre bezeichnen, die zur Entstehungszeit der 1970 / 80er in Mode war. Konfus geht's da zu, Hexen treiben ihr (Un)wesen und traditionelle Werte sind irgendwie für Spießer und die Männer allesamt Idioten. Außerdem lockt die Reinkarnation als Erdengöttin. Oder so ähnlich. Den Inhalt habe ich komplett vergessen, was auch kein Verlust ist. Eine solch rücksichtslose Schwarzweißmalerei müsste in der heutigen Zeit eigentlich als spießig und angestaubt gelten, auch für Feministen. Dennoch - "Die Nebel von Avalon" haben sich zum Klassiker gemausert und erfreuen sich anscheinend heute noch einer großen Fangemeinde.

Jedenfalls liebe ich persönlich meinen Artus charismatisch, zielstrebig und gerecht und vorurteilsfrei. Vielleicht liegt es auch daran, dass Gillian Bradshaws Trilogie meine erste Berührung mit der Artussage war. Lesetechnisch. Und das war definitiv ein Vergnügen der besonderen Art. 

Es soll übrigens auch männliche Autoren geben, die Frauenliteratur bzw- Liebesromane schreiben, nach dem Vorbild von Nicholas Sparks. Da das überhaupt nicht mein Genre ist, kann ich nicht beurteilen, ob es da weniger handfest zur Sache geht als in Abenteuerromanen.

 



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