I solve crimes and blog about it

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Freitag, 18. Oktober 2024

Warum spricht niemand über Mama?

 Mein Leben hat sich verändert ohne Mama. Kein Zweifel, nicht zum Besseren. Ich bin oft sehr traurig, und oft weine ich auch. Sie fehlt mir unendlich. Viel mehr, als ich es mir je hätte vorstellen können, habe ich mich doch nie als "Mama-Kind" betrachtet. 


Demnächst auch als Hörbuch.

 

Sie war / ist mir viel mehr als Mama. Als es mir aufgrund meiner Depression so schlecht ging, wollte sie meine Freundin sein. Und das ist sie. Je länger sie fehlt, desto mehr wird mir bewusst, wie wertvoll nicht nur ihre Liebe und Fürsorge waren, sondern auch ihr Wissen in ganzheitlicher Naturmedizin. Mit dem sie letztendlich dem Grund meiner Depression auf die Schliche kam. 

Ihr Lachen, das oft so laut war, dass man es im Nachbarhaus hören konnte. Und ihr Talent, mit Menschen umzugehen. Neugierig und offen zu sein für andere, ihre jeweiligen Geschichten und Nöte. Sie hat das Leben so vieler Leute berührt, und wenn es nur war, um sich gut mit ihr zu unterhalten. Ihre Offenheit hat sie mit vielen verschiedenen Frauen und Männern zusammengebracht. Ihr Witz und ihr Humor waren besonders. Wenn man in geselliger Runde saß, konnte man sich auf Mama als anpassungsfähige Gesprächspartnerin verlassen. Auch, weil sie an allem interessiert war, was man ihr erzählte, seien das geistliche Dinge oder die Schwärmerei für einen Popstar. Tatsächlich hat sie es nie abgelehnt, sich mit meinen albernen Teenagersorgen zu befassen. Oder Anrufe entgegenzunehmen von Menschen, die fünfmal am Tag mit ihr sprechen wollten, weil sie alleine nicht weiter wussten. Ihre Sensibilität hat möglicherweise mit dazu beigetragen, dass sie irgendwann überfordert war. Doch es war ihr nie zuwider, anderen zu helfen und sie anzuhören. Außerdem verfügt sie durch ihren Glauben an Jesus über eine große Anziehungskraft, die unser Haus zum Leuchten gebracht hat.

 

Auf unserer Terrasse im Rittersbruch
 

Umso mehr schmerzt es mich, dass fast niemand aus unserem Bekannten- und Verwandtenkreis mit uns über sie spricht. Es ist, als würde man es vermeiden. Oder als hätte man sie vergessen. Verstehen kann ich das nicht. Sie war kein unauffälliges Mäuschen, das zwar lieb, aber ansonsten nicht weiter erwähnenswert gewesen wäre. Im Gegenteil. Für viele war sie unbequem mit ihren Überzeugungen und ihrer Meinung. Aber nie feindselig oder unversöhnlich. Und für noch viel mehr war sie eine helfende Hand, für manche sogar ein Engel.

Oder fürchtet man, wir könnten davon emotional überwältigt werden? Ich würde mich freuen, wenn jemand mal über Mama sprechen würde. Nette Erinnerungen mit uns teilen. Neulich war eine ihrer Freundinnen zu Besuch, mit der sie oft telefoniert hatte. Sie erzählte meiner Schwester, dass sie manchmal weint, wenn sie an Mama denkt, weil sie ihr so sehr fehlt. Dass sie sich oft fragt, was Mama ihr in ihrer aktuellen Situation geraten hätte. Und ehrlich, das hat gut getan! Selbst wenn es die Freundin traurig macht, zeigt es doch, dass sie ihr wichtig ist. Mama sagte irgendwann im letzten Jahr zu Nicole: "Was bleibt denn von mir, wenn ich mal nicht mehr hier bin?" Sie hat viel hinterlassen, ihre Aufzeichnungen, ihre Bücher über Gott und über Naturheilkunde. Das, was sie uns als ihren Töchtern weitergegeben hat. Aber am allerwichtigsten ist das liebevolle Angedenken, das ich bei unseren Freunden und Verwandten irgendwie vermisse. 

 

Im Art-Café, Dezember 2022

Allerdings: noch viel wichtiger ist ihr Platz im Himmel, und den hat sie sicher, das weiß ich. Ein Platz in meinem Herzen wird sie immer haben. Und durch mein Buch, das demnächst auch als Hörbuch erscheint, können sie viele weitere Menschen kennenlernen und lesen / hören, was für eine besondere Mama sie ist. Wer sie dann nicht ins Herz schließt, dem kann ich auch nicht helfen...


Freitag, 11. Oktober 2024

Ich lese gerade... Schaurige Nächte ~ Unheimliche Geschichten für den Winter

 Ich bin ein Grusel-Fan. Schon immer. Am liebsten subtil, ohne Blut, ohne Splatter, plakative Effekte oder Horrorfratzen. Einsame, verlassene Herrenhäuser mit Geheimnissen und Rätseln üben eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf mich aus. Daher griff ich bei meinem letzten Buchhandlungsbesuch zu "Schaurige Nächte", eine Zusammenstellung von unheimlichen Geschichten, die mir bisweilen eine Gänsehaut über die Arme jagen. 

 


Die Autoren sind aktuell und für ihre Vorliebe für Mysteriöses bekannt, so etwa Laura Purcell, die mit der viktorianischen Geistergeschichte "Die stillen Gefährten" ihren Durchbruch hatte. 

Auffällig für mich ist die ausgefeilte Erzählweise, die bisher jeder Episode eigen ist. Wobei das schnell ins etwas gekünstelte abdriftet. "Die Aal-Sänger" von Natasha Pulley z.B. hat so ausführliche und weitschweifende Fußnoten, dass man nach deren Lesen komplett die eigentliche Geschichte vergisst. So etwas mag innovativ sein auf schriftstellerischer Basis, stört meinen Lesefluss aber doch erheblich. Am besten gefallen hat mir bisher "Eine Studie in Schwarzweiß" von Bridget Collins. Darin mietet sich ein zufällig Vorbeifahrender in einem Haus ein, das früher offenbar einem Schachliebhaber gehört hat und in dem der neue Mieter seltsame Dinge erlebt. Die war wirklich spooky!

 

Tama66 / Pixabay

Bisher sind es Geschichten aus vergangenen Zeiten, was nicht wunder nimmt. Die viktorianische Epoche scheint für Gruselexperten am meisten Potential zu bieten, was unerklärliche Phänomene angeht. Kenne ich auch von mir selbst, obwohl mein Roman "Das Bildnis des Grafen" zeitlich etwas später angesiedelt ist. Bisher kann ich das Buch mit den relativ kurzen, aber griffigen und unheimlichen Begebenheiten jedem Leser empfehlen, der wie ich ein Faible dafür hat. Ein paar Abzüge gibt's für die Aal-Sänger, denn die waren echt anstrengend zu lesen.



Donnerstag, 3. Oktober 2024

Digital Creator bei Facebook - nicht so leicht, wie man denkt.

Letztes Jahr im Februar habe ich darüber berichtet, dass ich zum Digital Creator ernannt wurde. Eine Ehre, mit der ich nicht allzu viel anzufangen wusste. Mittlerweile freue ich mich sehr über die Wahl, mein Konto aufgewertet zu haben. Denn ich verdiene nun tatsächlich Geld damit. Auch ohne Sterne, die mir meine Follower schicken dürfen, dafür aber von Herrn Zuckerberg vorher zur Kasse gebeten werden, was ich ein bisschen unfair finde.

 


Die Testphase begann irgendwann im Frühjahr und nannte sich Bonusprogramm; über mehrere Wochen habe ich unterschiedlich viel Geld durch meine Reichweite, Kommentare und geteilte Beiträge eingenommen. Einmal sogar fast $ 170.00 in einem Monat. Das ist schon ein beträchtliches Zubrot (was für ein altmodisches Wort)! Am allerwichtigsten ist die Reichweite, und man erhält Tipps, was, wann und wie viel man posten kann. Postet man z.B. etwas "Anrüchiges" oder auch nur Inhalte Dritter, kann die Reichweite empfindlich eingeschränkt werden. Manchmal bin ich da ein wenig naiv und ahnungslos. Ich als leichtbekleidete Siebenjährige im Planschbecken, Luftpumpengitarre spielend, wurde schwer geahndet.

Außerdem gibt es die wöchtentliche Challenge. Manchmal packt mich der Ehrgeiz und ich mache mit; meist versuche ich sie aber zu ignorieren, denn sie ist nicht leicht zu meistern. Die vorgeschriebene Mindestanzahl an Beiträgen posten, Reels erstellen und auf Kommentare zu reagieren lässt sich noch einigermaßen bewerkstelligen, doch für die 50 Follower, die man in einer Woche gewinnen muss, hat es bisher selten gereicht. 

Ich ertappe mich dabei, dass ich öfter aufs Handy schaue als früher. Eigentlich, sagen mir viele, hat Herr Zuckerberg dich damit total unter der Fuchtel. Und vermutlich haben sie recht. Und trotzdem freue ich mich über jeden Cent, den ich mit dem Posten verdiene. Für mich ist das keine Pflicht; nach einer gewissen Eingewöhnungszeit war ich gern auf Facebook unterwegs. Schlechte Erfahrungen habe ich dort keine gemacht, und was einem nicht so gut gefällt, kann man ja ignorieren bzw. blöde Kommentare überlesen. Mit meinem Account habe ich mittlerweile eine kleine Marke aufgebaut: ich poste meine Katzen, Humorvolles, Rezepte / Bilder vom Mittagessen, und auch in der Tat eine Art Online-Tagebuch ohne allzu persönliche Details. Durch meine FB-Freunde habe ich auch viel Trost und Verständnis in meiner Trauer um Mama erhalten. Das tut mir immer gut, denn obwohl wir jetzt über ein Jahr ohne sie sind, fehlt sie so sehr, dass ich noch oft weinen muss. 

 

Auf dem Sachsweg

Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass die Trauer mal nicht mehr so stark sein wird - obwohl ich es mir so sehr wünsche. Auch da lenkt mich Facebook ein wenig ab. Ich glaube, Mama würde und wird sich freuen, dass ich den Schritt zum Digital Creator ernstnehme und mir der Status dennoch Spaß macht. Wenn es möglich ist, möchte ich weiter dranbleiben. Da so viel Mist gepostet wird, finde ich es auch gut, einen Beitrag für positive und / oder hintergründige Nachrichten zu leisten, ohne jemandem wehzutun. In der Hinsicht kann Herr Zuckerberg mit mir zufrieden sein, glaube ich.

Ich bin übrigens happy über jeden neuen Follower! Hier geht's zu meinem Profil: Christine Wirth.


Montag, 16. September 2024

Ein Jahr danach...

Vor einem Jahr war der zweitschwerste Tag in meinem Leben: Mamas Trauerfeier.  Das Wetter war - anders als heute - schön. Sonnig und spätsommerlich heiß. Ich wusste nicht genau, was ich anziehen sollte, und habe mich dann für Jeans und ein dunkles T-Shirt mit Blümchen entschieden. Blümchen mochte Mama sehr (und ich weiß, sie mag sie immer noch...).

 


In Einzelheiten erinnere ich mich nicht mehr an den Tag. Ich weiß noch, dass ich überwältigt war von den vielen Gästen, und doch enttäuscht, dass einige nicht kommen konnten oder den weiten Weg scheuten. Freundinnen von Mama aus Ulm, Frankfurt und Saarbrücken sind angereist. Die Feier selbst war Mamas Naturell gemäß nicht traurig, sondern hoffnungsvoll und leicht. John und Lisa Wabulo hielten ihren ersten und wunderbaren Gedenkgottesdienst. Sie sind Leiter der "Freedom Church", die Mama als ältestes Mitglied ein paar Mal besucht hat und von den überwiegend jungen Familien dort sofort ins Herz geschlossen wurde. Der Gemeinde haben wir viel zu verdanken, denn sie hat uns nach Mamas Heimgang in beispielloser Weise unterstützt, auch bei alltäglichen Dingen, die uns schwer fielen, etwa Essen vorbeibringen und putzen. 

John hat ein so schönes Lied gesungen, das er m. M. nach besser interpretiert hat als die Outbreakband, die den Titel komponiert hat. Obwohl ich beim ersten Zuhören nicht viel verstanden habe, weil mein Kummer so groß war, hätte man für Mama kein passenderes Stück finden können. Es hat ihr bestimmt sehr gefallen, und für John hatte sie ohnehin eine kleine Schwäche... ich kann "Ewigkeit" allerdings immer noch nicht hören, ohne zu weinen. Trotzdem, die musikalische Untermalung war besonders schön, mit dem 131. Psalm in Hebräisch und Harry Belafontes "Island in the sun". Sie und Papa sind seit Jahrzehnten große Fans von Mr. Belafonte.

Die Dekoration in der Kapelle bestand aus Sonnenblumen und Blumen in pink, mauve und violett - Mamas Lieblingsfarben. Mir kam alles so surreal vor. Ich weiß, dass Wolfgang, Papas ältester Freund, nach vorn ging und sich verbeugt hat aus Respekt vor Mama. Er hat sie sehr gemocht. Ich war so gerührt von der Szene, dass mir allein beim Gedanken daran die Tränen kommen.

 


Den Aussegnungsteil empfand ich als schlimm. Als die Glocken zu läuten anfingen und die ersten Takte von "Swing low, sweet chariot" von Freds Orgel erklangen, hätte ich mich am liebsten in Luft aufgelöst. Meine Cousine Petra kam an meine Seite und hat mich ein bisschen gestützt, das war sehr lieb. Aber ich konnte nicht ans Grab und kann es bis heute nicht. Ein paar Mal war ich dort, aber ich empfinde nicht den Trost, von dem mir viele erzählen. Ein Kindergartenfreund ist mit achtzehn Jahren bei einem Unfall verunglückt, und sein Grab war immer vernachlässigt, wenn wir oben waren. Ich konnte das nie verstehen - bis jetzt. Für viele ist es einfach zu schmerzlich, auch für mich. Dabei habe ich bei Joschi im Bepflanzen seines kleinen Gartengrabes Trost gefunden. Aber es ist doch ein Unterschied, ob ein Tier als Familienmitglied oder die Mama geht. 

Zu dritt nahmen wir auf einer Bank in der Nähe Platz, während die übrigen Gäste sich verabschiedet haben. Es war uns einerlei, dass wir damit eine Gepflogenheit nicht erfüllten, die besagt, dass die engsten Angehörigen den Gang als erste auf sich nehmen. Ich habe alles nur durch einen Tränenschleier gesehen und mich in verschiedene Arme nehmen lassen, auch in die unserer Sandkastenfreundin Marion, die uns sagte, dass sie auch deshalb immer so gern bei uns war, weil Mama so herzlich gewesen sei.

Später gab es Kaffee und Kuchen bei uns; das war nicht einfach, doch ich hatte auch gute Gespräche mit Freunden von Mama, die mir lustige Begebenheiten erzählt haben, die sie mit ihr teilen. Es war schön zu wissen, dass sie so viele Menschen nicht nur zum Nachdenken, sondern auch zum Lachen und Staunen gebracht hat. Nicht, dass es mich überrascht hat.

 

 

Sie fehlt immer noch wie am ersten Tag. Ich vermisse sie als meine liebevolle Mama und aufmerksame Gesprächspartnerin. Wie sie sich anfühlt. Wie sie spricht. Ihre Herzlichkeit und Wärme, die jetzt anderen Menschen im Himmel gelten. Man sagt so oft, sie lebt in deinem Herzen weiter mit einem unsichtbaren Band, aber dort spüre ich sie nicht. Mein Leben ist immer noch auf den Kopf gestellt und schwerer als vorher, aber für die Zeit mit Mama bin ich so dankbar und unglaublich froh, dass sie meine ist. Ich hätte keine bessere haben können. Und ich freue mich auf ein Wiedersehen mit ihr. Das wird es geben, ich bin ganz sicher. 

 


Und was sind schon ein paar Jahre in der Ewigkeit? Mama muss nicht mehr lange warten, und ich glaube auch, dass wir ihr nicht so sehr fehlen wie sie uns. Im Himmel gibt es keine Traurigkeit. Vielleicht würde sie es gern sehen, dass wir uns nach einem Jahr mehr gefangen hätten und es keine Tage mehr gäbe, an denen uns alles sinnlos erscheint. Besonders Papa würde ich gern neuen Lebensmut geben. Über jedes Lächeln und Grinsen von ihm freue ich mich und schaue auch Sendungen mit ihm an, die ihn zum Lachen bringen. Solche Momente soll es in Zukunft öfter geben. Unser Leben wird nie mehr komplett und so schön sein ohne unsere Sonne, und dennoch sind wir bemüht, das Beste aus der uns verbleibenden Zeit zu machen.







Donnerstag, 12. September 2024

"Als wir uns die Welt versprachen" ~ Romina Casagrande

 Obwohl mich dieses Buch schon bei seinem Erscheinen interessiert hat, habe ich es in diesem Sommer umsonst ergattert - im Tauschregal des örtlichen Freibads. Das hat mich sehr gefreut, und ich habe dann auch bald mit dem Lesen angefangen. Mit 500 Seiten übersteigt es mein derzeitiges Pensum zwar, aber es war über weite Strecken kurzweilig und richtig gut zu lesen, auch wenn mich gelegentliche kryptische Sätze manchmal etwas genervt haben, die mir so vorkamen, als wollten sie die Originalität der Geschichte künstlich unterstreichen.

 


 

Inhalt: Edna Weiss sammelt seit Jahrzehnten "Stern"-Ausgaben und wohnt mit dem eigensinnigen Papagei Emil in einem kleinen Dorf in Südtirol. Die Lebensmittelladenbesitzerin Adele ist ihre Freundin und bringt ihr Einkäufe vorbei - auch die neuesten Stern-Magazine. Dort stößt Edna auf das Foto ihres "Schwabenkind"-Kollegen Jacob, mit dem sie vor fast achtzig Jahren auf einem Bauernhof in Ravensburg Arbeit verrichtet hat, um ihre mittellosen Eltern finanziell zu unterstützen. 

Jacob erkennt sie zweifelsfrei an einem Merkmal, das er sich während der Zeit als billige Arbeitskraft zugezogen hatte. Außerdem gehört ihm Emil. 

Kurzentschlossen beschließt Edna, mit Papagei und einem uralten sperrigen Transportkäfig denselben Weg über die Alpen anzutreten wie einst das kleine, verängstigte Mädchen kurz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges, um Emil zurückzubringen und sich mit Jacob auszusprechen, mit dem sie einst die Flucht vom Hof geplant hatte. Sie folgt derselben Route und lernt auf ihrem Weg Leute kennen, die Edna ihre Geschichten erzählen und auch ihre anhören. Fasziniert von ihrem Vorhaben, bieten die Weggefährten von Schamanin bis Motorradgang ihre Hilfe an - und Edna und Emil erlangen so ganz nebenbei multimediale Berühmtheit. 

 

realworkhard / Pixabay

 

Meinung: Ich mochte das Buch bis etwa zwei Drittel. Abwechselnd wird von Edna als alte Frau und als kleines Mädchen auf dem Hof erzählt - wobei ich nicht sicher bin, wie alt sie als Kind auf dem Gutshof ist. Wahrscheinlich alt genug, um ihre Periode zu haben und von den Knechten begrapscht  und missbraucht zu werden; all das war ziemlich nebulös beschrieben, genau wie Ednas "Visionen" und die Rückblenden, bei denen ich oft nicht wusste, was die Autorin eigentlich sagen will. Trotzdem fand ich die alte Edna anrührend - anfangs. 

Dadurch, dass von ihrer persönlichen Sicht nicht viel preisgegeben wird, sondern die Umstände und Ereignisse wichtiger sind, erfährt der Leser nicht, wie sie den Menschen gegenüber eingestellt ist, die ein Stück des Weges mit ihr gehen. Später stellt sich heraus, dass sie durchaus Vorbehalte gegen die meisten hatte, die sie dann revidieren musste - und das wirkte auf mich ein bisschen wie gewollt philosophisches Gewäsch. Mir hätte eine unvoreingenommene Edna besser gefallen. Das hätte zu ihrer sympathischen Art gut gepasst. Punkten konnte nach einer Weile nur noch Emil, der in seiner Eigenschaft als störrischer und halbgerupfter Paradiesvogel sehr liebenswert ist.

 

Eine Etappe: der Reschensee. Tommy_Rau / Pixabay

 

Etwas unglaubwürdig fand ich Ednas schier unglaubliche Robustheit mit Anfang Neunzig, und das, obwohl sie nach ihrem traumatischen Dasein als Schwabenkind selten von zuhause weg war. Dass sie sich für Emil ins Zeug legt, der sie öfters mal in Schwierigkeiten bringt, ist verständlich, doch irgendwie hat es mich gestört, herauszufinden, dass sie quasi eine Art weiblicher Luis Trenker ist, unverwüstlich, ohne in Jahrzehnten einen Fuß auf einen Berg gesetzt zu haben. 

Es war recht amüsant, von ihren Abenteuern zu lesen, doch durch die distanzierte Erzählperspektive und die teils schwammigen Sätze konnte ich mich nicht so recht auf die Geschichte einlassen, die trotz einer toughen Protagonistin und einem hysterischen alten Papagei vor allem irgendwie traurig ist. Vielleicht ist sie für Leser weniger traurig, wenn sie den "Circle of Life" verinnerlicht haben, denn darauf läuft alles schließlich hinaus. Aber auch das kam mir rästelhaft und ein wenig klischeebeladen vor. "Jede Reise ist eine Reise zu sich selbst". Das klingt in meinen Ohren so abgedroschen, dass mir der Spruch nur noch ein Gähnen entlockt. Dennoch habe ich Edna und Emil auf ihrer Reise mit Vergnügen begleitet. Es war daher absolut kein Vergnügen, am Ziel angelangt zu sein, an dem sich Edna von Luisa Trenker in eine Art weiblicher Konfuzius oder Buddha verwandelt und mit Lebensweisheiten glänzt, die sie sich selbst und ihrer besorgten Freundin Adele predigt.

Das Versprechen, das Edna und Jacob sich als Kinder gaben, konnte nicht eingehalten werden, und es gab - Achtung Spoiler! - nicht das, was man ein Happy End nennt. Im Schlussteil findet sich ein Interview mit der Autorin, die meint, dass sie trotz der Schrecken der "Schwabenkinder"-Epoche eine positive Botschaft vermitteln möchte. An mir ist die leider größtenteils vorbeigegangen. Schade, denn bis über die Hälfte war ich echt begeistert.

Bewertung: 💫💫💫

 

 

Mittwoch, 11. September 2024

"Mamas roter Pullover" ~ Jade Perkin

 Bücher über Trauer und Trauerbewältigung habe ich seit einem Jahr viele gelesen. Aber wirklichen Trost hat keines gebracht. Das, welches mir geholfen hat, war "Der Himmel" von Randy Alcorn, und auch das klingt - zugegebenermaßen - bisweilen etwas fantastisch. Trotzdem möchte ich glauben, dass das Ewige Leben so ist, wie der Autor es beschreibt, und dass Mama dort ist und eine gute Zeit hat. 

 

💖Mama im Sommer 2022💖

 

Als gläubiger Mensch hätte ich nicht gedacht, dass die Trauer jeden Tag ein Kampf ist. Nicht, dass ich sie nicht zulassen möchte. Aber es fällt schwer, "tapfer" zu sein. Das gilt nicht nur dafür, wenn andere Menschen in der Nähe sind, sondern allgemein. Andauernde Trauer kann krank machen. Ich merke, wie sie mich verändert. Ich lache seltener, breche oft in Tränen aus, weil ich Mama vermisse, meine Freundin, Gesprächspartnerin und Ermutigerin. Jeder Tag ist mühsam, nicht mehr schön. Obwohl wir einen tollen Sommer hatten und ich heiße Temperaturen liebe, war er mir letztendlich egal, manchmal fast lästig (wie kann die Sonne scheinen, wenn Mama nicht mehr da ist?).

Auf Facebook bin ich auf ein Bilderbuch gestoßen, das mich sofort angesprochen hat. Das Cover hat mich an Mama erinnert, auch wenn es das kleine Mädchen zeigt, die in jenem Buch ihre Mutter verliert - auf ähnliche Weise wie ich. Auch sie hatte Gedanken wie ich ("Am liebsten hätte ich sie mit nach Hause genommen.") und nicht die Gelegenheit, sich zu verabschieden, weil ihre Mama im Krankenhaus war.


 

Ihre Gefühlswelt danach wird sehr gut beschrieben. So kurz wie das Buch ist (es eignet sich für Kinder ab sechs Jahren), ist es doch sehr anrührend und zeigt, dass es nicht verkehrt ist, um einen geliebten Menschen zu trauern. Der Titel des Buches spielt eine wichtige Rolle, vor allem im metaphorischen Sinn. Der Papa des kleinen Mädchens (der aussieht wie der früh verstorbene Buddy Holly) ist ein sehr kluger und einfühlsamer Mann, der seiner Tochter erklärt, dass die Trauer immer bleiben, aber die Welt um sie herum größer wird - so wie sie selbst, damit sie in Mamas Pullover hineinwachsen kann. Das Bild fand ich sehr schön, wenn ich auch weiß, dass mir Mamas Pullover nie passen werden... nicht, weil ich schon erwachsen bin, sondern weil ich nie das werden kann, was Mama war. Für mich war sie eine Künstlerin und eine herzliche, kluge, und emotional gebildete Frau, voller Kraft und Energie und Lebensfreude, von der wir als ihre Familie profitiert haben. 

 


Im Fazit ist das Buch eher etwas für Kinder, denn es zeigt mir, dass man als Kind irgendwie besser mit Trauer klarkommt (im Allgemeinen). Zwar vermittelt das Buch keine Botschaft vom Himmel oder davon, wo die Mama hingegangen ist, doch das Mädchen findet zusammen mit ihrem Papa Trost darin, dass das Leben irgendwann weitergeht - wenn auch nicht so wie bisher. Die Trauer bleibt gleichgroß - aber die Welt um sie herum wird größer mit der Zeit.

Für mich persönlich kann ich das nicht bestätigen, was mich aber nicht daran hindert, dass Buch für Menschen zu empfehlen, die kleinen Kindern über einen schweren Verlust helfen möchten. Zudem fand ich die Zeichnungen entzückend. Gerade in ihrer Einfachheit sind sie und die Geschichte universell und nachdenklich stimmend.

 

Bewertung: 💫💫💫💫💫 


Freitag, 6. September 2024

Mein Sommer im Freibad

 In diesem Sommer habe ich mir zum ersten Mal seit 2019 wieder eine Saisonkarte fürs Freibad gegönnt. Ich bin gerne hingegangen vor Corona, habe meine Bahnen geschwommen und mich dann noch etwas in der Sonne und im Schwimmbadcafé aufgewärmt. Das war immer fast wie Urlaub. Letztes Jahr fiel der Sommer für mich ins Wasser, und eigentlich hatte ich auch heuer keine große Lust auf Freibad. Aber ich hätte sonst kaum Bewegung gehabt, so dass ich mich dann doch mithilfe meiner Schwester überwunden habe. 


Und irgendwie hat es sich auch gelohnt: Die Jahreskarte hat sich amortisiert (vornehm!), und das will etwas heißen bei € 95,00. Ich finde nicht, dass es zu teuer ist, denn das Schwimmbad ist nach der Renovierung Ende der 2010er Jahre echt schön und freizeitwertig geworden. Aber wenn man nur kurz schwimmen möchte, muss man schon häufig hingehen. Na, immerhin ist uns das gelungen. Und es gab sogar eine Überraschung in Form eines Büchertauschregals. Ich weiß nicht, ob es schon letztes Jahr da war. Jedenfalls finde ich die Idee super. Wir brachten ziemlich viele unserer Bücher her, und zwei habe ich sogar mitgenommen. Das erste ist ziemlich skurril auf eine Art, die mir nicht behagt, aber das zweite hat mich bereits beim Erscheinen interessiert. Es heißt "Als wir uns die Welt versprachen" und erzählt die Geschichte von Edna, die in den späten 1930er Jahren als "Schwabenkind" von Südtirol nach Ravensburg kam, dort einen Jungen kennenlernt und als ältere Frau dieselbe Route über die Alpen zurücklegt, um Jacob zu finden und ihm außerdem seinen Papagei Emil wiederzugeben. Ich schreibe bestimmt noch eine Rezension dazu, denn das Buch mit seinen berührenden und atmosphärischen Passagen gefällt mir bisher außerordentlich gut. Außerdem erinnert mich Edna in ihrer Unerschrockenheit und Unvoreingenommenheit irgendwie an Mama. 

 

Im kinderleeren Kinderbereich

Insgesamt haben wir bei unseren Besuchen festgestellt, dass ziemlich wenig los war. Selbst an heißen Tagen gab es meist noch zwei freie Liegen, auch nachmittags. Natürlich mussten wir auch ein paar Mal mit dem Rasen vorlieb nehmen, doch in der Regel fanden wir schnell zwei Plätze direkt am Olympiabecken. Der ausbleibende Andrang hat mich dann auch tatsächlich mal zum Rutschen angestiftet. Das ist insofern erwähnenswert, als dass ich zum letzten Mal mit meinem Cousin auf dem Schoß die damals noch nicht renovierte Rutschbahn hinunterzockelte und dabei den ganzen Betrieb hinter uns aufhielt. Das war mir so peinlich, dass ich seitdem keinen Fuß mehr auf die Treppe zur Rutschbahn gesetzt habe. Zu Recht, dachte ich, als ich jetzt wieder die Stufen im Wendelgang erklomm. An meine mit dem Alter zunehmende Höhenangst hatte ich in meinem jugendlichen Überschwang nämlich keinen Gedanken verschwendet. Glücklicherweise war ich völlig allein und konnte mir Zeit lassen. Dennoch - zügig nach oben, nach Möglichkeit nicht zwischen die Stufen linsen, und mutig voran. Leider habe ich keinen fotografischen Beweis für meinen Ritt, doch es hat richtig Spaß gemacht. Wäre die Treppe nicht, hätte ich ihn bestimmt wiederholt.

 


Belohnt habe ich mich jedenfalls mit einem "deutschen" Cappuccino, der im Freibad wohl aus Tradition noch serviert wird, wo alle anderen Restaurants und Bars auf die aufgeschäumte internationale Variante schwören. Ich nicht. Daher freut es mich, dass man dort auf Wunsch noch einen Cappuccino mit Sprühsahnehäubchen erhält, das ich oft sogar extra mit Zucker bestreue und die Sahne genießerisch herunterlöffle. Ich weiß, dass Italiener und Kaffeespezialisten entsetzt die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, aber ich mag ihn so. Nicht zuletzt, weil er ein wohlig-nostalgisches Gefühl auslöst.

 

Bademeistervertretung
 

Apropos nostalgisch: oft drehten wir eine Runde übers ganze Gelände und wurden ein bisschen wehmütig angesichts der vielen Veränderungen im Lauf der Zeit. Zwar ist das Freibad wirklich gut saniert und modern, doch manchmal fehlt einem doch das Alte, etwas Primitive. Das Kiosk mit dem Pommes-Imbiss, das jahrelang im hinteren Bereich vor einer kleinen Allee stand, wurde abgerissen, und ich denke gern daran zurück, wie ich gefühlt stundenlang auf den roten Plastikstühlen unter roten Sonnenschirmen saß und manchmal ein Schwätzchen mit der Besitzerin hielt. Überhaupt begebe ich mich wieder in gefährlich nostalgische Gewässer. Ich wäre gern anders, würde ununterbrochen und optimistisch vorwärtsschauen, aber gerade durch das letzte Jahr fällt mir das schwerer als ohnehin schon. 



Ob es nun im September noch ein paar heiße Tage gibt, dass wir vielleicht noch einige Male für "umsonst" gehen können? Es war nicht immer einfach, Zeit abzuzwacken für ein paar Stunden Sommerurlaub daheim, mit so viel Arbeit, die seit Mamas Heimgang kein Ende zu nehmen scheint. Aber ich bin froh, dass ich mir doch die Karte gekauft habe. Sonst hätte ich gar keine Ferien gehabt. 

 

Freitag, 23. August 2024

Gedichte für Mama

Immer noch fällt es mir schwer, Mamas Abwesenheit in unserer Familie zu akzeptieren bzw. damit fertigzuwerden. Zu sehr war sie unsere Sonne, war der Krankenhausaufenthalt im Sommer letzten Jahres traumatisch. Manche Freunde und Bekannte empfehlen professionelle Trauerhilfe, aber ich glaube, dass nur Gott uns helfen kann, das Geschehene zu verarbeiten und zu überwinden. Trost geben mir dabei Gedichte, die ich ziemlich spontan innerhalb weniger Minuten online in den Computer tippe. Und ich habe festgestellt, dass ich mich mehr mit dem Leben nach dem Tod befasse, mich direkt darauf freue. Ich weiß, dass das viele bedenklich finden und es mit einer Art Todessehnsucht gleichsetzen, aber das ist es nicht. 

In Randy Alcorns Buch vom Himmel steht, dass wir viel weniger Angst und Scheu vor dem Tod hätten, wenn wir wüssten, was uns danach erwartet - wenn wir Jesus in unser Leben gelassen haben. Und das hat Mama. Den Glauben hat sie auch uns auf ihre erfrischende und lebendige Art vermittelt, daher ist es gar keine Frage, dass wir uns wiedersehen. An einem Ort, der die Schönheit der irdischen Schöpfung in den Schatten stellt und uns dennoch nicht fremd vorkommt. 

Sinnsprüche wie "Das Leben ist zu kurz, um..." verlieren dann an Bedeutung. Ich bin überzeugt, dass wir das, was wir zu Lebzeiten auf unsere Bucket-List gesetzt haben, in perfektionierter Form im Himmel erleben dürfen.

 


 Nicht von dieser Welt

 Fern von Nöten, Sorg' und Schmerz
Strebe ich nach himmelwärts
Mein Zuhause ist nicht hier
Sondern irgendwo bei dir.
Einen Himmelsbürger nenn' ich mich,
und hab' das Leben ewiglich.
Die Zeit auf Erden ist zwar schön,
doch wäre ich bereit zu gehn
In eine Welt, die anders ist - nein, die der Erd' - 
nämlich der Schöpfung gleicht
Und die man nur mit Gott erreicht.
Nein, Todessehnsucht hab' ich nicht
Ich sehne mich nach einem Licht.
Das gibt es dort, wo andere schon hingegangen
Und ihrem Schöpfer Lobpreis sangen.
Nicht nur lobpreisen sie - mitnichten
es gibt dort Spiel und Spaß und Buchgeschichten.
Der Himmel ist, was keiner schreibt,
und doch die Sehnsucht, die uns treibt.
Nicht viel anders als die Erde wird er sein
nur schöner, bunter und auch voller Sonnenschein
Schmerz und Leid wird ganz verschwinden
Und die Menschen in Eintracht sich verbinden
Ein Hauch von Himmel ist ja nur
Die pure Schönheit der Natur.
Welch' ein Fest, wenn ich dort ankomm' und mein Haus erspähe, 
und meine Lieben winken sehe.
Vielleicht mag es noch Jahre dauern, Jahrzehnte gar, 
doch was ist Zeit, in Relation zur Ewigkeit?
 
2. Mai 2024
 
 

 
Mein Herz im Himmel
 
Es gibt einen Ort, den kenne ich nicht,
und doch bekommt er
mit deinem Abschied ein neues Gesicht
Ein Ort nach dem mein Herz sich sehnt,
mehr noch, seit du dort weilst und dein Sein an Jesus lehnt.
Da möchte ich hin, bin fast schon da,
denn ich weiß, es ist dort wunderbar.
Den Herrn werde ich schauen,
und ihm ganz vertrauen.
Wie ein Kind will ich mich fallenlassen,
keine Freude mehr verpassen,
die er verspricht,
ganz ohne Jüngsten Tag am Weltgericht.
Mein Herz im Himmel, meine Seele noch hier,
aber immer verbunden mit dir.
Es gibt ein Wiedersehen, dessen bin ich gewiss,
und wenn ich zweifle, dann denk' ich an dich.
Wo solltest du sein,
Wenn nicht bei deinem Schöpfer allein
der Ewiges Leben schenkt denen die an ihn glauben,
in Gnaden wahrmacht, was wir uns ließen rauben.
Mein Herz ist schon vorausgegangen,
Und wenn ich dort bin, ist vorbei das Bangen.
Vielleicht wartest du am Tor,
und flüsterst mir leise ins Ohr:
Warum hast du so viel geweint,
sieh doch, nun sind wir wieder vereint.
 
22. August 2024 


Dienstag, 11. Juni 2024

"Durchbrüche - Von Flügelklammern zu Adlerschwingen" ~ Susanna Hugsinger

Von diesem Buch weiß ich bereits seit seiner Entstehung. Die Autorin ist eine gute Freundin meiner Mutter, die im Buch sogar eine Schlüsselrolle spielt. Als "Susanna" mir die fertige Biografie zum Lesen vorbeibrachte, war ich zunächst ein bisschen verunsichert. Interessierte mich das überhaupt? Und würde ich ehrlich genug sein, meine nicht so positive Meinung bei Nichtgefallen kundzutun? Fragen, die einem bei Autoren und Autorinnen im Bekanntenkreis so durch den Kopf gehen. Doch "Durchbrüche" hat mich wirklich überrascht und von der ersten Seite an gefesselt.

 

congerdesign / Pixabay

Inhalt: In kurzweiligem Stil erzählt Susanna Hugsinger ihr bewegtes Leben von den Nachkriegsjahren bis heute. Ihre Kindheit als jüngste von drei Töchtern und als Liebling des Vaters ist geprägt von katholischer Frömmigkeit und Fürsorge, aber auch vom Hunger nach Anerkennung, mangelndem Selbstbewusstsein und dem Gefühl, nicht frei sein zu dürfen. Deutlich vor Augen geführt wird das der kleinen Susanna, als ihr Vater den jungen Hühnern im Vorgarten Flügelklammern anlegt, damit sie nicht davonfliegen können. 

Als Teenager interessiert sie sich bald für Jungs, in die sie sich oft heftig, aber unglücklich verliebt. Sobald sie einen Partner hat, glaubt Susanna, findet sie den Schlüssel zum Beenden der innerlichen Leere und den Minderwertigkeitskomplexen. Die Suche nach dem Mann fürs Leben führt sie nach etlichen Enttäuschungen zu Volker, dem Vater ihrer zukünftigen Kinder. Anfangs zärtlich und aufmerksam, entpuppt er sich als unberechenbar, manipulierend und psychopathisch. Jahrelang kämpft Susanna um eine "normale" Beziehung, nicht zuletzt der Kinder wegen. Auch ist sie bemüht, den harmonischen Schein der Familie nach außen hin aufrecht zu halten, was sie zusätzlich Kraft kostet und an ihrer Gesundheit zehrt. Ihren Job als Lehrerin macht sie gern, da er sie ablenkt, doch häufig fühlt sie sich auch dort überfordert. Ihre Sinnsuche beschränkt sich nun nicht mehr auf die große Liebe, sondern weitet sich aus in Bereiche der Esoterik, der Reinkarnation und dem Okkultismus. Aber statt Erleichterung bringt jeder Versuch Verwirrung und neu entfachte Ängste.

Nachdem sie feststellt, dass ihre Ehe nicht mehr zu retten ist, reicht sie schweren Herzens die Scheidung ein. Damit sind ihre Probleme jedoch noch lange nicht gelöst - im Gegenteil. Plötzlich wird ihr das Sorgerecht für die geliebten Kinder entzogen. Kann sie sie zurückgewinnen? Und was hat eigentlich Gott mit ihrem Leben zu tun, der sie immer wieder auf ihrem steinigen Weg zu begleiten scheint, obwohl sie sich seit langem von ihm abgewandt hat?

 


Meinung: Spannend wie ein Psychothriller, liest sich "Durchbrüche" mit einer Leichtigkeit, die im krassen Kontrast zu dem steht, was die Autorin schildert. Missbrauch, Minderwertigkeitskomplexe und ein "durchgeknallter" Ehemann sind nicht gerade Themen für ein Feel-Good-Buch. Und doch ist Susanna Hugsingers Buch eine Ermutigung für Menschen, die sich im Hamsterrad gefangen fühlen, denn nach vielen Misserfolgen findet sie einen Weg, der sie nicht enttäuscht. Und die große Liebe. Sogar in zweifacher Ausführung, wenn ich das so sagen darf. Und ganz allmählich werden aus den Flügelklammern Adlerschwingen, wobei sie betont, dass ihre Alltagsherausforderungen zwar nicht unbedingt leichter werden, sie aber einen Hafen in Gott hat und sich endlich komplett angenommen und geliebt fühlt. 

Während eines Besuches erzählte mir "Susanna" einmal, dass sie mit ihrer aufgeschriebenen Biografie das Evangelium, die frohe Botschaft Gottes, verkünden will. Das ist ihr total gut gelungen!

Viele Passagen gingen mir ans Herz; besonders die abenteuerliche und pfiffige Flucht vor dem Ehemann hat mich sehr beeindruckt. Trotz aller Schwierigkeiten verliert Susanna in ihrem Buch nie den Humor, obwohl ihr in den aktuell erlebten Situationen sicherlich nie danach zumute war und sie auch ehrlich zugibt, dass sie oft am Ende ihrer Kräfte war. Trotzdem gibt ihre Biografie Hoffnung und Mut. 

Was mir auch sehr gefallen hat, waren die Beschreibungen der Jahrzehnte. Vor allem die wilden 68er, von denen sie durch Volker und ihrem Beruf eher widerwillig beeinflusst wurde, hat sie toll beschrieben. Da wurde so richtig ein bisschen die Hippie-Ära mit ihrer intellektuellen Revolution gegen Autoritäten lebendig. 

Dass ich die Autorin persönlich kenne, spielt bei meiner Beurteilung des Buches keine Rolle, dem ich begeisterte fünf Sterne gebe. Eine klare Leseempfehlung!

Zur Bestellung des Buches geht es hier: *Klick*


Kevinsphotos / Pixabay

 

 Bewertung: 💫💫💫💫💫


Donnerstag, 16. Mai 2024

Oscar-Jubiläum oder das Golden Hollywood der 1930 / 40er Jahre

Durch den Artikel meiner Facebook-Freundin Dagmar Seifert, deren Beiträge ich sehr schätze, habe ich es erfahren: Der Academy Award der Filmindustrie - besser bekannt als "Oscar" - wurde am 16. Mai 1929 zum ersten Mal vergeben. Das inspiriert mich zu einem Blogbericht, in dem ich mal ausschließlich meiner cineastischen Begeisterung fröne. 

Was wäre ein Leben ohne Filme, ohne das Eintauchen in andere Welten, das Mitfiebern für die Protagonisten und Darsteller, die uns sympathisch oder unsympathisch sind. Schauspieler und Filmleute sind große Künstler. Besonders jene, die sich unaufdringlich und liebenswert als Marke verkaufen wie Charlie Chaplin in der Rolle des Tramp.

 

 

 

Auf meinem Lieblingsradiosender läuft hin und wieder ein Lied mit dem Titel "Hollywood von gestern". Ich glaube, es stammt aus den 1970er Jahren. Folglich war die Golden Era der großen Filmstars noch gar nicht sooo sehr von gestern. Zumindest verglichen mit jetzt. Jedesmal, wenn ich es höre, werde ich als Fan der alten Schauspielgarde und den Filmen von damals ein bisschen sentimental. Ich finde, dass der Glamour der Filmindustrie längst verblasst ist, und das gelegentlich schade. Es mag der Tatsache geschuldet sein, dass ich alte Dinge mit einer Mischung aus Respekt und Wehmut betrachte, aber ganz ehrlich: früher waren die meisten Filme besser und die Schauspieler markanter. Irgendwie origineller, ohne sich an etwas messen oder sich verbiegen zu müssen.

Hedy Lamarr zum Beispiel, die als Emigrantin aus Österreich nicht nur Hollywoods erster Nackedei war (ein Skandal!), sondern im Privatleben auch Erfinderin. Auf eine Entdeckung von ihr geht die heutige Technologie des Internets zurück. Wie genau, kann man sicher auf Wikipedia nachlesen. Merkwürdigerweise mag ich einige Schauspielerinnen aus dieser Zeit, ohne mich zu erinnern, einen Film mit ihnen gesehen zu haben, allein aufgrund ihres charakteristischen und unverwechselbaren Aussehens, das sie zu Hollywood-Ikonen gemacht hat. Zu nennen sind da die aparte Ehefrau von Humphrey Bogart, Lauren Bacall und Veronica Lake mit ihrem verführerischen Schlafzimmerblick, halb verborgen von ihrem Seitenpony, der einen frisurtechnischen Trend auslöste. 

Viele meiner Lieblingsschauspieler hatten ihren Karrierehöhepunkt in den Dreißiger und Vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Und irgendwie hatten selbst die Männer viel Glamour um sich, ohne übertrieben feminin zu wirken. Und es waren noch echte, kernige Kerle, die trotzdem oft zu ihrer verletzlichen Seite in Filmrollen standen. 

Errol Flynn ist bis heute meine Nummer Eins auf diesem Gebiet. Unvergessen als Robin Hood und dem unfreiwilligen Piratenkapitän Peter Blood, mit der zierlichen Olivia de Havilland an seiner Seite. Sie galten als das Traumpaar jener Zeit, und in der Tat waren sie auch off-screen ineinander verliebt. Der eher derbe Flynn hatte aber eigenwillige Wege, das zu zeigen. Und die unbedarfte, junge Olivia verstand die mehr oder weniger subtilen Zeichen einer Schlange in ihren abgelegten Unterröcken als einen gründlich missglückten Scherz.

Erst, als es schon zu spät war, gestand er ihr verbal und betrunken seine Liebe. Das ist eine Geschichte, die mich bis heute rührt. Kurz darauf starb Errol Flynn mit 50 an einem Herzinfarkt, während Olivia das gesegnete Alter von 104 Jahren (1916-2020) erreichte. Ob die Verbindung gehalten hätte, ist eher anzuzweifeln, aber ach... sie waren schon ein verflixt hübsches Paar!

Überhaupt, die Celluloid-Männer von damals! Echte Schnitten! Natürlich hat man sie in Filmen und auf Fotos entsprechend ausgeleuchtet, damit sie ein fast überirdischer Glanz umgibt. Der erste war wohl Rudolph Valentino, der mit seinem frühen Tod eine Massenhysterie verursachte, und in seine Fußstapfen trat optisch bald darauf der junge Gary Cooper. Von einem Valentino-Phänomen ist mir bei ihm zwar nichts bekannt, aber weibliche Fans hatte und hat er auch nicht wenige. Er übernimmt in späteren Jahren Charakterrollen und die des aufrichtigen Amerikaners, und ich glaube, er war auch im wirklichen Leben so. Ein bisschen konservativ, steif und verlegen, aber mit dem Herz am rechten Fleck. So wie James Stewart, nur für mich persönlich attraktiver.

Der Cineast hat ihn eher als knorrigen, einsamen und wortkargen Helden in Erinnerung, und beliebt und gefragt bleibt er bis zu seinem Tod Anfang der 1960er. Mein Lieblingsfilm mit ihm ist "Der Galgenbaum" und zeigt ihn - schon von seiner Krankheit gezeichnet - als einsiedlerischen Arzt, der sich einer jungen blinden Einwanderin aus Schweden (Maria Schell) annimmt.

Weitere Schauspieler des Golden Hollywood, die ich immer wieder gerne sehe, sind Gregory Peck und Basil Rathbone. Sie haben das Kino der 1930/40 entscheidend geprägt mit ihren Rollen und ihrer imposanten Erscheinung. Leider kann man das von den heutigen Hollywoodstars nicht mehr behaupten. Vielleicht war halt früher doch alles besser. Oder wenigstens einiges.

Jedenfalls herzlichen Glückwunsch zum 95. Jubiläum, Oscar!

 

Bildquelle: Pixabay

 



Samstag, 27. April 2024

Ich lese gerade: "Der Himmel - was uns dort wirklich erwartet" - Randy Alcorn

Über den Himmel habe ich seit Mamas Heimgang einige Bücher gelesen. Es ist mein Wunsch, mir möglichst genau vorzustellen, wie es ihr in einer Dimension geht, die wir als irdische Menschen noch nicht erreicht haben. Vielleicht ein etwas unbescheidener Wunsch, für den man Geduld braucht,  aber dennoch... Trotz verschiedener Lektüre und sogar der Schilderung eines Bekannten, der für vier Stunden im Himmel sein durfte und dessen Fazit es war, dass er nun keine Angst mehr vor dem Tod hat, weil dort alles viel schöner und unbeschreiblicher war, als man es je weiterzählen könnte, wollte ich mehr erfahren. 

Ich möchte mir gern vorstellen, dass Mama einen großen, wunderbaren Garten und ein tolles Haus hat, in dem sie mit unseren Katzen wohnt, Menschen trifft, die sie liebt und alles das tut, was ihr hier schon Freude bereitet hat und dass sie auf uns wartet, bis wir wieder als Familie vereint sind. Und kann sie dort Pellkartoffeln essen und Bier trinken? Hat sie schöne Kleider? Wie sieht sie aus? 

Warum weiß man eigentlich so wenig über das ewige Leben? Und was sagt die Bibel dazu? Soll alles geheimnisvoll und geistlich, also immateriell, dort sein? Gibt es Raum und Zeit?

 

 

Der Pastor Randy Alcorn räumt mit diffusen Mythen auf und schafft es, mir mit biblisch untermauerten Textstellen Trost zu spenden. Denn man ist keineswegs körperlos (auch wenn der himmlische Körper nicht aus Fleisch und Knochen besteht) oder hat keine Erinnerungen mehr an das vorige Leben. 

Es geht meist um die Entstehung des neuen Himmels und der neuen Erde bei Jesu Wiederkehr (die Offenbarung), mit der Gott seinen Plan vom Paradies vollenden möchte. Und der besteht darin, Gemeinschaft mit den Menschen auf der Erde zu haben; einer Erde, auf der es keinen Krieg und kein Leid, also keine Sünde mehr geben wird. Doch davor steht der sogenannte "Zwischenhimmel", ein Ort, an dem die Verstorbenen, die Jesus als ihren Retter angenommen haben, darauf warten, dass Gott die Erde erneuert und befreit. Randy Alcorn beschreibt den Zwischenhimmel eindrücklich als einen wunderschönen Ort, in dem es auch Zeit gibt. Immerhin fragen die Märtyrer Gott in der Offenbarung, *wann* diejenigen bestraft werden, die sie getötet haben. Und sie erhalten Antwort. 

Randy Alcorn sagt - und das finde ich logisch - dass Gott unsere Bedürfnisse kennt und uns selbst aus Erde gemacht hat, weswegen wir dem Irdischen stark verbunden sind, aber auch eine bewusste oder unbewusste Sehnsucht danach empfinden, unserem Schöpfer nahe zu sein. Ein endgültiges Zuhause zu finden, in dem wir frei sind von Sorgen und Nöten. 

Der Autor ermutigt den Leser, sich konkrete Vorstellungen vom Himmel zu machen. Das gefällt Gott, meint er. Denn Gott möchte unsere zukünftige himmlische Heimat nach unseren Wünschen gestalten, damit unsere Wohnung perfekt ist, wenn wir dort ankommen. Schließlich war Jesus im irdischen Leben Zimmermann... (O:

Über unsere irdischen Haustiere im Himmel sagt Alcorn wenig, doch er ist der Überzeugung, dass es für Gott eine Kleinigkeit ist, uns im neuen Zuhause unsere alten irdischen tierischen Weggefährten wiederzugeben, wenn sie uns gutgetan haben auf der Erde, und wir gut für sie gesorgt haben, wie von Gott vorgesehen. 

 

Alan Frjings / Pixabay

 

Eine Kernaussage des Buches ist auch, dass die Bibel und Jesus viel mehr über den Himmel berichten, als sogar die meisten Theologen und Christen annehmen. Von denen fürchtet übrigens ein nicht unbeträchtlicher Teil, dass es im Himmel "langweilig" sei. Auch das wird beleuchtet und widerlegt. Im Himmel gibt es durchaus Kultur, Unterhaltung und das, was wir hier auf Erden schätzen - wenn es frei von Sünde ist (was an sich schon größter Vorstellungskraft bedarf). Viele von Menschen erdachte Ideen und Erfindungen entstehen aus dem göttlichen Funken, so dass man sie wahrscheinlich auch im Zwischenhimmel und der anschließenden neuen Erde noch kennt. Kein Telefon, Internet oder sonstigen technischen Schnickschnack, doch auch ohne das wird es uns nicht langweilig werden.

Randy Alcorn nimmt die Bibel wörtlich, und nicht als ein Buch voller Metaphern, die wir Menschen nicht verstehen. Natürlich bleibt dennoch vieles ungeklärt, denn Gott will noch einige Überraschungen für uns bereithalten. Das heißt jedoch nicht, dass er uns im Himmel mit Dingen und Regeln überwältigt, die wir nicht kennen oder die für unseren Verstand nicht zu fassen sind, der dann freilich erweitert wird. Selbst lernen dürfen wir noch (auch wenn wir viel klüger sein werden als hier), kreativ sein und sogar arbeiten. Mit dem Unterschied, dass dort alles Spaß macht.

Bisher gefällt mir das über 400 Seiten starke Buch sehr gut. Der Umfang zeigt auch, wie intensiv sich der Autor mit dem Himmel beschäftigt, und dass es über ihn viel zu sagen gibt. Auch Fragen, die man sich oft stellt, werden erläutert und soweit es möglich ist beantwortet. Letztendlich sind Gottes Gedanken und Pläne zwar weit höher als unsere begrenzte Fantasie, aber das heißt nicht, dass wir sie in Bezug auf den Himmel nicht einsetzen dürfen. 

 

So sieht mein Himmel aus! Michelle_Raponi / Pixabay

 

Für mich eine mutmachende Lektüre; vermutlich die ausführlichste zu diesem doch eher geheimnisvollen Thema. 

Im Bekanntenkreis, in dem ich das Buch zur Sprache bringe, habe ich festgestellt, dass es zudem ein umstrittenes ist, und Vertrauen in Gottes Zusage, dass er das Beste für uns bereithält, besser als der Wunsch, zu wissen, was auf uns zukommt. Sicher stimmt das, und trotzdem bin ich in meiner aktuellen Situation froh, dass es dieses Buch gibt.



Donnerstag, 11. April 2024

"Joey - wie ein blindes Pferd uns Wunder sehen ließ" ~ Jennifer Marshall Bleakley

Aufmerksam geworden bin ich auf "Joey" nach der Lektüre von "Solomon" und dem wunderschönen Appaloosa vor dem verkaufswirksam roten Gatter auf dem Cover. Ich nehme an, dass "Joey" auch das Buch war, das Jodi Stuber zu ihrer eigenen Pferde-Biografie über Solomon inspiriert hat, für die sie sich Mrs. Marshall Bleakley als Co-Autorin ins Boot geholt hat. 



Die Geschichte von Joey fand ich anfangs fast noch berührender als Solomons, bis mich der Schreibstil und die Atmosphäre auf "HopeReins" - der Therapieranch, auf der Joey stand - zu sehr an das Leben und Schicksal von Solomon erinnert hat. Beide waren auf ihre Art besondere Pferde, und doch fand ich die Parallelen ein bisschen too much, was vielleicht auch an der ähnlichen Schreibe lag. 

Was mich sehr bewegt hat, war die Freundschaft von Joey zu dem launenhaften Speckles, dessen einzige Aufgabe es war, Joey die Augen zu ersetzen. Als Speckles recht jung stirbt, trauert Joey. Es ist schwierig, einen passenden Gefährten für ihn zu finden, und trotz aller Bemühungen und einem tierischen "Blindenführer" wird er nicht mehr der alte. Es gelingt ihm aber, anderen mit seiner sanftmütigen Art zu helfen. So fängt die traumatisierte kleine Aly zu sprechen an, als sie ihm beim Reiten aufgrund seiner Blindheit Anweisungen geben muss, die er gelernt hat. Zu ihr knüpft Joey ein starkes Band, das alle auf der Ranch und ihre Adoptivmutter überrascht und erfreut. 


SorcerySoapHP / Pixabay

 

Der "echte" Joey sah eher so aus wie auf dem obigen Foto, war also keine solche Schönheit wie das Pferd auf dem Cover, dafür ein Charakterpferd, das früher im Springreiten preisgekrönte Erfolge einfuhr. Aber gerade die Fotos im Schlussteil haben mich besonders angesprochen und zeigen, wie beliebt Joey war, der leider an einem unheilbaren Tumor stirbt. Sein Ende markiert auch das Ende des Buches, was sehr traurig war. Doch genau wie bei Solomon wird sein Andenken in Ehren gehalten. Besucher der Ranch zeichnen sein Porträt, und an seiner Gedenkfeier fliegen hunderte Luftballons in den Himmel. Jennifer Marshall Bleakley hat er so beeindruckt, dass sie sich entschloss, seine Geschichte und die seiner Besitzerin Kim aufzuschreiben, obwohl sie sich anfangs nie zugetraut hätte, das zu tun, zumal sie keine Erfahrung mit Pferden hatte. 

Schön war die Liebe, die während der Lektüre zu spüren war, und die Gewissheit der Protagonisten, dass Gott alle Dinge zum Guten lenkt. Und die Feststellung, dass bestimmt auch Tiere in den Himmel kommen. 

Hätte ich nicht unmittelbar vor "Joey" Solomons Geschichte gelesen, würde ich dem Buch ohne Zögern die Höchstwertung von fünf Sternen geben. So muss ich leider einen abziehen, da ich zu dem Fazit gelangt bin, dass man entweder "Solomon" oder "Joey" liest, wenn man nicht den Eindruck erhalten will, dass man eigentlich dasselbe Buch mit kleinen Abänderungen in den Händen hält. Dafür kann der gute Joey nichts, daher würde ich es allen Pferdefreunden und Menschen empfehlen, die sich auf Wunder einlassen können. Für mich persönlich reicht es "nur" zu vier Sternen.


💫💫💫💫



 




Mittwoch, 27. März 2024

"Shalom Mamele" im "Bücherland"!

Gerade bin ich emotional ein wenig überwältigt. Mein Buch "Shalom Mamele" hat in der lokalen Buchhandlung am Kirchplatz ein eigenes Schaufenster bekommen. Und das kurz vor Ostern, das mit Pfingsten Mamas Lieblingsfest ist. Ich habe es heute Nachmittag fotografiert und war so glücklich über die schöne Gestaltung und Dekoration. Nie hätte ich mir träumen lassen, dass ein Buch von mir im Selbstverlag so toll in einer Buchhandlung präsentiert wird. 💕💕💕


Im Bücherland

 

Ich hatte es zuerst bei der christlichen Bücherstube vorgestellt, weil das Thema gut in deren Sortiment passt - vieles dreht sich ja um unseren Glauben und unser Vertrauen in Gott. Ich hatte da auch sehr positive Resonanz, besonders von einer Verkäuferin, mit der ich später per Du war, weil sie meinte, sie kennt mich nun so gut, dass es sich falsch anfühlt, "Sie" zu mir zu sagen. Auch hat sie mir eine ganz liebe und tolle Rezension auf Amazon geschrieben - nur leider konnten sie mein Buch aus technischen Gründen nicht auslegen. Ich muss Cornelia trotzdem mal wieder einen Besuch abstatten, denn sie ist echt eine Nette und meinte, wir könnten mal zusammen einen Kaffee oder Tee trinken; das Angebot will ich unbedingt annehmen. 

Da ich weiß, dass das "Bücherland" gern Autoren und Künstler aus der Region unterstützt, bin ich dorthin gegangen mit meinem Anliegen, und siehe da, man bot mir sogar ein Schaufenster an, wenn ich ein Plakat drucken lassen würde! Schließlich hat das Buch einen lokalen Bezug und auch Mama ist keine Unbekannte am Ort durch das Ladengeschäft, das wir jahrzehntelang nur wenige Meter vom Bücherland entfernt betrieben. Ich habe mich sooo gefreut, weil "Das Bildnis des Grafen" bei seinem Erscheinen eher widerwillig ausgelegt wurde und man es auch bald in die untersten Regale verbannte, wo ich es nach ein paar Wochen entdeckt und wieder mitgenommen habe. 

Natürlich finde ich es dennoch ein bisschen schade, dass ausgerechnet dieses Buch von mir ein größeres Forum bekommt. Nicht falsch verstehen. Ich bin sehr dankbar und ich weiß, dass Mama im Himmel vor Freude in die Hände klatscht - aber ich wünschte, sie könnte es noch hier tun und ich hätte das Buch anders geschrieben; nicht mit ihr in der schmerzlichen Vergangenheitsform. Ich musste vor Rührung über das liebevoll gestaltete Schaufenster, aber auch vor Wehmut und Schmerz über den erlittenen Verlust, von dem sich meine Familie noch nicht erholt hat, nach dem Verlassen der Buchhandlung bitterlich weinen. 


An unserer Werkstattwand


Ich bin so froh, dass ich mich überwunden habe, zu fragen. Mir wurde sogar der Vorschlag unterbreitet, eine Lesung zu geben, um das Buch einem interessierten Publikum vorzustellen, doch das habe ich dankend abgelehnt. Lesungen sind etwas, vor dem ich mich im Autorenleben bisher gedrückt habe, obwohl ich früher in der Grundschule im Vorlesen eine der Besten war und auch bevorzugt aufgerufen wurde. Im Teenageralter ging das beispielhafte Artikulieren verloren, und ich habe die Souveränität, vor mir unbekannten Zuhörern zu lesen, bis heute nicht wiedererlangt. Zudem wäre dieses Buch zu emotional für eine Lesung. Vielleicht müsste ich losheulen, und das wäre ein bisschen peinlich für alle Beteiligten. Ich höre von einigen Leuten und auch von Freunden von Mama, dass sie an manchen Stellen weinen mussten oder sich scheuen, einen Blick reinzuwerfen, aus Angst, es könne sie gefühlsmäßig überwältigen. Dafür habe ich auch vollstes Verständnis, und ich möchte niemanden zwingen, das Buch zu lesen. Allerdings habe ich es in Mamas großem Freundeskreis verschenkt und würde mich doch sehr über die eine oder andere Rezension auf Amazon freuen von denen, die dort angemeldet sind. Oder wenigstens eine Sternebewertung, das ist in einer Sekunde erledigt

"Shalom Mamele" ist als Taschenbuch und Hardcover im Bücherland in Sinsheim erhältlich. Wer den Weg über den Burgplatz nicht scheut, kann sein Exemplar auch gern von mir signieren lassen. Ich freue mich über jeden Leser und jedes Feedback!

 

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Montag, 25. März 2024

"Solomon - Ein vereinsamtes Pferd findet ein neues Zuhause und berührt Herzen" ~ Jodi Stuber, Jennifer Marshall Bleakley

Mit über 300 Seiten ist das erste "lange" Buch, das ich seit Herbst letzten Jahres gelesen habe, zugleich auch eines mit einer Thematik, die mich sehr berührt, da die Autorin Jodi Stuber - Gründerin der HopeWell-Farm in Michigan - einen ähnlichen Schmerz durchlebt hat. 

Ihre Trauer führt zu etwas Neuem und Wunderbarem, und dazu trägt ein kastanienbrauner, vereinsamter Quarter-Wallach nicht unerheblich bei. 

 


 

Inhalt: Solomon erreicht HopeWell mehr durch Zufall. Ein mit Jodi und ihrem Mann Ty befreundetes Paar gibt ihn als Spende, da er sich einsam fühlt, seit seine Herdenkameraden kurz hintereinander gestorben sind. 

Nach einer gewissen Trainingszeit zum Therapiepferd wird er zu einem unentbehrlichen Teammitglied auf HopeWell, einer Farm, auf der Menschen mit besonderen Bedürfnissen den Umgang mit Tieren lernen und dadurch psychische Heilung erfahren. Ohne es zunächst zu merken, profitiert vor allem Jodi von Solomons außergewöhnlicher Fähigkeit, Menschen das Gefühl zu geben, wichtig und geliebt zu sein. Sie vertraut ihm alles an, was sie bedrückt, und findet in ihm einen geduldigen, erstaunlich empathischen Zuhörer. Oft erkennt Jodie während der Gespräche mit Solomon Gott, der ihr zeigt, dass er sie trotz ihrer Trauer und ihrer Unsicherheit in zwischenmenschlichen Bereichen nicht vergessen hat. 

Solomon selbst hat es anfangs nicht leicht, in der neuen Herde akzeptiert zu werden, doch auf seine sanftmütige Art etabliert er sich schließlich zum Anführer der sechs Pferde und Bubba Jack, dem frechen weißen Esel.

Meinung: Mit viel Gefühl und Liebe zu Mensch und Tier schildern Jodi Stuber und ihre Co-Autorin Jennifer Marshall Bleakley das Leben auf der HopeWell-Farm mit Solomon als Mittelpunkt, der nicht nur eine Bereicherung für die Farm und das Seelenpferd seiner neuen Besitzerin wird, sondern auch ein Held, indem er den Herdenverband vor einer Gefahr schützt und dabei (Achtung Spoiler!) sein Leben gibt.

Seinen Namen trägt später ein Veteranen-Projekt, das Jodi realisiert, als sie die Bekanntschaft mit dem kriegstraumatisierten Vater eines Jungen macht, der HopeWell besucht. 

Gefallen hat mir besonders, dass Jodi trotz ihrer Verluste nicht aufgibt und Gott vertraut. Ihre Therapie-Farm stellt sie immer vor Herausforderungen, finanziell und privat, doch sie lässt sich nicht entmutigen und findet durch alle Widrigkeiten zu sich selbst und zu einem erfüllenden Leben mit ihrer Familie. Ein wichtiger Wegbereiter dazu war Solomon, der mir richtig ans Herz gewachsen ist. Im Mittelteil gibt es Fotos der Familie, den Pferden mit ihren "Patienten" und der Farm. Auch das war eine nette Idee.

Man lernt viel über das Verhalten von Pferden und Tieren im Allgemeinen in diesem Buch, und ist bisweilen erstaunt, wie sensibel und empathisch sie gerade auf seelisch verletzte Menschen reagieren.

 

Alexas_Fotos / Pixabay

 

Ich hatte irgendwie das Gefühl, dass "Solomon", das ich in einem christlichen Buchladen entdeckt habe, auf mich gewartet hat, um mich in meiner Trauer zu trösten. Vielleicht ist es für viele zu "amerikanisch", vor allem wegen dem symbolträchtigen Veteranen-Teil, der für Europäer oft schwer nachzuvollziehen ist, aber ich fand es großartig und zum richtigen Zeitpunkt. 

Schade nur, dass Solomon nicht ein längeres Dasein auf HopeWell vergönnt war. Da habe ich sehr weinen müssen. Wirklich ein Pferd und ein Buch, die Herzen berühren!

 

Bewertung: 💫💫💫💫💫

 

 

Samstag, 2. März 2024

Trauer-Tröster

Seit September letzten Jahres ist mein Leben nicht mehr dasselbe. Ich habe es geliebt, mein Leben, obwohl vieles nicht so war, wie ich es mir gewünscht hätte. Öfter verreisen, mehr von der Welt sehen, das hätte ich gern gemacht. Nun nicht mehr.

Mein Mamele ist fort und kommt nicht wieder. Da scheint plötzlich alles sinnlos, und auch materielle Güter werden unwichtig. Seit einem halben Jahr habe ich einiges an Sachen aussortiert - nicht nur Mamas - um die es mir leid getan hat. Nicht selten musste ich dabei bittere Tränen vergießen. Aber es hat irgendwie auch befreit. Man häuft so viele Dinge an im Lauf des Lebens, die man letztendlich nicht braucht. Selbst auf vermeintliche Schätze kann ich gut verzichten. 

Außer auf meine Mama, die ich so sehr vermisse, dass es nach einem halben Jahr immer noch schmerzt und ich manchmal schreien möchte. Ob das je anders sein wird hier auf Erden?


Eine Postkarte für Mama, geschickt zur guten Besserung.

Ihre Dinge, Kleider und Unterlagen anzusehen, tut weh. Als würde man sich an die Hoffnung klammern, sie käme wieder. Nein, ich werfe nicht alles fort, das käme mir auch nicht richtig vor. Aber ich kann mich nicht damit beschäftigen. Es passiert, dass ich heulend vor ihren Habseligkeiten sitze, zu ergriffen, sie anzufassen oder sie zu begutachten. Einige Bücher habe ich zum Verkauf online gestellt - eigentlich eine ganze Menge, denn sie hatte vielseitige Interessen und viele Nachschlagewerke. Das war schon ein großer, beinahe unerhörter Schritt.

Ein Trost in dieser schweren Zeit ist die Routine; Lebewesen, Sachen und Handgriffe, die sich trotz der kopfstehenden Welt nicht geändert haben. Unsere Kater sind als erstes zu nennen. Hätten wir sie nicht, gäbe es kaum mal ein Lachen aus meiner Kehle. Denn sie verhalten sich wie immer. Mal sind sie Clowns, dann ein bisschen nervtötend (Toby am Morgen) und gemütlich (Mikkel den ganzen Tag über, wenn er sich nicht gerade auf die Zwischendecke verkriecht). Ein Highlight ist es, wenn sie beide abends bei uns im Wohnzimmer sitzen. Da kommt fast so etwas wie Glückseligkeit auf.

 

 

 Wir gehen jetzt häufiger weg als vorher. Zu Bekannten, Verwandten und Freunden. Oder sie kommen zu uns auf einen Kaffee. Auch das hilft sehr. Wenngleich wir mitunter merken, dass unsere Trauer für viele nicht leicht zu verkraften ist und sich einige doch zurückziehen. Auf der einen Seite kann ich es verstehen, andererseits wünsche ich mir mehr Verständnis - gerade von denen, die Mama so gut kannten.

 Und natürlich das Radio. Obwohl in den Nachrichten oft schlimme Ereignisse verkündet werden, sind die Moderatoren stets heiter und gutgelaunt auf unserem Oldiesender. Schon morgens zum Frühstückmachen wird es eingeschaltet, und auf der Arbeit läuft es bis zum Abend. 

Manchmal werden dort Lieder gespielt, die mir die Tränen in die Augen treiben und die eigentlich gar nichts Trauriges an sich haben. "Sugarbaby" von Peter Kraus zum Beispiel. Ich höre dann immer Mama, wie sie fröhlich mitsingt. Und kann sie doch nicht mehr hören. Das bricht mir dann schier das Herz. Trotzdem: das Radio und der Sender sind wie alte Bekannte, die versuchen, mich aufzumuntern mit ihrer konstanten Happiness. Darum wäre mir etwas genommen, hätte ich das Radio nicht. Natürlich können wir auch reden, und doch sorgt es auch dafür, dass die Stille nicht unerträglich wird. Mama war diejenige, die viel geredet und immer ein Thema gefunden hat von uns vier, so dass es schon mal vorkommt, dass langes (aber nicht unangenehmes) Schweigen herrscht.

Abends haben wir kleine Rituale eingerichtet, mit denen wir es uns schön machen. Nach dem gemeinsamen Vesper (neu) kochen wir uns eine Tasse Tee mit Honig und suchen in der Mediathek Filme und Serien, die uns interessieren. Auf diese Weise haben wir "München Mord" entdeckt (das Papa vorher gemeinsam mit Mama geguckt hat), und sogar den "Ur"-Alten Siegfried Lowitz aus den 1970er Jahren. Erstaunlicherweise wirkt er nur wenig angestaubt und ist ein spannendes Zeitdokument. Damals waren die Autos echt noch schöner als heute! 

Im Lauf des Films holen wir eine Flasche Wein, von der wir zu dritt ein oder zwei Gläschen leeren. Vorher oder dazu gibt es einen Sahnepudding, Orangen oder Schokolade. Nicht unbedingt gesund, und ich weiß, unter normalen Umständen würde Mama dafür schelmisch rügend mit dem Finger wackeln. Aber sie versteht es bestimmt, wenn wir uns damit ein wenig trösten. Nichts und niemand kann sie ersetzen. Dennoch ist der Abend für mich derzeit der beste Tröster. Denn da ist man ein bisschen abgelenkt durch Film und mein leckeres Toffifee, oder durch das PC-Spiel "Homescapes" mit dem Butler Austin, das Nicole und ich seit bereits fünf (!) Jahren mehr oder weniger regelmäßig spielen. Auch das tut ein bisschen weh, denn Mama hat sich ebenfalls mit Austin beschäftigt und ihn gut gekannt. Eine Zeitlang haben wir daher das Tablet nicht mehr eingeschaltet.


Als Austin noch "neu" war. September 2019.


Wir hatten eine so innige, schöne und kostbare Zeit zusammen, für die man nur dankbar sein kann. Sie war dennoch viel zu kurz, und niemand von uns hat damit gerechnet. Vielleicht macht es das nochmal schwerer. Alles kam so unerwartet. So geballt und mit plötzlicher Wucht. 

Ja, Mama ging es schon einige Zeit nicht allzu gut, und trotzdem haben wir anscheinend den Ernst der Lage unterschätzt; fühlten wir uns doch sicher und geborgen mit Gott, der uns schon durch einige Krisen getragen hat. Obwohl er es diesmal nicht tat, ist er der größte Tröster in dieser immer noch surrealen Situation. Hoffentlich gibt er uns Frieden und ein Stück Normalität, das uns ohne Mama einfach entsetzlich fehlt. Vielleicht heilen er und die Zeit doch Wunden. Langsam, aber vielleicht... vielleicht darf man hoffen. Der nahende Frühling und das sonnige Wetter sind jedenfalls keine Stimmungsaufheller, wie fälschlicherweise oft suggeriert wird.