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Freitag, 27. Oktober 2017

Gut wa(h)r schön - Pariser Salonkunst in München

Ja, ich weiß... dieses Jahr habe ich die Bayernmetropole schon einmal unsicher gemacht. Und trotzdem musste ich gestern für einen Tag dort wieder mein Unwesen treiben. Der Grund war eine Ausstellung in der Kunsthalle, die mich brennend interessiert hat. Um ehrlich zu sein, war ein bestimmtes Exponat das Objekt meiner Begierde: der erschlagene Abel von Emile Feugère de Fort aus dem Jahr 1865. Etwas Schöneres habe ich in Marmor noch nie gesehen. Allerdings bisher nur auf Fotos. Und da er normalerweise im Musée d'Orsay in Paris steht (liegt), und ich schneller in München bin, entschlossen wir uns zu einem Kurztrip dorthin.


Ganz in Weiß...


Ein bisschen verrückt klingt es wohl schon: um 5.30 Uhr wurde der Wecker gestellt, und dann in der Kälte und bei Dunkelheit ohne Frühstück und Kaffee (!) das Haus verlassen, um den Zug zu erwischen. Flugs umsteigen in Mannheim in den EC Saarbrücken-Graz, und erst mal einen brühend heißen Styroporbecher-Kaffee schlürfen. Nachdem ich wirklich k.o. war ohne Kaffee, hat mir der sogar fast gemundet...

Nach ein paar Stunden Fahrt (mit Verspätung, natürlich) kamen wir in München an. Mittlerweile war ich ein bisschen wacher und auch ziemlich aufgeregt. Merkwürdig, aber ich habe mich wirklich gefühlt, als würde das Treffen mit einer berühmten Persönlichkeit anstehen. Apropos: da man in München selbigen alle naslang über den Weg läuft, ist mir tatsächlich der dunkelhaarige Antiquitätenhändler aus der Sendung "Bares für Rares" aufgefallen, der mit Handy am Ohr und auf seinen Gesprächspartner einredend an mir vorbeigehastet ist. Leider fällt mir jetzt sein Name nicht ein. Hoffentlich wollte er nicht einen Spottpreis für den guten Abel aushandeln... (O; Der hat übrigens den ganzen Raum überstrahlt, in dem er ausgestellt war. Ich muss gestehen, dass ich ein bisschen überwältigt war, ihn so nahe zu sehen. Obwohl ich ihn ja nicht selbst erschaffen habe, konnte ich auf einmal die Geschichte von Pygmalion und Galatea irgendwie nachempfinden. Etwas Feineres und Lebensechteres sucht in der Bildhauerei bestimmt seinesgleichen. Dabei ist der abgebildete Abel ja tot - the irony!


Perfektion vom Scheitel bis zum Zeh

Mit seinen immerhin stolzen 169 cm dominiert er den gesamten Raum und wurde von den erstaunlich vielen Besuchern doch ein wenig links liegengelassen. Auch den Museumsführern war er nur einen kleinen Nebensatz wert. Da traf es sich gut, dass wir beide mit Kameras bewaffnet über seinen Schönheitsschlaf gewacht haben. Die weiteren Räume wurden ebenfalls besichtigt, aber es trieb uns immer wieder magisch zur Skulptur, die wir am liebsten verpackt und mit nach Hause genommen hätten. Schade eigentlich, dass der Bildhauer mittlerweile wohl in Vergessenheit geraten ist. Allerdings hat er uns mit seinem Werk posthum superhappy gemacht!


Wie gern würd' ich ihn wachküssen... leider etwas unscharf.

Einmal München und zurück an einem Tag war ein bisschen anstrengend, hat sich aber alles in allem wirklich gelohnt. Zudem hatten wir richtig schönes Spätsommerwetter, so dass ich mir fast einen kleinen Sonnenbrand auf der Nase geholt habe, während wir auf unseren Chauffeur für den Rückweg gewartet haben.

Fazit: Die Ausstellung "Gut Wahr Schön" ist für den modernen Kunstkenner vielleicht ein wenig kitschig, und wenn ich ehrlich bin, fand ich die übrigen Exponate nicht so recht ansprechend, auch wenn ich nie verstanden habe, warum realistische Kunst und Historismus allgemein etwas verpönt sind / waren. Dennoch kann ich sie jedem empfehlen. Vielleicht lässt sich ja noch jemand von Abels Charme verzaubern, denn in echt ist er noch viel eindrucksvoller als auf den Fotos. Und wenn ich euch verrate, wie viele ich davon gemacht habe, erklärt ihr mich für komplett verrückt...


*Fair*well and adieu...


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