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Donnerstag, 9. Januar 2014

Der Medicus. Mittelalter-Melodram (milde Spoiler)

Gute Vorsätze habe ich für das neue Jahr nur solche gefasst, die mir wortwörtlich gut tun. Das heißt, ich möchte mich nicht einschränken oder bestrafen, indem ich verzichte, sondern ich möchte gewinnen. In jeder Beziehung. Darum war einer meiner ersten Vorsätze, wieder öfter ins Kino zu gehen.

Einen Gefallen habe ich mir mit meinem ersten Leinwand-Film des Jahres 2014 nicht getan. "Der Medicus" besticht vielleicht mit internationalen Namen wie Ben Kingsley (eigentlich immer ein Garant für anspruchsvolle Unterhaltung) und großäugig blickenden Jünglingen, aber mehr hat er nicht zu bieten. Erstaunlich, wie lang zweieinhalb Stunden sein können, wenn man das Ende selbiger herbeisehnt.

Ich muss erwähnen, dass ich den Bestseller von Noah Gordon nicht kenne (ich Kulturbanause!), und das war vielleicht sogar noch mein Glück, denn sonst hätte ich mich unnötig im Sessel gewunden und meine Stuhlreihen-Nachbarn mit verächtlichen oder empörten Kommentaren genervt. Nicht einmal die Bilder haben mich beeindrucken können, von der zerfahrenen Story und dem nicht vorhandenen Plot ganz zu schweigen.  Statt auf der Leinwand hätte ich mir "Der Medicus" eher als einen Fernseh -Zweiteiler à la "Pilgerin" und "Wanderhure" vorstellen können - das hätte meinen Geldbeutel geschont und mich vor gähnender Langeweile bewahrt.




Von Charakterentwicklung oder ernsthafte Einblicke in die damals in Europa noch neuartige Medizin war nichts zu sehen und zu spüren, dafür zu viel von einem Gary Stu, wie er im Buche steht (Wundergabe, ungewöhnliche, aber der Wissenschaft dienliche Einfälle und Ideen und daher der Liebling des Hakims), während ein Klischee nach dem anderen herangezogen wurde, um die Beschwerlichkeit der Reise von England nach dem Orient zu betonen und die Unterschiede der Religionen.

Dass die jüdische Prinzessin aus dem Karawanenzug noch schwanger wird vom jugendlichen Held und ihr Retter und verabscheuter Ehemann der Pest zum Opfer fällt, war dann wirklich das Tüpfelchen auf dem I. Seifiger kann man einen Film kaum machen. Ich frage mich, ob im Buch das Ende genauso zuckrig und vorhersehbar ist. Rosamunde Pilcher im Mittelalter! Hilfe!

Die Schauspieler fand ich bis auf Sir Ben Kingsley wenig markant. Und irgendwie war dessen Schauspielkunst für den Schmarrn fast vergeudet. Der Hauptdarsteller Tom Payne war ja ganz nett anzusehen, aber das allein reicht eben nicht, um mich bei Stange zu halten. Es war deutlich zu merken, dass der Film zwar ambitioniert gedreht, aber der 850-seitigen Vorlage bei weitem nicht gerecht wurde. Als Autor hätte ich bei diesem Projekt mein Veto eingelegt. Aber vermutlich verkauft sich das über fünfzehn Jahre alte Buch jetzt wieder wie geschnitten Brot. Das ist dann ja auch was wert.

Bewertung:



Bildquelle: Pinterest


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