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Freitag, 31. Oktober 2014

Start der Leserunde "Haus der Geister" von John Boyne

Vor knapp zehn Tagen schrieb mich eine liebe Online-Freundin an, um mich zu fragen, ob ich Lust hätte, mal wieder gemeinsam ein Buch zu lesen und mich mit ihr darüber auszutauschen. Ich war ein bisschen skeptisch, denn obwohl unsere erste "private" Lesung der Pendragon Legende von Antal Szerb mir sehr viel Spaß gemacht hat, laboriere ich seit längerem an einer Leseflaute und bin zudem damit beschäftigt, eine kleine Fantasy-Geschichte mitzuentwickeln, um die meine Gedanken kreisen.

Ganz vorsichtig habe ich nachgehakt, ob es in Ordnung wäre, wenn wir "Haus der Geister", der neue Roman von John Boyne, in Angriff nehmen würden. Und wir haben festgestellt, dass wir beide das Buch schon länger auf unserer Wunschliste haben. Das sah ich als ein Zeichen, endgültig zuzusagen und den inneren Schweinehund in Form meiner Leseunlust zu überwinden, denn erfahrungsgemäß ist der Anreiz zu lesen größer, wenn man mit anderen über die Handlung diskutiert und deren Meinungen überdenkt. Oft verhelfen weitere Ansichten zu einer völlig anderen Betrachtungsweise - etwas, das ich total spannend finde. Flugs wurde das Buch bestellt, damit ich pünktlich zu Halloween mit den Hufen scharren kann.

Mittlerweile sind wir fünf Teilnehmer auf unserem Forum, die sich über den Schauerroman austauschen möchten. Mich hat nun doch so eine Art freudige Erwartung erfasst, nachdem ich die ersten beiden Kapitel gelesen habe. Subtiler Grusel und Schauerromane sind ja nicht mehr so en vogue wie zu Zeiten von Edgar Allan Poe, und trotz mehrheitlich positiver Rezensionen schneidet Mr. Boyne mit seinem aktuellen Werk nicht bei allen Lesern gut ab. Der Roman bedient sich angeblich ungeniert Elementen aus Klassikern wie "Das Durchdrehen der Schraube / Das Schloss des Schreckens" oder dem Film "Bis das Blut gefriert". Verwerflich finde ich es allerdings nicht, wenn es gut verpackt und nicht 1:1 übernommen wurde. Immerhin kommt beim Lesen bzw. Anschauen besagter Klassiker den meisten von uns das Grausen. Knarrende Dielen, rotierende Türknäufe und scheppernde Fensterläden sind nach "Bis das Blut gefriert" nie mehr dieselben.

Bisher ist von Spuk und Plagiat im Roman wenig zu spüren. Die einzige Parallele, die mir beim Durchlesen der Beschreibung auffiel, ist die Personenkonstellation: zwei mysteriöse Kinder und eine junge, unerfahrene Nanny. Aber irgendwie vertraue ich darauf, dass mir der Roman trotz der offensichtlichen Gemeinsamkeiten gefallen wird. Schon "Das späte Geständnis des Tristan Sadler" des Autors war für mich ein außergewöhnliches Buch, das nie an Glaubwürdigkeit verlor. "Haus der Geister" schätze ich ähnlich ein. Auch wenn ich es als reine Unterhaltung betrachte und es mich sicher nicht so nachhaltig beeindrucken wird wie der Tristan.



Montag, 27. Oktober 2014

Halloween-Aktion Gratis-Download "Das Bildnis des Grafen"



Passend zur gespenstischen Jahreszeit und der früh einsetzenden Dunkelheit starte ich eine Gutschein-Aktion auf Xinxii, bei der ihr meinen historischen Gruselkrimi "Das Bildnis des Grafen" kostenlos herunterladen könnt.


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Alles, was ihr dafür tun müsst, ist, euch bei Xinxii zu registrieren (falls ihr nicht schon Mitglied seid), den obigen Code kopieren und ihn beim Ausloggen einlösen. Sehr freuen würde ich mich über eine anschließende Meinung von euch, entweder als Rezension direkt bei Xinxii, auf Amazon und / oder eurem Blog.

Ein kleiner Hinweis für die "Realitäts"-Leser: trotz sorgfältiger historischer Recherche kommen im Roman fantastische Elemente vor bzw. die Handlung erschließt sich teilweise aus der Sicht eines traumatisierten Soldaten, die nicht unbedingt auf Vernunft basiert. "Das Bildnis des Grafen" versteht sich daher nicht als reiner historischer Krimi, sondern als eine Mischung zwischen diesem und einer klassischen Schauergeschichte.

Die Anzahl der Gutscheine ist begrenzt; wer zuerst zugreift, liest zuerst. Die Aktion läuft vom 27. Okt. - 1. November.

Viel Glück bei der Teilnahme und viel Freude, Gänsehaut und Spannung beim Lesen!




Donnerstag, 16. Oktober 2014

Das Doodle / Gekritzel

Peinlich: lange Zeit habe ich echt nicht gewusst, was *doodeln* (neudeutsch) eigentlich heißt. Ich dachte, es handelt sich um eine vorübergehende Erscheinung unter Teenagern, so ähnlich wie es eine Zeitlang in war, den Hosenboden bis zu den Kniekehlen herunterhängen zu lassen, also die *Baggy Pants*. Bis ich herausfand, dass ich bereits in der Schule gedoodelt habe, nur nannte man es damals noch "kritzeln".  Die Ränder der Schulhefte mit Kuli und unbewussten Tintenstrichen verziert und dem Lehrer nur mit halbem Ohr zugehört, dafür die verbliebenen anderthalb Ohren für den heiß ersehnten Pausengong und zwei Augen auf die entstehenden Kunstwerke.




Beim Telefonieren tue ich es selten bis gar nicht - ich telefoniere nicht gerne, vor allem nicht lange. Überhaupt habe ich mir so einiges abgewöhnt, was ich früher getan habe. Vieles traue ich mir einfach nicht mehr zu bzw. habe die Muse. Auch das Doodeln gehört dazu. Neulich habe ich mich bewusst hingesetzt, um unbewusst herumzukritzeln. Und zwar nicht nur mit Kuli, sondern mit Aquarellfarben und Farbstiften.

Die Ergebnisse haben mich verblüfft. Sie sind nicht so geworden, wie ich mir es vorgestellt hatte, aber darauf kam es auch nicht an. Schön ist was anderes. Und trotzdem hat sich das Doodeln gelohnt. Mir gefällt es, wenn ich in der Malerei - anders als beim Schreiben - etwas kreieren kann, das auf den ersten Blick nicht meine Handschrift verrät. Wenn es mir gelingt, Flächen und Formen einfach stehen zu lassen und sie nicht *perfektionieren* zu wollen. Merkwürdigerweise bin ich dann, wenn ich meine Werke selbst nicht mehr erkenne, am zufriedensten mit mir. In der Kunst, auch wenn sie "nur" ein Hobby ist, möchte ich neue Wege gehen und experimentieren. Im Bereich der Schriftstellerei sind Experimente nicht unbedingt von Vorteil. Das unterscheidet wohl die bildende Kunst von der literarischen. Wobei ich zugeben muss, dass das untere Bild (das mein erster Versuch war) schon sehr stark an Dalí erinnert. Allerdings haben das meine Ur-Doodles auch schon. Vielleicht war Dalí ja der Urheber der Doodles, ohne es zu ahnen.^^





Wer in unserem Atelier einmal mitdoodlen und experimentieren möchte, ist herzlich eingeladen in das WIRTHs HAUS. Als nächstes versuche ich mich an Gouache-Farben auf einem größeren Format - das wird ein Spaß!





Sonntag, 12. Oktober 2014

The Deep Blue Sea ~ "Weit wie das Meer" (2011)

Woran erkennt frau untrüglich, dass sie einen Schauspieler mag? Sie schaut plötzlich Filme an, die sie unter normalen Bedingungen nicht einmal mit der Kneifzange aus dem Kaufregal geholt hätte. So geschehen vor kurzem bei "Deep Blue Sea", mit Tom Hiddleston (*Schmacht*) und Rachel Weisz in den Hauptrollen.

 



Im Grunde bin ich absolut kein Liebesfilm-Fan, doch irgendwie war ich durch die Inhaltsangabe von diesem verführt zu glauben, die Geschichte einer unerlaubten Liasion in den 1950er Jahren könne mich überraschen und ähnlich berühren wie "Das Ende einer Affäre" mit Ralph Fiennes und Julianne Moore. Außerdem - Tom Hiddleston! Auf den ersten Blick so gar nicht mein Typ und äußerlich eher britisch Gentleman-mäßig blass wie Leslie Howard (wer erinnert sich nicht an Rhet Butlers schärfsten Konkurrenten in "Vom Winde verweht"?), fiel er mir erst in den Marvel-Verfilmungen als schwarzhaariger Schurke Loki auf.

Ich weiß nicht, was es ist, das ihn zumindest im Internet zu einem so begehrten Frauenschwarm macht. Die stattliche Größe von 187 cm? Der - zugegeben - perfekte und langgliedrige Body? Die leuchtend blauen Kinderaugen über den hohen Wangenknochen und sein Lachen? Der Oxfordakzent? Das alterslose und doch irgendwie gezeichnete Bubengesicht mit dem clownesken Ausdruck, der in Sekundenschnelle von traurig zu heiter wechseln kann? Seine elegisch schlanke Erscheinung, die an mütterliche Instinkte appelliert? Oder weil er sich ganz nebenbei für eine bessere Welt einsetzt und offenbar ein Kavalier der alten Schule ist? Auf jeden Fall hat er eine Leinwandpräsenz, die schier unwiderstehlich ist und bei mir nach drei Filmen gewirkt hat.

Leider nicht so richtig bei "Deep Blue Sea". Der Film war, um es kurz zu machen, eine Qual. Er basiert auf dem Theaterstück eines bereits verstorbenen Dramatikers (keine Wertung hier!) namens Terence Rattigan, und genauso muffig und miefig wurde es für die Leinwand übernommen - sechs Jahrzehnte nach seiner Entstehung.

Die profane Handlung: Die Richtersfrau Hester hat ein Verhältnis mit dem Piloten Freddie, der ihr das Gefühl gibt, als Frau begehrt zu sein im Gegensatz zu ihrem liebenden, aber mehr väterlich agierenden Ehemann. Als dieser Hester bei einem verfänglichen Telefongespräch mit ihrem Liebhaber belauscht, verweigert er ihr die Scheidung, die sie obendrein wohl gar nicht gewollt hätte, da Freddie ihr nicht die Sicherheit gibt, die sie von Gatte William gewohnt ist. Dennoch ist sie bereit, mit Freddie über alle Berge zu verschwinden, bis dieser sie brüsk zurechtweist und ihr unverblümt zu verstehen gibt, dass er sie nicht liebt und als Ehemann ohnehin versagen würde. Schweren Herzens lässt Hester nach langem Hin und Her ihren Geliebten am Ende ziehen und steht mit leeren Händen da. Doch immerhin ist da noch der langweilige William, der auf eine gemeinsame Zukunft hofft. Wahrscheinlich kehrt sie zu ihm zurück, obwohl sie Freddie verspricht, sich zu emanzipieren.

Meinung: Zu viel Kunstgedöns, kalte und trist ausgeleuchtete Bilder, zu wenig, dafür plakative Dialoge und ausgewalzte bedeutungslose und dann wieder symbolträchtige Szenen, die fast schmerzhaft anzusehen sind. Im Theater mag so etwas noch funktionieren, hier strapaziert es die Geduld der Zuschauer und zerrt an den Nerven, etwa wenn in einer Rückblende im U-Bahn-Schacht während eines Bombenalarms minutenlang "Molly Malone" von einem der Schutzsuchenden (immerhin passabel!) gesungen wird und in das alle miteinfallen. Ganz zu schweigen von dem grässlichen allgegenwärtigen Geschrammel, das man kaum als Soundtrack bezeichnen kann. Rachel Weisz hat in ihrer Rolle bei mir trotz gelegentlichem Verständis wenig punkten können - wahrscheinlich, weil die Protagonisten außer Simon Russell Beale als gehörnter, aber blutleerer Ehemann recht emotionslos und kalt geblieben sind. Nicht einmal der Hallodri Freddie hat mich überzeugt, obwohl man Tom Hiddleston außer einem blendenden Aussehen auch keineswegs Talent absprechen kann. Allerdings wurde zu viel und zu laut geschrieen. Das ist ganz ok auf der Bühne - für einen eher leisen Film wie diesen zu melodramatisch nach meinem Empfinden.

Die große Weisheit und Moral von der Geschicht' lautet: "Wahre Liebe lässt dem anderen Freiheiten und ihn ziehen, wenn er gehen möchte". Das hat bestimmt vor sechzig Jahren noch beeindruckt - heute kann ich nur müde darüber gähnen. Genau wie über die nahezu neunzig Minuten vorher.

Fazit: Nur etwas für Hardcore-Hiddleston-Fans oder Liebhaber von uralten, angestaubten Schwarzweiß-Theaterstücken, die man manchmal 1:1 auf der Mattscheibe am Nachmittag vorbeiflimmern sehen kann.


 Bewertung inklusive Hiddles-Bonus

  👍👍


Montag, 6. Oktober 2014

Offenes Ende und Unhappy Ending ~ anregend oder ärgerlich?

Vielleicht kennt der eine oder andere dieses Gefühl: man ist gerade so mittendrin in der spannenden Lektüre, fiebert nägelkauend den letzten Seiten entgegen, um zu erfahren, wie alles ausgeht... man überspringt vor Aufregung ein paar Sätze... stutzt, und hängt plötzlich ohne Vorwarnung in der Luft. Die so spannende Lektüre endet mit einem offenen Schluss bzw. einem fiesen Cliffhanger. Verblüfft liest man den letzten Abschnitt ein zweites und drittes Mal, doch die Buchstaben und der Sinn, der erst mal keiner zu sein scheint, bleiben die gleichen. Nichts mit eindeutiger Auflösung, kein Happy End (jedenfalls kein offensichtliches), keine weiteren Erklärungen.

Sind dem Autor die Ideen ausgegangen? Wusste er selbst nicht, worauf er hinauswollte und hat er gehofft, dass der Leser klüger wäre? Als Schriftsteller und Fan von offenen Enden kann ich, wenn ich von mir selbst ausgehe, versichern, dass keine der angeführten Vermutungen der Fall ist. Im Gegenteil: Romane mit offenen Enden trauen dem Leser viel zu, nehmen ihn sozusagen mit unter die Decke desjenigen, der sich die Geschichte ausgedacht hat. Für mich sind offene Enden richtige Schätze, denn es gibt sie nicht häufig in der Belletristik. Ich fühle mich nach Beendigung einer solchen Lektüre angeregt, noch einmal genau über das Gelesene nachzudenken, mich damit auseinanderzusetzen. Und meist erkenne ich, dass es dem Autor um mehr ging, als nur eine unterhaltsame Story zu erzählen. Oft steckt ein tieferer Sinn hinter einem scheinbar offenen Ende, die Aufforderung, sich selbst ein Bild zu machen. Eigeninterpretation ist gefragt. Vielleicht kommt man nicht zum selben Schluss wie der Autor, aber ist das so unbedingt nötig? Jeder Mensch denkt und interpretiert schließlich auf seine Art.

Dasselbe gilt für die allgemein unbeliebten "Unhappy Endings". Wo keines ist, hat der Autor etwas bezweckt. Manchmal geht es nicht anders, und ein von den Lesern geliebter Charakter muss sterben oder nimmt sonstwie ein schreckliches Ende. Ja, es stimmt, und ich habe es selbst schon erlebt: wenn man sich allzu sehr hineinbegeben hat in die Geschichte und die Figuren fast Freunde geworden sind, tut das ziemlich weh. Ich bange schon jetzt um das Schicksal eines Protagonisten in einer Trilogie, deren letzter Teil gerade in der Mache ist. Noch bin ich unsicher, ob ich ihn mir nach Erscheinen antun möchte, ohne mich vorher rückzuversichern, dass alles gut wird.

Aber mal ehrlich: oft ist das Leben in Romanen nicht so viel anders als in der Realität, und manchmal sind auch in Phantasiewelten die Helden nicht unsterblich, egal ob wir Fantasy, Krimis, Liebesromane oder Erzählungen bevorzugen. Wäre in Büchern alles rosarot wie in denen, deren pastellzarte Coverfarbe schon verrät, wie sie ausgehen, dann könnte ich aufhören, zu lesen und zu schreiben. Denn mich langweilt eine vorhersehbare Geschichte genauso wie eine, in denen ich als Leser alles haarklein erklärt bekomme, als sei ich nicht fähig, mir eigene Gedanken dazu zu machen. Natürlich interpretiert auch das jeder nach seiner Fasson (die Bücher und meine Schlussfolgerung), und ich finde es auch völlig ok, wenn jemand gern Heile-Welt-Bücher liest, um dem tristen Alltag zu entfliehen und sich mit den Protagonisten zu freuen, nachdem diese Liebeskummer und Herausforderungen meistern mussten und siegreich daran gewachsen sind. Mir persönlich laufen solche Bücher zu sehr nach Schema F ab. Was aber nicht heißt, dass ich ihnen das Existenzrecht abspreche: Leser glücklich zu machen, ist immerhin ein erfreulicher Nebeneffekt des Schreibens und für viele Autoren das größte Ziel.

Meine eigenen Werke beinhalten nach meinem Verständnis keine offenen Enden (aber glückliche meist schon), doch tatsächlich wurde mir das in "Vom Ernst des Lebens" *zur Last gelegt*, was übrigens nicht als Kritik zu verstehen war. Darin sehe ich ein weiteres Plus des offenen Endes: eigentlich ist das Buch für mich sowie für meine Leser abgeschlossen, und dennoch bleibt mir die Möglichkeit, mich irgendwann an einem zweiten Teil zu versuchen, der aufgrund der Beliebheit meiner beiden Protagonisten Miles und Rupert bereits eine Stammleserschaft hätte.

In diesem Sinn bleibe ich neugierig und offen wie manche Enden...










Samstag, 4. Oktober 2014

Black Beauty in Zeiten des Krieges: "Gefährten" (War Horse) von 2011

Filme von Steven Spielberg sind für mich persönlich keine Empfehlung, außer es geht um "Schindlers Liste" , "Indiana Jones" oder "Der weiße Hai". Die fand ich großartig. Alle anderen, die ich kenne, sind mir zu schwülstig.


pferdefotograf_meurer / Pixabay



Die Geschichte des Wunderpferdes Joey macht da keine Ausnahme. Wie in fast allen Spielberg-Blockbustern entwickeln dort Tiere und Kinder besondere Fähigkeiten, die sie aus heiterem Himmel anfallen. Bei ersteren fehlt nur noch, dass sie sprechen können, und Spielberg-Kinder bzw. -Jugendliche gehen mir auf die Nerven mit ihrer altklugen Art und dem Gefühl, den dummen Erwachsenen überlegen zu sein. Die wiederum sind oft abgrundtief und hassenswert böse, so wie der feiste Grundstücksvermieter, der sich Joey unter den Nagel reißen will und den rechtschaffenen Bauern droht, ihnen im Falle einer Verweigerung die Existenz zu entziehen. Klar, das gehört zu Spielbergs Erfolgsrezept und ist sein Markenzeichen, doch ich bin vielleicht zu sehr Realist, um mich davon begeistern zu lassen. Oder ich würde gerne mal vernünftige Erwachsene in Spielberg-Filmen sehen.

"Gefährten" habe ich mir gestern auf Pro7 angeschaut, weil Benedict Cumberbatch und sein Kumpel Tom Hiddleston sich extrem sexy und hoch zu Ross ein Duell liefern, das natürlich das intelligente, pfeilschnelle und makellose Wunderpferd für sich entscheidet. Und ich muss leider sagen, dass das Rennen für mich das einzige Highlight war, bevor in den nächsten Minuten sowohl Captain Cumberbatch als auch dessen Untergebener Hiddleston das Zeitliche segnet, die beide nicht nur vor ihrem heldenhaften Ausscheiden blass bleiben wie der Rest der menschlichen Darsteller. Danach wie auch davor musste ich mehrmals ein Gähnen unterdrücken.

Die beschwerliche Odyssee des Hengstes Joey (seit wann werden Hengste zum Kriegsdienst eingespannt? Na, Schwamm drüber - wer will schon eine kastrierte Hauptfigur?) hat mich merkwürdigerweise weitgehend kalt gelassen. Das lag nicht an der Leistung des Pferdes, sondern am für mich sehr unglaubwürdigen Drehbuch und den naseweisen Kindern, durch deren Hände er geht. Ich kann mir kaum vorstellen, dass bei dieser banalen Geschichte selbst bei Kate Middleton die königliche Zurückhaltung flöten ging. Aber die Briten und die Royals im Besonderen haben ja eine erstaunlich enge Beziehung zu ihren Haustieren, wie auch "Gefährten" beweist - die bösen Deutschen schinden nämlich die treuen Gefährten des Menschen zu Tode, während Engländer und Franzosen sie als gleichberechtigte Kameraden behandeln und trotz Armut bereit sind, dafür ein Vermögen springen zu lassen. Für den klugen Hengst sowieso, denn jeder merkt sofort, wie charismatisch und besonders er ist. Bay Beauty statt Black Beauty eben.

Ja, ich gebe es zu: der Film hat emotionale Momente, und als der Schwarze, der sich ehemals zwischen den Beinen von unter Mr. Cumberbatch profilieren durfte, in "deutscher Gefangenschaft" vor Erschöpfung zusammenbricht und Joey sich besorgt und fragend schnobernd über ihn beugt, flossen die Tränchen tatsächlich ein wenig. Oder als Joey sich im Niemandsland kopflos im Stacheldraht verheddert. Das waren Szenen, die mein ehemaliges Reiterherz berührt und empört haben. Und ich war doch froh, dass es für das Pferd und den viel zu gefühligen, halbwüchsigen Besitzer Albert am Ende ein Wiedersehen und eine Heimkehr in einer effekthascherischen "Vom-Winde-verweht"-Kulisse kam, bei der das Pferd wehmütig-weise in die Ferne blickt, während seine Menschen sich trunken vor Glück und Wiedersehensfreude in den Armen liegen.

Aber auch das schien mir zu dick aufgetragen, wobei ich Melodramen durchaus nicht rundweg abgeneigt bin. Leider übertreibt es Spielberg dabei häufig, und wo die Stimmung aufgelockert werden soll, gelingt das meist nur mit Witzen und Zufällen, die so vorhersehbar sind, dass Spielberg noch überraschen könnte, wenn er darauf verzichten würde.

Fazit: Ein für viele Zuschauer tränenreiches Hollywood-Melodram, das man nicht gesehen haben muss, aber gerade bei Pferdefreunden und "Hiddlebatch"-Liebhabern (trotz der Miniauftritte) hoch im Kurs steht. Und da ich in gemäßigter Form beides bin, gibt es von mir mit gutem Willen, den ich gerne zeigen möchte, drei Sterne.


  👍👍👍

Samstag, 27. September 2014

Einmalige Gelegenheit! Signierte Bücher!

Kurz und knackig; ich bin noch ein bisschen groggy vom gestrigen Abend, am dem wir im WIRTHs HAUS eine Vernissage organisiert und ausgerichtet haben (ich Depp habe vor lauter Aufregung vergessen, Fotos zu machen!). Es war schön, war aber im Vorfeld mit ziemlichem Aufwand verbunden, besonders, wenn man nicht weiß, wie viele der eingeladenen Gäste kommen. Am Ende kamen weniger als erwartet, und wir müssen unseren restlichen Flammkuchen wohl oder übel bis zum nächsten Event auf Eis legen... (O;

Ein herzliches Danke an alle, die da waren für gute Gespräche und an Achim für die grandiose Akkordeon-Livemusik!!!




Aber jetzt zum Wesentlichen^^: Für alle Interessierten und Fans von fantastischen und humorvollen Geschichten (und mir) besteht die Möglichkeit, "Ausnahmsweise Doppelgleisig" direkt über mich mit Signatur und Widmung zum Preis von € 10,00 (inklusive Porto innnerhalb Deutschlands) zu beziehen, solange der Vorrat reicht.

Kontaktiert mich einfach über meine Email-Adresse oder den Kommentarbereich.




Sonntag, 21. September 2014

Knallharte Realität oder dichterische Freiheit?

Wie lege ich meinen Roman an? Als reine Fiktion, als Tatsachenbericht oder als etwas ganz Anderes, nie Dagewesenes à la Terry Pratchetts "Scheibenwelt" (ach halt, die gibt es schon!)? Und vor allem, was will der geneigte Leser? Was erwartet er? Spannung, Drama, Abenteuer, Grusel, Kuriositäten, Fakten, neue Welten oder eine Mischung von allem?

Diese Fragen stellt sich vermutlich jeder Autor früher oder später, der in der Branche der Unterhaltungsliteratur seine Werke veröffentlicht respektive es vorhat. Ich habe mich letzthin damit beschäftigt, weil in meinem historischen Kriminalroman "Das Bildnis des Grafen" Gruselelemente miteingeflochten wurden, die maßgeblich für die Geschichte und die Lösung des Geheimnisses zwischen den beiden Familien Whitehurst und Escaray sind.




Mit der Einteilung und Kategorisierung des Genres meiner Romane habe ich mich nie leicht getan, und ich glaube, ich weiß jetzt, woran es liegt: ich möchte mich nicht akademisch oder sklavisch daran halten, welche Elemente typisch und klassisch sind für einen Krimi, einen Fantasyroman oder einen Psycho-Thriller. 

Seien wir mal ehrlich. Irgendwann werden die "klassischen" Krimis mit dem ewig gleichen Muster wenig überraschend oder sogar langweilig: Inspektor / Kommissar(in) entdeckt grausiges Verbrechen, jagt den Täter und befragt dabei Verdächtige und Zeugen und bringt den Schurken am Ende zur Strecke. Das alles liest der Krimi-Fan in mehr oder weniger abweichenden Variationen, mal mit dem Schwerpunkt auf der traumatischen Kindheit des Täters, mal im Fokus der privaten Probleme des Ermittlers. Klar, das kann man ausschmücken und jeder Autor hat dabei einen Stil, der einzigartig ist. Außerdem ist das "Whodunnit"-Motiv nie ausgereizt und regt zum Miträtseln an. Trotzdem. Mein Fall ist das nicht unbedingt, dieses "So-muss-es-sein-und-nicht-anders". Jedenfalls nicht, wenn ich selbst am PC sitze und Geschichten erfinde.

Anne Perry, so toll sie schreibt, hat mich nach dem dritten Inspektor William Monk-Fall ziemlich kalt gelassen, weil mir das Schema F und die unterkühlte Art der Hauptfiguren schon bald unangenehm aufgefallen sind (ich habe dennoch fast jeden Monk gelesen - wahrscheinlich aus Loyalität).

Irgendwann hatte ich es satt, ständig in seitenlangen, immer gleich ablaufenden Gerichtsverhandlungen schwelgen zu müssen. Die Fälle waren entweder *too much* (wie Kindesmissbrauch) oder zu trockene Kost. Nie bricht sie aus ihrem Erfolgsmuster wie etwa mit überraschenden Wendungen aus und definiert es neu, die gute Frau Perry. Zugute halten muss man ihr, dass sie, wie viele andere Meister(innen) ihres Fachs, eine weltweite Fangemeinde hat, die es so von ihr erwartet. Vielleicht wären die Leser sogar enttäuscht, wenn Monk und Hester leidenschaftlich übereinander herfielen und sich in der Hitze des Gefechts einen feuchten Kehricht um den aktuellen Fall scheren würden.

Mir gefallen Wendungen in Büchern, mit denen ich nicht gerechnet habe. Freilich müssen sie logisch erklärt werden, doch auch wenn die Erklärung nicht sofort mit dem Holzhammer daherkommt, kann ich gut damit leben. Ich mag es, mitzudenken. Und obwohl ich weder Fantasy-Autor noch -Leser bin, schätze ich durchaus in einem historischen Roman nicht nur fundierte Recherche über die Gepflogenheiten, der Umgebung und der Sprache der damaligen Zeit, sondern auch phantastische Dinge, die sich der Autor ausgedacht hat und mit denen er somit die Regeln des genannten Genres bricht bzw. sie zu seinen Gunsten verändert, indem er zum Beispiel physikalische Gesetze außer Kraft setzt. Das relativ junge Genre "Steampunk" trifft diese Beschreibungen wohl ganz gut. Dort kommen nicht nur wunderliche Maschinen wie fliegende Stühle zum Einsatz; es werden Welten erschaffen, die halb Realität und halb Fantasy sind. Fantasy ohne Zwerge, Elfen und sonstiges Gelichter der Nacht, sondern eine Welt, in der (fast) alles möglich ist. Irgendwie gefällt mir die Vorstellung.

Was spricht dagegen, wenn in einen Roman, der in der Vergangenheit spielt und auf historischen Begebenheiten fußt, dennoch ein wenig Grusel und Mystik eingebaut wird? Wir kennen das aus "Das Durchdrehen der Schraube" von Henry James oder aus aktuellen Beispielen wie John Boynes "Haus der Geister". Diese Geschichten haben durchaus realen Charakter, daher kategorisiert man sie in die Genres "Klassiker" bzw. "historische Romane". Und das Gruseln und das Unerklärliche kommen trotzdem nicht zu kurz.

Ein besonders grandioser Phantast und realistischer Träumer war Karl May. Keines seiner Abenteuer hat er selbst erlebt, und bekannterweise bereiste er erst in hohem Alter die Schauplätze seiner Romane, aber er beschreibt seine Helden, die fremden Sitten und die damit einhergehende Exotik auf so anschauliche Art und Weise, dass man ihm seine Geschichten begeistert abnimmt und sogar seinen Alter Ego "Scharlie" / Kara Ben Nemsi trotz schier unerträglicher Aufschneiderei und Superkräfte irgendwie sympathisch findet. Noch größere Glaubwürdigkeit hat er sich unter seinen Fans dadurch verschafft, indem er die Villa Shatterhand erbaute und dort in seiner selbst erdichteten Realität weiterlebte.

Wenn ich ehrlich bin, wünsche ich mir mehr solcher Autoren und mehr Mut zu Originaliät, ohne zu fürchten, dass der Gedanke, der einem gerade durch den Kopf spukt, unglücklicherweise überhaupt nicht in das Genre passt, für das man bekannt ist oder bekannt werden will. Schreiben ist Handwerk, unbestreitbar, und wer die Regeln nicht kennt, muss sie erst erlernen und zumindest einige beherzigen. Aber Schreiben ist auch und vor allem Emotion, sich führen lassen und Einfallsreichtum in alle Richtungen. Und letztendlich zählt Schreiben zu den musischen und schönen Künsten, nicht zur unumstößlichen Wissenschaft. Deshalb würde ich sie nicht gar so bitterernst nehmen wollen und mit dem Zeigefinger rügen, wenn Neues probiert wird.

Eines der schönsten Komplimente, das ich bezüglich meiner Romane je erhalten habe, war übrigens das Prädikat "Ungewöhnlich - aber gut!" Solche Bücher möchte ich lesen. Und schreiben.





Mittwoch, 17. September 2014

Herbstlicher Buchtrailer

Oh, ich liebe das Animoto-Videoprogramm! Damit kann man wirklich tolle Sachen in relativ kurzer Zeit machen. Empfehlenswert für jeden, der gern ein wenig spielt und experimentiert und die Neugier auf sein Produkt / seine Dienstleistung auf unterhaltsame Art wecken möchte. Auch Technik-Dummies wie ich kommen gut zurecht.




Schwupps hat man das Video auf Youtube hochgeladen und es auf sozialen Plattformen geteilt. Was länger dauert, ist die vorangehende Entscheidung, welchen Style und Song man verwenden soll, denn da hat man die Qual der Wahl.

Speziell herbstlich ist mein Video übrigens nicht (auch das gibt es, mit bunten fallenden Blättern), doch da es nun so oder so auf die kältere Jahreszeit zugeht (*bibber*), und viele Leser sich mit einer Tasse Tee und dicken Wollsocken gemütlich auf dem Sofa einkuscheln, kommt hier ein Tipp bzw. sieben Tipps für graue diesige Tage.


Sonntag, 7. September 2014

Trash Horror "Ghost Ship" (2002)

Ich habe es getan: mir eine weitere "Bomb" aus Gabriel Byrnes großer und erstaunlich abwechslungsreicher Filmografie angesehen. Diesmal war es der Grusel-Streifen "Ghost Ship". Vor Jahren geguckt und danach sofort komplett vergessen. Wahrscheinlich, weil ich das Ensemble bis auf Mr. Byrne weder kannte noch mochte und Horrorfilme nicht so wirklich mein Ding sind. Jedenfalls nicht, wenn sie zu blutig daherkommen.




In letzterer Hinsicht hätte "Ghost Ship" schlechte Karten, denn sensiblen Gemütern wie mir bliebe schon beim Vorspann das Popcorn im Hals stecken (theoretisch, da ich meist keines zur Hand bzw. in der Schüssel habe). Doch abgesehen von einiger Ekelszenen und zuweilen hölzern wirkender Schauspieler hat dieser Film eine richtig unterhaltsam-abgefahrene Story zu bieten, bei der man sich gern unter die Kuscheldecke gruselt.

Inhalt: Captain Sean Murphy und seine Spät-Grunge Crew erhalten den Auftrag, ein Schiff zu bergen, das seit 1962 steuerlos auf dem Ozean herumtreibt und den erfahrenen Murphy voll dunkler Vorahnung Seemannsgarn über die "Mary Celeste" spinnen lässt. Und in der Tat handelt es sich bei der "Antonia Graza" ebenfalls um ein Geisterschiff, denn von Kapitän, Besatzung und Passagieren fehlt jede Spur, als Murphy den Luxusdampfer inspiziert.

Jedes Crewmitglied macht unheimliche Entdeckungen auf dem verlassenen Schiff, u.a. sieht die toughe Epps immer wieder ein kleines Mädchen auftauchen und wieder verschwinden. Scheinbar will es die Crew vor etwas warnen, doch Epps bringt es lange nicht über sich, den anderen davon zu erzählen, glaubt sie doch selbst ihren Augen und Ohren nicht und fürchtet, für verrückt erklärt zu werden. Doch auch die Kollegen zweifeln bald an ihrem eigenen Verstand.

Und was hat es eigentlich mit dem mysteriösen Fremden auf sich, der Murphy und seine Crew angeheuert und auf die "Antonia Graza" gelockt hat? Ist er wirklich so harmlos, wie sein unscheinbares James Blunt-Aussehen glauben machen will oder gar am Ende der fliegende Holländer in Verkleidung?





Fazit: Meiner Meinung nach hat der Film das Zeug zum Halloween-Klassiker, mit wohldosierten Special Effects wie zum Beispiel der eindrucksvollen Verwandlung des halb verrotteten Schiffs zum damaligen Glanz des Ozeanriesen, die sich vor den Augen eines Crewmitgliedes abspielt, ehe er mit der Sängerin Francesca ein Tänzchen inmitten der befrackten Herren und der vornehmen Damen von 1962 wagt. Einige Szenen sind sogar recht lustig und brachten mich zum Kichern, während mir bei anderen wiederum senkrecht die Haare zu Berge standen. Auch fand ich, dass die Handlung bei aller Absurdität gut durchdacht war. Außerdem liebe ich Schauergeschichten jeder Art. Manchmal ist "Ghost Ship" nicht ganz so subtil, wie ich es bevorzuge, aber auch die gruseligen Phänomene an Bord waren amüsant anzuschauen.

Kurz, ich habe mich prächtig unterhalten und empfehle Ghost Ship jedem, dem die bis zur Schmerzgrenze unerschrockene Julianna Margulies und eine dümmliche Grunge-Crew mit Kurt Cobain-Nacheiferern nicht allzu sehr auf die Nerven gehen.


Bewertung:
👍👍👍👍
 


 Bildquelle: Pinterest




Montag, 1. September 2014

Unbeliebte "Fremdwörter" und YOLO

Immer, wenn ich an Fremdwörter in Büchern und Romanen denke oder darauf stoße, fällt mir das Zitat des Literaturkritikers Marcel Reich-Ranicki ein, der - auf seine Autobiografie angesprochen - sinngemäß sagte: "Ich schlage im Duden nach, um das Synonym für das jeweilige Fremdwort in allgemein verständlicher Form niederzuschreiben." Man kann über ihn denken, was man will, und ganz sicher war er auf seinem Gebiet ein eher unbequemer Zeitgenosse, doch hier hat er weise gehandelt.

Es ist schon witzig: in der Alltagssprache und auf dem Smartphone verwenden wir bedenkenlos *Denglisch* und auch einfache oder vulgäre Ausdrücke, die jeder, der die deutsche Sprache und einigermaßen Englisch bzw. Computerdeutsch beherrscht, auch versteht. Aber wenn es zu Büchern bzw. Klassikern kommt, in denen das eine oder andere Fremdwort gebraucht wird oder eine aus der Mode gekommene Redewendung, kratzen wir uns erst einmal verständnislos am Kopf. Klar, als Leser will man nicht ständig das Wörterbuch neben der Lektüre liegen haben - sofern die "schwierigen" oder veralteten Ausdrücke dort überhaupt aufgeführt sind.

Unsere Sprache hat sich im Lauf der Jahrzehnte und gerade im Zeitalter der Abkürzungen und des SMS-Syndroms ziemlich gewandelt, und das nicht unbedingt zum Besseren. Wenn ich ganz ehrlich bin, muss ich sagen, dass die Sprache ein wenig verarmt durch den Minimalismus, der sich mir als Paradox im Zeitalter der globalen Kommunikation aufdrängt.

Nun bin ich kein Verfechter von Altdeutsch. Goethe und Schiller klingen heutzutage tatsächlich antiquiert, und wie musste ich lachen, als ich eine Comic-Version von Faust ins heutige Deutsch übersetzt fand, die mittlerweile schon wieder altbacken wirkt wie einer von Gretchens Zöpfen (leider finde ich die Ausgabe nicht mehr auf Amazon). Trotzdem und gerade deshalb finde ich es gut und wichtig, dass die Ursprungssprache in alten oder historischen Romanen erhalten bleibt. Nicht nur, weil der Autor sie seinerzeit so niedergeschrieben hat, sondern weil sie ein Werk authentisch macht.

Von einigen Lesern meines Romans "Das Bildnis des Grafen" erhalte ich den Hinweis, dass es ihnen genauso ging wie oben von mir beschrieben. Darauf folgte meist der gutgemeinte Rat, doch ein Glossar am Ende des Buches anzubringen. Möglicherweise wäre das eine gute Idee gewesen, da mitunter auch kurze Sätze in Französisch zwischen den Protagonisten fallen (drei oder vier, schätzungsweise). Ich habe mich allerdings gefragt, weshalb manche den "Grafen" als mit Fremdwörtern gespickten Wälzer empfinden, denn es gibt nicht viele davon im gesamten Roman, der immerhin über 500 Seiten dick ist. Beim Durchlesen fielen mir die Wörter "kredenzen" (ein Getränk überreichen), "Chaiselongue" (Sofa), "distinguiert" (vornehm) und "desavouieren" (bloßstellen, erniedrigen) auf.





Die Geschichte spielt um die Jahrhundertwende im vorigen Jahrtausend, als diese Begriffe ganz selbstverständlich gebraucht wurden, und zudem muss ich gestehen, dass ich "kredenzen" nicht mit dem Stempel *anno dazumal* versehen hätte.

Vielleicht bin ich aber auch einfach gern ein bisschen altmodisch, selbst was meine Sprachauswahl und meinen Wortschatz in historischen Romanen betrifft. Ich mag es, meinen Schreibstil der jeweiligen Zeit anzupassen. Nicht ständig natürlich, denn ich bin weder Goethe noch Schiller und schreibe zudem Geschichten, die den modernen Leser fesseln mögen und nicht den ewiggestrigen. Dennoch ist für mich als Autor und auch Leser die Sprache ein Stilmittel, das es mir ermöglicht, völlig in die mir zunächst unbekannte Epoche einzutauchen und sie nachzuerleben. Umgangsformen von heute oder hippe Jugendsprache würden mir dieses Vergnügen ziemlich verleiden.

Außerdem macht es mich zuweilen ein wenig traurig, wenn ich mir die Entwicklung der deutschen Sprache ansehe und erkenne, wie viel sie von der Poesie der Dichter und Denker verloren hat. Einem kleinen Teil der nicht mehr so häufig verwendeten Wörter hauche ich darum umso lieber Leben ein, um sie zumindest in meinen Romanen nicht ganz der Vergessenheit zu überantworten.

Unter uns - ich schlage gern mal im Duden oder Fremdwörterlexikon nach, wenn ich dabei etwas lernen und meinen Wortschatz bereichern / meine Mitmenschen mit Wissen verblüffen kann. (O:

P.S: YOLO = You only live once, für die UHUs unter uns.







Dienstag, 26. August 2014

Gewinnspiel: Signiertes Exemplar von "Ausnahmsweise doppelgleisig"

Es ist wieder Zeit für eine Verlosung. Diesmal habe ich mich für meinen neu überarbeiteten Roman "Ausnahmsweise doppelgleisig" entschieden, der von der Beziehung eines Münchner Unfallchirurgen zu seinem *materialisierten* Schutzengel handelt. Es geht turbulent, humorvoll, dramatisch, emotional, ein bisschen fantastisch und tiefsinnig zu.






Um am Gewinnspiel teilzunehmen, nennt mir einen Romantitel, in dem es um eine ungewöhnliche Beziehung geht - sei das mit erheblichem Altersunterschied, einem Handicap, innere und äußere Konflikte, die das Paar bewältigen muss, etc. pp. Genre und Alter des Buches ist egal. Toll wäre es, wenn ihr kurz eure Meinung zur Geschichte kundtun würdet.

Eure Antwort (mit Kontaktmöglichkeit bzw. Email-Adresse) schreibt bis zum 1. September in den Kommentarbereich.

Alternativ könnt ihr mir eine Mail mit dem Kennwort "Quiz" schicken. Meine Email-Adresse lautet: chris009@gmx.net

Der arme Rechtsweg ist wie immer ausgeschlossen, wenn ich um 20.00 Uhr an diesem Tag Glücksfee spiele. Der Gewinner wird dann umgehend per Email benachrichtigt.


~~~


Weitere Regeln: 

- Ich versende deutschlandweit. Ins Ausland verschicke ich nur, wenn das anfallende Porto erstattet wird.

- Falls das Päckchen auf dem Postweg verloren geht, übernehme ich keine Haftung.


~~~

 Viel Glück allen Teilnehmern!





Montag, 25. August 2014

Fleißarbeit in Pastell

Wenn ich gerade nicht schreibe, schlafe oder arbeite, greife ich gern mal zu Farben und Papier. In unserem recht neu gestalteten offenen Atelier im WIRTHs HAUS bietet es sich geradezu an, mit verschiedenen Materialien zu experimentieren, dazwischen ein Käffchen zu schlürfen und kritisch oder - noch besser - wohlwollend die eigenen Werke zu betrachten.

Manchmal - ich gebe es zu - bin ich in vielerlei Hinsicht *zu* kritisch und fast perfektionistisch. Beim Malen empfinde ich diesen Druck, es besonders gut zu machen, seltsamerweise nicht. Vielleicht, weil ich es als Hobby betrachte, bei dem ich entspannen und ab und zu sogar meditieren kann.




Ein Bild, das dazu verführt hat, war mein zuletzt entstandenes mit Pastellkreiden. Eigentlich ziehe ich Aquarellfarben den Kreiden vor, doch ich muss sagen, es hatte etwas, sich lange und ausgiebig mit den Formen und der ungewöhnlichen Farbkombination zu befassen.

Dem Motiv liegt eine pilzförmige Schablone zugrunde, die ich zugeschnitten habe. Zunächst habe ich diese Schablone mit Bleistift kreuz und quer aufs Papier übertragen und anschließend überlegt, wie ich dem Motiv Tiefe verleihen kann. Was sich anhört wie eigenes Mandala-Zeichen, war letztendlich viel mehr, denn trotz meiner "Mal sehen, wohin es mich führt"-Einstellung wollte ich, dass das Bild einen künstlerischen Touch hat und vor allem, dass es mir gefällt.



Unsere Kaffee-Ecke im "Eine Art Café"


Erstaunt war ich von der Leuchtkraft der Pastellkreiden, die erst so richtig zur Geltung kommt, wenn man mehrere Schichten übereinander malt. Verwischt habe ich nur stellenweise - ich mag es, wenn man die Striche noch sieht, und außerdem vermeide ich gern das Trockenheitsgefühl, das die Kreide auf den Fingerspitzen hinterlässt. Ich war mehrere Stunden mit dem Ausarbeiten des Bildes beschäftigt und konnte meine Vorstellungskraft und Fantasie für diese Zeit auf Reisen schicken. So entstanden aus einem "Pilz" völlig verschiedene Figuren, je nachdem, wie die Fläche bemalt wurde. Und trotzdem steckt eine Menge Überlegung in diesem Bild. Ich finde, es würde sich sehr gut in einem Kinderzimmer machen. Oder in einer Kirche... (O;

Unsere Malkurse für Einsteiger, bei denen man ebenfalls ein solches Kunstwerk oder ganz aktuell Sonnenblumenbilder in verschiedenen Techniken herstellen kann, finden jeden letzten Samstag im Monat von 10.30 Uhr - 16.30 Uhr statt.





Samstag, 16. August 2014

Kurze philosophische Betrachtung über das Lesen und Schreiben...

... oder welche Romanfigur bist du?

Lesen bildet nicht nur. Es entführt den Leser in fremde, exotische oder längst vergangene Welten und Zeiten, und das ist es, was ich an diesem Hobby am meisten schätze. Es gibt (fast) nichts Schöneres, als sich vollkommen in ein gutes, fantasievolles Buch zu versenken. So tief, dass man alles andere um sich herum vergisst und sogar dringende Bedürfnisse auf einmal nicht mehr dringend sind, wie Hunger oder der Gang zur Toilette (dazu kann man das Buch ja mitnehmen... (O;).

 



Es tut mir ein bisschen leid, zu gestehen, dass ich dieses Gefühl schon lange nicht mehr hatte. Das liegt weniger an meiner Lektüre, sondern eher daran, dass es mir aufgrund beruflicher Herausforderungen und ja, warum nicht sagen, einem Stimmungsumschwung in meinem Leben nicht mehr allzu häufig gelingt, in den Tag hineinzuträumen oder mich von einer fesselnden Geschichte treiben und mitreißen zu lassen. Irgendwie vermisse ich das.

Für mich selbst bedeutet Lesen und auch Schreiben, dem Alltag für ein paar Stunden zu entfliehen. Nicht um ihn zu verdrängen oder weil man nicht gut drauf ist, sondern um seiner Kreativität und Vorstellungskraft freien Lauf zu lassen. Daher fällt es mir schwer, zur Feder zu greifen, wenn es mir nicht so gut geht. Ich bin kein "Krisen überwinden"-Schreiber - ich schreibe, wenn ich voller Inspiration bin und vor Einfällen nur so übersprudle. Auch das war in der letzten Zeit nicht oft der Fall. Meist breche ich angefangene Manuskripte oder Artikel frustriert wieder ab und warte weiterhin darauf, dass die Muse mich küsst. Bestimmt tut sie das mal wieder, doch bis dahin muss ich mich wohl in Geduld üben.

Meine Lieblings-Romanfigur in den Klassikern ist Dorothy mit Toto und den silbernen Schuhen (rot waren sie nur in der Verfilmung von 1939 mit Judy Garland, da das Silberspray nicht farbecht war).

 

 

Für mich ist "Der Zauberer von Oz" von Frank Baum ein ganz besonderes Buch mit einer herzerwärmenden Botschaft, die in vieler Hinsicht trotz des Alters der Geschichte aktuell ist und immer bleiben wird. Ähnlich wie Alice im Wunderland erlebt Dorothy haarsträubende Abenteuer, die sie ohne die Hilfe ihrer drei Weggefährten nicht so unbeschadet überstanden hätte. Und doch waren sie wichtig, um ihr zu einer Erkenntnis zu verhelfen, mit der sie in ihrem Heimatort Kansas glücklich wird. Zudem hilft sie nicht nur sich selbst: auch ihre Begleiter - die Vogelscheuche ohne Verstand, der Blechmann ohne Herz und der feige Löwe - lernen sich anders und neu kennen, indem sie herausfinden, dass das, wofür sie sich bislang hielten, eine Selbstlüge war und sie zu viel mehr fähig sind, als sie ahnten. Die Reise nach Oz hat sie stark werden lassen. Ein schönes Märchen, dem ein realistischer Gedanke zugrunde liegt, fantasievoll und spannend verpackt: So dürfen Bücher sein!







Dienstag, 12. August 2014

Der etwas andere Nachruf auf Robin Williams (1951-2014)

Als ich heute Morgen von Robin Williams' Tod im Radio gehört habe, konnte ich es erst gar nicht glauben. Da ich die Retrospektive seines Lebens nicht von Anfang an mitbekommen habe, dachte ich erst, er hätte einen runden Geburtstag oder sonst ein Jubiläum. Umso erschütterter war ich dann, als sein Tod erwähnt wurde, und das Gefühl war ähnlich wie bei Michael Jacksons unerwartetem Ableben vor sechs Jahren. Irgendwie eine Art traurige Verblüffung. Keiner der beiden gehörte zu meinen Favoriten, und doch fehlt etwas. Sowohl Michael Jackson als auch Robin Williams waren ein beständiger Teil meiner Kindheit und Teenagerjahre.

Dafür, dass ich Mr. Williams stets als zu nervig empfunden habe und seine Rollen oft zu plakativ und gutmenschelnd (Mrs. Doubtfire oder das vielgepriesene Good Will Hunting), habe ich doch erstaunlich viele komische und auch ernste Filme mit ihm gesehen. Und das spricht trotz meiner etwas ungnädigen Einstellung dem Schauspieler gegenüber für eine Vielseitigkeit und ein Talent, die in den letzten Jahren anscheinend zu wenig gewürdigt wurden.

Seine Paraderolle für mich war die des idealistischen, nonkonformen "Captain" John Keating im Club der toten Dichter - bis heute ein Film, der so aktuell ist wie damals, als er in die Kinos kam, vielleicht sogar aktueller und wichtiger. In komischen Rollen hat er mich mit seinem Herumgekaspere nie überzeugt - das mag aber daran liegen, dass ich Komödien im Allgemeinen nichts abgewinnen kann. Und trotzdem kenne ich von Mrs. Doubtfire über Jumanji und The Birdcage doch einige von Mr. Williams.

Ich weiß nicht, wie er als Mensch war oder ob er darunter gelitten hat, nicht mehr so gefragt zu sein wie in den 1990ern oder der Grund ein ganz anderer war, doch sein Tod macht mich in zweifacher Hinsicht traurig. In schwierigen Phasen den Kopf nicht hängen zu lassen, ist nicht einfach, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Ich wünsche mir, dass es ihm gut geht, wo er jetzt ist.





Es wäre schön gewesen, wenn er gewusst hätte, dass er mit seiner Vielseitigkeit und seinem Humor viele Zuschauer glücklich gemacht hat, und dass jeder steinige Weg auch zu etwas Neuem, Besseren führen kann. In seinen Filmrollen hat er das mehr als einmal bewiesen.







Sonntag, 10. August 2014

Arty Farty und Splattermovie ~ Gothic (1986)

Ich gebe es widerwillig zu: Seit ich "In Treatment" mit Gabriel Byrne gesehen habe, bin ich versucht, mir ein paar der alten Filme aus meiner heißen Fangirl-Phase wiederzubeschaffen. Zum Glück habe ich die wirklich guten Filme mit ihm aufgehoben, und eigentlich bin ich ganz froh, die schlechten losgeworden zu sein. Denn ehrlich, Rotten Tomatoes waren schon darunter. Bei einer konnte ich aber nicht widerstehen: "Gothic" habe ich leider neulich bestellt und gestern wieder angeschaut. 


 

 (Kurze) Handlung und Meinung: In dem Film geht es um den berüchtigten Besuch von Percy Shelley und seiner späteren Frau Mary, den sie dem berühmten Dichterkollegen Lord Byron 1816 im Genfer Exil abstatten. Dabei ist außerdem Marys Stiefschwester Claire, eine nervende, hysterische Gans, die behauptet, vom großen Poeten Byron schwanger zu sein. Was kein Wunder wäre und ist, so wild wie er über alles herfällt, das bei Drei nicht auf den Bäumen ist (was ich aber ganz witzig anzusehen fand). Timothy Spall, der ekelerregende Bösewicht, der in jedem Film die Hosen nicht nur sprichwörtlich herunterlassen muss, war auch mit von der Partie. Als schwuler, serviler Leibarzt des Lords, der sich vergeblich nach ihm verzehrt.

Der Arme scheint seit dreißig Jahren stereotyp gecastet zu werden.

Trotz Kult-Charakter geriet Gothic zu Recht bei mir völlig in Vergessenheit: es gibt keine Handlung, nur wirres Herumgerenne, tote Babyattrappen und mechanische lebensgroße Puppen, schwüle Erotik, Ekel-Effekte mit künstlichem Getier und mehr oder weniger angedeutete Sexspielchen zwischen den moralisch entfesselten Protagonisten, die den Zuschauer darauf hinweisen sollen, dass Byron der Vorreiter der Hippie-Bewegung war und seine Villa eine Art Kommune, in der zwei Frauen und drei Männer mithilfe von Opium und Laudanum ihren exzentrischen Wahn ausleben und damit, wie Percy Shelley / Julian Sands behauptet, die freie Liebe propagieren.

Am Morgen nach der Horrornacht kündigt Mary / Natasha Richardson versonnen ihre Absicht an, einen Roman zu verfassen, in dem sie eine nicht lebensfähige Kreatur wie ihr frühgeburtliches Kind zum Leben erweckt, und die Idee zu Frankensteins Monster war geboren.

Trotz der bildgewaltigen Sprache und unbestreitbar opulenten Szenen fand ich den Film langweilig, und schlimmer noch: bemüht. Teilweise waren die Kulissen zu künstlich und die Schauspieler zu dramatisch. Allen voran Julian Sands, damals ein Garant für Kostümfilme à la Merchant / Ivory oder schlechten Geschmack. Der einzige, dem es gelingt, seine Rolle mit Charisma auszufüllen, ist Gabriel Bryne alias Lord Byron. Und das sage ich nicht nur als Fan.

Einen latenten Unterhaltungswert und vor allem ein gewisses Maß an Kuriosität hat "Gothic" jedoch schon zu bieten, und wer sich gerne mal ein bisschen gruseln will und lässt (denn mit Spinnenweben überzogene Skelette in jeder Ecke sind wirklich out! Gruselig dagegen die Androiden und die Wachsbabys), verkraftet auch mal echten Trash ohne Anspruch. Außerdem gebührt dem Regisseur Ken Russell schon ein wenig Respekt: aus einem Drogentrip fast neunzig Minuten Film zu produzieren, gelingt nicht jedem.


Bewertung: Trashige

👍👍👍




Samstag, 9. August 2014

Der fesche Knabe auf dem Coverbild vom "Grafen"



Einige meiner Leser haben mich gefragt, wer denn der junge Mann auf dem Cover meines historischen Romans "Das Bildnis des Grafen" ist. Ich fand die Frage sehr aufmerksam und interessant, denn es steckt in der Tat eine Geschichte dahinter, die mit einem meiner Hobbies zu tun hat, dem Sammeln alter Fotografien.

Zunächst einmal muss ich leider alle enttäuschen, die eine mehr oder weniger entfernte Ähnlichkeit zu mir zu erkennen glauben: der junge Mann ist weder verwandt noch verschwägert mit mir - zumindest nicht, dass es mir bekannt wäre. Ich habe dieses Foto auf dem Trödelmarkt erstanden, als wir noch auf der Jagd nach einer Wanddekoration für unsere Gästetoilette waren. So manches hängt inzwischen in der Küche, aber die meisten der auf Pappkarton aufgezogenen Aufnahmen stapeln sich bisher noch im Schrank.




Das Originalbild meines jugendlichen Grafen, das im Roman Erwähnung findet, sieht man hier in der Mitte des Fotos, das eine kleine Auswahl meiner Sammlung repräsentiert. Es ist eine Ganzkörperaufnahme, die vermutlich einen Konfirmanden Anfang des 20. Jahrhunderts zeigt. Dafür sprechen der elegante Anzug und der Hut, der neben ihm auf dem Tisch liegt - vielleicht eine Art Uniform bzw. Tracht zur damaligen Zeit. In der linken Hand hält er ein Buch, und ich nehme an, es ist die Bibel. Ein Pfarrer a.D. ließ mich das wissen. In der ersten Ausgabe des Romans befindet sich das Foto noch im Original.




Hier ist die Rückseite der Fotoplatte. Das Foto wurde in einem Stuttgarter Atelier aufgenommen, und irgendwann später der Name des Abgebildeten mit Kugelschreiber dahinter verewigt. Die Schrift selbst sieht sehr alt aus (also wie die Schrift eines alten Menschen) und witzigerweise ein bisschen wie die meines Opa selig, der auch aus dem Schwäbischen stammte. Der Junge hieß wohl Adolf Nägele, wenn ich das richtig entziffere. Ich habe ein wenig gegoogelt und herausgefunden, dass es in Stuttgart eine Einzelhandelsfirma dieses Namens gab, die 1876 gegründet wurde, heute aber nicht mehr existiert. Es wäre möglich, dass es sich bei dem Buben um einen Sohn des Kaufmanns handelt.

Wenn Adolf Nägele wüsste, dass sein hübsches Jungengesicht für einen englischen Grafen aus einem Roman verwendet wurde, wäre er dann geschmeichelt oder verärgert?

Glücklicherweise verletze ich aufgrund des Alters der Fotografie keine Urheberrechte, da diese - sofern nicht anders angegeben - nach siebzig Jahren erlöschen. Aber es wäre trotzdem nicht unspannend zu erfahren, welche Geschichte wirklich hinter dem geheimnisvoll wirkenden jungen Mann steckt.




Samstag, 2. August 2014

WHOOT! Eine weitere Nominierung!



Hui! Ich wurde zum zweiten Mal nominiert, diesmal von Monika. Kennengelernt haben wir uns durch das Autorenportal Pagewizz, auf dem wir Artikel schreiben und veröffentlichen. Monika ist ein echtes Kölner Mädel, das ihre Stadt liebt und dort gerne mit ihrem Fotoapparat auf Streifzüge geht. Dabei zeigt sie nicht nur den Dom, sondern auch Sehenswürdigkeiten, die dem gemeinen Touristen (wie ich einer bin) gar nicht ins Auge fallen würden. Neben der Liebe zu ihrer Heimatstadt reichen ihre Interessen von kulinarischen und kulturellen Tipps über literarische Genüsse bis hin zu Empfehlungen für den Kölnreisenden. Sehr interessant und auf jeden Fall erst mal einen virtuellen Besuch ist ihr Blog wert, ehe man sich mit Haut und Haaren in die Rhein-Metropolregion stürzt.

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Ihre teilweise recht kniffligen Fragen an mich lauten wie folgt:

 1. Woher nimmst du deine Themen? Wer oder was inspiriert dich? 
Ich blogge über Themen, die mich interessieren und beschäftigen. Vorzugsweise über Filme, Bücher (auch Leseproben meiner eigenen) und gelegentlich sogar Ernstes. Persönlich werde ich dabei nicht so gerne, aber manchmal muss auch das sein. Inspiriert werde ich vom Tagesgeschehen oder Dingen und Personen, die mir wichtig sind.
 2. Gehst du beim Bloggen routiniert vor oder entscheidest du spontan, was du schreibst?
Spontan. Als ich anfing, war es durch den selbstauferlegten Druck, regelmäßig zu posten, schwieriger. Mittlerweile sehe ich das entspannter.
3. Und im Leben? Routiniert oder spontan?
 Ganz ehrlich? Routine ist mir fast lieber. Ich kann spontan sein, wenn es die Situation erfordert, habe aber die Gabe, auch einen geregelten Tagesablauf schätzen zu können.
4. Was machst du, um deinen Blog/deine Blogs bekannter zu machen?
Ich bewerbe ihn auf Foren und SocialMedia-Plattformen. Im Grunde genommen blogge ich aber nicht, um ein möglichst großes Publikum zu erreichen, sondern mehr aus Spaß und wenn ich Lust und Laune habe.
5. Liest du regelmäßig andere Blogs?
Nicht mehr so häufig, ich gestehe...*schäm*
6. Was machst du, wenn du nicht bloggst?
Jetzt wird es aber intim, oder?^^ Ich lese und schlafe gern. Dazwischen versuche ich, meine kreative Ader auszuleben.
7. Wie entspannst du dich am besten?
Abends vor dem Fernseher oder im Sommer bei einem gepflegten Glas Wein oder einer Flasche Bier auf dem Balkon. Schön und entspannend ist auch gemeinsames Einverständnis, ohne etwas sagen zu müssen.
8. Ab in die Zeitmaschine! In welcher Zeit würdest du gerne leben?
Erst neulich habe ich dazu einen Test gemacht und herausgefunden, dass das Industrielle Zeitalter am faszinierendsten für mich wäre. Merke: Tests haben immer recht!
 9. Was ist dein Lieblingsbuch (oder dein Lieblingsfilm, wie du möchtest)?
Da ich mich bei Filmen schwer entscheiden könnte, es es der Roman "Nacht ohne Gesicht" von Rennie Airth, der mich zu meinem historischen Kriminalroman "Das Bildnis des Grafen" inspiriert hat.
10. Hast du einen Spleen?
Wahrscheinlich nicht nur einen, nur will mir jetzt gerade keiner einfallen. Am besten, du fragst diejenigen, die täglich mit mir auskommen müssen. (O:
11. Wie sieht es auf deinem Schreibtisch aus? Eher: Ordnung ist das halbe Leben oder eher: Wer Ordnung hält ist nur zu faul zum Suchen.
 Klingt langweilig und gar nicht nach kreativem Chaos: Das erstere. Mein Schreibtisch ist für ein Laptop *und* Unordnung einfach zu klein, letzteres kann ich mir nicht leisten.

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Meine nominierten Blogs: 











Eure Fragen sind die gleichen, die Monika mir gestellt hat. Kopiert sie mit Copy und Paste, löscht meine kultivierten Antworten und ab geht die Post!

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So gebt ihr den "Liebster Award" weiter:

1. Verlinkt die Person, die euch nominiert hat. In diesem Fall mit: Christine Wirth
2. Beantwortet meine elf Fragen.
3. Wählt Blogs aus und nominiert diese.
4. Teilt den Bloggern mit, dass ihr sie nominiert habt.
5. Denkt euch elf Fragen aus, die ihr den Bloggern stellt, die ihr nominiert habt. Viel Freude dabei!

Etwas, das mich beschäftigt...





Lange habe ich überlegt, ob ich darüber schreiben soll, doch Schweigen hat dieses Land schon einmal die Freiheit gekostet: Ich stehe für Israel und gegen Antisemitismus ein. Nicht nur angesichts Deutschlands Geschichte ist es wichtig, alles dafür zu tun, dass sich Zustände wie vor siebzig, achtzig Jahren nicht wiederholen - und nach dem, was ich in den letzten Wochen höre und sehe, sind wir in Europa - einer freien Demokratie wie übrigens auch der Staat Israel - kurz davor. Es macht mich traurig, zu sehen, wie Werte, die in unserem Grundgesetz verankert sind - nämlich Menschenwürde und das Recht auf religiöse Freiheit - auf einmal mit Füßen getreten werden.

Gestern war ich auf einer Kundgebung in Stuttgart am Schlossplatz. Vor ca. 700 Leuten hatten Redner aus führenden Positionen das Wort, Rabbiner, Christen, Botschafter und die israelische Sängerin Vesna Buehler, die das Programm musikalisch untermalt hat. Und ich war beeindruckt von der friedlichen Atmosphäre, der Gelassenheit und vor allem dem Mut und der Ausstrahlung, die die Redner bewiesen, während vom Rande der Kundgebung Gegendemonstranten hinter Polizeiaufgebot Hasstiraden und Schmährufe auf uns niederließen, die so furchtbar waren, dass ich tatsächlich froh war, in der Mitte einer Gruppe zu stehen, wo ich mich sicher fühlen konnte.

Ganz zum Schluss sangen alle mit Vesna Buehler das hebräische Lied "Hine Ma Tov". Zuvor hatte sie darauf hingewiesen, dass die protestierenden Araber nicht davon ausgenommen sind und sich jeder nach Brüderlichkeit sehnt.




Der Tag war sehr bewegend und hat Hoffnung in mir geweckt, nachdem ich über die jüngste Entwicklung und den Hass vor allem in den Medien und auf Online-Plattformen wie Twitter und Facebook sehr schockiert war. Ich gehe nicht gern für etwas auf die Straße bzw. zeige offen Flagge, aber hier springe ich über meinen Schatten, weil es nötig ist und ich nicht warten will, bis andere es tun. Free Gaza? Sicher. Nicht von Israel, das sich gegen ein brutales Regime verteidigt, in dem Menschenleben nur zählen, wenn man sie als Opferzahl medienwirksam verkaufen kann. Sondern von der Terrororganisation Hamas.



Bilder mit freundlicher Genehmigung von Vesna Buehler, Ines Rogg



Mittwoch, 30. Juli 2014

Leseprobe "Fairlight" (II)

Das schwüle Wetter zurzeit macht mich ein wenig ramdösig. Daher erlaube ich mir heute ausnahmsweise, schreibfaul zu sein und ohne große Einleitung eine Leseprobe aus meinem Roman "Fairlight" zu posten.




Darin geht es um eine mysteriöse Familie auf einem abgelegenen Anwesen in Mittelengland um 1916. Drei Ärzte werden "notgedrungen" von dem aus Frankreich heimkehrenden Soldat Francis Fairlight als Gäste aufgenommen, als sie auf dem Weg zu einem Medizinerkongress nach London eine Reifenpanne haben.

Dieses Buch ist ein Beispiel für detailiertes Setting, da der "Star" des Romans der düstere, buchstäbliche Herrensitz ist. Ich hoffe, ich habe mich nicht zu sehr in Kleinigkeiten verloren - ein Schönheitsfehler, der mir hin und wieder unterläuft, wenn mir Szenen allzu bildhaft vor Augen stehen.^^

Feel-Good-Reader beware: "Fairlight" behandelt delikate Themen, die weder für Kinder noch für Sensibelchen geeignet sind.

Bildquelle: Pixabay





Montag, 28. Juli 2014

Das Setting bzw. der Schauplatz eines Romans

Angestoßen durch einen kritischen Artikel eines Schriftsteller-Kollegen habe ich mich neulich gefragt, wie wichtig das Setting und die damit verbundene Atmosphäre eines Romans ist. Selbstverständlich ist eine ausführliche Beschreibung von abgefahrenen Parallelwelten in Fantasy und Science Fiction unabdingbar und erwünscht, aber wie ist das eigentlich bei historischen Erzählungen, Krimis oder Liebesromanen?

Für mich persönlich kommt es auf die Geschichte und die Handlung an. Es gibt Bücher, die in ihrer Knappheit an Details durchaus ihren Reiz haben und wo "langatmige" Beschreibungen sogar stören würden. Irgendwie scheint es mir, dass der Leser im Allgemeinen die Fähigkeit hat, sich auf die aktuelle Lektüre einzustellen. Wenn ich von mir ausgehe, trifft das zu. Meist schätze ich ausgedehnte Beschreibungen - sowohl als Leser als auch Autor. Mir gefällt es, in eine Welt abzutauchen, die der Autor oder ich selbst genau vor Augen hat / habe. Bei "fremden" Werken lasse ich mir durch genaue Beschreibungen nicht mein Kopfkino vermiesen - eher im Gegenteil. Gerade in historischen Krimis wie "Nacht ohne Gesicht" von Rennie Airth und der "Monk"-Reihe von Anny Perry helfen Details der Umgebung und der damaligen Mode bzw. der spezifischen Epoche, sich voll in den Roman hineinzugeben und ein unvergessenes Leseerlebnis zu haben und im besten Fall auf unterhaltsame Weise noch etwas über Geschichte zu lernen.

Oft kann man sich in historischen Romanen kein wirkliches Bild machen, wenn das Setting und der Schauplatz als lästiger Zusatz verstanden werden, der vom Autor merklich widerwillig in drei Sätzen eingestreut wird. Ein Beispiel will mir hier nicht sofort einfallen, aber ich wette, der eine oder andere weiß, was ich meine.

Auf der anderen Seite stehen Bücher wie die rasanten, frivolen Geschichten des französischen Schriftstellers Philippe Djian ("Betty Blue - 37,5°C am Morgen"), in denen das Setting meist in nur einem lässig dahingeworfenen Nebensatz Erwähnung findet, wenn überhaupt. Trotzdem zeigt sich sogar sein Antiheld oft überraschend romantisch, wenn er einen Sonnenuntergang beschreibt oder welchen Genuss ihm eine Zigarette, Sex und eine Flasche Bier bereiten. Djians Stil in seiner berühmt-berüchtigten Betty-Trilogie ist übrigens derart minimalistisch, dass der Ich-Erzähler namenlos bleibt.




Es ist für Autoren nicht einfach, gerade in der Frage des Schauplatzes ein gutes Maß zu finden, das sowohl Leser als auch Autor zufriedenstellt. Schließlich will man nicht mit seitenlangen Nebensächlichkeiten langweilen, doch der Spruch "In der Kürze liegt die Würze" findet vor allem bei Bestseller-Autoren wenig Anklang. Ich denke da an Epen-Verfasser wie Diana Gabaldon, die immer noch an ihrer Outlander-Saga um Jamie und Claire bastelt, und George R.R. Martin mit "Game of Thrones". Für beide Autoren hat sich der epische, weit ausholende Stil bewährt. Klar, sie schreiben eine Mischung aus Historie und Fantasy, ein Genre, das Details verlangt. Und dennoch würden sie sich vermutlich mit Kurzgeschichten schwerer tun. Ein ausgefeiltes Setting versprüht zugleich Atmosphäre und hilft, sie aufzubauen; darauf will kein Autor verzichten.

Die große Kunst ist natürlich, Atmosphäre ohne lange Beschreibungen zu erzeugen. Viele Leser/innen, die ich kenne, bevorzugen dennoch einen dicken, epischen, ausführlichen Schmöker, sind aber knackigen Kurzbeschreibungen keinesfalls per se abgeneigt. Mich eingeschlossen.


Bildquelle: Tama66, Pixabay



Mittwoch, 23. Juli 2014

Heißer Serien-Tipp: "In Treatment"

 *Schnüffi* Nach vier Wochen musste ich Dr. Paul Weston und seine Patienten ziehen lassen - die dritte und letzte Staffel wurde fertiggeguckt, und das beinahe in Rekordzeit. Ehrlich, die Serie, so unspektakulär wie sie anfangs scheint, hat mich völlig in ihren Bann gezogen. Das lag vor allem an Gabriel Byrne als krisengeschütteltem und doch überzeugendem Psychologen, aber auch an den verschiedenen "Patienten", die einem mehr oder weniger ans Herz wachsen. Ein merkwürdiges Phänomen war das: im Lauf der Sitzungen entwickelt man für die meisten, auf den ersten Blick absurd oder bockig reagierenden Patienten tatsächlich trotz ihrer Macken Sympathien, sei das ein überarbeiteter CEO, eine alternde Schauspiel-Diva oder ein sich fehl am Platz fühlender indischer Großvater.

 



Inhaltlich gibt die Serie so wahnsinnig viel her, dass eine Kurzbeschreibung hier den Rahmen sprengen würde. Neugierige und Spoiler-Fans dürfen sich jedoch gern auf Wikipedia schlau machen.

Leider wird es keine vierte Staffel geben, obwohl die Quoten recht hoch waren: Gabriel Byrne wollte die Aufmerksamkeit nicht, die ihm mit der Serie plötzlich zuteil wurde (Aw, er sieht nicht nur toll aus, er ist auch noch bescheiden!). Die dritte Staffel ist außerdem schon vier Jahre her. 

Mein persönlicher Favorit unter seinen Fällen war der Teenager Sophie. Ich glaube, zwischen den beiden Schauspielern hat einfach sofort die Chemie gestimmt, und es ist schön und *cozy*, zu sehen, wie wohl sich Sophie bald in Pauls Praxis fühlt. So wohl, dass sie sogar eine Pizza dorthin bestellt und in ihm einen Vaterersatz sieht; einen Vater, der ihr zuhört und sie ernst nimmt. Oder ihm auf Spanisch ein ungewöhnliches Kompliment macht. Sie ist zudem die einzige Patientin, für die die Gespräche mit Paul zu einem offensichtlichen Happy End führen: in der zweiten Staffel bewertet sie Paul auf dessen verwaister Internetseite mit den Worten: "He saved my life".

Die meisten anderen Fälle nehmen - nicht selten aufgrund Pauls persönlicher Anteilnahme - einen nicht ganz so glücklichen Verlauf. Aber es gibt in der Tat einen fast humorvoll-wehmütigen Fall in der dritten Staffel, in dem Paul zwar seiner Intuition vertrauen konnte, sich aber völlig von Sunil (besagter indischer Großvater) aufs Glatteis hat führen lassen, was ihn so verärgert, dass er zunächst nicht wertschätzen kann, dass er Sunil auf subtile Weise geholfen hat, sein Ziel zu erreichen. Diese Seite mag ich auch an Paul: er kann, vor allem außerhalb seiner Sprechstunden, deftig irisch fluchen und auch Unsicherheit und Verwundbarkeit zeigen. Fast bittersüß sind die etwas unbeholfenen Szenen mit Max, seinem Sohn, der nach der Scheidung der Eltern beschließt, zu seinem Vater auszureißen und mit ihm zu wohnen. Davon hätte ich mir ein bisschen mehr gewünscht, doch Pauls Privatleben wird meist nur kurz im Vorspann angerissen und dann später von seiner Mentorin Gina respektive ihrer Nachfolgerin Adele zerpflückt.

Und letztlich waren es oft verschwindend kleine Szenen, bei denen mein Herz einen Sprung gemacht hat vor Rührung. Der Tod von Pauls Vater beispielsweise, und wie Paul unter seinem Nachlass seine Uhr findet und umbindet, obwohl sie nicht einmal geht. Pauls Antwort zu Sophies Vermutung, dass er wohl tief graben muss, um etwas Liebenswertes in ihr zu finden.

Die Serie gibt es nicht in deutscher Synchro oder mit deutschen Untertiteln (ich habe gesehen, dass sie aktuell wohl im Schweizer Fernsehen läuft), aber wenn ich ehrlich bin, würden fremde Stimmen das Ganze nicht so glaubwürdig machen wie das Original. In den therapeutischen Sitzungen spielen besonders Mr. Byrnes tiefe Stimme und der ruhige Tonfall eine wichtige Rolle, die mit der hart klingenden Synchronisation verloren gehen.

Wirklich schade, dass es nicht mehr Staffeln gibt. So charismatisch ich Mr. Byrne als Filmschauspieler finde, mit Dr. Paul Weston wurde ihm eine Serienrolle auf den Leib geschneidert. Kein anderer hätte das besser hinbekommen, die Gratwanderung zwischen Traurigkeit und Empathie, Warmherzigkeit und Unzufriedenheit, und dem Wunsch, anderen helfen zu wollen, sich zu investieren und doch frei und unabhängig zu sein. Eine bemerkenswerte Serie, die für anspruchsvolle Zuschauer mit Intelligenz, Herz und Englischkenntnissen ein absoluter Geheimtipp ist!




Samstag, 19. Juli 2014

Jetzt hat es mich, das Gesichtsbuch!

Nachdem ich wirklich lange mit Facebook gehadert und mich vor zwei Jahren eher widerwillig angemeldet habe weil ich in hundert Jahren keine der 485 Trillionen Facebookleichen sein will, habe ich mir heute eine Autorenseite eingerichtet.


Pixabay /geralt

 Hauptsächlich werde ich dort von und über meine Werke schreiben, Ausschnitte zitieren und  Hintergrundinfo und ein paar unvermeidliche Weisheiten zum Besten geben. Mein erster Beitrag erzählt davon, wie und warum ich auf die Idee kam, "Das Bildnis des Grafen" zu schreiben. Er findet sich auch hier auf meinem Blog wieder, den ich hoffentlich aufgrund der FB-Seite nicht vernachlässige.

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber Facebook hat für mich erhebliches Suchtpotential im Gegensatz zu Twitter oder Google+. Ständig will ich wissen, was es Interessantes und Neues gibt, ob mir jemand gepostet hat, einen Link gelikt etc. etc. Bei den anderen Plattformen, auf denen ich mehr oder weniger aktiv bin, besteht die Gefahr nicht so sehr. Eigentlich bin ich direkt froh, dass ich kein Smartphone habe; mein altersschwaches Handy unterstützt die mobile Funktion nicht, sonst würde ich wohl auch unterwegs der Versuchung nicht widerstehen können. Irgendwo muss es ja auch noch ein Leben jenseits des Internets geben.

Trotzdem freue ich mich natürlich über Besucher auf meiner nagelneuen Seite, zu der es hier lang geht: *Klick*




Donnerstag, 17. Juli 2014

Das "Wir"-Gefühl und der Gaucho-Tanz

Deutschland ist Fußball-Weltmeister. Vermutlich weiß es schon jeder, und trotzdem muss ich im Nachhinein ein wenig darüber sinnieren. Es gab ja bereits einige Pannen während der WM, und nun auch noch der Eklat mit dem "Gauchotanz" auf der Siegesfeier in Berlin, zu dem man den ansonsten ernsten Jogi und seine Mannen wahrscheinlich gezwungen hat. Oder korrumpiert... (O;

 

Stocksnap /Pixabay


Wie auch immer, Patriotismus ist in Deutschland eine zweigeteilte Sache und nicht besonders gern gesehen. Vor allem dann nicht, wenn sich Jogis Jungs in trunkener Feierlaune über ihre sportlichen Gegner lustig machen. Ich habe die Fernsehübertragung der Feier nicht angesehen, finde es aber durchaus legitim, ein wenig Schadenfreude über die zuvor siegessicheren Argentinier auszuschütten. Umgekehrt hätten das Messi und Co. evtl. auch getan, und niemand hätte deswegen die Hände gerungen oder einen empörten Aufschrei fahren lassen. Im Gegenteil, das argentinische Volk hätte gelacht und sich darüber gefreut, die unbeugsamen Teutonen besiegt zu haben. Und Diego Maradona am lautesten.

Moment mal. Das Volk? Hat nicht die Mannschaft gespielt und im Schweiße ihres Angesichts Pokal und Titel errungen? Das sind doch nur elf, bestenfalls dreiundzwanzig...? Ja, natürlich. Aber wir haben schließlich vier Wochen lang gespannt mitgefiebert, gegrölt und angefeuert, wir, das Volk. In jedem Land.

Meine russische Brieffreundin hat mir nach dem Finale geschrieben und mich euphorisch beglückwünscht. Deshalb sind auch *WIR* Weltmeister.

Bei der vollmundigen Behauptung muss ich jedes Mal ein bisschen grinsen. Ich freue mich für Jogi Löw und seine Buben, hatte ein paar vergnügliche und oft auch nervende Momente vor dem TV (denn ich habe mich mehr in Fußball involviert als ich ursprünglich wollte), aber ich fühle mich darum noch lange nicht als Weltmeister. Vielleicht fehlt mir das "Wir"-Gen. Das Gefühl, sich mit etwas oder einer Gruppe völlig solidarisch zu erklären, das hat nicht jeder. Nicht einmal während einer WM. Meine Maxime war, dass das Bessere gewinnen möge. Und der Beste war nun mal Deutschland, ob mir das passt oder nicht.

Auch liegt in der Tat gerade im Fan-Sein die Gefahr, sich den anderen überlegen zu fühlen. Das fängt im Kleinen an und zieht unter Umständen Kreise. Man ist ja so viel stärker in der Gruppe und außerdem etwas Besonderes. Was, wenn einer mit der hirnrissigen Ideologie einer überlegenen Rasse kommt und alle anderen ansteckt wie vor knapp neunzig Jahren? Versteht mich recht, ich bin kein orakelnder Pessimist. Ich habe nichts gegen fahnenschwenkende Patrioten und jubelnde Fans. Solange es dabei bleibt. Doch die Geschichte hat nicht nur in unserer düsteren Vergangenheit von 1933 - 1945 gezeigt, wohin Selbstüberschätzung und Überheblichkeit führen können. Gerade in Stadien findet man immer wieder abschreckende Beispiele und Gesichter von Faschismus. Ist es Zufall, dass die Kampagne "Say No to Rassism" gerade bei Fußball-Ereignissen groß ins Bild und auf Werbebannern eingeblendet wird?

In diesem Sinn betrachte ich den "Party-Patriotismus", wie es in der Presse so schön heißt, mit gemischten Gefühlen. Jeder sollte das Recht dazu haben, stolz zu sein auf sein Land und andere Nationen auch mal ein bisschen durch den Kakao zu ziehen, solange es ohne Konsequenzen bleibt und niemandem schadet. Aber wachsam sollte man bleiben, gerade in unserem Land. Auch wenn ich die Schlagzeile "Ekelhafte Nazis" mehr als ekelhaft melodramatisch finde.