Translate

Samstag, 27. November 2021

"Der Rausch" (2020) mit Mads Mikkelsen von Thomas Vinterberg

 Gleich vorweg: als Fan von Mads Mikkelsen habe ich auf diesen Film lange gewartet und wollte ihn eigentlich im Kino sehen. Ging aufgrund der Pandemie leider nicht, doch gestern haben wir ihn uns im Home Cinema angeschaut. Berauschend fand ich ihn nicht wirklich; die guten Kritiken, internationale Auszeichnungen und auch der Name Thomas Vinterberg haben meine Erwartungen wahrscheinlich zu hoch geschraubt.

 


Inhalt: Die befreundeten Lehrer Martin (Mads Mikkelsen), Tommy (Thomas Bo Larsen), Peter (Lars Ranthe) und Nikolai (Magnus Milang) sind genervt von Job und Alltag und starten auf Nikolais Initiative ein "psychologisches Experiment", das besagt, dass jeder Mensch mit 0,5 % Promille zu wenig geboren wurde, um locker und entspannt zu sein. Tatsächlich zeigt das Experiment Erfolg und (ver-)führt zu weiteren, die von dem Psychologielehrer Nikolai dokumentiert werden. Doch sie führen auch zu Problemen und Sinnkrisen. Martins ohnehin bröckelnde Ehe zeigt ihr wahres Gesicht, Tommy verliert völlig die Kontrolle, Peter empfiehlt einem nervösen Schüler ein paar Drinks vor der Abschlussprüfung, und Nikolai pinkelt im Schlaf auf sich selbst statt seine Jungs auf ihn.

Die Message des Films (wenn ich ihn richtig verstanden habe): Alkohol ist auch keine Lösung, aber in einzelnen Fällen ganz hilfreich.



Meinung: Außer der großartige Mads Mikkelsen kamen mir einige Gesichter bekannt vor; ein paar Schauspieler hatten ihren Auftritt bereits in "Die Jagd", allen voran Thomas Bo Larsen, der auch im Rausch die wichtigste Figur neben dem Hauptdarsteller spielen darf. 

 Amüsant und liebenswert waren die vier frustrierten Pädagogen in ihrer Freundschaft allemal und hatten wunderbar "hyggeligen" Umgang untereinander. Auch gab es Momente, die mich zum Lachen brachten, etwa wenn die Männer im Vollrausch alle Hemmungen fahren lassen und trotzdem sorgsam choreografiert das Tanzbein schwingen. Aber die Tiefe von "Die Jagd" habe ich irgendwie vermisst. 

Erst am nächsten Tag ging uns auf, dass Tommy etwas mit dem Scheitern von Martins und Anikas Ehe zu tun haben könnte, doch es ist nur vage durch Tommys Worte an Martin angedeutet und vielleicht Interpretationssache wie in vielen europäischen Filmen. Das Highlight war für mich die Schluss-Szene, in der Martin als ehemaliger Tänzer (der Mads Mikkelsen auch in RL ist) am Pier eine Performance hinlegt, die Gene Kelly alle Ehre macht.

 


Fazit: Ein Must-See ist "Der Rausch" nicht, bietet aber gute Unterhaltung an einem Abend - und einen sexy Mads Mikkelsen, der altert wie guter Wein. 😏

Bewertung: 💫💫💫 und ein halber 💫


Freitag, 5. November 2021

"And then there were none" (2015) ~ Dreiteiler nach Agatha Christie

 Als Fan von Agatha Christie kann ich mich nicht wirklich bezeichnen, und trotzdem ist dieser Thriller aus ihrer Feder ein Meisterwerk aus Grusel, Psychologie und Spannung. Und die Besetzung aus namhaften Schauspielern top!

 


Handlung: Acht Personen, die sich nicht kennen, werden unter dem Vorwand, Gäste einer Party zu sein bzw. das Personal zu unterstützen, auf eine einsame Insel in Devon zu dem Anwesen des nie in Erscheinung tretenden Ehepaares Owen eingeladen. Das Haushälterpaar Rogers sind die einzig Verbliebenen der Bewohner, doch sie geraten bald in Verdacht, den Ankömmlingen schaden zu wollen - der draufgängerische Mr. Marston (Douglas Booth) wird mit Zyankali vergiftet und stirbt. Doch auch der Arzt Edward Armstrong (Toby Stephens) wird verdächtigt. 

In den nächsten Tagen gibt es unter den Gästen immer mehr Verunfallte, die unter mysteriösen Umständen das Zeitliche segnen und oft in merkwürdig skurrilen Situationen den Tod finden. Die junge Gouvernante Vera Claythorne (Maeve Dermody) findet heraus, dass die zehn Jadefiguren auf dem Tisch und der Kinderreim "Ten little Soldier Boys / Zehn kleine Negerlein" (der in jedem Zimmer der Gäste hängt) in direktem Zusammenhang mit den Ereignissen stehen. Zunächst wird ihre Theorie lächerlich gemacht, doch als der Diener und seine Frau als bisher Hauptverdächtige sterben, beginnt die Hysterie. Jeder verdächtigt jeden, man lässt sich nicht mehr aus den Augen, konspiriert untereinander und ist verzweifelt bemüht, die eigene Haut zu retten.

Wie der Titel jedoch schon verrät, bleibt am Ende keiner mehr übrig. Und jeder, der später auf die Insel kommt, wird sich wundern, denn keiner der Todesfälle kann aufgeklärt werden. Nur der Zuschauer weiß, welches Grauen sich dort abgespielt hat.

 


Meinung: Gekauft habe ich mir "And then there were none" seinerzeit wegen Toby Stephens, aber ich muss sagen, der Film ist auf allen Ebenen eine Perle. Auch die übrigen Darsteller sind überzeugend, das 1930er Jahre-Setting des herrschaftlichen Anwesens und die gesamte Ausstattung unglaublich authentisch, und überdies bietet die Geschichte psychologische Raffinesse at its best. Was mir an Agatha Christie-Stoffen nie so gefällt, ist die wie aus heiterem Himmel kommende Aufklärung der Tat, die meist von einem neunmalklugen Hercule Poirot oder der pfiffigen Miss Marple verklickert wird - hier ist das nicht so, und das nicht, weil beide Figuren in dieser Geschichte nicht vorkommen. Man wird überrascht, kann aber nachvollziehen, was geschehen ist bzw. wo die Ursachen liegen, die zu dem Grauen auf der Insel führen. Und der (im Deutschen nicht mehr politisch korrekte) Kinderreim ist so geschickt eingebaut in das Ganze, dass ich meinen Hut ziehe vor Mrs. Christies Können. 

Ein großer Bonus ist der Gänsehaut-Faktor, der mehrmals auftritt. Denn hier wird man Zeuge von seelischen Abgründen und Traumata, die jeden Protagonisten gefangenhalten und ihn letztendlich zerstören. Dazu gehören auch die eingefügten Rückblenden, die durch ihren wiederkehrenden Charakter oft ein wenig geisterhaft anmuten. Und ich mochte alle Schauspieler, die exzellent ihre Rollen spielen. Man merkt allen an, dass sie Spaß hatten.

 

 

 

Fazit: Ein makaberer und wirklich düsterer Thriller, der von der gewohnten, eher locker-flockig unterhaltsamen Christie-Kost abweicht, obwohl man Parallelen zu weiteren ihrer Werke feststellen kann. Psychologisch ausgefeilt wie immer, aber irgendwie dennoch anders. Absolute Empfehlung!

 

Bewertung:  💫💫💫💫💫