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Donnerstag, 31. Juli 2025

Ich verstehe diese Welt nicht mehr... oder: mir platzt der Kragen.

Meist halte ich mich raus aus politischen Debatten. Die Erfahrung hat mir gezeigt, dass das einfach besser ist für meinen Blutdruck. Und dennoch kann ich manchmal nicht schweigen, weil ich denke, dass ich es nicht mehr aushalte, die Ignoranz der Menschen, die laut schreien und trotzdem, so hoffe ich, in der Minderheit sind. So wie die Israel-Hasser. Ja, ich sag's: die Judenhasser. 

 

AAARRRGH!!!

 

 Denn mittlerweile stellt sich heraus, dass trotz aller Lügenpropaganda der Hamas, die von den westlichen Medien ungefiltert und ungeprüft übernommen wurde, viele "vernünftige" Menschen offen und ungehemmt auf Juden schimpfen. Und das, obwohl die Mär von hungernden Kindern in Gaza widerlegt wurde, das Erscheinungsbild und angebliche Beweisfoto eines mangelernährten Kindes auf dessen seltene Erbkrankheit zurückzuführen ist und die angeblich unterlassenen Hilfsgüter für die Bevölkerung von der eigenen Bevölkerung abgefangen werden, namentlich der Terrorgruppe Hamas. Die verschachert die Lebensmittel zu Wucherpreisen an die "armen Unterdrückten". Arm und unterdrückt ja, aber nicht von Israel. Mich wundert es wirklich, weshalb das nicht in die Köpfe der Gutmenschen und Linken reingeht? 

Stattdessen wird gefordert, keine Waffen mehr an Israel zu schicken. Weil klar, wenn zum Beispiel die Österreicher in Deutschland ein Massaker angerichtet und hunderte Geiseln genommen hätten, die unter schlimmsten Bedingungen gehalten werden, ja klar, dann würden wir alle die andere Wange hinhalten und uns freiwillig in den Gewahrsam des Terrors begeben und ihnen unser Land schenken. Die Überlebenden würden alle den Freitod durch Ertränken in der schönen blauen Donau wählen. Nein? Doch nicht? Dann liegt's vielleicht doch an den Juden, die sich hierzulande schon lange nicht mehr sicher fühlen. 

Ganz ehrlich, ich schäme mich. Für ein Deutschland, dem ich nie zugetraut hätte, so blind zu sein. Das vielbeschworene "Nie wieder!", wem gilt das überhaupt? Ich habe immer gedacht, man möchte die Geschichte nicht wiederholen. Doch wie es scheint, steuern wir mit dem neu entfachten Judenhass (und ich sage nicht Antisemitismus) direkt darauf zu. Lügen werden verbreitet, und manch' einer auf Facebook verfasst schon antijüdische Gedichte oder glaubt, den "Juden" entlarvt zu haben, sei es am Nachnamen oder der Form seiner Nase. "Kulturschaffende" schreiben einen offenen Brief an einen schwachen Kanzler, der ohnehin kein Freund der israelischen Kriegstaktik ist und meint, die Regierung ständig kritisieren zu müssen. Weil er ja offenbar auch gern in die Donau gehen würde. Immerhin zögert er, einen "palästinensischen Staat" anzuerkennen. Mal sehen, wie lange noch.

 

Ich habe eine jüdische Nase.


 Ich könnte kotzen, wenn ich darüber nachdenke und mir bewusst werde, dass Europa ohnehin irgendwie kein Rückgrat zeigt. Wir sollten froh sein, dass das kleine demokratische Israel aufsteht und Werte verteidigt, die doch auch mal in unserer Demokratie etwas bedeutet haben. Nun wahrscheinlich schon lange nicht mehr. Denn wenn das so wäre, dann würden auch die unverbesserlichen Gutmenschen innehalten und sich fragen, warum es überhaupt soweit gekommen ist. Und würden nicht ständig auf die Lügen der Hamas hereinfallen. 

Mir kann keiner erzählen, dass Israel unbegründet oder unverhältnismäßig handelt. Überall auf der Welt ist Krieg, herrscht Hunger und Not, und das weit schlimmer als in Gaza. Warum kommt das eigentlich nicht in die Medien? Denkt mal drüber nach.

 

 

Freitag, 18. Juli 2025

Review "King's Land" (2023) mit Mads Mikkelsen

 Nach langer, langer Zeit mal wieder einen Film geschaut statt Serien. Und der hatte es gleich in sich. Als treuer Fan von Mads Mikkelsen stand "King's Land" (Originaltitel: Bastarden) schon lange auf meiner Watchlist. Aus verschiedenen Gründen habe ich es erst jetzt geschafft, ihn anzuschauen, und das bei über zwei Stunden Länge auch nur etappenweise. 

 


 Inhalt: Mitte des 18. Jahrhunderts sucht der dänische König Männer, die die unfruchtbare Heide in Jütland urbar machen sollen. Es handelt sich dabei offenbar um eine Marotte des Königs, denn keinem ist es bisher gelungen, dort etwas anzupflanzen. 

Der ehemalige Soldat und Hauptmann Ludvig Kahlen (Mads Mikkelsen) verspricht sich von dieser Aufgabe Wohlstand, eine Kolonie und einen Adelstitel. Er möchte auf der Heide Kartoffeln kultivieren, die er während seines langjährigen Dienstes in Deutschland kennengelernt hat, die dort tatsächlich gedeihen. Mithilfe eines jungen Geistlichen und Freunden erhält er Arbeiter, darunter der Pachtbauer Johann und seine Frau Ann Barbara, die vor dem gewalttätigen und skrupellosen Landadligen Frederik de Schinkel flohen, der das Land und somit auch Kahlens neu erworbene Heide beansprucht. Kahlen lässt nicht mit sich verhandeln, und so fährt Schinkel (Simon Bennebjerg) schwerere Geschütze auf...

 

Almai Mus(s) weg...

 

Meinung:  "King's Land" hat mich sehr an "Michael Kohlhaas" erinnert, der, ebenfalls mit Mads Mikkelsen in der Hauptrolle, 2013 in Spanien gedreht wurde. Mit genauso gewaltigen (und teilweise gewalttätigen) Bildern, wenig Dialog für den Helden, und der Landschaft als heimlichem Star. Und natürlich Mads Mikkelsens herzerwärmende Interaktion mit einem kleinen Mädchen. War es in "Michael Kohlhaas" seine Tochter Lisbeth, so ist es in "King's Land" das Zigeunermädchen Almai Mus, das nach dem Volksglauben der Ansässigen Unglück bringt, und das Kahlen darum nach Odense in ein Waisenhaus schickt; sehr zum Missfallen von Ann Barbara, die nach Johanns gewaltsamem Tod nicht nur Hauswirtschafterin für Kahlen ist, sondern mit ihm und Almai Mus wie eine kleine Familie im "Königshaus" auf der Heide lebt. Doch das karge, selbstbestimmte Leben ist nicht sicher: der machtgierige und abgeblitzte de Schinkel greift zu immer perfideren Methoden, die ungebetenen Siedler zu vertreiben.

 Irgendwann eskaliert die Situation. Ludvig, der es auf keinen Streit ankommen lassen wollte, tötet die von de Schinkel angeheuerten Gendarmen und gerät in de Schinkels Gewahrsam. Dort droht ihm der Foltertod, denn de Schinkel ist auch Landrichter... doch Ann Barbaras Rache ist furchtbar.

 

Landvermesser

Mir waren die Bilder teilweise zu heftig. Obwohl im Allgemeinen ein ruhiger Film, der wirklich schön inszeniert und Mads Mikkelsen wie immer ein Hingucker ist mit seinem stoischen und doch irgendwie anrührenden Spiel, musste ich manchmal die Lautstärke runter- und den Kopf wegdrehen. Vielleicht bin ich nach zwei Jahren (Heim)Kinoabstinenz auch empfindlicher geworden. Besonders schön allerdings fand ich die kräftigen Rappen (Hannoveraner?), die im Film majestätisch auftraten. Umso tragischer war der Verlust des Pferdes des Hauptmanns. Da musste ich schwer schlucken. Versöhnt hat mich, dass es trotz aller Dramatik und Tragödien ein einigermaßen gutes Ende nimmt. Anders als bei Michael Kohlhaas...

 



 

Bewertung: 💫💫💫💫

 

 

Freitag, 11. Juli 2025

Maskenpflicht. Ein Gedicht über meinen Weg ohne Mama.

Maskenpflicht

Ich lache, manchmal bin ich heiter
Doch oftmals weiß ich nicht mehr weiter
Mein Weg, er war noch nie so eben
Wie man sich das wünscht im Leben
Es ging voran bisher, und das ganz gut
Denn mir fehlte nie der Mut
Das tut er jetzt, und auch das Lachen
Muss ich mir mühsam selber machen
 
 

 
 
Die Masken sind's, die meinen Weg nun kreuzen
Ich heb' sie auf, mit Tränen und mit einem Schneuzen
So wandle ich durch Tag und Nacht
Zeige nie, wie es mir geht, hab' acht
Dass keiner meine Trauer sieht
Die in der Gesellschaft unbeliebt
 
Ach wie schön der Tag, wenn sie dann fallen
Mit lautem Echo zu Boden knallen
Zersplittern wie gesprengte Glieder
Und der Schein, er liegt darnieder
Dann lache ich aus vollem Herzen
So wie einst, ohne Maske, ohne Schmerzen
Bin wieder glücklich, frei von Pflicht
Und halte mein Gesicht ins Licht
 
 

Dienstag, 8. Juli 2025

Brief an Mama. Gefunden in meinen Erinnerungen von letztem Jahr.

 

Liebe Mama, 
 
manchmal fällt es mir so schwer zu akzeptieren, dass du nicht mehr da bist. So lebhaft und lustig und aktiv hast du das Leben genossen. Du hast immer ein Thema gehabt, über das du dich unterhalten hast und das dich begeistert hat. Dein Glaube an Gott, Gesundheit, die Pflanzenwelt, unsere Tiere, die Familie. Das Leben hatte viele Überraschungen für dich, und nicht selten hast du sie den Menschen gemacht. Schöne, unerwartete Überraschungen, voll mit deiner Liebe und Freundlichkeit.

Du wolltest leben und wieder eine liebevolle, freudige Frau sein, das waren deine Worte in der Notaufnahme. Glaub mir, Mama, du warst immer liebevoll, immer da für deine Familie und diejenigen, die dich brauchten oder deinen klugen Rat suchten. Ich glaube, das bist du auch jetzt noch - liebevoll und mitfühlend. Im Himmel bei deinem guten Hirten. 
 
 

 
Es tut sehr weh, dass deine letzten Wochen hier auf Erden nicht von Aufmerksamkeit und Hilfe geprägt waren und wir den Eindruck hatten, wir seien irgendwelche Freaks, weil wir fest davon überzeugt waren, dass du es schaffst - so wie immer zuvor, denn du warst als robustes vitales Stehauffrauchen bekannt. Es tut weh, dass du Angst hattest, weil wir keinen anderen Weg wussten, als dich ins Krankenhaus zu bringen. Ich weiß, du hast uns verziehen, noch hier. Und trotzdem denke ich manchmal, ob es nicht besser gewesen wäre, dich zuhause zu lassen. Als wir dich nach der langen OP besuchten, hast du nach dem Auto gefragt, das uns vier nach Hause bringen würde. Wenn es doch nur möglich gewesen wäre! Wie sehr hätten wir deine Rückkehr gefeiert! Du sagtest oft, dass wir viel zu selten feiern. Jetzt sitzt du an der himmlischen Tafel und lässt es bestimmt krachen mit alten und neuen Freunden und Verwandten, die dir schon vorausgegangen sind. 
 
Die Ärzte sagten uns nach ein paar Wochen, sie seien "frustriert" über dich und stellen die Behandlung ein. Die war ohnehin kein Erfolg, im Gegenteil, aber dennoch - so etwas über dich hören zu müssen, das war schmerzhaft. Das tat so weh. Hatte keiner dort gemerkt und gesehen, was für ein wundervoller Mensch du bist? 
 
Es tut mir so leid, dass ich nicht mehr da war, Mama, auch wenn Papa und Nicole nach dem Anruf vom Krankenhaus ohnehin zu spät kamen. Du hast schon die Hand deines Schöpfers ergriffen und beschlossen, mit ihm zu gehen. Ich weiß nicht genau, ob du dich von uns vielleicht schon lange vorher verabschiedet hast. "Morgen um die Zeit bin ich bei Jesus" hast du zu mir bereits in Heidelberg gesagt, und ich hatte zum ersten und einzigen Mal Angst um dich. Ich wollte nicht, dass du gehst. "Ach, Christinchen", war deine Antwort. Und ich glaube, dass du dich wirklich darauf gefreut hast, zu ihm zu gehen. Weil ich es dir auszureden versuchte, hast du gekämpft. Fünf lange Wochen auf einer Intensivstation, die für uns alle zum Alptraum wurde.
 
 

 
Liebes Mamele, nie hätte ich geahnt oder gefürchtet, dass uns das einmal passieren würde. Ich halte es bis heute für einen schlimmen Traum. So gesegnet waren wir als Familie, so glücklich. Du fehlst uns immer noch jeden Tag, auch wenn wir Kinder unser eigenes Leben hatten. Trotzdem hoffe ich, dass du auch ein bisschen stolz auf uns sein kannst. Manchmal gehen wir Wege, die wir noch zu viert gegangen sind, essen in Lokalen, die du mochtest. Aber es ist nicht mehr dasselbe. "Ich wünsche mir, dass wir wieder eine Einheit sind" hast du mal gesagt. Das werden wir immer bleiben. Und wenn wir wieder zusammen sind, dann sind da noch viel mehr Menschen, die eine Einheit sind. Der Gedanke tröstet mich. Und ich glaube fest, dass du immer noch so lebhaft und gewitzt bist wie hier. Wahrscheinlich bist du wieder jung, d. h. du siehst jung aus, denn im Herzen warst du es immer. Eine junge Elvi, die strahlt und leuchtet und sich an Gottes Himmelreich freut und ihren Schatz hebt, das bist du jetzt. Das wiegt den Leidensweg auf, den du auf dich nehmen musstest und an den du vermutlich nicht mehr denkst - oder Groll hegst. Das ist gegen deine Natur. Nachtragend warst du nie.
 
Außerdem gibt es im Himmel nur Freude und Lachen. Deine Tränen hat Jesus schon lange abgewischt. Unsere werden noch eine Weile fließen. Aber wir wissen, dass wir dich wiedersehen, Mama. Auch deshalb halten wir am Glauben fest, den du uns vermittelt hast und der uns Kraft gibt. Sei geduldig mit uns, wenn wir hin und wieder schwach sind. Die Trauer um dich geht nicht einfach vorüber. Aber sie wird hoffentlich ein bisschen weniger mit der Zeit.
 
 

💖Ich liebe dich, Mama. Für immer.💖



Sonntag, 6. Juli 2025

Interview für die RNZ zu meinem Buch "Shalom Mamele"

 Wie bist du darauf gekommen, dieses Buch zu schreiben und warum?

Eigentlich wollte ich es gar nicht schreiben, weil ich dachte, es sei zu schmerzhaft. Meine Trauer über den Verlust war so groß, dass ich meine Gedanken in den sozialen Medien geteilt habe und darauf überraschend positive Kommentare und auch PNs erhielt. Oft kannte ich die Leute nicht einmal persönlich, doch einer regte dazu an, meine Geschichte mit Mama niederzuschreiben, weil er so viel Liebe aus meinen Beiträgen spürte. Das fand ich enorm und berührend. Zunächst scheute ich mich davor, eine Art „kreatives Trauerschreiben“ in Gang zu setzen. Ich hatte Angst, es könnte mich emotional belasten, nachdem Mamas Krankengeschichte so unerwartet unglücklich verlaufen war. Aber es ließ mich nicht los, und als ich anfing, zu schreiben, habe ich mich jeden Tag darauf gefreut und die Trauer während des Schreibens tatsächlich etwas vergessen. Ich hatte Spaß daran, alte Familienfotos für das Buch auszusuchen und in Erinnerungen zu schwelgen, die durchweg schön sind. Erst jetzt wird mir bewusst, wie außergewöhnlich unser Familienzusammenhalt war und wie viele Menschen uns darum beneiden. Intakte Familien gibt es anscheinend nicht mehr viele, doch dafür ist der Schmerz umso größer, wenn ein Familienmitglied geht, das so elementar dazugehört wie Mama. 

 


 Wie lange hast du gebraucht, das Buch zu schreiben?

Weniger als zehn Tage. Das glaubt mir keiner, wenn ich es sage. Jemand meinte sogar, ich hätte ChatGPT bemüht, doch ich weiß nicht mal genau, was das ist, geschweige denn wie man es bedient.  Diesen Flow beim Schreiben hatte ich lange nicht mehr, und ich bilde mir gern ein, dass Mama mich inspiriert hat, indem sie unsichtbar mit im Schreibzimmer saß. Sie hat mich immer ermutigt, Geschichten zu schreiben und damit an die Öffentlichkeit zu gehen, daher weiß ich, dass sie nun im Himmel vor Freude in die Hände klatscht, wenn sie ihr Schaufenster in der Buchhandlung sieht. Es war für mich bittersüß, zu erfahren, dass ausgerechnet „Shalom Mamele“ hier am Ort größere Beachtung findet als meine Romane. Vielleicht liegt es daran, dass meine Mutter in Sinsheim eine bekannte Persönlichkeit ist und man uns als Familie durch den „Bastel-Wirth“ kennt, den wir bis 2013 betrieben.

Wie hast du dich beim Schreiben gefühlt?

Ich war überrascht, wie gut es mir ging und wie wohltuend es war, meine Geschichte mit Mama in möglichst vielen Einzelheiten Revue passieren zu lassen. Mir fielen Begebenheiten ein, an die ich vorher nie mehr gedacht hatte. Einiges wurde mir auch klarer, z.B. ihre Initiative in Sachen Gesundheit und ihre Neugier in sämtlichen Bereichen. Sie liebte Menschen. Nichts war ihr ein größerer Lohn als zu wissen, dass sie ihnen geholfen hatte, wenn sie ratsuchend zu ihr kamen. Ich habe große Bewunderung und Respekt, dass sie den Mut hatte, in Eigenverantwortung unbetretene Pfade zu gehen; etwas, das für viele undenkbar ist. Da war sie eine Inspiration für uns alle. 

 

 

 Was ist dein Lieblingskapitel?

Ein spezielles könnte ich jetzt nicht nennen. Es war besonders schön, über meine Großeltern – Mamas Eltern - zu schreiben, denen jeweils ein Kapitel gewidmet ist. Man erfährt darin, dass es sich häufig auszahlt, Neues und Ungewöhnliches zu probieren – etwas, das meine Mama immer gern und auf eigenes Risiko getan hat. Im Nachhinein hat es mich verblüfft, wie rund und ineinander verwoben alle Kapitel sind, und die Tatsache, dass deutlich wird, wie viel Liebe und Wertschätzung in unserer Familie vorhanden sind. Auch ohne Mama, die wir alle schmerzlich vermissen. Wir müssen neue Strukturen im Alltag finden. Das braucht Zeit und ist nach so langer Zeit eingespielter Teamarbeit nicht einfach.

Meinst du, das Schreiben hat dir bei der Trauerbewältigung zumindest etwas geholfen?

Mamas unerwarteter Heimgang war für uns traumatisch. Bis zuletzt haben wir daran geglaubt, dass sie wieder gesund wird. Es war daher ein großer Schock, als es nicht so kam. Wir alle hatten Schuldgefühle und Fragen, die nicht beantwortet wurden. Wenn ein geliebter Mensch geht, ist das schlimm. Fast noch schlimmer ist die Ungewissheit über das Warum und die eigene Hilflosigkeit. Für mich war das Schreiben ein Ventil, meine Gefühle zu ordnen. Dankbar zu sein für die gemeinsame Zeit. Ich glaube, dass ich während des Schreibprozesses weniger traurig war, weil die schönen Erinnerungen auflebten. Natürlich flossen dabei hin und wieder Tränen, aber ich würde jedem Trauernden raten, aufzuschreiben, was besonders schön war mit dem geliebten Menschen. Für mich als gläubiger Mensch ist es zudem ein Trost, dass Mama uns nur vorausgegangen ist.

 


 

Wie sind die Rückmeldungen zu deinem Buch?

Sehr positiv. Ich denke, das liegt auch daran, dass unsere Geschichte zeigt, wie gut eine Familie funktionieren kann. Mama war immer offen für jeden, sie knüpfte gern Kontakte und hatte eine große Liebe nicht nur für uns, sondern für alle, die zu ihr kamen. Sie wollte die Welt ein Stück verbessern, und ich denke, es ist ihr im eigenen Umfeld auch gelungen. Ihren Optimismus und ihre Fröhlichkeit, ihr Vertrauen auf Gott – selbst in Krisen - hat sie nie verloren. Und sie liebte ihre Familie, obwohl sie selbst es nicht leicht hatte in ihrer Kindheit. Das imponiert meinen Lesern, die mir schrieben, dass dieses Buch „die Seele wärmt“. Andere meinten, in jeder Zeile seien die Schönheit und die Intensität unseres Familienlebens zu spüren. Und nicht zuletzt ist das Buch auch ein Trost für diejenigen, die selbst trauern. Daher ist es nicht unbedingt nötig, Mama persönlich gekannt zu haben, um das Buch zu lesen. Vielen mir unbekannten Lesern gibt es das Gefühl, Teil einer Familie zu werden, die zwar einzigartige Erlebnisse hatte, aber in ihrer Trauer nachvollziehbar ist und es erlaubt, den eigenen Trauerprozess besser zu verstehen, statt zu verdrängen. Das war mir neben dem liebevollen Andenken an Mama und meiner eigenen Bewältigung des Verlustes das größte Anliegen mit „Shalom Mamele“.