Translate

Samstag, 16. Februar 2013

Eindrücke Leserunde "Das Bildnis des Grafen" (IV)...


... und eine kurze, klugsch***erische Abhandlung zum Verhalten eines meiner Protagonisten.



Inzwischen sind wir so ungefähr beim fünften Kapitel angelangt (die Kapitel sind recht lang - heute würde ich sie in kürzere Abschnitte unterteilen). Leider sind ein paar der Teilnehmer aufgrund Zeitmangels aus der Runde ausgestiegen... das fand ich sehr schade, schmälert aber nicht die Lust und den Eifer, dabei zu sein. Allerdings muss ich mich häufig bremsen, nachdem ich freundlich ermahnt wurde, nicht zuviel zu erklären, weil man auf die Lösung gern selbst kommen möchte. Absolut verständlich!

Es bleibt spannend, wird aber kompliziert. Neben dem auf mysteriöse Weise verschollenen Titelhelden gibt besonders Valentine Whitehurst meinen lieben Mitlesern Rätsel auf. Vielen erscheint sein Verhalten merkwürdig, oft kindisch, dann wieder sehr erwachsen, ergo unberechenbar. Wenn man die Geschichte zum ersten Mal liest, bekommt man diesen Eindruck ziemlich schnell: Valentine ist sprunghaft, und er wirkt nicht einmal rührend oder sympathisch in seiner Kindlichkeit und den absurden Gedanken, die bis hin zu Wahnvorstellungen reichen. Der junge Mann ist schließlich um die achtzehn Jahre alt - zur damaligen Zeit nicht volljährig, aber streng genommen schon erwachsen.

Vergessen werden sollte jedoch nicht, dass Valentine niemals zuvor von Zuhause weg war, bevor er ins Ausland auf eine höhere Schule geschickt wurde, und dass ihn die Ereignisse im Krieg und auch die Geschehnisse kurz zuvor (die noch im Dunkeln liegen) schwer traumatisiert haben. Er leidet wie viele heimkehrende Soldaten unter einer posttraumatischen Belastungsstörung - eine heute anerkannte Krankheit, deren Erforschung Anfang des 20. Jahrhunderts noch in den Kinderschuhen steckte und bei eben jenen jungen traumatisierten Heimkehrern vom Ersten Weltkrieg als "Bombshell disease" diagnostiziert wurde.

Valentine zeigt typische Symptome dafür: Katatonie, übersteigertes Empfinden, Panikattacken und epileptische Anfälle, sogar Suizidgedanken, die ihm laut eigenen Angaben eine Stimme einflüstert. Wikipedia weiß sogar noch mehr und zählt weitere Verhaltensmuster von Menschen in Valentines Situation auf.


Darüber hinaus möchte ich betonen, dass "Das Bildnis des Grafen" keine reine Kriminalgeschichte ist, sondern mit übersinnlichen Elementen spielt. Ob Valentines ambivalente Beziehung zu dem Grafen Carrick Escaray verstandesmäßig geklärt werden kann, bleibt abzuwarten (und ich hoffe, meine Leser sind weiterhin begierig darauf zu erfahren, wie es weitergeht).


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen