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Mittwoch, 13. Januar 2016

Neuerscheinung: Camera Obscura ~ Christine Wirth

Es ging doch schneller als vermutet: Seit gestern ist mein neuer Roman - die Fortsetzung der Geschichte um Mickey und Joshua - bei Amazon als Printversion und Ebook erhältlich.

Ich freue mich sehr darüber und bin besonders stolz auf das Cover, das wieder richtig gut zum Inhalt passt.




Wie bereits in "Affettuoso" wird die Handlung aus der Sicht von Mickey in der Ich-Form erzählt, und das auf gewohnt humorvolle und temporeiche Art. Diesmal bekommt er es mit dem harten Pflaster New York zu tun und verliebt sich in die zwanzigjährige Ruth Perlman, der Tochter eines Clans, der es ihm nicht leicht macht.

Und natürlich gibt es in New York neben familiären Schwierigkeiten und störrischen Clanmitgliedern auch eine Prise Drama.

Sowohl "Affettuoso" als auch "Camera Obscura" lassen sich unabhängig voneinander lesen, aber es hilft vielleicht doch, den ersten Teil zu kennen. Für Amazon Prime-Mitglieder sind beide Romane kostenlos herunterzuladen.

Unter *Weitere Informationen* können eine Leseprobe und der Link zum Buch aufgerufen werden.





Joshua öffnete mir, es war sein persönlicher Glückstag, seit heute durfte er wieder in die behaglich warme Wohnung und was essen, geraspelte Möhren und geschälte Äpfel, er hatte sich gut erholt, Henry war zufrieden mit seinem Schützling.

-Wo warst du, überfiel er mich theatralisch, er lachte und zog an meiner Mütze. Alle sind weg, du hast mir gefehlt.

-Ich hab ‘n paar wichtige Einkäufe getätigt, mümmelte ich, grässlich hustend bugsierte ich Lukes Überraschung in die Diele, Joshua packte mit an, ich hatte mir das Ding schon in der U-Bahn um die Ohren gewuchtet.

-Sieh einer an. Ich dachte, du bist ziemlich im Dalles.

-Bin ich auch, erwiderte ich, insgeheim diese komische Ausdrucksweise verfluchend, die auf das Konto der Juden in Queens ging, mit denen er sich ab und zu traf, bei ihnen hatte er sich auf seine Wurzeln besonnen, die redeten alle den Kauderwelsch, kein Außenseiter konnte da mithalten. Er hatte rausgefunden, dass es mich ärgerte, und seitdem bombardierte er mich bei jeder Gelegenheit mit Jiddisch-Salven, zum Wahnsinnigwerden. Seine weiblichen Bekanntschaften beschrieb er salopp als „machulle Schiksen“, die nur „Schmonzes“ im Kopf hätten, und die Kumpels als „schofelige Schlemihls“,die mit „Schmu“ die dicke Kohle machten und dabei unglaublich „Massel“ hatten, ich war so durcheinander, dass ich erwog, ein Jiddisch-Lexikon anzuschaffen, das war wie ‘ne neue Sprache lernen.

-He, sagte er aufmunternd. Das Rad ist schön. Und deine scharfe Aufmachung erst.

-Komm, mir ist nicht nach Witzen.

Eilfertig befreite er mich von den durchweichten Kunstlederstiefeln und wrang kichernd die Zipfelmütze aus, in freudiger Erwartung eines gemütlichen Abends vor dem Kamin lehnte ich mich zurück, noch eine Kippe und ein Glas Sherry, und ich hätte vor Wonne angefangen zu schnurren.

-Henry will mich morgen in die Klinik mitnehmen.

-Schmonzes, sagte ich, stolz, ihn mit seinen eigenen Waffen anzugreifen. Doch nicht schon morgen.

Er hockte auf dem Teppich neben mir und starrte nachdenklich ins Leere, ich wuschelte sein Haar, das durch die Operation vor drei Monaten beinahe so kurz war wie meins, vielleicht wurden wir beide allmählich bürgerlich.

-Ich muss dir was Lustiges erzählen, was mir in der Stadt passiert ist. ‘n Tollhaus, echt wahr-
Ruckartig richtete er sich auf, als hätte er einen Filmriss gehabt, was wahrscheinlich auch der Fall war, diese geistige Abwesenheit war keine Seltenheit bei ihm. Die Knie in den Flauscheteppich gebohrt, krallte er sich meinen Arm.

-Mickey. Weißt du, was ich mir wünschen würde?

-Friede auf Erden und Eierkuchen für uns alle, sagte ich und ließ meine strapazierten Nasenschleimhäute mittels eines zischenden Sprays um ein Zehntelmillimeter spürbar abschwellen, es lebe die moderne Medizin.

-Ich würde die Zeit zurückdrehen, sagte er. Die für mich. Dann würde er noch leben und vielleicht auch meine Mutter.

‘Er’ war sein Stiefvater, den er ohne es eigentlich zu wollen, um die Ecke gebracht hatte, er sagte mir nie seinen Namen, ich wurde ein wenig ernster.

-Das war nicht deine Schuld. So was, das kommt halt mal vor, ich hätte an deiner Stelle sicher auch nicht anders reagiert.

-Danke, das ist nett von dir, aber irgendwie kein richtiger Trost. Ich muss mich andauernd verstecken, hier sowieso, und Henry und Lynn mit ihrer übertriebenen Fürsorge stehn mir bis hier. Ja, sie sind lieb und so, aber du weißt schon, was ich meine. - Das Rad ist für Luke, stimmt’s? Er hat letzte Woche geschrieben, willst du den Brief lesen?

Sicher wollte ich mir die Abenteuer meines Filius nicht durch die Lappen gehen lassen, da gab’s bestimmt ‘ne Menge zu lachen, aber diese ständigen Themenwechsel waren meine Sache nicht, ich hüpfte nicht so einfach hinterher, später vielleicht.




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