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Dienstag, 20. Mai 2014

British food schmeckt manchmal gut

Schon gemerkt? Die britische Küche ist oft besser als ihr Ruf, wenn man von Scheußlichkeiten wie Hammeleingeweide aka Haggis absieht. Und selbst das ist für Mutige und Hartgesottene wahrscheinlich eine Delikatesse, vergleichbar mit dem vielzitierten Pfälzer Saumagen oder der bayerischen Haxn mit Semmelknödel. Mal ehrlich: immerhin kommen Spitzenköche wie der hippe Jamie Oliver von der Insel, die für ihre experimentellen Gaumenfreuden vor Mr. Olivers medialer Präsenz mehr auf den hinteren Plätzen rangierte. Doch das liegt - wie so vieles - an Gewöhnung, Gewohnheiten und Mentalität. Und wie man den "Ausländern" Ungewohntes schmackhaft macht.

Während eines Englandurlaubes habe ich über pappsüßen Kuchen gestaunt, der von nicht minder gesüßtem Custard-Pudding überschwemmt war, und trotzdem fand ich den Nachtisch nicht schlecht, auch wenn ich ihn nicht jeden Tag serviert haben möchte - nicht nur, weil es eine echte Kalorienbombe war. Die damals in Lunch-Portionen ausgeteilten Tüten Chips (landläufig "Crisps", wohl um Verwechslungen mit Fish 'n Chips zu vermeiden) mit Essig-Geschmack sind heute in fast jedem internationalen Supermarktregal zu finden und ergo keine Seltenheit mehr. Wir haben uns noch darüber amüsiert, bis uns vor lauter Säureschock nach dem ersten Biss der Mund geschrumpft ist.

Das ausgiebige Breakfast mit bacon, baked beans und verschiedenen (Blut-)Wurstsorten ist für mich nach wie vor ein Rätsel der britischen Esskultur. Obwohl ich durchaus für ein reichhaltiges Frühstück bin und Landesgepflogenheiten gegenüber aufgeschlossen (behaupte ich mal), wäre das zu früher Stunde meinem Magen zu üppig. Auch sonst gibt es einige Kuriositäten, die den Unterschied zwischen britischen und deutschen Essgewohnheiten deutlich machen. An einem Morgen saßen wir mit Walisern am Tisch, die sich darüber wunderten, dass wir *uns* wunderten, weshalb die Butter gesalzen war, wenn man doch Marmelade aufs Brot streichen will. Sie fragten uns dann sehr höflich, ob man in Continental Europe denn extra salze, worauf wir sicher noch perplexer dreinschauten als das alte Ehepaar. Gesalzene Butter gehört seit längerem, glaube ich, auch zum Standardsortiment eines Supermarktes. So ändern sich Zeiten und Geschmäcker.




Aber - oh Wunder! - neben all den deftigen und exotischen Gerichten und Nahrungsmitteln findet man in Großbritannien noch Rice Krispies, das Produkt, das ich hierzulande seit kurzer Zeit schmerzlich vermisse. Ja, es stimmt leider, wir mussten sie uns schicken lassen, denn die Zufriedenheit einzelner Kunden geht den großen Supermarktketten natürlich und irgendwie verständlicherweise am A**** vorbei. Doch ohne Crackle, Pop und Snap fängt der Tag nur halb so gut an. Das Porto ist nicht gerade von Pappe, so dass wir noch eine Einheit Hula Hoops und ein Glas Lemon Curd bestellt haben, das bedauerlicherweise nicht von Prinz Charles' Biofarm stammt, aber trotzdem köstlich schmeckt. Die Hoops sind ein Kartoffelsnack, ebenfalls sehr lecker und kommen in drei verschiedenen Geschmacksrichtungen, wobei die Originalen ein bisschen fade sind.

Man tut der englischen Küche allerdings Unrecht, wenn man sie als unkulinarisch oder geschmacklos im wahrsten Sinne des Wortes verunglimpft. Denn auch vor Jamie Oliver verstanden der britische Gentleman und die feine Lady, wie man aus verschiedenen, auf den ersten Biss kaum zusammenpassenden Zutaten eine Nationalspeise kreieren und kombinieren kann, die der ohne Vorurteile behafteten und aufnahmebereiten Zunge mehr an Lob entlocken kann als nur ein "Good Lord! How very British indeed!"


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Hier bestelle ich in Zukunft öfter: British American Food

Und im Victorian House in München kann man auch außerhalb der Insel gepflegt britisch speisen. Allein die Scones sind einen Besuch wert!






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