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Donnerstag, 2. Januar 2014

Sherlock "The Empty Hearse" ~ "Der leere Sarg": Fan-Service hoch 3 (Spoiler-Alarm!)

Ich mach's kurz und werde mal wieder meinem Ruf als Spaßbremse gerecht: Das, was BBC One am Neujahrstag um 21:00 Uhr Ortszeit gezeigt hat, war nicht das, auf das ich über ein Jahr gewartet habe. Ich hatte ja gar nicht damit gerechnet, einen funktionierenden Livestream zum britischen TV-Programm zu finden (habe Tumblr unterschätzt), und war dann freudig überrascht, doch zu den Auserwählten in diesem Land zu zählen, die "The Empty Hearse" schon vor der deutschen Ausstrahlung sehen durften.

Den Anfang hatte ich dank schlechter Verbindung nur bruchstückhaft auf dem Bildschirm und habe ihn erst für einen Armani- oder Hugo Boss-Parfüm-Werbespot gehalten.


Ja, okay, es stimmt. Ein bisschen neidisch war ich auch, als mir klar wurde, dass nur einer so wilde und zugleich gepflegte Locken haben kann... der sonst so kühle Sherlock küsst Molly! Zwar nur hypothetisch, aber es war der erste *Fan-Wank* für die "Sherlollys" (Himmel, das ganze Fangirlish klingt wie eine eigene Sprache!), derer es merkwürdigerweise nicht wenige gibt.

Munter weiter ging's im Fan-Vera***en, und das völlig ungeniert (ich sage nur "Moriarty auf dem Dach" - WTF?!).

Ich will mich wirklich nicht als humorlos outen oder den Leuten den Spaß an der Folge verderben, die super ankam. Aber ich fand es schon ein bisschen erstaunlich, dass niemand die plumpe Fanparodie kritisch betrachtet. Es ist Unterhaltung, klar, und trotzdem. Euphorische Internetausrufe wie "Guys, we are Anderson!" wären für mich wenig schmeichelhaft, denn er scheint mit seiner fanatischen Überzeugung über Sherlocks Überleben, dem hysterischen Gebaren und vor lauter "Sherlolly-Shippen" nicht nur seinen Job bei Scotland Yard, sondern auch den Verstand verloren zu haben.

Intelligentes Fernsehen sieht in meinen Augen anders aus. Wie schön war es, als Sherlock noch arrogant, aber auch erfrischend naiv sein durfte und sich einen Dreck darum geschert hat, was andere über ihn denken. Moffat und Gatiss ist das offenbar nicht egal, darum werden tausende Klischees aus Fanfiction und Forumsdiskussionen bedient, die dort ihren berechtigten Platz haben, aber - wie ich meine - nicht in die Serie gehören. Denselben Fehler habe ich schon bei "House MD" festgestellt. Es täte mir leid, wenn "Sherlock" auf ähnliches Niveau absinkt. Dann könnte man im Prinzip gleich uns Fangirls bitten, die Drehbücher zu schreiben.

Zur wirren Handlung kann ich nicht viel erzählen und will auch nicht zu viel verraten. Bild- und Tonqualität meines Links waren nicht überragend, und manchmal merke ich halt doch, dass Englisch nicht meine Muttersprache ist. Ein paar Dinge, die offenbar wichtig waren, sind mir total entgangen, wie z.B. der tiefere Sinn des Bombenattentats im U-Bahn-Waggon aka Leichenwagen, das in letzter Minute verhindert wurde, als John Watson Sherlock in seinen Mind Palace scheucht, bei dem eigentlich keine Zuschauer erwünscht sind (das ist wohl auch der Grund, warum es so lange dauert, bis Sherlock den Ausschaltknopf für die Zündung gefunden hat).

Zu Watsons und Holmes' erster Begegnung nach über zwei Jahren: Die Wiedervereinigung hatte ich mir anders und weniger brutal vorgestellt. Ich verstehe, dass sich echte Kerle nicht weinend in den Armen liegen können und Sherlock auch viel zu verlegen wäre, um Gefühle einzugestehen - und dass John als Ex-Soldat seine Zuneigung wohl auf unkonventionelle Art ausdrückt. Aber ständig Haue, musste das sein? Immerhin hat Sherlock ja vorgehabt, zurückzukommen - und er fragt ihn sogar im Angesicht der drohenden Explosion, ob er ihn heiraten möchte anstatt Mary (*GNAH*! - da hüpft das "Johnlock"-Herz!). Gut, dass die wenigstens vermittelnd einspringt, weil sie Sherlocks sprödem Charme erliegt. Wenn ihr das in der nächsten Folge bloß nicht zum Verhängnis wird. Denn wie sagt Sherlock so vorausschauend zu John: "Be careful what you wish for."

Wenn wir schon dabei sind: ich hätte mir eine Episode gewünscht, in der die Figuren mehr auf den Charakteren von Sir Arthur basieren und der Interpretation der Macher als auf den Hirngespinsten der Fans.

Eine Idee allerdings gab es, die meinen uneingeschränkten Beifall fand: das Cameo von Mr. und Mrs. Cumberbatch - ihres Zeichens ebenfalls Schauspieler - als Sherlocks Eltern. Das war wirklich originell und brachte neben Amanda Abbington (Martin Freemans RL-Partnerin) auch für Benny einen Hauch familiärer Atmosphäre ins Spiel.

Ansonsten bleibt mir zu sagen, dass ich es jetzt doch nicht so kurz gemacht habe wie geplant und dass ich hoffe, keinen Fan vor den Kopf gestoßen zu haben. "Sherlock" ist immer noch meine Lieblingsserie, und das wird auch so bleiben. Sicher wird die nächste Folge am Sonntag spannender und kehrt zur gewohnten Qualität zurück. Ich betrachte "The Empty Hearse" einfach als ein augenzwinkerndes Geschenk der Drehbuchautoren an allzu verrückte Fans, die vor Verzückung ob der visuellen Realisierung ihrer Sherlock-Fantasien die Höschen feucht gemacht haben. Und gut is'.


Gif: Tumblr.


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