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Freitag, 7. März 2025

Anderthalb Jahre nach Mama...

"Wie geht es euch eigentlich so ohne Elvira?" Das werden wir merkwürdigerweise nicht oft gefragt. Vielleicht weil man ahnt, dass es immer noch weh tut. Dass es vermutlich nie aufhören wird und wir sie vermissen. Jeden Tag. 

 

Happy Times im Sommer 2021

Es wird besser nach einem Jahr, hat man uns gesagt. Ich weiß nicht, ob das die Regel ist oder davon abhängt, wie eng und herzlich das Familienleben war. Unseres war gerade in den letzten Jahren durch die gemeinsamen Wanderungen und Corona sehr aufeinander abgestimmt. Das hatten wir schon während unserer "Bastel-Wirth"- Zeit perfektioniert, wenn dort auch eher auf beruflicher Basis. Doch auch in persönlichen Angelegenheiten konnten wir uns aufeinander verlassen und haben uns ergänzt. Dass es für Freunde und Bekannte schwer ist, darüber zu reden, ist darum verständlich. Es fehlt der kommunikative Teil, der Mittelpunkt, der Mama nun einmal war. Sie hat viel bewirkt durch ihre offene Art und dafür gesorgt, dass häufig Gäste im Haus waren, wenn auch in jüngster Zeit nicht mehr so sehr. Aber wie leer das Haus nun ohne sie geworden ist, schmerzt schon. Allerdings möchte ich nicht jammern, denn auch wir drei pflegen nun für unsere Verhältnisse intensiv Kontakte und gehen mehr raus, wenngleich wir dazu oft über unsere Schatten springen müssen (ach ja, der alte innere Schweinehund...).

 

Unterwegs im Herbst 2024

 

Aber es ist schön, Freunde zu haben. Menschen, die sich nach uns erkundigen und zum Kaffee kommen oder einfach mal anrufen. Papa hat über Facebook durch mein Buch "Shalom Mamele" eine nette Frau kennengelernt (nur freundschaftlich, versteht sich), und es tut ihm gut, mit ihr zu telefonieren - beinahe täglich. Da hat er Nicole und mich ziemlich überrascht. Aber es ist auch wichtig, sich mit jemandem im gleichen Alter auszutauschen. Nachdem es ihm körperlich in den letzten Monaten nicht gut ging, hat er nun mit einem Physioprogramm begonnen, das er diszipliniert durchzieht. Mittlerweile absolviert er sogar ein Workout an digital abgestimmten Geräten. Zweimal in der Woche geht er hin, was uns sehr stolz macht. Er merkt auch die Fortschritte und sagt, dass es ihm gut tut. Auf Anraten seiner Therapeutin zog sogar ein Hometrainer bei uns ein, auf den auch Nicole und ich uns gelegentlich schwingen. Durch das tägliche Kochen sind ein paar Pfunde zu viel auf den weiblichen Hüften, die wieder runter müssen. Papa dagegen sollte wieder etwas zunehmen. Aber ich glaube, da ist er auf einem guten Weg. Manchmal kommt er mir am stärksten von uns dreien vor, obwohl ich glaube, dass es - wie bei uns Töchtern - von Tag zu Tag wechselt. Heute war er beim Friseur. Auch das sind Kleinigkeiten, aber Schritte, für die wir dankbar sind. 

Nicole ist ebenfalls sehr tapfer. Sie sagt, Mama will nicht, dass wir in Trauer versinken und das Leben für uns nun keine Perspektive mehr bietet. Leider kommt es mir oft so vor. An die neue Situation wird sich wohl niemand von uns gewöhnen, aber man muss versuchen, damit zu leben und auch wieder Freude zuzulassen. Wenn es auch kleine Dinge sind.

 


 

Eines davon ist Roman, Mamas Römertopf. Ich würde am liebsten jeden Tag damit kochen, doch es ist recht zeitaufwendig, da er lange im Ofen stehen muss. Ich habe mich bereits an Kirschenplotzer rangewagt, von dem ich nicht wusste, dass es ihn auch als Auflauf gibt. Er hat allen geschmeckt, auch unserem Besuch. 

Schwierig für uns alle ist immer noch die Frage, warum und wie Mama gehen musste. Ich sagte gestern zu Nicole, dass es ihr so ungemäß war, sich nicht von uns zu verabschieden, kein Wort (oder nur wenige) mehr in den Wochen auf der hiesigen Intensivstation mit uns zu wechseln. Das ist mir immer noch rätselhaft. Ich merke dann, dass ich es nicht verarbeiten kann, den Schmerz und das Gefühl des Versagens, weil wir Mama ins Krankenhaus gebracht haben. Hätte Gott - wenn er sie nicht heilt - dann nicht wenigstens dafür sorgen können, dass sie dort nicht so würdelos behandelt wurde? Aus menschlicher Sicht wird es lange brauchen, bis ich damit klarkomme. Und ich hoffe, dass dieser Zeitpunkt nicht allzu fern ist. Oft tröste ich mich damit, dass sie das alles nicht mehr interessiert und sie jetzt ein Leben hat, von dem sie hier auf der Erde nur träumen konnte, obwohl sie so gern hier war. Doch das ändert leider nicht die Tatsache, dass ich mich mit unnötigen Fragen quäle. Nicht mehr so häufig wie zu Beginn, aber doch immer wieder. Und dann immer wieder in Tränen ausbreche. Wofür ich mich schäme. Denn ich weiß, Mama ist dann traurig. Zumindest würde sie es gern anders sehen. Ich glaube auch, dass sie sich über jedes echte Lachen von uns freut. Oder über Papas Tatkraft. Die Wohnung, die Nicole so schön gestaltet und putzt.

 

Mamas Segenswunsch für 2005

Eigentlich darf ich das gar nicht denken geschweige denn schreiben, aber ich sehne mich danach, in einer Welt zu sein, in der es Liebe und Frieden im Überfluss gibt. Da, wo Mama jetzt ist. Es ist merkwürdig, dass andere auf solche Eröffnungen oft ärgerlich bis geschockt reagieren. Ich finde, es ist ok, sich mit dem Ewigen Leben zu befassen. Wenn man es selten bis nie tut, wird man so kalt überrascht wie wir vor anderthalb Jahren. Aber wer sich vorbereitet auf ein sorgenfreies und glückliches Dasein mit Gott in der Ewigkeit - ohne es herbeizuführen, natürlich - der hat doch einen Halt, wenn alles um einen herum aus den Fugen ist.

 



 



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