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Dienstag, 11. Januar 2022

Der unterschätzte Entertainer Michael Schanze

   Deutschland hat nicht mehr viele - wenn überhaupt noch im klassischen Sinn -, doch vor ein paar Jahrzehnten gab es große Namen unter den Entertainern, die dieser Bezeichnung mehr als gerecht wurden. Allround-Talente wie Peter Alexander, Hans-Joachim Kuhlenkampff, Harald Juhnke und auch Rudi Carrell haben die Fernsehlandschaft geprägt und bereichert mit ihrer Kreativität und Vielseitigkeit. Einer wird hierbei fast vergessen und zu Unrecht oft als Sonnyboy belächelt: der im TV notorisch gutgelaunte Michael Schanze. 

 

 

Vor kurzem lief in der Serie "Lebenslinien" auf BR3 ein Bericht über Michael Schanze, der 1947 in Tutzing geboren wurde und im Alter von neun Jahren seinen Vater verlor, der ein Radioorchestra leitete und sich scheinbar ohne erkennbaren Grund das Leben nahm. Daraufhin wird die Familie getrennt, denn die berufstätige Mutter bringt sich und die zwei Buben nicht alleine durch. Michael kommt ins Internat, der kleine Bruder zu Pflegeeltern in München. Erst als Michael zwölf ist, stellt ein Lehrer fest, dass er sich nicht einleben kann und sich abkapselt. Der Lehrer schreibt einen besorgten Brief an die Mutter, die die Kinder wieder zu sich nimmt. Zuhause ist Michael "der Mann im Haus", und die drei werden unzertrennlich.

Entdeckt wird Michael Schanze durch seine unverwechselbar freundliche und sanfte Stimme zuerst fürs Radio, dann fürs Fernsehen, wo er moderieren und singen darf. Sein Privatleben ist mit Sport ausgefüllt; 1976 nimmt er sogar an einer Windsurferregatta auf den Bahamas teil und belegt den siebten Platz. 

Die Sportlichkeit und Körperbeherrschung haben mich sehr beeindruckt, ebenso seine Einfühlsamkeit und Liebe für Kinder. Aus seiner ersten Ehe gehen drei Söhne hervor, doch schon in den 1970er Jahren moderiert er die aus den USA stammende Kinder-Quizshow "Eins, Zwei oder Drei" mit dem Plopp - heute Kult! Ich hab' das übrigens leider nie geschafft, den Plopp. Obwohl wir es in den Pausen auf dem Schulhof immer geübt haben und manche echt gut waren. 

Danach folgen große Samstagabend-Shows, diesmal für die Erwachsenen oder die ganze Familie ( "Flitterabend" und "Nur keine Hemmungen!").

 



2003 hat der durchtrainierte und von Sport fast besessene Michael Schanze einen schweren Skiunfall. Und das war offenbar ein Wendepunkt in seinem Leben. Ob seine Ehe vorher schon geschieden wurde, war aus der Doku nicht ersichtlich, doch der Unfall hat auch physische Folgen. Der stets so schlanke Michael Schanze nimmt gewaltig zu - von dem sprichwörtlich jungen Hüpfer ist nichts mehr zu sehen. 

Ich fand das irgendwie traurig. Sein Bruder Christian meinte, man nähme nur den dicken Mann wahr und nicht das Drama und die Vorgeschichte der depressiven Familienangehörigen, die dahintersteckten, und bestimmt hat er recht. Dennoch wünscht man einem Menschen, der immer so sportlich und drahtig war, kein solches Schicksal. Innerlich ist er jedoch anscheinend immer noch fröhlich-beschwingter Optimist und hat im reifen Alter ins Charakterfach des Theaters gewechselt, wo ihm Rollen angeboten werden, an die für den jungen Michael Schanze nicht zu denken war. Außerdem spielt er nach wie vor gern Klavier, an dem er Kindermusicals komponiert. Insofern hat er "Glück im Unglück" gehabt, wie man so sagt. Und außerdem lebt er lieber in der Gegenwart als in der Vergangenheit. Chapeau!

 




Am 15. Januar wird Michael Schanze 75. Dazu von Herzen alles Gute und viele weitere glückliche Jahre einem Idol meiner Kindheit! 💗


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