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Dienstag, 30. April 2019

BUGA 2019 Bundesgartenschau in Heilbronn

Merkwürdig, wie sehr man seine Prioritäten im Lauf des Lebens verändert. Bis vor einigen Jahren hätte ich nie gedacht, dass ich einmal ein begeisterter Blumenfan sein würde. Ein bisschen kenne ich mich mittlerweile auch aus in der Fauna und Flora und freue mich, wenn ich eine seltene Pflanze benennen kann.

Karl, das unbeliebte Maskottchen

Gestern haben wir spontan einen Familienausflug nach Heilbronn zur Bundesgartenschau geplant, und ich war fast närrisch vor Freude. Die eher negative Publicity und den Boykottaufruf aufgrund fahrlässig ertrunkener Entenküken und dem für viele Leute grotesken Gartenzwerg Karl kann ich nicht nachvollziehen. Natürlich ist das mit den Entchen tragisch und hätte vermieden werden können, aber ganz ehrlich, mit Absicht ist es bestimmt nicht geschehen, und den kleinen Karl-Kerl in verschiedenen Variationen im Gelände fand ich recht niedlich.




Vielleicht waren aber auch die doch recht saftigen Eintrittspreise, der Montag und das durchwachsene Wetter schuld am geringen Publikumsverkehr. Aber gerade darum und weil wir als Familie endlich mal wieder etwas gemeinsam unternommen haben, war der Tag etwas Besonderes für mich. Von 11.00 Uhr bis 16.00 Uhr gab es wogende Blumenmeere, riesenhafte Wüstenkakteen, Gartenzwerge im Materialmix und verschiedene Ökosysteme und neue Technologien nach dem Vorbild der Natur zu bestaunen. Selbst als Kaiser konnte man auf dem hölzernen Thron posieren oder sich auf dem Kletterspielplatz tummeln.

Die Genussmeile musste natürlich auch abspaziert werden, nur um dann festzustellen, dass man in der alten Reederei am Anfang der Meile lieber mal schwäbische Spezialitäten wie das "Böckinger Feldgschrei" ausprobiert hätte. Das entpuppte sich ein bisschen als Enttäuschung, denn das Wurzelgemüse mit Spätzle und Rindfleisch wurde in einem bedienunfreundlichen Einweckglas serviert (man kann's auch übertreiben mit der sprichwörtlichen Sparsamkeit).


Ein Highlight. Kakteen wie im Südwesten der USA.

Das ist allerdings mein einziger Kritikpunkt, und irgendwie war es dann doch ganz originell und witzig, sobald man sich daran gewöhnt hatte. Geschmeckt hat es auch, und das ist ja die Hauptsache. Immer wieder stießen wir auf Ruheoasen wie Strandkörbe (wo leider kein Cappuccino serviert wurde), gewaltige Ruhekissen auf den Rasenflächen und Hängematten. Schön war auch die Markthalle, in der exotische Gewächse und Verkaufsläden untergebracht sind.




Entzücken rufen natürlich die Dauergäste hervor. Und zwar nicht unbedingt die menschlichen Bewohner inmitten des Geländes in unterschiedlich gestalteten "Riesenbienenkörben", die eine Art isolierte Stadt bilden und wohl das Wohnen der Zukunft sind, sondern die vielen Enten, Gänse und Schwäne, die nun mit ihrem Nachwuchs umherwatscheln und sich von den Besuchern scheinbar nur wenig bis gar nicht gestört fühlen.

Die BUGA in Heilbronn findet noch bis Mitte Oktober statt. Ich würde es jedem empfehlen, ob Blumenfreund, mit Familie oder Single. Auf keinen Fall die Kamera vergessen. Und den pinkfarbenen Karl als Schlüsselanhänger. Wetten, dass der irgendwann Kult ist?


Auch Papa kommt auf seine Kosten: Schippern im Schiff-Shuttle.


Mittwoch, 17. April 2019

Mein Sous zum Brand von Notre Dame

Gruselig war's. Kaum wurde der Brand des Unesco-Kulturerbes entdeckt, war ich live dabei. Über Facebook. Und las Kommentare wie "Hoffentlich ist es nicht so schlimm, wie es aussieht." Ach nee, dachte ich, das haben die bald unter Kontrolle. Pustekuchen. Flammen schlugen immer höher, und als der dünne Spitzturm brach, war das wie ein Aufschrei. Ich war fassungslos. Fast am Weinen. Die Kathedrale habe ich zweimal besucht, einmal als Austauschschülerin in Paris, dann als Erwachsene während eines Wochenendtrips dorthin, der mich zu "Vom Ernst des Lebens" inspiriert hat.


Quelle: Christine, damals 14 und Kulturmuffel

Ein bisschen haben mich die Besucher damals genervt. "Du musst unbedingt das Rosenfenster fotografieren!" hieß es, und ich dachte mir, dass es schon so oft geknipst worden sein muss, dass mein Bild nur langweilig werden kann. Wurde es auch, und viel zu dunkel, weil man während des Schüleraustausches in Kirchen und Museen nicht mit Blitz fotografieren durfte und das Smartphone noch nicht erfunden war. Auch mein Außenporträt ist kein Meisterwerk, aber immerhin ein Beweis: ich war da. Und daher nehme ich mir das Recht heraus, zu trauern um ein Gebäude, das jahrhundertelang die Menschen zum Staunen gebracht, erfreut und getröstet hat. Mich lange nicht, denn Notre Dame ist weit weg, ich bin kein Kirchgänger und eigentlich eher pragmatisch veranlagt, was Gebäude betrifft, solange ich nicht selbst darin wohne.

Trotzdem verstehe ich die Trauer der Franzosen und Pariser, und ja, ich verstehe auch die Bereitschaft, Millionen zum Wiederaufbau zu spenden. Architektonische Meisterwerke wie Notre Dame prägen ein Volk, gehören zur Kultur. Kein Erdenbewohner seit 1345 hat Paris je ohne die Kathedrale erlebt bis zum 15. April 2019. Und plötzlich ist sie innerhalb weniger Stunden zerstört, eine scheinbar unverwundbare Trutzburg, ein wunderschönes Beispiel der Gotik und Tempel des christlichen Glaubens. Da kann man schon mal an eine Symbolik denken, die mit den abendländischen Werten und deren Untergang zu tun hat. Das fand ich aber übertrieben, ebenso wie sofort aufbrandende Verschwörungstheorien und die Empörung über die millionenschweren Spenden, die in den Wiederaufbau fließen sollen.


Wird es je wieder so sein? Quelle: kirkandmimi / pixabay

Die Tragödie von Notre Dame hat das Land erschüttert, und die Welt nahm Anteil. Ist die Aussicht auf eine baldige Rekonstruktion nicht ein Trost, der gewährt werden kann und vielleicht auch sollte? Natürlich könnte man mit den Spenden, die mein mathematisches Vorstellungsvermögen weit übersteigen, etwas für die Menschen tun. Menschen, die leiden und in Not sind. Menschen sind immer mehr als Stein, Holz und Blei.

Und trotzdem, irgendwie kommt es mir richtig vor, Notre Dame erhalten bzw. rekonstruieren zu wollen. Die Erklärung ist vielleicht naiv und simpel, aber nichtsdestoweniger wichtig. Für die Pariser ist sie das Herz ihrer Stadt, und für alle Anreisenden und Touristen eine Station, in der sie Ruhe finden können. Und auch ein wenig Ehrfurcht vor der Vergangenheit und der Vergänglichkeit. Denn dass nichts von Menschenhand für die Ewigkeit hält, hat uns der Montag vor zwei Tagen deutlich bewiesen.