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Dienstag, 8. Dezember 2015

Der Weiße Hai auf Wal(f)isch: "Im Herzen der See" Review

Über diesen Film bin ich gestolpert, als ich auf einem meiner Spaziergänge am Kino vorbei ging und dort das Plakat hängen sah. Klang erst mal verlockend: ein historischer Männerstreifen, der die Vorlage zu Herman Melvilles Klassikers "Moby Dick" erzählt und sich im Jahr 1820/21 wohl tatsächlich so ereignet hat.




Die Schauspieler (Chris Hemsworth, Cillian Murphy und ein paar andere) waren an meiner Entscheidung, den Film anzuschauen, nicht maßgeblich beteiligt. Aber ein oder zwei attraktive Kerlchen außer den computeranimierten Walen hätte "Im Herzen der See" durchaus vertragen können, um mich bei Stange zu halten. Ganz ehrlich: ich fand ihn trotz zahlreicher actionreicher Walkämpfe und unfreiwilligem Kannibalismus so tranig wie das Walöl, nach dem die "Essex" mit ihrer Mannschaft in See stach. Spätestens, als der erste arme Wal sein Leben lassen musste, war mir klar: das ist nicht mein Film - selbst der in der Vorschau eindringliche Spot über die Überlegenheit der Natur änderte daran nichts. Und da zog sich das überdramatisierte Gedöns noch über zwei Stunden hin.

Der Inhalt: Der Romanautor Herman Melville sucht Inspiration für sein neues Buch, und besucht zu diesem Zweck den einzig noch Lebenden der Katastrophe, der die Walfischbarkasse "Essex" entgegensegelte. Mr. Nicholson, damals noch ein Junge, ist ein verstockter alter Mann, gebeutelt von Trunksucht und unverarbeiteter Erinnerung an das, was vielen Schiffskameraden das Leben kostete: der riesenhafte weiße Wal, der die Jäger zu Gejagten über tausende von Seemeilen machte. Auch als Mr. Melville nach drei Tagen erschöpfenden Erzählens dessen Haus verlässt, fühlt sich Mr. Nicholson nicht besser, aber Ben Whishaw alias Herman Melville hat die Grundzüge seines Meisterwerks in der Tasche, das zu den Klassikern der Weltliteratur zählt. Und wir wissen immerhin, wer sich hinter Ismael verbirgt (aber nutzt uns das wirklich etwas, sofern dies nicht als Millionärsfrage auf dem heißen Stuhl gestellt wird?).





Meine Meinung: Obwohl ich Filme mit historischem Hintergrund wirklich mag und mich auch menschliches Verhalten in Extremsituationen interessiert, hätte ich mir "Im Herzen der See" sparen können.

Die Schauspieler agierten durch die Bank hölzern, und so etwas wie eine emotionale Connection zwischen mir und den sich abstrampelnden Männern kam nicht einmal im Keim auf. Selbst Szenen, die darauf abzielten, Emotionen zu vermitteln, wie der Abschied der beiden langjährigen Freunde Owen Chase und Matthew Joy, der schwer verletzt auf einer Pazifikinsel zurückblieb, haben bei mir ihre Wirkung verfehlt. Nur der harpunierte Wal, wie gesagt, da musste ich schon mit den Tränen kämpfen. Zum Glück hat der heldenhafte Chase (Hemsworth) aus dem "Abenteuer" seine Lektion gelernt, und auch der blasse und aufgeblasene Captain (dessen Namen - im Film und in Echt - mir entfallen ist), erfährt eine Minute der Läuterung. Und die epische Musik im Abspann mit dem Donnern war es wert, noch ein bisschen länger als nötig das Sitzfleisch zu strapazieren.

Trotzdem: wer gemeingefährliche Raubfische mit Sinn für Strategie mag und charakterstarke Figuren, sollte entweder bei Steven Spielberg "Der Weiße Hai" bleiben oder der grandiosen Moby Dick-Verfilmung mit Gregory Peck als obsessiver Käpt'n Ahab.


Bewertung: 



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