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Donnerstag, 4. Mai 2023

Rezension "Eskapaden" ~ Walter Satterthwait

 Dieser Roman befindet sich seit Ewigkeiten in meinem / unseren Besitz. Ich hatte ihn ursprünglich in mein Booklooker-Regal gestellt, um ihn zu verkaufen. Zu Recht, denn mein Ding waren die Eskapaden nicht wirklich. Wer nach meiner durchwachsenen Meinung immer noch neugierig ist, darf die Neugier gern befriedigen, indem er meinem Regal einen Besuch abstattet. 😏



 Inhalt: Devon, England, 1921. Auf Maplewhite, dem Anwesen von Lord und Lady Purleigh, trifft sich eine Schar auserlesener Gäste zu einer Séance, darunter der Zauberkünstler Harry Houdini und Sir Arthur Conan Doyle. In der Absicht, das Medium bloßzustellen, reist Houdini mit seinem amerikanischen Sekretär Phil Beaumont an, der sich im Lauf der Geschichte als ein Pinkerton-Mann entpuppt und zudem als Erzähler fungiert. Daneben schreibt Jane Turner - ebenfalls Gast - etwas überspannte Briefe an ihre Freundin in London, um zu berichten, was jeden Tag so Unglaubliches geschieht. Das Unglaubliche hat weniger mit Geistern zu tun (obwohl angeblich Sir Reginald durch das Anwesen spukt), sondern mit dem mysteriösen Tod des Earls, der aufgeklärt werden muss. Man vermutet zunächst einen Berufsgenossen und Neider von Houdini, der ihm mutmaßlich aus den USA nach England gefolgt ist, um ihn zu vernichten. Weitere Mordversuche erhärten den Verdacht, und Scotland Yard wird eingeschaltet. Privatdetektiv Beaumont ermittelt auf eigene Faust, und Houdini folgt diesem Beispiel. Wurde der Earl tatsächlich ermordet oder war es Selbstmord? Wer schoss im Park aus dem Wald heraus auf seinen Sohn, Lord Bob Purleigh? Und was geht es mich eigentlich an?

 

olleaugust /Pixabay

 Meinung: Der letzte Satz sagt es schon: Ich fand das Buch in weiten Teilen dröge, verwirrend und langatmig. Aufgrund der Erzählstruktur wurden viele Dinge mehrmals von verschiedenen Personen durchgekaut, und das hat mich glaube ich, noch mehr genervt als der österreichische Akzent von Dr. Auerbach und die weitschweifigen Beschreibungen von unzweifelhaft lieblichen Landschaften und einem handlungsirrelevanten Boxkampf. 

Interessanterweise hätte mir die Geschichte in ihrer Detailfülle vor ein paar Jahren noch gefallen. Denke ich zumindest. Jetzt habe ich mich mehr oder weniger durchgequält, um kurz vor dem Epilog immer noch dazustehen wie der Ochs vorm Berg. Doch der folgte dem Muster von Agatha Christie in einem - pardon - müden Abklatsch. Handlungsstränge werden phantasievoll zusammengerafft, auf die man als Leser nicht kommt, weil sie in den vorigen Kapiteln nicht einmal angedeutet werden. Wer ein paar Wochen zur Lektüre braucht wie ich, verliert da schon bald den Faden. Von was ist denn da die Rede, habe ich mich oft gefragt und mich am Kopf gekratzt. Und ich habe in der Regel ein gutes Gedächtnis.

Gut gefallen haben mir allerdings die Personenbeschreibungen, dank denen ich jede einzelne Figur plastisch vor Augen hatte. Das war aber auch nicht so schwer, wenn man schon ein paar Christie-Krimis im Fernsehen geguckt hat. Hercule Poirot alias Peter Ustinov hätte als Sir Arthur Conan Doyle eine gute Figur gemacht, sowie Harvey Keitel als der damals weltweit bekannte Entfesslungskünstler Houdini, den er tatsächlich bereits verkörpert hat. Insofern war "Eskapaden" zuweilen recht amüsant. Zu drei durchschnittlichen Sternen reicht es dennoch nicht. Ich hatte mehr Spannung und Grusel erwartet.

Bewertung:  💫💫 und ein halber 💫



Montag, 27. März 2023

Der dritte Mann (1949) ~ Klassiker des film noir mit Orson Welles

 Sicherlich gibt es viele Reviews zum dritten Mann - und vermutlich bessere als meines es werden wird, habe ich den Verlauf der Handlung doch nicht allzu konzentriert mitverfolgt. Trotzdem hat mich der Film beeindruckt, vielleicht sogar wider Willen, da ich häufig der Meinung bin, dass Klassiker in Film und Literatur überbewertet sind. Dieser hier hat mich weniger aufgrund der damals technischen Specialeffects wie der expressionistischen Kameraperspektiven und dem Showdown durch die Wiener Kanalisation fasziniert, sondern vielmehr aufgrund der Handlung (Harry Lime / Orson Welles ist Schwarzmarkthändler mit verheerenden Folgen), der unaufgeregten Erzählweise und dem atmosphärischen und authentischen Nachkriegs-Wien, das zu jener Zeit abwechselnd von den vier Siegermächten verwaltet wurde. 

Ziemlich raffiniert ist der dritte Mann obendrein, und dennoch irgendwie simpel. Das muss Graham Greene respektive Carol Reed erst mal einer nachmachen.


Bildquelle: Amazon


Bemerkenswert ist natürlich auch die Eingangsmusik von Anton Karas, der die gesamte Musik für den Film komponiert hat, obwohl er nur in einer Gaststätte spielte, in der Regisseur Carol Reed ihn sozusagen entdeckte und unsterblich machte mit der unverwechselbaren Zithermusik.

Handlung: Der Groschenroman-Autor Holly Martins (Joseph Cotton) ist finanziell am Ende. Durch einen Brief seines Jugendfreundes Harry Lime (Orson Welles), in dem dieser ihm einen lukrativen Job verspricht, reist er von den USA nach Wien, um dort unterrichtet zu werden, dass Harry kurz vor seiner Ankunft einen tödlichen Verkehrsunfall hatte. 

Auf der Beerdigung erzählt ihm der britische Major Calloway (Trevor Howard), dass Harry in üble Geschäfte verwickelt und sein Tod das Beste für alle gewesen sei. Martins ist entsetzt und bezichtigt den Major der Verleumdung. Doch der mysteriöse Tod des Freundes, bei dem ausschließlich dessen Bekannte anwesend waren, lässt ihn nicht los, und so beginnt er, auf eigene Faust Recherchen zu Harrys Ableben anzustellen. Dabei gerät er immer tiefer in die skrupellose Wiener Unterwelt der Nachkriegsjahre und sieht sich bald selbst als Teil in einer unmenschlichen Maschinerie, die unaufhaltsam über ihn hinwegrollt. Und wer ist der dritte Mann, der half, Harry Lime von der Straße zu tragen, nachdem er verunfallt war?

Zu allem Überfluss verliebt sich der verdruckste Martins auch noch in Harrys Ex-Freundin, der Schauspielerin Anna Schmidt (Alida Valli), und es geschieht ein Mord am Portier, bei dem Martins nur knapp seine Unschuld beweisen kann. 

Major Calloway verpflichtet ihn als sein "Chefspitzel". Längst scheint Harry Lime nicht mehr so unbescholten zu sein, wie Martins ihn aus vergangenen Tagen kannte. Er erfährt, dass Harry Schiebergeschäfte mit verschnittenen Medikamenten machte, die bei Kranken und Patienten im Spital zu schweren bleibenden Schäden oder zum Tod geführt haben. Entschlossen, dem ein Ende zu setzen, willigt Martins in die Suche nach Harry ein, als nach einer Exhuminierung des Grabes feststeht, dass nicht Harry, sondern ein früherer Informant des Majors dort seine letzte Ruhe gefunden hat.

Meinung: Beim Bewerten und Anschauen von Klassikern versuche ich immer zu ergründen, was den Klassiker zu einem solchen gemacht hat. Natürlich wurde eingangs schon von der innovativen Kameratechnik, der damals wagemutig gefilmten Verfolgungsjagd und den expressionistischen Bildern geredet. Hinzu kommt eine vielzitierte Rede über Kuckucksuhren aus der Schweiz (!!!), die Orson Welles hält, als Joseph Cotton ihn stellt und die verdeutlichen soll, dass Großes nur aus Kriegen und schlechten Zeiten hervorgehen kann. Wahrscheinlich hat er da gar nicht mal so unrecht, der gute Orson. Und trotzdem wünscht man sich, alle Länder wären wie die Schweiz (auch wenn es dort keine Kuckucksuhrmacher gab - die kommen ursprünglich aus dem Schwarzwald). Was genau den Film zu einem Meilenstein der Filmgeschichte macht, kann ich nicht sagen. Das ist aber auch gar nicht nötig, denn er gab Stoff zum Nachdenken und anschließenden Diskutieren, vielleicht sogar ein wenig Philosophieren.

Alles in allem habe ich mich gut unterhalten gefühlt. Es gab keine überdurchschnittlich dramatischen Momente - was ich als sehr wohltuend empfand - und dennoch blieb die Geschichte spannend und durchdacht.

Und last but not least hieß der Major wie mein Romanheld Mickey in "Affettuoso" und "Camera Obscura", das war ein weiterer Pluspunkt. Wenngleich ich meine, dass ich mir den Namen wohl aus dem großen Gatsby entliehen habe. Noch so ein Klassiker...


Bewertung: Vier von fünf Penicillinspritzen 💫💫💫💫



Samstag, 8. Juli 2017

Es scheint die Sonne noch so schön ~ Barbara Vine

Passend zur Hitzewelle (die ich genieße!) habe ich zu einem Buch gegriffen, das schon jetzt zu meinen Jahreshighlights zählt und ein richtiger Pageturner ist: obwohl ich eher langsam lese, hatte ich die spannende und einfallsreiche Geschichte innerhalb von drei Tagen verschlungen.




Inhalt: Im Jahr 1986 kehrt der 29-jährige Adam Verne-Smith aus dem Urlaub mit Frau und Tochter zurück und findet durch die Presse heraus, dass auf seinem ehemaligen Landsitz Wyvis Hall in Suffolk ein grausiger Fund gemacht wurde. Die neuen Besitzer hatten bei der Bestattung ihres Hundes einen Tierfriedhof entdeckt, in dem sich neben den verblichenen Hausgenossen vergangener Jahrzehnte auch das Skelett einer jungen Frau und eines Babys befanden. Die Ermittlungen der Polizei laufen auf Hochtouren, und Adam gerät in Panik: vor zehn Jahren lebte er zwei Monate mit seinem Freund Rufus, der verrückten Zosie, der mütterlichen Vivien und Shiva, dem sanftmütigen Inder, in einer Art Hippie-Kommune auf Wyvis Hall, das er von seinem Großonkel überraschend geerbt hatte. Seit dieser Zeit hatten sich die fünf nie wieder gesehen und geschworen, so zu tun, als seien sie Fremde, sollten sie sich zufällig über den Weg laufen. Der Fund jedoch ändert die Situation. Adam nimmt Kontakt zu Rufus auf, der inzwischen ein erfolgreicher, aber dem Alkohol übermäßig zusprechender Gynäkologe ist, um ihn um Rat zu fragen, was zu tun sei - genauso wie in jenem ungewöhnlich heißen Sommer des Jahres 1976, der das Leben der jungen Leute nachhaltig geprägt hat - und zwar nicht zum Guten.

Meinung: Erzählt wird die Geschichte abwechselnd auf zwei Zeitebenen und aus der Perspektive von Adam Verne-Smith, Shiva dem Inder und dem abgeklärten Rufus Fletcher. Das war gelegentlich etwas verwirrend, und mehrere Male musste ich einen Absatz zweimal anfangen, um zu verstehen, ob ich nun in den 1970ern oder 1980ern war. Doch das ist mein einziger Kritikpunkt, wenn es denn überhaupt einer ist. Selten habe ich in jüngster Zeit Bücher gelesen, in denen die Atmosphäre und die Charaktere derart gut und bildhaft beschrieben wurden und in die man sich hineinversetzen konnte, als fläzte man sich in der aufgeheizten und dennoch nonchalanten Stimmung mit den drei Jungs und den zwei Mädels auf der riesigen Terrasse von Wyvis Hall. Ein Roman fürs Kopfkino, der mich vor allem durch die Figuren überzeugt hat. Keiner ist gut oder böse, weder besonders sympathisch noch hassenswert. Jeder handelt nach seinen Eigenschaften nachvollziehbar. Besonders der experimentierfreudige, ambivalente und lässige Rufus hat mir gut gefallen. Eher unfreiwillig nimmt er die Rolle des "Vaters" der zusammengewürfelten Kommune ein, während Vivien - stark beeinflusst durch fernöstliche Philosophien, typisch für die damalige Zeit - für Shiva und Zosie eine Art Mutterersatz wird. Wirkliche Gefühle gibt es unter den Fünf, die sich erst auf dem Anwesen kennenlernen, nicht, auch wenn sich Adam zu Rufus hingezogen fühlt und erschrocken reagiert, als Rufus ihn in einer Nacht mit Joints und zu viel Wein auf die Probe stellt. Gerade die psychologische Komponente und die Beziehung der Protagonisten untereinander fand ich bemerkenswert, gemeinsam mit dem untrüglichen Geschick der Autorin, dabei nie in Kitsch oder Klischees abzudriften und eine Geschichte zu erzählen, die bis zum Ende atemberaubend spannend bleibt, auch nachdem die Opfer schon längst feststehen.

Mir kam beim Lesen der Verdacht, dass ältere Bücher irgendwie origineller und frischer sind als die heutigen, aber das mag ein Trugschluss sein, da mich die meisten Neuerscheinungen bisher nie in der Weise fesseln konnten wie es "Es scheint die Sonne noch so schön" gelungen ist. Ein wirklich toller, kurzweiliger Roman und bestimmt nicht mein letzter von Barbara Vine.


Bewertung: 

👍👍👍👍👍




Mittwoch, 15. Juli 2015

Bald 500 Daumen auf Facebook! Dafür ein Dankeschön!

Fast auf den Tag genau vor einem Jahr habe ich meine Autorenseite auf Facebook eingerichtet. Immer noch betreibe ich sie gern, auch wenn es gelegentlich nicht so einfach ist, einen neuen Beitrag zu verfassen, der themenrelevant ist. Ich erlaube mir daher auch, zwischendurch etwas zu posten, das mit meinen weiteren Hobbies zu tun hat oder im weitesten Sinn mit Schreiben und Büchern. Es macht Spaß und irgendwie gefällt mir auch, was sich in meiner Chronik mittlerweile so tummelt.

Die Likes und Kommentare habe ich natürlich meinen Fans zu verdanken. Ich möchte mich dafür revanchieren und stelle über das ebook-Portal Xinxii als Bonbon für eine Woche (15. - 22. Juli) meinen umfangreichen Gruselkrimi "Das Bildnis des Grafen" als kostenlosen Download zur Verfügung. Alles, was ihr tun müsst, ist, euch bei Xinxii registrieren (falls ihr nicht schon Mitglieder seid), und beim Ausloggen diesen Gutschein-Code einlösen (kopieren und in das entsprechende Feld einfügen):


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Ich wünsche viel Spaß, Rästelraten und Spannung mit Carrick Escaray, Gaspard Renoir und Valentine Whitehurst und würde mich sehr über Rückmeldungen entweder hier auf meinem Blog oder auf Facebook freuen! Natürlich dürft ihr auch gern eine Rezension auf den Online-Portalen eurer Wahl verfassen. (O:


Dienstag, 28. Januar 2014

"Was hat dich eigentlich zum *Bildnis des Grafen* inspiriert?"

Diese Frage bekomme ich häufig gestellt. Und sie ist gar nicht so einfach zu beantworten, denn ich habe keine literarischen Vorbilder im engeren Sinn. Aber ich bin fasziniert von komplexen Kriminalgeschichten und unerklärlichen Phänomenen, was nicht bedeutet, dass ich mich für Parapsychologie interessiere oder glaube, dass die Wahrheit irgendwo da draußen ist.

Als ich anfing, den "Grafen" zu schreiben, hatte ich zuvor Rennie Airths "Nacht ohne Gesicht" gelesen und war begeistert von den Protagonisten und der Dynamik zwischen dem wortkargen, vom Krieg und einer Familientragödie gezeichneten Einzelgänger Detective John Madden und dem übereifrigen Polizeianfänger Billy Styles, der in stiller Ehrfurcht zu seinem Vorgesetzten aufsieht. Die beiden waren ein seltsames, aber sympathisches Gespann, und ich habe ein wenig bedauert, dass in den Folgebänden um John Madden der junge "Rookie" nicht mehr auftaucht, der dann nicht mehr ganz so jung und unerfahren wäre. Auch die anschaulichen, aber nie weitschweifigen Landschaftsbeschreibungen und die Zeit, in der der Roman angesiedelt ist, haben mein Kopfkino angekurbelt, ganz zu schweigen von der psychologischen Komponente, die sich auf sämtliche Charaktere erstreckt - besonders auf John Madden und den Täter, der entgegen der gängigen Regel eines Krimis schon bald enttarnt wird. Dennoch wird die Geschichte auf keiner Seite langweilig, im Gegenteil.

Ich habe das Buch mehrmals und auch im Original gelesen, und jedes Mal habe ich Neues entdeckt, auf das ich beim vorigen Schmökern nicht geachtet hatte. Kurz gesagt, ich liebe diesen Roman, der bis heute zu meinen absoluten Lieblingsbüchern zählt. Vermutlich wird da so schnell nichts nachkommen...




Die ungewöhnliche Geschichte ließ mich lange nicht los, und irgendwann stand mein Entschluss fest, etwas zu schaffen, das mir ebenso viel Spaß macht. Ganz anders, natürlich, aber angelehnt an die Figur des einsamen Wolfes, der Schreckliches erlebt hat und erst durch ein Ereignis und die damit verbundene Beziehung zu Dritten wieder einigermaßen ins normale Leben zurückfindet. So war mein französischer Psychologe Gaspard Renoir geboren, den ich ins edwardianische England geschickt habe, um auf einem Herrensitz auf seinen ersten und härtesten Fall nach dem Krieg zu treffen: den schwer traumatisierten Valentine Whitehurst, Neffe und zukünftiger Erbe des Earl of Whitehurst. Valentine macht es Renoir nicht leicht, und auch der rasch aufbrausende Earl ist wenig willens, Renoir bei der Therapie freie Hand und beide - Arzt und Patient - unbeobachtet zu lassen. Doch Renoir freundet sich mit dem Gärtner des Anwesens an, der ihm vorschlägt, mit Valentine in der Abgeschiedenheit des leerstehenden Nachbargrundstückes Escaray Hall die Behandlung fortzusetzen.

Der Name Escaray ist mir im Kino aufgefallen. Die Firma, welche die Säle bestuhlt (bestuhlt - das klingt komisch, oder?^^), hieß Eskaray (und heißt immer noch so). Ich fand, das hatte einen guten Klang. Ich weiß nicht mehr, ob die Herkunft und die Geschichte meines Titelhelden zu dieser Zeit schon für mich feststanden. Sicher war, dass er diesen Namen tragen sollte. Und mysteriös sollte er sein, vielleicht sogar ein bisschen unheimlich. Schließlich gilt sein Anwesen offiziell als verwaist, nachdem es während der ersten Kriegsjahre als Lazarett gedient hatte.




Würde man mich nach meiner Lieblingsfigur im "Bildnis des Grafen" fragen, so wäre das wahrscheinlich Carrick Escaray, obwohl ich alle meine Charaktere bis auf die kleinste Nebenfigur mag. Selbst den jähzornigen Benjamin Earl of Whitehurst, der durchaus nicht völlig grundlos zu dem geworden ist, was im hohen Alter verstärkt zu Tage tritt - ein harter, verbitterter Mann, der den von der Front heimgekehrten Neffen einzig deshalb therapieren lassen will, um die Nachkommenschaft zu sichern.

Die "unerklärlichen" Elemente habe ich miteingebaut, weil ich Schauergeschichten liebe und mich selbst hin und wieder gern grusele, sei das bei einem subtilen Horrorfilm oder einem Gänsehaut erzeugenden Buch. Obendrein kam mir zugute, dass Kriegsgeschädigte häufig unter Halluzinationen und / oder erhöhter Wahrnehmung leiden. Valentine, der anfangs mit niemandem spricht, gelingt es, mit dem Grafen Kontakt aufzunehmen, und zwar auf recht ungewöhnliche Weise. Ob es sich dabei allerdings um Visionen handelt, möchte ich hier nicht verraten.

Ich bin ein Freund von offenen Enden, heißt ich liebe es, meine Leser zum Nachdenken anzuregen und sie ihre eigenen Schlüsse ziehen zu lassen. Als Leser schätze ich es wenig, alles haarkein erklärt zu bekommen. Stattdessen beschäftige ich mich gern noch eine Weile mit dem Gelesenen, lasse die Geschichte noch einmal vor meinem inneren Auge Revue passieren und auf mich wirken, sowohl als Leser als auch als Autor, wenn mich der Roman gefesselt hat. Am "Grafen" habe ich um die zwei Jahre geschrieben. Und sie waren jede Minute wert.

Mittlerweile ist der Roman mehrere Jahre alt. Trotzdem gefällt mir die Geschichte von Escaray, Valentine und Renoir noch immer. Und das kann ich nicht von jeder meiner Geschichten behaupten...



Mittwoch, 15. Januar 2014

Rezension "The Sign of Four"


"The Sign of Four" ist nach "A Study in Scarlet" der zweite Fall des viktorianischen Meisterdetektivs und seines Adlatus Dr. John Watson. Ich habe den Roman in der abgebildeten Ausgabe zum Weihnachtswichteln auf dem Büchertreff erhalten und ihn Anfang Januar - passend zur Ausstrahlung der adäquaten Episode der Serie - im Rahmen einer Online-Minileserunde gelesen.

Handlung: Die junge Mary Morstan sucht Sherlock Holmes mit einem mysteriösen Anliegen auf: Jedes Jahr zum vierten Mai erhält sie per Post eine wertvolle Perle von einem anonymen Absender, der nun auf ein persönliches Treffen in Begleitung zweier Freunde drängt. Auch zeigt sie Holmes ein Dokument, unterzeichnet mit dem "Zeichen der Vier", das sie in den Unterlagen ihres verstorbenen Vaters Captain Morstan gefunden hat. Holmes und Watson nehmen sich des Falles an und stoßen dabei auf Familienunstimmigkeiten, einen indischen Schatz, skurrile Typen und kleine gemeine Ureinwohner Südamerikas, die mit Giftpfeilen um sich schießen. In den seltenen Atempausen, die einem die Geschichte lässt, entdeckt Dr. John Watson seine romantische Seite und verliebt sich in die Klientin.

Als Holmes und Watson endlich der Lösung des Rätsels näherkommen, erleben sie eine Enttäuschung für alle Beteiligten, die sich am Ende als Glück für das frisch verliebte Paar herausstellt...

Meinung: Es ist offensichtlich, dass Arthur Conan Doyle sich bei "The Sign of Four" noch sehr stark an seinem Erstling orientiert hat. Das Geständnis des holzbeinigen Jonathan Small - einer der Vier - erinnert jeden aufmerksamen Leser unversehens an das des rachsüchtigen, aber tragischen Jefferson Hope. Auch Small reist um die ganze Welt, um zu seinem Recht zu kommen. Er ruht nicht eher, als bis er mit eigenen Augen gesehen hat, wie sein eidesbrüchiger Partner Major Sholto in die Grube fährt.

Amüsant waren für mich wieder einmal die kleinen Referenzen zur aktuellen Serie ("Agra" und der junge Wiggins), die das Lesevergnügen für jeden Fan noch steigern. Erstaunt bin ich auch bei jeder noch so kurzen oder langen Holmes-Geschichte, mit wie viel Details und forensischem, kriminalistischem und allgemeinem Wissen Doyle seine Protagonisten ausstattet. Dabei kommt jedoch nie das Persönliche oder die beinahe poetischen Beschreibungen des viktorianischen Londons oder anderer Orte zu kurz. Ein bisschen gruselig wird es hin und wieder ebenfalls.

Etwas grenzwertig, aber Ende des neunzehnten Jahrhunderts noch nicht so verwerflich wie heute, erscheint mir Holmes' Neigung, sich mit Kokain zuzudröhnen, sobald ihn die Langeweile zu übermannen droht, was am Anfang und auch am Schluss der Geschichte der Fall ist. Nicht einmal die Mahnung und fachkundige Prophezeiung seines besorgten Freundes können ihn davon abhalten.

Fazit und Bewertung: Zeitlos spannend, unterhaltsam und ein Ende, mit dem ich ganz ehrlich nicht gerechnet habe! Sicher dauert es nicht lange, bis ich zu meinem nächsten Holmes-Abenteuer greife.



👍👍👍👍



Samstag, 4. Januar 2014

Rezension: Mord auf vier Pfoten ~ Lilo Beil

Aufmerksamen Lesern meines Blogs wird noch in Erinnerung sein, dass wir in der Vorweihnachtszeit die Autorin Lilo Beil zu einer Lesung eingeladen hatten. Die war sehr unterhaltsam, und ich habe besonders Lilos sympathische Art und ihr Vorlese-Talent bewundert. Auch wenn es vielen selbstverständlich vorkommt für einen Autor: vor Publikum laut und gut zu lesen und die Geschichten mit schauspielerischem Talent und persönlichen Anekdoten zu würzen, ist nicht jedermanns Sache.

Natürlich habe ich mir ihr neuestes Werk dann auch gesichert. 

Inhalt: Das Buch ist aufgeteilt in 22 Kurzgeschichten, in denen Herrchen und Frauchen mit ihren jeweiligen Hunden bzw. Katzen eine untergeordnete Rolle spielen - die Erzählerrolle übernehmen die normalerweise schreibuntüchtigen vierbeinigen Hausgenossen, die menschliche Abgründe aufdecken und sogar mal zur Selbsthilfe bzw. dem Giftschrank greifen. Filmfreaks und Vielleser kommen aufgrund der vielen Hommagen an bekannte Persönlichkeiten aus Vergangenheit und Gegenwart voll auf ihre Kosten. Sogar Columbos Basset "Hund" berichtet von einem zunächst aussichstloslosen Fall, der nur dank seiner feinen Spürnase gelöst werden kann. Aber auch Lokalkolorit aus der Pfalz und Heidelberg findet seinen Platz.






Meinung: Ich bin zwiespältig, wie ich das Buch bewerten soll. Zunächst war ich begeistert von Lilos Art, zu formulieren. Die Geschichten lesen sich flüssig, sind überraschend schwarzhumorig, manchmal auch schockierend und anfangs sehr einfallsreich, auch die abgewandelte Form des Märchens vom Fischer und seiner Frau oder die Verbeugung vor Alfred Hitchcocks "Das Fenster zum Hof". Besonders gefallen hat mir die originelle Story des Katers Oskar, dem der neue Untermieter ein Dorn im Auge ist, weil sich das Frauchen in sein Oskar-Werner-Aussehen verliebt und nicht erkennt, dass er Böses gegen sie im Schilde führt. Als der schlaue Kater den bösen Nachbar überführt, erfährt er zum Dank eine Namensänderung. Gut, dass Frauchen außer für den österreichischen Schauspieler auch noch für einen berühmten irischen Dichter schwärmt...

Ein wenig einseitig fand ich das Muster, mit dem Menschen und auch Tiere charakterisiert werden. Der Mann ist stets der Treuherzige, Angeschmierte mit einem ebenso treuen, grundlos schuldbewussten Hund, während Frauen meist als egoistische Luxusweibchen mit hinterlistigen, verschlagenen Katzen beschrieben werden. So bot sich wenig Überraschendes, was den Charakter der handelnden Personen und Tiere betrifft. Das hat mich nach etwa der Hälfte des Buches doch ein wenig gestört.

Fazit und Bewertung: Nette Unterhaltung, und ganz bestimmt ein kurzweiliges Leseerlebnis für diejenigen, die schon immer wussten, dass Hunde die besseren Menschen und Katzen zwar schlauer als Menschen, aber gemeiner und raffinierter als Hunde sind. Da ich mich dem ganz und gar nicht anschließen kann, gibt es von mir 


👍👍👍




Sonntag, 27. Oktober 2013

Lesen! Lesen! Lesen!

Mein Blog bringt es an den Tag: In der kälteren Jahreszeit lese ich zu wenig, blogge zu viel und verbringe unnötige Stunden vor dem Fernseher *schäm*. Das soll sich jetzt ändern. Ich hätte es ja vorher nie für möglich gehalten, aber ich plane jetzt eine "Pflicht-Leserunde".

Statt abends faul vor der Glotze abzuhängen, werde ich versuchen, mindestens eine Stunde zu lesen. Vor ein paar Tagen habe ich in der Stadtbibliothek ausrangierte Bücher ergattert, die recht interessant klingen. "Es scheint die Sonne noch so schön" habe ich vor Jahren im Sommerurlaub gelesen und war begeistert.




Angefangen habe ich mit "Sherlock verliebt", mit dem ich bisher ein bisschen Probleme habe, obwohl ich die Grundidee originell finde. Nach Holmes' Tod lebt der alte Dr. Watson in der Baker Street (und schläft auch in Holmes' Bett!) und wird vermeintlich vom Geist des Verstorbenen heimgesucht. Um sich abzulenken, will er eine Biografie über Sherlock Holmes und der Zeit an seiner Seite schreiben. Nebenbei bemerkt: zwischen den Zeilen lese zumindest ich mehr als *nur* eine lebenslange Freundschaft... manchmal kommt mir Watson vor wie der trauernde Witwer.

Der Stil der Autorin wird hochgelobt, da sie dem des Urhebers der Protagonisten treu geblieben sein soll. Mir erschließt sich das nach 70 Seiten noch nicht. Zwar fand ich einige Passagen und die Charakterisierung Holmes' durchaus gelungen, andere dagegen sind m. M. nach wirr und wenig nachvollziehbar. Etwa wenn Watson Besuch von einem ehemaligen "Mitarbeiter" von Holmes erhält, den Watson sofort als zurückhaltend einstuft, obwohl nichts an seinem Auftreten darauf schließen lässt. Da hat Holmes wohl ein Erbe hinterlassen, das Watson zu dessen Lebzeiten selten bis nie gezeigt hat.

Oder - ein grober Schnitzer - Holmes bezeichnet Irene Adler verächtlich als "das Weibsbild" (!), während er von ihr im Original von Arthur Conan Doyle mit widerwilligem Respekt als "The Woman" redet. Auch stören mich einige überflüssige Kommas (pingelig, ich weiß), und erstaunlicherweise die Tatsache, dass der Roman noch in der alten Rechtschreibung übersetzt wurde.

Amüsant ist das Buch allemal. So, wie ich es verstehe, spielt der Tod des Kinis im Jahr 1886 eine Schlüsselrolle, und es ist schon ziemlich clever, den großen Detektiv auf den bis heute ungelösten Fall anzusetzen. Dass er aber auf Ludwig II. stehen soll, wäre selbst für eine altehrwürdige Ikone eine gewagte These, daher vermute ich, es geht um jemand anderen.

Heute Abend darf ich den Münchner Tatort nicht verpassen, aber spätestens übermorgen bin ich schlauer.



Dienstag, 22. Januar 2013

Leseprobe: Das Bildnis des Grafen (Kap. 12 / Teil 1)



Diese Szene ist ein Schlüsselerlebnis für den Psychologen Gaspard Renoir, da er danach seinen Patienten in einem anderen Licht sieht. In einem, das ihm gar nicht gefällt...

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