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Sonntag, 1. November 2020

Tribut an Sir Sean Connery (1930 - 2020)

Die sozialen Medien waren voll davon: gestern ist der einzig wahre James Bond von seiner Majestät nach Hause in den Himmel gerufen worden, weil seine Mission auf Erden erfüllt war. Mit 90 Jahren ist er laut seiner Familie friedlich im Schlaf gestorben, und das ist sicher ein Abgang, den sich jeder wünscht. Von daher konnte das meine Traurigkeit ein wenig mildern. Und traurig war ich. Nicht, weil mit Sean Connery ein großer Schauspieler der alten Garde die Welt verlassen hat und ich mit 20 Jahren total verknallt war in den alten Knochen. Und auch nicht, weil ich James Bond-Filme eigentlich doof finde und mir nur die mit Sean Connery irgendwie gefallen haben. Einige Szenen sind mir noch so vor Augen, dass ich beim Gedanken daran schon grinsen muss (legendär die metaphorisch und in echt abgestandene Champagnerflasche aus "Goldfinger"). Nein, es liegt wohl daran, dass er für mich immer so etwas unheimlich Vertrautes hatte. In meiner Familie mütterlicherseits gibt es optisch den selben ausdrucksstarken Typ; tatsächlich erinnert mein Onkel ein wenig an ihn, und Uropa Fritz muss ihm anscheinend noch ähnlicher gewesen sein (leider gibt es keine Fotos).

 

skeeze /Pixabay

Filme habe ich erstaunlicherweise nicht allzu viele mit ihm gesehen, obwohl mich "Die Wiege der Sonne" während eines Fluges nach Teneriffa meine Flugangst hat vergessen lassen. Tatsächlich gibt es einige, die mich beeindruckt haben wie Hitchcocks "Marnie" (1964), in der er sich als Psychologe versucht, und der im Urwald unter Eingeborenen hausende "Medicine Man" (1992). Auch der detektivische Mönch William von Baskerville aus "Der Name der Rose" (1986) und Indiana Jones' pfiffiger Vater auf der Suche nach der Bundeslade bleiben mir unvergesslich. 

Viele dieser Filme hätte ich ohne den charismatischen Schotten nie angeschaut. Selbst durch Cameoauftritte hat er jeden Film veredelt, etwa die meiner Meinung nach eher mittelmäßigen Blockbuster "Robin Hood - König der Diebe" und "Der letzte Ritter." Immer mit dabei hatte er dieses schelmische Zwinkern, das ihn schon als James Bond auszeichnet. Vielleicht war vor allem das sein Geheimnis. Humor und ein bisschen Chauvinismus, der keinem wehtut, Selbstironie und eine positive und unerschütterliche Präsenz haben ihn schon zu Lebzeiten zur Legende gemacht. Ich glaube nicht, dass es Talent war oder die Auswahl seiner Rollen, denn die waren sehr unterschiedlich. Es gibt keine Rolle (außer James Bond vielleicht), mit der man ihn und seine Verdienste in Verbindung bringt. Selbst die, für den er einen Oscar als bester Nebendarsteller erhalten hat, geht unter. Oder kann sich noch irgendwer an "Die Unbestechlichen" erinnern?

Eigentlich brauchte es nur Sean Connery, um ihn zu dem zu machen, was er war, und das ist das größte Ziel, das ein Mensch in den Herzen seiner Mitmenschen erreichen kann. Mit seiner Ausstrahlung und der athletischen und imposanten Erscheinung war er nicht nur ein Mann, dem die Frauen zu Füßen lagen, sondern ein Held mit Ecken und Kanten. Ich glaube, es gibt niemanden, der Sean Connery nicht mag. Auch oder gerade deshalb, weil er nicht immer politisch korrekt war. Das finde ich sehr viel sympathischer und erfrischender als das Massenverhalten, nur um ja niemandem auf den Schlips zu treten.

 

There can be only one James Bond.

 Auf Facebook las ich einen Nachruf mit einem Zitat von Connery, das mich tief bewegt hat und folgendermaßen lautet: 

 "I haven't found anywhere in the world where I want to be all the time. The best of my life is the moving. I look forward to going."

Falls es tatsächlich von ihm stammt und er es so oder ähnlich gesagt hat, dann steht der großen Reise nun nichts mehr im Weg. Und ich hoffe sehr, dass es dort nicht nur einen Golfplatz gibt, sondern auch das, wonach er immer gesucht hat. Ein Platz zum Verweilen und Glücklichsein. Und vielleicht ein paar Bond-Girls, die ihm seinen geschüttelten Martini servieren.

 Auf Wiedersehen, Sir Sean! RIP möchte ich nicht sagen, denn so vital und rüstig wie er im hohen Alter noch war, würde ein "Ruhe in Frieden" gar nicht zu ihm passen.


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