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Montag, 27. März 2023

Der dritte Mann (1949) ~ Klassiker des film noir mit Orson Welles

 Sicherlich gibt es viele Reviews zum dritten Mann - und vermutlich bessere als meines es werden wird, habe ich den Verlauf der Handlung doch nicht allzu konzentriert mitverfolgt. Trotzdem hat mich der Film beeindruckt, vielleicht sogar wider Willen, da ich häufig der Meinung bin, dass Klassiker in Film und Literatur überbewertet sind. Dieser hier hat mich weniger aufgrund der damals technischen Specialeffects wie der expressionistischen Kameraperspektiven und dem Showdown durch die Wiener Kanalisation fasziniert, sondern vielmehr aufgrund der Handlung (Harry Lime / Orson Welles ist Schwarzmarkthändler mit verheerenden Folgen), der unaufgeregten Erzählweise und dem atmosphärischen und authentischen Nachkriegs-Wien, das zu jener Zeit abwechselnd von den vier Siegermächten verwaltet wurde. 

Ziemlich raffiniert ist der dritte Mann obendrein, und dennoch irgendwie simpel. Das muss Graham Greene respektive Carol Reed erst mal einer nachmachen.


Bildquelle: Amazon


Bemerkenswert ist natürlich auch die Eingangsmusik von Anton Karas, der die gesamte Musik für den Film komponiert hat, obwohl er nur in einer Gaststätte spielte, in der Regisseur Carol Reed ihn sozusagen entdeckte und unsterblich machte mit der unverwechselbaren Zithermusik.

Handlung: Der Groschenroman-Autor Holly Martins (Joseph Cotton) ist finanziell am Ende. Durch einen Brief seines Jugendfreundes Harry Lime (Orson Welles), in dem dieser ihm einen lukrativen Job verspricht, reist er von den USA nach Wien, um dort unterrichtet zu werden, dass Harry kurz vor seiner Ankunft einen tödlichen Verkehrsunfall hatte. 

Auf der Beerdigung erzählt ihm der britische Major Calloway (Trevor Howard), dass Harry in üble Geschäfte verwickelt und sein Tod das Beste für alle gewesen sei. Martins ist entsetzt und bezichtigt den Major der Verleumdung. Doch der mysteriöse Tod des Freundes, bei dem ausschließlich dessen Bekannte anwesend waren, lässt ihn nicht los, und so beginnt er, auf eigene Faust Recherchen zu Harrys Ableben anzustellen. Dabei gerät er immer tiefer in die skrupellose Wiener Unterwelt der Nachkriegsjahre und sieht sich bald selbst als Teil in einer unmenschlichen Maschinerie, die unaufhaltsam über ihn hinwegrollt. Und wer ist der dritte Mann, der half, Harry Lime von der Straße zu tragen, nachdem er verunfallt war?

Zu allem Überfluss verliebt sich der verdruckste Martins auch noch in Harrys Ex-Freundin, der Schauspielerin Anna Schmidt (Alida Valli), und es geschieht ein Mord am Portier, bei dem Martins nur knapp seine Unschuld beweisen kann. 

Major Calloway verpflichtet ihn als sein "Chefspitzel". Längst scheint Harry Lime nicht mehr so unbescholten zu sein, wie Martins ihn aus vergangenen Tagen kannte. Er erfährt, dass Harry Schiebergeschäfte mit verschnittenen Medikamenten machte, die bei Kranken und Patienten im Spital zu schweren bleibenden Schäden oder zum Tod geführt haben. Entschlossen, dem ein Ende zu setzen, willigt Martins in die Suche nach Harry ein, als nach einer Exhuminierung des Grabes feststeht, dass nicht Harry, sondern ein früherer Informant des Majors dort seine letzte Ruhe gefunden hat.


Kuckucksuhr? Nee du, das ist 'ne Knarre...


Meinung: Beim Bewerten und Anschauen von Klassikern versuche ich immer zu ergründen, was den Klassiker zu einem solchen gemacht hat. Natürlich wurde eingangs schon von der innovativen Kameratechnik, der damals wagemutig gefilmten Verfolgungsjagd und den expressionistischen Bildern geredet. Hinzu kommt eine vielzitierte Rede über Kuckucksuhren aus der Schweiz (!!!), die Orson Welles hält, als Joseph Cotton ihn stellt und die verdeutlichen soll, dass Großes nur aus Kriegen und schlechten Zeiten hervorgehen kann. Wahrscheinlich hat er da gar nicht mal so unrecht, der gute Orson. Und trotzdem wünscht man sich, alle Länder wären wie die Schweiz (auch wenn es dort keine Kuckucksuhrmacher gab - die kommen ursprünglich aus dem Schwarzwald). Was genau den Film zu einem Meilenstein der Filmgeschichte macht, kann ich nicht sagen. Das ist aber auch gar nicht nötig, denn er gab Stoff zum Nachdenken und anschließenden Diskutieren, vielleicht sogar ein wenig Philosophieren.

Alles in allem habe ich mich gut unterhalten gefühlt. Es gab keine überdurchschnittlich dramatischen Momente - was ich als sehr wohltuend empfand - und dennoch blieb die Geschichte spannend und durchdacht.

Und last but not least hieß der Major wie mein Romanheld Mickey in "Affettuoso" und "Camera Obscura", das war ein weiterer Pluspunkt. Wenngleich ich meine, dass ich mir den Namen wohl aus dem großen Gatsby entliehen habe. Noch so ein Klassiker...


Bewertung: Vier von fünf Penicillinspritzen 💫💫💫💫


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