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Samstag, 22. Januar 2022

Frauenarzt Dr. Sibelius (1962) ~ "Schmonzes" mit Starbesetzung

 Wie bereits angekündigt, habe ich mir ein paar Lex Barker-Filme auf DVD und BluRay gegönnt. Letztens war die Arthur Brauner-Produktion an der Reihe. In Schwarzweiß gedreht, mit damaligen Zugpferden wie Senta Berger (die immer noch flott untterwegs ist!), Barbara Rütting und dem Publikumsliebling Lex Barker in ungewohnter Rolle als Frauenarzt in tausend Nöten. Und irgendwie ist der Film gar nicht so piefig, wie man meinen sollte. Sogar nackte Brüste (!) sind in Senta Bergers Alptraumsequenz zu sehen.



Inhalt: Der angesehene Gynäkologe und Klinikchef Georg Sibelius ist beliebt bei seinen Patientinnen und geht in seiner Arbeit auf. Besonders seit seine junge Frau Elisabeth (Senta Berger) und er sich nichts mehr zu sagen haben. Elisabeth ist notorisch eifersüchtig und auch etwas neurotisch, seit sie und Georg ein Kind verloren haben und keine weitere haben können. 

Da tritt Elisabeths Freundin, die weitgereiste, emanzipierte Sabine Hellmann (Barbara Rütting) auf den Plan, ganz das Gegenteil der häuslichen und untätigen Elisabeth. Auch Georg und Sabine kennen sich, und die alte Liebe flammt wieder auf. Als Sabine unerwartet zu Georgs Patientin wird, spitzt sich die Lage zu. Nachdem Sabines Schwester auf Georgs Vorschlag hin zu den Eheleuten in die viel zu große Villa ins Gästezimmer zieht, argwöhnt Elisabeth zudem eine Affäre - mit Grund? Und als sei das nicht genug, bekommt Georg auch noch von einer minderjährigen hysterischen Patientin eine Vaterschaftsklage an den Hals...

Meinung: Es klingt ein bisschen nach Groschenroman, und wahrscheinlich ist es das auch. Dennoch genießt der Film bei Fans nicht zu Unrecht Kultstatus, wozu nicht nur das Ensemble beiträgt, das in den 1960ern sehr populär war, wie z.B. die Mutter von Götz George, Berta Drews, als Hauswirtschafterin, und Elisabeth Flickenschild als preußisch disziplinierte, zerstreute Schwiegermama.


Die biestige Gitte Hansen (links)


Für eine Überraschung gut ist der ansonsten eher stoische Lex Barker als blendender Halbgott in Weiß. Äußerlich definitiv für eine solche Rolle prädestiniert, gibt er trotz des in Bezug auf ihn klischeebeladenen Drehbuchs einen überzeugenden, von Zweifeln und Sorgen geplagten Doktor, der es allen (Frauen) recht machen will und dabei seine eigene Frau vernachlässigt, ohne es wirklich zu merken. Typisch Mann, halt. Vor allem in der Zeit, in der der Film spielt. Manchmal ist ihr Umgang miteinander recht grob, dann wieder um Aussöhnung bemüht, aber sie schaffen es nicht, sich gegenseitig zu verstehen. Wen wundert's, dass Elisabeth fast krank wird vor Eifersucht und daher von einem Fettnapf in den nächsten tritt, wenn ihr Mann keine Anstalten macht, ihr die Wahrheit zu sagen? Das hat mich ein wenig gestört, auch wenn klar ist, dass es aus dramaturgischen Gründen nicht möglich war. Oder dass Georg ohnehin nicht sicher ist, ob er und Elisabeth eine Zukunft haben.


Elisabeth hat's nicht leicht. Sabine auch nicht.

 Heute könnte man einen solchen Stoff auf die Art nicht mehr verfilmen, ohne die Feministen auf die Palme zu bringen, denn was sich Georg leistet, würde keine noch so geduldige Frau tolerieren. Oder sich wie Elisabeth in der Opferrolle gefallen. Allerdings springt sie am Ende über ihren Schatten, ohne wirklich Beweise zu haben. Was ein bisschen komisch war, doch sie ist wohl noch so verliebt, dass sie nicht hinterfragt - oder sie kennt Georg besser als der von Missgunst zerfressene Assistenzarzt Dr. Möllendorf (Harry Meyen), der sie telefonisch zu überzeugen versucht, dass an der Vaterschaftsklage etwas dran ist. 

Fazit: Trotz der nervigen musikalischen Krimi-Untermalung à la Edgar Wallace und den mitunter etwas melodramatisch-hysterischen Tönen der weiblichen Besetzung ein für die damalige Zeit progressiver und beinahe mutiger Film, in dem Lex Barker nicht den edelmütigen Helden spielt, der für jedes Problem eine Lösung aus dem Ärmel schüttelt, sondern zur Abwechslung innere Zerrissenheit und Gefühl zeigen darf.


Bewertung: 💫💫💫💫



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