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Mittwoch, 21. Mai 2014

The name's Sherlock Holmes. And the address is 221 B Baker Street.


Was fasziniert mich eigentlich an dem neuen, hypermodernen Format der BBC-Serie "Sherlock" (Start der dritten Staffel in Deutschland am 29. Mai auf der ARD), die derzeit als eine der weltbesten Serien gilt?

Man könnte meinen, der letzte Abschnitt und das darin enthaltene Prädikat erklären es schon, doch  das ist bei weitem nicht der Fall. Ich habe einen recht eigenen Geschmack und finde häufig Dinge, die die meisten cool finden, uncool und umgekehrt. Zudem bin ich eher altmodisch und wurde mit der Reinkarnation des viktorianischen Meisterdetektivs zunächst überhaupt nicht warm. Allein die Idee fand ich absurd. Zu sehr waren Holmes und Watson im ausgehenden 19. Jahrhundert verwurzelt, in dem noch nicht einmal ein Visionär wie seinerzeit Leonardo daVinci an Smartphones, IPads und Internet zu denken wagte. Auch bin ich nicht unbedingt großer London-Fan oder Experte in Sachen Arthur Conan Doyle.


Pixabay / becchy

 

Ausschnitte aus den Spätnachtwiederholungen haben mich nie wirklich vom Sofa gerissen, im Gegenteil. Ich hatte irgendwie keinen Bezug zu dem, was da auf dem Bildschirm in scheinbar atemberaubender Geschwindigkeit vor mir flimmerte, verstand jeden zweiten Satz nur halb oder gar nicht und wollte mir nicht einmal die Mühe machen, die technischen Spielereien zu würdigen, die ich in nicht gar so ausgefeilter Form bereits in "House MD" gesehen hatte. Die Protagonisten - obwohl in ihrer ambivalenten Beziehung zueinander angelehnt an House / Wilson respektive klassischer Holmes / Watson - fand ich nichtssagend und außerdem viel zu jung. Mein Sherlock Holmes-Bild haben gestandene Gentlemen wie Basil Rathbone und Peter Cushing geprägt. Der *kleine* Holmes war dagegen eher frech, mitunter sogar zum Fremdschämen peinlich und impertinent, etwa als er auf Nikotinentzug übertrieben inhalierend an einem Klienten schnüffelt, der eben noch eine Kippe im Gesicht stecken hatte. Heute gehört diese Szene zu meinen absoluten Highlights, gemeinsam mit dem unfreiwilligen Tanz  aus The Blind Banker. Und natürlich dem Mind Palace.

Im Forum habe ich mich schließlich mal zu Wort gemeldet im entsprechenden Thema und meine nicht gerade überschwängliche Meinung zur Serie kundgetan. Das einzige, was ich bis dahin wirklich gelungen fand, war die extra komponierte Musik wie das etwas schrullige Sherlock-Theme und besonders das Gänsehaut erzeugende, bittersüß anmutende "The Woman". Das war toll. Eine moderne Serie, die auf angesagte Popsongs verzichtet und dafür orchestrale Musikgeschichte schreibt, ist schon einen näheren Blick wert. Allerdings hatte ich keine Ahnung, weshalb jeder so begeistert an der Theorie zum "Reichenbachfall" mitgerätselt hat. Man legte mir nahe, die DVDs zu kaufen, um die Serie an einem Stück sehen zu können und am besten noch in O-Ton. Das war mir ohnehin lieber, habe ich doch auch meinen gehassliebten House nur in der Originalfassung angeschaut, da die deutsche Synchro nicht selten bemüht witzig aufbereitet und somit völlig sinnentfremdet wird. Nichts gegen Synchronisation, aber das Original bleibt doch meist unerreicht.

Lange Rede kurzer Sinn, ich habe mir die DVDs tatsächlich besorgt. Und ich mochte das, was ich sah und hörte, auf Anhieb. Allen voran die samtige Stimme von Benedict Cumberbatch. Kaum zu glauben, wie mich die beeinflusst hat. Der deutsche Sprecher Tommy Morgenstern macht einen guten Job, aber eine Stimme gehört zu einem einzigen Menschen und macht ihn in meinen Augen glaubwürdig. Plötzlich wurde die Serie viel interessanter und lebendiger. Auch Nebenfiguren wie die mütterliche Mrs. Hudson und der hochnäsige Mycroft Holmes erschienen im neuen Licht.

Die Serie hat es sogar geschafft, mein Interesse für den klassischen Holmes wieder zu wecken. Ich las ein paar Geschichten und fand es danach erheiternd, Parallelen und Referenzen in der BBC-Produktion aufzustöbern, die oft nur angedeutet werden. Doch gerade die geschickt versteckten Verbeugungen vor Holmes-Erfinder Conan Doyle und auch die mitunter offen gezeigte kindische und kindliche gezeigte Seite am Genie Holmes geben der Serie einen authentischeren Touch als jede Verfilmung zuvor.

Dass Benedict Cumberbatch nicht nur ein charismatischer Sherlock mit einer sexy Stimme, sondern privat auch ein sympathischer und attraktiver Mann ist, gibt einen für mich nicht unerheblichen Bonus... (O;




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