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Freitag, 11. November 2022

Hommage an unseren Laden "Bastel-Wirth" und "WIRTHs HAUS"

Seit fast zehn Jahren Nostalgie: das Verkäufercockpit unseres Bastel- und Modellbauladens (übrigens das erste am Ort mit EC-Zahlung anno 1990er). Im Sommer 2013 haben wir beschlossen, einen Schlussverkauf zu starten und im Winter desselben Jahres zu schließen. Es war eine gute Entscheidung in buchstäblich letzter Minute, denn verbessert hätte und hat sich die Situation nicht mehr; auch, wenn gelegentlich tatsächlich noch Leute kommen und nach Strohkränzen, Pinsel und Schmuckzubehör fragen.  

 

  

Trotzdem wird mir oft bewusst, wie gern ich den Laden geführt, neue Techniken im Bastelbereich ausprobiert und hauseigene Kurse nach auswärtigen Seminarbesuchen gegeben habe. Am Jahresende auf Kunsthandwerkermärkten ausgestellt habe und im Frühjahr durch Messen der Branche von Nürnberg (die Spielwarenmesse - ein Traum für das Kind in mir!) und München bis Frankfurt getigert bin, um neue Trends zu entdecken, die einem entweder gefielen oder man schlicht gruselig fand. Da musste man den eigenen Geschmack schon mal zugunsten der aktuellen Mode hintanstellen. Das Leben als Ladeninhaber ist ziemlich abwechslungsreich und häufig von Intuition geprägt. Was gefällt den Kunden, was eher nicht? 

 

Leider unscharf. Die Wirths mit Kater Knitz.

Heute kann man sich nicht mehr vorstellen, dass wir zu Hoch-Zeiten schon im Morgengrauen zum Großhändler gefahren sind und Ware eingekauft haben, weil sich die Kunden wie verrückt darauf gestürzt haben (wer erinnert sich an den Window Color-Boom und die Flechtschnur-Manie Scoubidou? Oder die kitschigen Fimobroschen und Bel Vetro?). War Window Color Kirschrot auch beim Großhändler ausverkauft, mussten wir uns eine glaubwürdige Strategie zurechtlegen, um die Kunden zu besänftigen. Ich glaube, in abgespeckter Form gibt es diese Basteltechnik noch immer, und immer noch sieht man vom Alter verblasste Motive an meist blinden Fenstern kleben.

Doch natürlich blieben Dauerbrenner wie Künstler- und Töpferbedarf ebenfalls im Programm - wir boten sogar einen Brennservice für Ton und einen Fixierdienst für Seidenmalerei an.


Ein Evergreen: Trockengestecke
 

Es war manchmal Stress, und später konnten wir als kleines Familienunternehmen dem Kundenanspruch und der Konkurrenz aus dem Internet nicht mehr gerecht werden, so dass auch der Spaß am Verkauf auf der Strecke blieb. 

Aber ich werde mich immer liebevoll an unser Lädchen erinnern, das im Lauf der Jahre viele Veränderungen erlebt hat und später ein Kleinod der Stadt war mit amerikanischem Patchwork, Tee und selbstgefertigten Geschenkideen und irgendwie nostalgisch englisch angehaucht. 


Frühe Aufnahme Mitte 1980er mit Schlachthaustor

  

Vielleicht waren wir in der falschen Stadt, wie viele meinten ("In Heidelberg wärt ihr der Hit!"), oder einfach unserer Zeit voraus, als wir begannen, den Laden umzustrukturieren. Das war Ende der 1990er und für einige Stammkunden nicht nachvollziehbar, die ihren alten "Bastel-Wirth" wiederhaben wollten, wo Holz- und Wattekügelchen in allen Größen einzeln verkauft wurden (bereits mit neunstelliger Nummer für die PC-Erfassung!).

 

Stempelgalerie mit Embossingzubehör

  

Dabei verschwanden die bewährten Artikel nicht einmal, sondern wurden um neue erweitert, wie z. B. die Motiv- und Schriftstempel aus den USA, die für Verblüffung gesorgt haben, wenn ich sie auf Ausstellungen oder vor Ort mit dem Prägeeffekt vorgeführt habe. Damals wurden Einladungskarten noch selbstgemacht - mehr Zeit als heute hatte man in der Regel nicht; man nahm sie sich und war stolz auf das entstandene Werk, das von den Beschenkten entsprechend gewürdigt wurde. Schade, dass sich die Freizeitbeschäftigung so sehr gewandelt hat und Hobbybastler und Selbermacher so etwas wie rosa Einhörner sind - schrecklich selten, nämlich.

 

Die Malabteilung


Immerhin führen wir weiterhin Mal-Workshops in unseren Räumlichkeiten, die auf eine bewegte Vergangenheit zurückblicken könnten, wenn sie ein Gedächtnis hätten... ich hätte gern ein paar mehr Fotos, die die Verwandlung dokumentieren.

Das Offene Atelier findet jeden Samstag statt, und es werden auch Basiskurse in bestimmten Techniken angeboten. 

Interessierte finden *hier* mehr Info. Wir freuen uns über jeden Neueinsteiger!

 

 

1 Kommentar:

  1. War wirklich eine abenteuerliche Sache, über viele Jahre hinweg der Treffpunkt für kreative Leute ...

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