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Freitag, 21. August 2020

Bilanz zum bisherigen Corona-Jahr 2020

Zeit, mal wieder ein bisschen philosophisch zu werden, und dieses Jahr bietet bisher eine Menge dazu. Denn es ist ein Jahr, das keiner von uns ähnlich erlebt hat, gelten doch Pandemien in der westlichen Hemisphäre als so gut wie ausgerottet. Das Corona-Virus hat uns eines Besseren belehrt. Als wir so feucht-fröhlich ins neue Jahrzehnt hineingefeiert haben, jeder voller Pläne und Hoffnung, hatte noch niemand an Einschränkungen des öffentlichen Lebens und "social distancing" gedacht, obwohl das Virus bereits im Umlauf war. Lange wurde die Gefahr ignoriert, und als sie schließlich Europa erreichte und publik wurde, war meine erste Reaktion "Das kann doch nicht sein!" und "Falls doch, ist da etwas Merkwürdiges im Labor passiert, das man uns verschweigen möchte, damit nicht die ganze Welt in Panik verfällt."

 

 

Wirklich ernst genommen habe ich persönlich die Situation erst Mitte März, als plötzlich Veranstaltungen selbst in unserer kleinen Stadt auf unabsehbare Zeit verschoben oder komplett abgesagt wurden und ich in meiner Bankfiliale auf den herzigen Spruch stieß "Wir begrüßen Sie mit Herz, nicht mit der Hand". Mittlerweile ist diese Filiale seit Monaten nur noch für "Laufkunden" zugänglich, die Geld ein- oder auszahlen. Und natürlich betritt man sie mit Maske und maximal zu dritt. Ich habe damals ein bisschen geschmunzelt, als eine Freundin mir erzählte, in Italien sei das der Normalfall auch in Läden. Kurze Zeit später kam er dann auch zu uns, der unabwendbare Lockdown. Ein letzter Einkauf in der Kurzwarenabteilung meines Vertrauens, und wir hatten sie - oder besser, sie hatte uns - die Ausnahmesituation Corona. Zum Glück sind meine Familie und ich bei guter Gesundheit, ernähren uns ausgewogen und haben den festen Glauben in Gott, dass alles gut wird. Ich glaube, hätte ich auf all die (Fake-)News und Nachrichten Wert gelegt, wäre ich wohl ausgeflippt.

Gelitten haben wir unter dem Lockdown nicht wirklich, auch wenn mir die lokalen Einzelhändler, Gastronomen und Kulturschaffende, die auf ein Publikum und Tantiemen angewiesen sind, leid getan haben bzw. leid tun (kann es als ehemalige Einzelhandelskauffrau gut nachempfinden) und ich es immer noch tragisch finde, dass z.B. Schausteller nicht arbeiten dürfen und Schulkinder dauerhaft Masken tragen müssen. Überhaupt, die Kinder... aber das Thema würde ausufern, daher möchte ich es hier nicht vertiefen. 

Unser Online-Shop, über den wir Rollläden und Zubehör verkaufen, ging überraschend gut weiter, sogar besser, da viele Menschen wohl endlich Zeit hatten, etwas zu Hause in Angriff zu nehmen, was lange liegengeblieben ist. Das sah man ja auch in den Baumarktketten, die erstaunlicherweise geöffnet blieben; anders als kleine Läden, die jetzt mehr denn je um ihre Existenz ringen. Allerdings wurde man dort auch erfinderisch und bot einen Lieferservice an, markierte Schaufenster für die Kunden, damit die Ware genau beschrieben werden konnte und offerierte Tagesmenüs auf Rädern, teilweise sogar angeliefert mit Oldtimern vom Museum.

Bekannte von mir bestellten über Facebook ihre Püppchen-Doppelgänger. Wohl auch, um mich in den schweren Zeiten finanziell zu unterstützen und mich häkelmäßig zu beschäftigen. Die Auslandspost, mit der ich normalerweise verschicke, war ja praktisch lahmgelegt. Selbst jetzt kommen Päckchen ausschließlich mit horrend hochpreisigem Premiumversand nach den USA, wo meine Stammkundschaft sitzt. An dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an Sabina, Stefan und Klaus! Es war mir ein Vergnügen, euch bzw. euren Liebling im Miniformat zu kreieren.


Beffan für Hannah

 

Einfallsreich war man also, auch wenn es natürlich bis heute nicht an die üblichen Umsätze heranreicht. Trotzdem fand ich den Lockdown und die damit einhergehenden Regeln nicht so schlimm, bin ich ohnehin gern daheim und habe es mir dort gemütlich und kuschelig gemacht. Gerade in der kalten Jahreszeit war das keine Strafe. Auch wenn es abgedroschen klingt: es hatte auch etwas Gutes, mal runterzufahren und sich bewusst zu machen, in welchem Überfluss und Luxus wir leben, den wir als selbstverständlich und unser gutes Recht betrachten, genau wie die Freiheit, die derzeit kontrovers diskutiert wird. Aber im Großen und Ganzen finde ich, dass wir die Krise ganz gut meistern. Fast ein wenig Panik geschoben habe ich nur, als das Klopapier an der Börse hätte gehandelt werden können und so knapp war, dass ich mir wie ein Schatzsucher vorkam, als ich die letzte Packung auf der am Morgen gelieferten Palette abgreifen konnte. Der Run auf Klopapier - das "weiße Gold" - war in der Tat ein bisschen Weltuntergangsstimmung, wäre es nicht so hysterisch komisch gewesen und auch ärgerlich für die Zuspätgekommenen, zu denen ich lange gehört habe.

 

Kruzifix!

 

Als Corona anfing, den Alltag zu beherrschen mit Maskenpflicht, Verschwörungstheorien, Verharmlosungen und selbsternannten und beglaubigten Virologen, von denen jeder eine andere Meinung hat, habe ich gehofft, der Spuk sei spätestens im Sommer vorbei, wenn die Temperaturen steigen. Wie man sieht, habe ich mich ziemlich verrechnet. Denn jeder hat das Recht auf Urlaub und Fernreisen, vom dem der Deutsche freilich Gebrauch macht, Risiko hin oder her. Und so verbreitet sich das Virus munter weiter. Auch das ist etwas, das ich nicht verstehe. Die Sturheit, mit der auf Dinge beharrt wird, die in "normalen Zeiten" dazugehören. Vielleicht meint mancher, in diesem verrückten Jahr stehe ihm Urlaub und somit ein Stück Gewohnheit mehr zu denn je, aber mal ehrlich: sind überfüllte Strände und kulturelle Besuche unter einer Schwitzmaske, die man nur selten abnehmen darf, Erholung? Da bleibe ich lieber auf Balkonien und mache es mir zuhause schön. Hin und wieder gehen wir auswärts essen, denn das war schon früher eher die Ausnahme und daher immer ein Erlebnis. Was Kultur und Sehenswürdigkeiten angeht, haben wir das Familienwandern mit Picknick für uns entdeckt. Bei heißem Wetter suchen wir waldige Wege, und wir sind erstaunt, wie viele sehenswerte Plätze es in unserer Umgebung gibt und wie viel Spaß wir alle haben. Mittlerweile sind unsere Wandertage ein Highlight der Woche, auch wenn das Wetter in letzter Zeit etwas zu schwül war, um weite Touren zu unternehmen.


Mmmm... leckerlecker!

Ich bin optimistisch gestimmt, dass Corona bald der Vergangenheit angehört wie die Spanische Grippe vor hundert Jahren, die in Europa immerhin zwei Jahre lang grassiert hat. Allerdings habe ich auch von Pessimisten gehört, Covid-19 würde nun zum Alltag werden wie andere, harmlosere Virenerkrankungen. Dann hoffe ich, dass genug geforscht wird, um die Menschen vor schweren Verläufen der Krankheit zu schützen. In erster Linie kann jeder selbst etwas dafür tun. Nicht nur die verordneten Maßnahmen einhalten, sondern das Immunsystem stärken mit Obst und Gemüse und evtl. Nahrungsergänzung. Wer Näheres zum Selbstschutz erfahren und eigenverantwortlich handeln möchte, kann sich gerne hier mal umsehen und schlau machen. Es lohnt sich, etwas Neues zu wagen und ausgetretene Pfade zu verlassen. Und nicht vergessen: immer flexibel und vernünftig bleiben, vor allem in Zeiten wie diesen. Die Demokratie geht uns deshalb nicht verloren, dafür aber hoffentlich bald Corona.

 

Donnerstag, 6. August 2020

Bonanza, die Kultwesternserie (1959 - 1973)

Bei der ganzen unübersichtlichen Vielfalt auf Amazon Prime, Netflix und sonstigen Streamingportalen gibt es eine Serie, die mich seit meinen Kindertagen treu und mal mehr und mal weniger intensiv begleitet. "Bonanza" mit den Cartwrights auf der Ponderosa hat von jeher eine solche Faszination auf mich ausgeübt, dass es mich auf mehreren Ebenen inspririert und möglicherweise auch einige meiner Ansichten und Vorlieben geprägt hat.
 

L. Greene, P. Roberts, D. Blocker, M. Landon & all those pretty horses
 
 
Die Serie, die sich bis vor wenigen Jahren als TV-Dauerbrenner erwies, folgt einem Konzept, das zunächst sonderbar anmutet: Der Rancher Ben Cartwright (Lorne Greene) - ursprünglich weltgewandter Seemann - lebt mit seinen erwachsenen drei Söhnen Adam (Pernell Roberts), Hoss (Dan Blocker) und dem impulsiven Nesthäkchen Little Joe (Michael Landon), von denen jeder eine andere - mittlerweile jeweils natürlich verstorbene -  Mutter hat, in Nevada Territory in den 60ern des 19. Jahrhunderts. Erwähnenswert, da immer wiederkehrende Figuren, sind auch der ewig nörgelnde chinesische Koch Hop Sing (Victor Sen Yung) und der mit den Cartwrights befreundete Sheriff Roy Coffee (Ray Teal).
 
Ihr riesengroßer Besitz muss im Pilotfilm mit Klauen und Zähnen verteidigt werden, und auch im Lauf der weiteren Folgen gibt es immer wieder Neider oder ungebetene Siedler, doch die Cartwrights lassen sich nicht mehr so schnell aus der Ruhe bringen wie zu Beginn und versuchen, vernünftig auf jeden Neuling oder Fremden einzuwirken bzw. unvoreingenommen mit ihm umzugehen. Denn Besitz ist eigentlich viel wertvoller und macht mehr Freude, wenn man ihn teilt. Und das ist neben den schönen Pferden und den feschen Cowboys eines der Geheimnisse des Erfolgs der Serie: es geht nicht (nur) um Wildwestromantik und Saloongerangel.

"Bonanza" greift eine Palette von Werten und Themen aus unterschiedlichen Sichtweisen auf (u.a. auch von namhaften Regisseuren), die von ihrer Aktualität und Brisanz trotz des Alters der Serie nichts verloren haben. Oft humorvoll, anrührend und manchmal auch schockierend und erstaunlich ungeschönt setzen sich die Cartwrights mit seelischen Abgründen ihrer Familie, Fremden und Freunden auseinander, wobei jede Figur nach ihren Eigenschaften typisch handelt (oder auch mal aus dem typischen Verhaltensmuster ausbricht). 
 
 

 
Der felsenfeste Zusammenhalt der Familie ist Dreh- und Angelpunkt der Serie, wobei ihm ein herber Dämpfer verpasst wurde, als Adam / Pernell aus künstlerischen und persönlichen Gründen nach der sechsten Staffel ausstieg und auch nicht wiederkam, wenngleich ihm diese Option offengehalten wurde. Immerhin war er ein Ladies' Man, der die weiblichen Zuschauer verzaubert hat mit seiner Liebe für die musischen Künste, einem unerschütterlichen Pragmatismus, seiner schmelzenden Baritonstimme der Vernunft (die er gelegentlich auch zu einer Ballade erklingen lassen durfte), blendendem Aussehen und einem ausgeprägten Beschützerinstinkt. Zwar war der Produzent David Dortort bemüht, nach dem Abgang von Mr. Roberts adäquaten Ersatz zu finden, u.a. mit Serien-"Zorro" Guy Williams, der als Cartwright-Cousin vorgestellt wird, und dem draufgängerischen David Canary, doch so richtig gefunzt hat es nie zwischen den "Gaststars" und dem Publikum. Erfolgreich blieb die Serie trotzdem, wenn auch kurzzeitig die Quote sank. Der junge Michael Landon schrieb bewegende Drehbücher, die gut ankamen. Mitunter baute er sogar die Erwähnung des abwesenden Bruders mit ein, der offiziell auszog, um nach Architektur Medizin in St. Louis zu studieren - was seiner späteren Karriere als "Trapper John MD" zugute kam. Auch wenn er bereits in der Serie seine rudimentären chirurgischen Kenntnisse erfolgreich an den Mann / kleinen Bruder bringen konnte ("My brother's keeper"). 
 
Apropos Gaststars. Nicht nur Regisseure wie Robert Altman, die später legendär wurden, hatten ihr Debüt oder ein Stelldichein in Bonanza. Viele berühmte Namen tauchen schon in den ersten Staffeln auf, wie etwa Leonard Nimoy und De Forest Kelley aus "Star Trek", Lee Van Cleef, Lee Marvin und James Coburn als Psychopathen, Yvonne de Carlo als Theaterdiva und Ida Lupino als historisch verbürgte Bergmannstochter Annie O'Toole. Obendrein haben auch Mark Twain und Charles Dickens Virginia City aufgemischt, wenn man den Machern glauben darf. Wahrscheinlich hat man zur Erstausstrahlung der Folgen als versierter Kinogänger und Geschichtsfan jede Woche eine tolle Überraschung erlebt.

Generationenübergreifend ist die Serie nicht nur in Bezug auf die Themen, sondern auch in der Dynamik und Konstellation innerhalb der Familie. Zwischen dem kühlen Adam und dem heißblütigen Joe kriselt es oft, doch genauso häufig verlässt sich Joe auf Adam, der ein großer Bruder ist, wie er im Buche steht: fürsorglich, belesen, patent lösungsorientiert, vernünftig und trotzdem irgendwie lässig. Mit dem freundlichen Riesen Hoss, der eigentlich Erik heißt, kommt dagegen jeder gut aus; mitunter wird seine Gutmütigkeit jedoch gnadenlos von Little Joe und dessen Flausen ausgenutzt. Außerdem hat auch Hoss unter seiner imposanten Schale einen sensiblen Kern. Für heutige Verhältnisse ist der Mittlere wohl die modernste der Cartwright-Figuren: er liebt Tiere mehr als Menschen, denn die enttäuschen einen nicht und sagen immer die Wahrheit. Überraschenderweise war Hoss der heimliche Publikumsliebling - vielleicht, weil sich die Mehrheit am besten mit ihm identifizieren konnte. Als Dan Blocker mit nur 43 Jahren 1972 an den Folgen einer Gallensteinoperation stirbt, muss die Serie bald darauf eingestellt werden.
 
Einen Pa wie Lorne Greene hätten sich damals fast alle Zuschauer gewünscht. Tatsächlich wurde er mehrmals zum TV-Vater des Jahres gewählt und blieb auch im wahren Leben mit Michael Landon in einem herzlichen Vater-Sohn-Verhältnis verbunden (ihre Gräber auf dem Hillside Memorial Park in Culver City / Kalifornien liegen nebeneinander). So sehr Michael Landon und Dan Blocker in ihren Figuren aufgingen, war Lorne Greene seinem Seriencharakter offenbar am innigsten verbunden: nahe eines Golfplatzes in Mesa / Arizona, wo er wohnte, ließ er 1963 nach den Plänen der Setdesigner und Innenarchitekten ein Dublikat der Ponderosa aufbauen, das heute noch als historisches Privathaus besichtigt werden kann.

"Hast du dir auch die Hände gewaschen und desinfiziert?"

 
Ich bin gerade bei der zweiten Staffel. Wie oft ich die einzelnen Folgen angeschaut habe, weiß ich nicht, aber mit jedem Mal werden sie besser. Selbst solche, die ich vergessen hatte, haben ihren Reiz und ihre "Moral". Schön finde ich, dass die Geschichten nie mit dem Holzhammer daherkommen oder etwas verurteilen, das auf den ersten Blick nicht den Regeln der Gesellschaft entspricht. Da sind die Cartwrights gut erzogen und Top Notch Gentlemen. Mit Gewalt werden Konflikte selten bis nie gelöst. Lieber mit Köpfchen, Freundlichkeit und Flexibilität. Erstaunlicherweise wurde Bonanza allerdings vom deutschen Fernsehen bei der Erstausstrahlung wegen "zu viel Brutalität" selektiert und nur wenige Folgen gezeigt. Ich glaube eher, dass einige Themen damals zu progressiv waren, um als seichtes Vorabendprogramm über die Mattscheibe zu flimmern. Auch Rassismus und Ressentiments gegenüber Andersdenkenden wurden behandelt und Cartwright-mäßig bearbeitet. Selbst Nachhaltigkeit und der Respekt vor der Natur kamen nicht zu kurz. Vielleicht wurde manchmal ein bisschen zu dick aufgetragen, oder die Jungs und besonders Little Joe hatten zuweilen postpubertäre Phasen, in denen sie entweder rebellisch den Rat des Ranchpatrons ablehnten oder verzweifelt suchten, doch ich empfinde das weder als Manko noch albern oder altmodisch. Denn Ben ist wirklich weise. Fast wie König Salomon. Der einzige, der seine Beschlüsse und Entscheidungen hin und wieder in Frage stellt, ist Adam, der allerdings meist auch als Partner auf Augenhöhe agiert und sich der väterlichen Übermacht nur allzu gern entzieht (etwa beim Zäunereparieren auf den unendlichen Weiden oder dem Bullenkauf in Placerville), während die beiden Jüngeren uneingeschränkt auf Pas Seite stehen. Sein Status als schwarzes Schaf manifestiert sich schon bald in der Kleidung. Waren die ersten Outfits noch abwechslungsreich und modisch mutig mit lila- und pinkfarbenen Hemden, trägt Adam über vier Staffeln nur noch protestlerisches Schwarz von Kopf bis Fuß. 
 

Der schöne Adam. Oder auch der George Clooney der 1860er

 
Obwohl der ganz junge Little Joe mit seinem prächtigen ersten Schecken "Cochise" mein Liebling ist und von allen am überzeugendsten leiden und wimmern und weinen kann, fasziniert mich Adam als Charakter in besonderem Maß, da er mehr Facetten zeigt als der Rest der Familie und oft für eine Überraschung gut ist - Lee Marvin gelang es sogar beinahe, seine Grundfesten zu erschüttern ("The Crucible / Adam Cartwright geht durch die Hölle"). Seiner sonoren Originalstimme könnte ich zudem stundenlang zuhören, und keiner hat tiefere Grübchen beim Lächeln. Als er als letzter der Bonanza-Hauptdarsteller im Alter von 81 Jahren im Januar 2010 starb, saß ich fassungslos vor den Radionachrichten und habe ein paar Tränchen um den Mann und seine verstummte Samtstimme vergossen. Ich hoffe, dass die Vier gemeinsam mit ihren markanten Pferden - die selbst zu Stars wurden in Bonanza und sogar Fanpost erhielten - wieder über eine himmlisch(e) weite Wiese galoppieren können wie im ikonischen Vorspann.
 
 
 
 
Zum Glück gibt es die komplette Serie digitally remastered und in einem schönen und praktischen Schuber auf DVD. So kann ich immer mal wieder ein paar Folgen gucken, wenn mich der Bonanza-Rappel befällt und Dinge entdecken, die mir vorher nicht aufgefallen sind, z. B. die Sorgfalt, mit der die Kulissen gestaltet wurden und die doch gelegentlich liebenswert provisorisch wirken. Oder mich ganz einfach auf der Ponderosa wie zuhause fühlen. Weil einen die Cartwrights immer wie einen alten Bekannten begrüßen. 

Wer noch etwas mehr über die verborgenen Talente der vier herausfinden möchte, kann sich gerne weiterklicken: Bonanza - mehr als eine Westernserie
 


Sonntag, 2. August 2020

Freiheit die ich meine...

Die Welt ist  - mal wieder - aus den Fugen und teilt sich. In Coronaleugner / Weltverschwörungstheoretiker und solche, die es mit der Vernunft noch halten, aber in derben Kraftausdrücken auf die anderen schimpfen. Auch das findet nicht unbedingt meine Zustimmung, doch diese Empörung kann ich besser verstehen als die Sturheit, mit der das Persönlichkeitsrecht verteidigt wird, das im Übrigen niemandem hier in Abrede gestellt wird. Corona ist kein Hirngespinst der Regierung, mitnichten. Das kann ich guten Gewissens behaupten, da ich in einem "Hot Spot" wohne, in dem es viele Infizierte und auch an der Pandemie Erkrankte und Verstorbene gibt.

Anfangs war ich ebenfalls skeptisch und wusste nicht, wie das Ganze einordnen, den Lockdown, die Klopapierknappkeit, Maskenpflicht, die Abstandsregeln (an die sich übrigens so gut wie keiner mehr hält).

Doch ich Schlafschaf halte mich an die Maßnahmen, so unbequem sie sein mögen, und wundere mich über Leute, die zu Tausenden in Berlin und auch vor meiner Haustür jeden Freitag mit uralten Hippie-Protestsongs für "Freiheit" und "Meinungsrecht" demonstrieren und sich dabei noch ironisch als zweite Corona-Welle bezeichnen. Ja, wir leben in einer Demokratie, in der jeder das Recht hat auf freie Entfaltung. Aber ist es den "Freiheitskämpfern" nicht klar, dass es damit zu Ende ist, wenn das, wofür sie kämpfen, verwirklicht wird? Rücksichtslosigkeit würde ohne das Gesetz / unsere Demokratie (denn sie ist und bleibt unsere Staatsform!) an der Tagesordnung sein. Alles, was getan wird, bliebe ohne Konsequenzen. Irgendwann sogar Mord und Totschlag, denn wenn jemand den anderen beleidigt hat, wäre es ja sein gutes Recht, Selbstjustiz zu üben. Ist das die Freiheit, die angestrebt wird?

In vielen drastischen Fällen ist die Polizei jetzt schon machtlos oder mischt sich nicht mehr ein, weil Respekt vor der Obrigkeit mit Füßen getreten und mit Fäusten niedergemacht wird. Vernünftige Argumente zählen nicht mehr, da man egoistisch auf seinen Standpunkt pocht, so unsinnig der auch sei. Erst heute wurde im Radio ein junger Mann befragt, weshalb er im Barber-Shop keine Maske trägt wie vorgeschrieben, worauf er allen Ernstes meinte, in Apotheken und Bäckereien trügen die Verkäufer hinter der Plexiglasscheibe ja auch keine... Bei so einer Antwort könnte einem schon mal die Maske - Verzeihung, der Kragen - platzen.

Mich macht das betroffen. Denn ich finde, dass alles, was das Gemeinwohl und das Wohl des Einzelnen gefährdet, falsch ist. Meinungsfreiheit hin oder her. Eine andere Meinung zu haben schadet nicht, wohl aber die Mittel, mit der diese Meinung oft durchgesetzt wird. Man widersetzt sich nicht nur der Demokratie, sondern auch der Schöpfung, die so gedacht ist, dass jeder in Frieden und gegenseitigem Respekt voreinander leben kann (leider schon lange nicht mehr, aber umso achtsamer sollten wir versuchen, es zu ermöglichen). Menschen sind verschieden, und dennoch wäre es so einfach, auf einen Konsens zu kommen, was die Pandemie betrifft, die real in allen Ländern der Erde grassiert. Oder haben sich die Regierungshäupter, Bill Gates und Konsorten alle abgesprochen, die Weltherrschaft zu übernehmen? Was würde das denn bringen? Kurz und knackig und vor allem nachvollziehbar beantworten kann das wohl keiner.




Ich bin für Freiheit. Für Meinungsverschiedenheit. In Ausnahmesituationen wie dieser ist es jedoch wichtig, an einem Strang zu ziehen, damit sich etwas ändert. Leider scheint das menschlich unmöglich zu sein. Für mich umso mehr Grund, auf Gott zu vertrauen und mich unter seinen Schirm zu setzen. Insofern habe ich keine Angst um mich und meine Familie oder überhaupt vor der Misere, in der wir momentan stecken. Angst macht alles schlimmer. Aber wenn ich dazu beitragen kann, dass die Angst weniger wird, dann trage ich zum symbolischen Schutz von anderen und mir selbst die (auch von mir höchst verabscheute) Maske in öffentlichen Einrichtungen und befolge Regeln, die in Krisenzeiten sinnvoll sind, wie etwa den Mindestabstand und Hygienekonzepte. Natürlich erfordert das Umgewöhnung, sogar ein bisschen Mühe. Aber mal ehrlich, man bricht sich doch kein Bein dabei. Wie gesagt, ich habe mich zu Beginn sehr gegen die Maskenpflicht gesträubt, mir dann aber welche genäht, die hübsch sind und mich leichter atmen lassen als die medizinische Variante. Dass beides nicht besonders viel nützt, ist mir bewusst, und trotzdem vermittelt es anderen - vielleicht ängstlicheren Naturen oder Risikogruppen - dass man die Pandemie ernst nimmt.

Die Bewunderung und den Respekt vor den sogenannten "Rebellen" habe ich schon lange verloren. Für mich sind das Egoisten, die selbstgefällig die Augen vor Tatsachen verschließen und unflexibel auf ihre Rechte beharren, die sie nach Corona wieder haben können. Schließlich sind wir demokratisch. Wer das nicht glaubt, der kann meinetwegen in einer Diktatur leben und dort für Freiheit kämpfen...