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Dienstag, 3. Oktober 2017

Die BBC-Serie "The Living and the Dead" ~ Grusel für Fortgeschrittene

An und für sich bin ich für Serien und Filme, in denen ich die Schauspieler nicht kenne oder nicht mag, nicht so sehr zu haben. Aber ich liebe Geschichten aus dem Viktorianischen, und wenn es dabei noch um Grusel und unheimliche Phänomene geht, ist mein Interesse unweigerlich geweckt. So auch bei "The Living and the Dead" mit Colin *Merlin* Morgan als Nathan Appleby und Charlotte Spencer als seine Frau Charlotte. Leider gibt es nur eine Staffel mit sechs Folgen, aber die hat es in sich!




Inhalt: Somerset, England, 1894: Der Psychologe und Farm-Neuling Nathan Appleby kehrt nach dem Tod seiner Mutter in das elterliche Anwesen Shepzoy zurück, um die dortige Landwirtschaft wieder aufleben zu lassen. Angestellte fürchten um ihren Job, doch er behält die Belegschaft komplett und sorgt mit seiner ehrgeizigen Frau dafür, dass sogar eine Eisenbahnstrecke nahe Shepzoy erschlossen wird. Es gibt Arbeit für alle, und die neuen Besitzer geben sich Mühe, zu lernen. Besonders Charlotte blüht als Gutsherrin auf. Doch mit der Familie Appleby zieht das Böse in die kleine Gemeinde. Das behaupten zumindest die Bewohner, und ganz von der Hand zu weisen ist ihre Befürchtung nicht. Unheimliche Dinge geschehen mit der Tochter des Reverends, die plötzlich von Geistern besessen zu sein scheint und in Absencen mit der Stimme von Nathans Sohn aus erster Ehe spricht. Der kleine Gabriel ertrank beim Spielen, als Nathan keine Zeit für ihn hatte. Seitdem plagen ihn Schuldgefühle und Vorwürfe.

Charlotte hofft, seiner Melancholie mit dem Ortswechsel ein Ende zu setzen, doch Nathan steigert sich immer mehr in die Vorstellung hinein, dass Gabriel ihm etwas sagen möchte und ihn sucht. Als er eine Zeichnung findet, die "einen Engel mit einem leuchtenden Buch" zeigt, ist er überzeugt, eine geheime Botschaft erhalten zu haben und begibt sich weiter auf Geistersuche. Tatsächlich erscheint ihm eine junge Frau mit einem Tablet aus dem Jahr 2016 (das Nathan 1894 natürlich nicht zu benennen wusste), die jedes Mal auf rätselhafte Weise verschwindet, sobald er mit ihr reden will. Nicht nur die jetzt schwangere und pragmatische Ehefrau leidet darunter; alte, morbide Geschichten kommen zutage, die sich in Shepzoy ereigneten und über die seinerzeit diskret das Mäntelchen des Schweigens gebreitet wurde. Die Ereignisse der Vergangenheit werden zur Gefahr für jeden der Bewohner, die nun um ihr Leben bangen oder gar zum Selbstmord getrieben werden. Das Dorf wendet sich gegen die Applebys, das Personal kündigt, und am Ende hat Nathan keinen größeren Wunsch, als wieder mit Gabriel vereint zu sein... aber ist das so einfach, wie es scheint?

Meinung: Beeindruckend atmosphärisches Setting, die passende schaurige Musik, schöne Bilder und wirklich tolle Darsteller in einer originellen und raffinierten Handlung haben mich zu einem Fan der kurzen, aber feinen und sorgfältig inszenierten Serie gemacht. Anfangs ist der Aufbau etwas gewöhnungsbedürftig, vor allem, wenn man bedenkt, wie rasant das Tempo einer Serie heute eigentlich ist, um die Zuschauer bei Laune zu halten. In Shepzoy drehen sich die Räder noch langsamer, und vielleicht ist das sogar beabsichtigt: das Personal steht Veränderungen und Fortschritt mit Misstrauen gegenüber; Charlotte, die fotografiert und Zugmaschinen einführt, daher unter Generalverdacht. Und irgendwann beginnt man zu verstehen, dass die Menschen damals in einer ähnlichen Situation des Umbruchs waren wie wir heute, in der die Technik den Ton angibt. Sozialkritisch ist "The Living and the Dead" also auch noch!





Besonders berührend fand ich die Episode mit dem Bergarbeiter-Buben Charlie, der von den roten Brüdern geholt wird, weil man ihn damals offenbar vergessen / er den Weg nicht gefunden hat. Teilweise konnte ich allerdings ein leichtes Unbehagen nicht abschütteln, etwa wenn Nathan mit einen Ouija-Brett hantiert oder die Pfarrerstochter Harriett hypnotisiert. Das war mir ein bisschen zu klischeehaft und letzteres außerdem zum Fremdschämen.

Die letzten beiden Folgen heben dann die Zeit vollständig auf. Erst war es merkwürdig, bis man die Zusammenhänge erkennt und einer dieser Aha!-Effekte einsetzt, die ich an Geschichten so sehr schätze. Wirklich eine super durchdachte Story, die man nicht nur zu Halloween anschauen kann.


Bewertung:


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