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Dienstag, 9. September 2025

An Mama

Vor zwei Jahren war der schlimmste Tag in meinem Leben. Mama ging nach Hause zu Jesus. Ich spreche bis heute nicht von ihrem "Tod" und weigere mich auch, in der Vergangenheitsform von ihr zu erzählen. Weil ich weiß, dass beides nicht zutrifft. Ihr echtes Leben hat mit dem himmlischen Dasein erst begonnen, und die Eigenschaften, die sie hier auf Erden hatte, gehen dort nicht verloren; selbst ihre "Fehler" waren liebenswert und bestimmt keine, die Gott ihr genommen hat: allen voran die Freude am Reden, von der sie sagte, dass es ihre Schwäche sei. Für mich, die ich nicht viel rede, war es eine bewunderswerte Stärke. Denn abgesehen davon, dass ihr nie die Gesprächsthemen ausgingen, konnte sie auch zu einem Unrecht nicht schweigen. Dazu gehört nicht nur Eloquenz, sondern auch Mut. Wo andere sich zurückzogen und lieber den Mund hielten (auch ich), hat Mama sich nie gescheut, ihren aufzumachen.

 


Einige meinen vielleicht, ich würde sie glorifizieren, auch in meinem Buch "Shalom Mamele". Da hörte ich hin und wieder Stimmen, die sie "so nicht gekannt hatten." Andere wiederum sagten mir, dass sie genau so sei und ich sie unglaublich treffend beschrieben habe. Als Tochter, die ich bin, habe ich meinen Eindruck von ihr mir gegenüber gegeben, und der war immer positiv und schön. Ich bin voller Dankbarkeit, dass ich so tolle Eltern habe. 💕💕💕 Das einzige Negative, das mir einfällt, war der Arrest in der Besenkammer, als ich etwa fünf oder sechs Jahre alt war. Ich muss sie da schon sehr genervt haben, und es tat ihr hinterher auch leid. Einmal habe ich sie darauf angesprochen, viele Jahre später. Sie konnte sich nicht mehr daran erinnern... Immer war sie da für mich, teilte Freude und Sorgen und half, wann und wo immer man sie darum bat. 

Ich denke, man glaubt mir deshalb oft nicht, weil es Menschen wie sie nicht viele gibt. Menschen mit unsichtbaren Flügeln schon auf der Erde. Sie ließ mich meine eigenen Schlachten kämpfen, doch wenn ich nicht mehr weiterwusste, war sie zur Stelle. Zuverlässig, voller Liebe und Wärme. Wobei ihr wichtig war, meine Eigenständigkeit zu respektieren. 

 


 

Ich würde mir wünschen, dass einiges, was ich über sie schrieb und noch schreibe, von ihr gelesen werden könnte. Dass sie es auf irgendeine Weise erfährt, wie wertvoll sie mir ist als Mama, und vor allem als Freundin, die sie uns Kindern immer sein wollte und auch war. Dass ich sie so sehr liebe und sie nicht vergessen möchte, ihre Stimme, ihren Duft, ihre Berührungen. Ich träume selten von ihr (schade!), aber wenn, dann sind es Träume, die mir Mut machen, weil wir wieder zusammen sind, ganz selbstverständlich. Zum Beispiel unterwegs in den Urlaub. Ohne ein "Bis wir uns wiedersehen!" - obwohl auch das schön wäre und ich die in meiner Trauergruppe ein bisschen beneide, die "eindeutige" Zeichen erhalten.

Die letzten Wochen waren für uns als Familie kräftezehrend und ein Alptraum. Bis heute können wir nicht darüber sprechen, ohne zu weinen. Bilder und Situationen bleiben im Kopf, und manchmal scheinen sie uns zu überwältigen. Die Ohnmacht und Hilflosigkeit, die wir dem Krankenhaus gegenüber fühlten in der Zeit, kann man schlecht erklären. Warum es so war, ist uns ein Rätsel. Antworten bekommen wir in dieser Welt vermutlich nicht mehr. Darum spielt Akzeptanz eine große Rolle, und die anzunehmen, ist nach dem, was passiert ist, schwer. Wir hatten es immer gut als Familie. Selbst durch Krisen gingen wir - wenn schon nicht gestärkt, dann doch um eine Erfahrung reicher. Auf diese hätten wir gern verzichtet. Mama fehlt, und das wird hier nie aufhören. 

 



So schön wie es auf dieser Welt sein kann (wir haben es erlebt), ist mir doch klar, dass es etwas jenseits davon gibt, ein Ort, zu dem Mama uns vorausgegangen ist und in dem es so schön ist, dass wir Menschen uns den Himmel nicht vorstellen können, bis wir eines Tages selbst ankommen. Und irgendwie passt das trotz aller quälenden Fragen: Sie war uns häufig um eine Nasenlänge voraus, egal, um was es sich handelte.
 

 

 

 

 

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