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Samstag, 24. August 2013

Rezension "Neverwhere" ~ Neil Gaiman

Der Vollständigkeit halber gehört eine Rezi einfach dazu, selbst wenn ich meine Meinung über den Roman schon mehrmals kundgetan habe und sie sich im Wesentlichen bis zu Seite 368 nicht geändert hat.

Handlung:  Der gutmütige Büroangestellte Richard Mayhew lebt an der Seite seiner kühlen und dominanten Verlobten Jessica ein unauffälliges Dasein, mit dem er im Großen und Ganzen zufrieden ist. Ausgerechnet an einem (für Jessica) wichtigen Geschäftstermin liest er auf der Straße ein verletztes Mädchen auf und lässt - sehr zum Ärger seiner Verlobten - das Meeting sausen, um dem Mädchen zu helfen, das unter keinen Umständen ins Krankenhaus will. Damit beginnt für Richard ein Abenteuer voller unerklärlicher Phänomene, merkwürdiger und gruseliger Gestalten, sinnloser Gewalt, Rattenflüsterern, eingeschlossener Engel und harten Prüfungen in einem Untergrund-London, für das Zeit und Raum keine Rolle zu spielen scheint. Richard fällt es schwer, sich dort zu behaupten, aber als er es schließlich schafft, merkt er, dass er Freunde und Selbstbewusstsein gewonnen hat.




Meinung: "Neverwhere" war mein erster Abstecher ins Fantasy-Genre und hat mich positiv überrascht. Neil Gaiman erzählt keine Klischees von arglistigen Zwergen, lieblichen Elfen, monströsen Drachen, blutrünstigen Werwölfen und Vampiren (zumindest nicht offiziell^^), sondern eine Geschichte mit einem für mich hohen Wahrheitsgehalt - mehr oder weniger symbolisch und mitunter auch gnadenlos schaurig. Er zeichnet dabei nicht nur die Figuren auf anschauliche Weise (bis auf die seltsam blasse Heldin Door sind fast mir alle und besonders Richard ans Herz gewachsen); es gelingt ihm auch, ein Motiv fantasievoll aufzubereiten, das sich aus der Bibel, Sagen und Märchen zusammensetzt. Sehr schön fand ich, dass Charaktere wie der windige Marquis de Carabas und die toughe Hunter nicht die sind, für die man sie zu Beginn des Buches hält. Auch nehmen Dinge eine Wendung, mit der man als Leser nicht unbedingt rechnet. 

Ein weiterer Pluspunkt war die Verquickung der Personennamen mit jeweiligen Orten bzw. Sehenswürdigkeiten in London und die geschichtlichen Andeutungen auf das Untergrundbahn-System. Für jeden Fan dieser Metropole ein witziger Wiedererkennungs- oder Aha-Effekt. Manche Handlungsstränge wie z.B. das Verschwinden von Doors Familie hätte ich mir trotzdem ein bisschen ausführlicher gewünscht. Vor allem gegen Ende hapert es ein bisschen an Erklärungen - auch wenn ich es ganz gut finde, dass man gelegentlich zwischen den Zeilen lesen muss.

Fazit: Ich glaube, "Neverwhere" wird mein einziger Fantasy-Roman bleiben. Nicht, weil er mich nicht überzeugen konnte - ganz und gar nicht. Aber ich denke, was Plot und Charaktere betrifft, wird er wohl einmalig und nicht zu toppen sein. Obwohl ich ein paar Kleinigkeiten zu bemängeln hatte, habe ich mich super unterhalten gefühlt - gerade weil die Story für mich bei aller Absurdität und Phantasie nachvollziehbar war und Gaiman sehr geschickt biblische Motive und Vorstellungsvermögen in einer sehr eigenen Welt miteinander verwoben hat. 

Ein Lesespaß der besonderen Art, den ich vor allem auch durch unsere vielschichtige Leserunde auf dem Büchertreff hatte.

Bewertung:





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