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Mittwoch, 5. Juni 2013

Sherlock vs. Holmes

Zur Zeit bin ich im Sherlock Holmes-Fieber, und das dank Benedict Cumberbatch und der BBC-Serie schon seit November 2012. Die Sonderedition mit allen Holmes-Geschichten von Sir Arthur Conan Doyle wartet noch darauf, gelesen zu werden, aber zum Glück gibt's ja auch handlichere Taschenbuchausgaben, an die ich mich nun gewagt habe - natürlich im englischen Original. Ich mag Sherlock Holmes und seine weisen Sprüche wie "To a great mind, nothing is little".

Er ist zuvorkommend, höflich, einfühlsam - aber auch manchmal fast kindisch, impertinent und von sich selbst so überzeugt, dass es schon mehr als Arroganz sein könnte. Oft geht er damit selbst dem phlegmatischen Watson auf die Nerven, der ihn eigentlich bewundert für seine außergewöhnlichen Fähigkeiten als Detektiv.

Gestern habe ich mir seit langem mal wieder eine der Uralt-Verfilmungen mit Basil Rathbone und Nigel Bruce zu Gemüte geführt, nämlich "The Hound of the Baskervilles" von 1939.

Basil Rathbone ist für mich einer der ganz Großen, und er wird es immer sein als Schurke und Errol Flynn-Gegenspieler in Filmen wie "Unter Piratenflagge" und "Robin Hood".

Als Sherlock Holmes - fast tut es mir leid, zu sagen - ist er m. M. nach charakterlich nicht so sehr geglückt. Angesichts der äußeren Erscheinung und der markanten "Adlernase" hätte Sir Arthur ganz bestimmt verzückt die Hände zusammengeschlagen, doch was Holmes' Art und Macken angeht, wirkt Mr. Rathbone zu brav und zu vornehm. Natürlich hat er damit der Figur Sherlock Holmes seinen Stempel aufgedrückt (auch diverse Nachfolger-Holmses wie Peter Cushing und Jeremy Brett schwimmen in Basils Fahrtwasser), doch der literarische Holmes kann auch mal völlig aus der Reihe tanzen und sich einen feuchten Kehricht scheren um viktorianische Konventionen.

Geprägt durch Sir Rathbones Bild in den Filmen fand ich es dann auch merkwürdig zu lesen, dass Sherlock Holmes während einer Kundenkonsultation ungeniert und demonstrativ den Klienten angähnt, um seine Langeweile zu betonen, oder dass er ungehemmt kichert, wenn ihn etwas amüsiert. Wie ein Spürhund auf alle viere geht und eifrig an Dingen schnüffelt, um eine Fährte aufzunehmen. Sieht man das Basil je tun? Verliert er je die Contenance?

Nicht, dass ich seine Verdienste als Sherlock Holmes schmälern möchte. Wirklich dran am Original ist er aber nicht. Von Nigel Bruce als cholerischem Sidekick Dr. Watson rede ich lieber nicht. Nicht missverstehen. Ich finde beide Schauspieler klasse, nur: Watson ist kein Typ, der so rasch in die Luft geht wie Mr. Bruce, der für solche Rollen offenbar prädestiniert war.

Da sind mir die beiden Herren aus der Serie doch näher dran an Sir Arthurs Hirngespinst und Nemesis. Martin Freeman, der den traumatisierten, zurückgekehrten Soldaten mit einer gewissen Leidensfähigkeit verkörpert, die ihn trotzdem nicht am Leben verzweifeln lässt, ist alles andere als ein Hitzkopf. Das ist auch gut so, denn dafür neigt Sherlock-Cumberbatch zu Schnellschüssen und Impulsivität, auf die Watson-Freeman ausgleichend einwirken kann (vorausgesetzt, er möchte es). Irgendwie sind da die Rollen genau vertauscht im Vergleich zu Rathbone / Bruce. Vielleicht hat man die beiden letzteren einfach nicht gegen den Strich besetzen wollen, zumal Sherlock Holmes als distinguierter Gentleman besser kommt als ein aufgeblasener Kindskopf. Schön, dass Benedict Cumberbatch beides sein darf... ich glaube, seine Ambivalenz macht gerade den Erfolg und den Reiz der Serie aus.




Was Robert Downey Jr. und Jude Law betrifft, kann ich mir kein Urteil erlauben; die Filme habe ich nicht komplett gesehen und es eigentlich auch nicht vor. Aber das Video ist köstlich! Und heute Abend schaue ich mir evtl. den nächsten Holmes-Oldie meiner etwas zu Unrecht verstaubten Collection an. Denn eines muss ich zugeben: Basils Morgenrock ist eleganter als Benedicts.^^



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